• Baracke VII


    Cohors XII · Centuria III


    Contubernium der Baracke VII


    • Manius Purgitius Lurco - Bild
    • Sisenna Iunius Scato - Bild
    • Kaeso Rufius Ramnus - Bild
    • Potitus Sittius Pullus
    • Faustus Ateius Quietus - Bild
    • Iullus Tillius Stilo - Bild
    • Cossus Maecius Tarpa Bild
    • Galeo Sentius Asper


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    Die Mannschaftsunterkünfte trugen den schmeichelhaften Namen "Baracken". Warum das so war, wusste niemand, aber der Begriff ließ sich wunderbar merken. Alle Baracken standen fein säuberlich durchnummeriert in einer Reihe nebeneinander, von der ersten bis zur letzten und jede Einzelne sah so aus: Baracke


    "Sie haben sie extra für uns frisch gestrichen", schwärmte Scato, der das neue, polierte Eingangsschild betrachtete, das auf dem weißen Putz in der Sonne funkelte. Der Sockel der Baracke samt aller Säulen war rot gestrichen, vermutlich, damit man den Dreck nicht so schnell sah oder einfach aus ästhetischen Gründen. Scato jedenfalls gefiel das Rot-Weiß. "Du siehst unter dem Säulengang an der Längsseite die ganzen Türen, ja? Jede Centurie hat eine eigene Baracke und innerhalb derer hat jedes Contubernium seine eigene Unterkunft. Ob das bei den Cohrtes Urbanae so ist, weiß ich nicht, ich glaube, die Nummerierung der Baracken ist hier eher frei und unabhängig von der Centurie. Es scheint sich danach zu richten, wo Platz ist. Aber in der Legio I Traiana, in der mein Vater diente, war die Nummerierung einheitlich, daher weiß ich es."


    Innerer Aufbau der Baracken


    Er öffnete die Tür und führte Lurco ins Innere. Der Vorraum Im Vorraum der Baracke wurden die Waffen, Rüstungen und einiges an Material gelagert. Zu diesem Zwecke fanden sich an den Wänden Holzregale, die manchmal auch als Sitzgelegenheit herhalten mussten.


    Dahinter befand sich die eigentliche Unterkunft für die Mitglieder ihres Contuberniums: Unterkunft


    Die aus Baumstämmen gezimmerten Etagenbetten wirkten trotz ihrer Schlichtheit auf Scato gemütlich, die Matratzen und Decken waren dick und kuschelig, alles war neu und sauber. Das Fenster war mit rotem Tuch verhangen. Auch im Inneren waren die Wände wie außen getüncht, oben weiß und rot am Sockel. In der Mitte stand ein Tisch mit Stühlen, an dem die Soldaten essen oder spielen konnten. "Unser neues zu Hause", verkündete Scato mit einem Strahlen, hielt Lurco die Tür auf und ließ ihn an sich vorbei eintreten.

  • Rot-weiß so sah ihr neues Zuhause aus. Von Außen erinnerten die Baracken etwas von der Einteilung her an Ställe. Jedes Pferd hatte eine Box und hier hatte vermutlich jede Einheit eine eigene Unterkunft. Jedenfalls vermutete Lurco das. Sauber und ordentlich sahen die Baracken von außen aus.


    Scato merkte an, dass die Baracken extra frisch gestrichen worden waren. Das war ein erfreulicher Willkommengruß. Vermutlich galt er ihnen nicht persönlich, sondern allen neuen Rektruten die den Weg in der kommenden Zeit zur Cohortes finden würden.


    Sein Freund ließ es sich nicht nehmen, ihm den genauen Aufbau der Baracken zu beschreiben. Lurco war froh darum, so konnte er gleich etwas lernen.


    "Ja ich sehe den Säulengang. Es könnte bei der Cohortes ganz ähnlich sein Scato, eben dass jede Einheit ihre eigene Unterkunft hat. Möglicherweise zählen wir auch als eine große Einheit, dann ist natürlich gleich wer wann wo schläft. Dann wäre die Einteilung nach Dienst oder richtet sich nach dem Stand der Ausbildung. Wir werden es erleben", schmunzelte Lurco.


    Lurco trat hinter Scato ein und schaute sich im Vorraum um. Platz war hier genug um alles Mögliche unterzubringen. Hier wurde vermutlich die Ausrüstung gelagert und alles was man vor Dienstbeginn schnell greifen können musste. Also auch die Waffen und ähnliches.


    An den Vorraum grenzte die eigentliche Unterkunft an. Scato hielt ihm mit einem strahlenden Lächeln die Tür auf und verkündete, dass dies ihr neues Zuhause wäre. Er hatte absolut Recht. Der Raum war klein aber fein, alles sauber und ordentlich. Vier Etagenbetten a zwei Mann, also hatten acht Kameraden hier Platz. Ein Tisch in der Mitte rundete das Gesamtbild ab und vervollständigte alles was sie benötigten.


    "Ja unser neues Zuhause Scato. Da hier noch keine Ausrüstung oder privat Sachen liegen, scheint noch keiner gewählt zu haben. Lass uns das Bett am Fenster nehmen. Schläfst Du ober oder unten? Du darfst wählen", freute sich Lurco und klopfte auf das Doppelbett, das direkt am Fenster stand.

  • "Da ich hier das Leichtgewicht bin, schlafe ich besser oben. Sonst ende ich bei deinem Alptraumwälzen als belegtes Brot."


    Da sie noch keine Habseligkeiten ausgeteilt bekommen hatten, lungerten sie so ein wenig herum und quatschten über dies und das. Nach einer Weile trudelten die Kameraden ihres Contuberniums ein. Scato quetschte sie alle aus, um ihre Namen zu erfahren. Einer fehlte, das war Pullus, der als letzter von der Latrine kam. Jemand stellte Scato eine Wachstafel zur Verfügung und er notierte alle Namen.
    Das kam jedem zugute, denn auch die Kameraden waren neu und wussten noch nicht auswendig, wer hier wer war. Die Wachstafel platzierte er fein säuberlich auf dem Tisch, so dass jeder sie einsehen konnte.


    Contubernium der Baracke VII


    • Manius Purgitius Lurco
    • Sisenna Iunius Scato
    • Kaeso Rufius Ramnus
    • Potitus Sittius Pullus
    • Faustus Ateius Quietus
    • Iullus Tillius Stilo
    • Cossus Maecius Tarpa
    • Galeo Sentius Asper



    "Später kann Pullus uns zeigen, wo die Latrinen sind", sinnierte er, während er die Namen noch einmal überflog.
    "Ich kann es euch auch einfach erklären", meinte Pullus, während er seine Caligae auszog und es sich auf seinem Bett gemütlich machte. Er schlief unten und ganz nah an der Tür.

  • Lurco schenkte Scato ein gut gelauntes Grinsen.


    "Abgemacht, dann schläfst Du Leichtgewicht oben. Hauptsache ist, wir haben einen schönen Fensterplatz. Im Sommer ist das Fenster Gold wert, glaub es mir. Aber auch so hat noch keinem etwas Frischluft geschadet.


    Unser neues Zuhause sieht echt gemütlich aus. Klein aber fein, alles da was wir benötigen. Sogar eine kleine Kochstelle. Hast Du sie Dir mal angesehen? Zur Not können wir uns hier selbst verpflegen, oder müssen wir das generell sogar? Darüber habe ich mir ehrlich gesagt, noch gar keine Gedanken gemacht", erklärte Lurco und betrachtete ausgiebig die Herdstelle.


    Herdstelle:
    https://rheinland-saga.de/MilitaerContuberniumHerdstelle.jpg


    "Ich hoffe zu unsere Ausrüstung gehören auch ein paar Küchenutensilien, sonst müssen wir uns etwas auf eigene Faust besorgen Scato. Zumindest ein Topf und zwei Schüsseln", grübelte Lurco gerade als die neuen Kameraden in Baracke VII einmarschierten.


    "Keine Sorge, Eure Ausrüstung bekommt Ihr schon noch. Dazu gehört Folgendes.


    I Lorica segmentata -Schienenpanzer
    I Paenula - Mantel
    II Tunicae - Standardkleidungsstück
    I Focale - Halstuch
    II Cingula militares -Gürtel
    II Paar Caligae -Stiefel
    I Loramentum - Lederriemen
    I Lucerna - Öllampe
    I Reticulum - Tragenetz
    I Pera - Tasche
    I Mantica - Sack
    I Trulla - Kasserolle - hier hast Du Deinen Topf
    I Ligula - Löffel
    I Aultellus - Messer
    I Ampulla - Feldflasche
    I Cingulum - Gurt
    I Cassis - Helm
    I Paar Ocreae - Beinschienen
    I Gladius - Kurzschwert
    I Pugio - Dolch
    I Hasta - Stosslanze
    I Scutum - viereckiger Legionsschild
    I Tegimentum - Schildhülle


    All das bekommt Ihr beiden ausgehändigt, müsst dafür natürlich auch unterschreiben. Was verlorengeht geht auf Eure Kappe", erklärte Faustus Ateius Quietus freundlich.


    "Und wie Ihr gehört habt, lernt Ihr den zweitwichtigsten Ort von Pullus kennen", grinste Ramnus.


    "Danke für die Information. Na dann warten wir bis wir unsere Ausrüstung erhalten, lange wird sie ja nicht auf sich warten lassen", gab Lurco zurück und machte es sich auf seinem Bett bequem.

  • Da scheinbar alle in ihr Bett krochen, tat Scato das auch. Es wackelte ziemlich, als er nach oben kletterte, da das Bett über keine Leiter verfügte, machte aber dennoch keine Anstalten, umzukippen, was vielleicht daran lag, dass Lurco es sich unten bereits gemütlich gemacht hatte und als zuverlässige Beschwerung fungierte. Auch Scato machte es sich bequem und schaute von oben in die Runde. Er hatte von allen hier den besten Überblick, da er oben gegenüber der Tür schlief.


    "Merke: Quietus hat das Gedächtnis eines Elefanten. Künftig wissen wir, wenn irgendwas nachzuschlagen ist, bemühen wir nicht die Unterlagen, sondern fragen Quietus. Du hast wirklich ohne innezuhalten die komplette Liste heruntergerasselt", stellte Scato bewundernd fest. "Den zweitwichtigsten Ort von Pullus nach der Latrine, meinst du?"


    "So oft bin ich nun auch wieder nicht auf dem Klo", murrte Pullus.


    "Doch." Ramnus war unerbittlich. "Man kann sich übrigens auch an anderen Orten unterhalten, zum Beispiel hier am Tisch."


    "Da ist es aber nicht so gemütlich", mutmaßte Scato, "wie auf dem zugigen Scheißhaus. Und zum Thema essen, weil das so wunderbar dazu passt, lieber Lurco ... wir kochen alles selber aus der Tagesration. Man kann auch dies und das miteinander tauschen oder sich noch was dazu kaufen, aber wir sind für unsere Mahlzeiten selber verantwortlich. Eine Großküche oder so was gibt es hier meines Wissens nach nicht. Jedes Contubernium besitzt eine eigene Handmühle, die ist dort irgendwo beim Herd, nehme ich an."


    "Im Vorraum im Küchenregal, unterstes Fach, linke Seite vorn", half Quietus. "Tarpa hat den Küchenkram dort hin geräumt, damit hier nicht alles herumsteht."


    Scato grinste. "Na bitte. Mit der Handmühle kannst du jedenfalls dein Getreide mahlen, wenn du Mehl brauchst statt Körnern. Oder du bestichst jemanden, der das für dich macht, wenn er ohnehin gerade mahlt. Manche Castrae haben auch Brotöfen, die man benutzen kann oder Bäcker, aber ich weiß nicht, ob das hier auch so ist. Wir sollten uns bei Gelegenheit hier mal gründlich umschauen. Lagerthermen gibt es auch, damit wir nicht stinkend und staubig in die Decken kriechen müssen. In einer Castra lässt es sich wirklich leben! Nur das Lupanar fehlt." Scato sagte das, als wäre er dort Stammgast, während er beiläufig seine Fingernägel betrachtete. Die peinliche Wahrheit musste er ja niemandem auf die Nase binden, erst recht nicht Lurco dem Entjungferer. "Für den Anfang halte ich es allerdings wie Pullus und halte die Anwesenheit von Latrinen für wichtiger." Was für ein mieser Schwenk! Er musste feixen. "Wirf mir mal wer einen Apfel hoch, ich krieg langsam Hunger."

  • Lurco streckte sich lang aus und hörte seinen Kameraden gut gelaunt zu.


    "Ich werfe Dir gleich die Handmühle hoch Scato. Gut also ist Selbstverpflegung angesagt. Ein Grund mehr, richtig kochen zu lernen. Wer von den Anwesenden ist ein Meister an der Herdstelle? Von dem würde ich mir gerne einiges abschauen.


    Falls keiner Ahnung hat, sollten wir uns zusammen tun und es gemeinsam versuchen. Stelle ich mir gemütlich vor. Nur wenn wir zu oft versagen, werden wir wohl die schlankeste Baracke der ganzen Cohortes.


    Wieso sollen wir uns merken dass Quietus so ein gutes Gedächtnis hat? Er hat es doch. Falls wir was nicht wissen, kurzer Hinweis für die ganze Baracke. Das wäre doch nett. Er ist unser wandelndes Wissen.


    Wir sollten uns auch etwas für die Abende und Feierabende organisieren, wie Würfel oder sowas. Also ich finde es am Tisch doch gemütlicher, als wenn man in den Dämpfen sitzt und sich dann auch noch unterhalten soll. Kann mich aber auch irren", grinste Lurco.


    "Wir sollten wirklich einmal alles genau besichtigen, Brotöfen klingt super und noch besser klingen gerade die Therme. Das Lupanar wirst Du wohl in Deiner rar gesähten Freizeit aufsuchen müssen Scato", lachte Lurco und warf ihm einen Apfel zu.

  • Scato fing den Apfel mit einer Hand. "Danke, du hast was gut bei mir! Lupanar ist ohnehin nicht in der Zeit als Tiro, es sei denn, unser Ausbilder erbarmt sich, uns Ausgang zu gewähren. Wobei das Lupanar dann mit der Taberna konkurriert. Ich habe hier in Rom noch keine besucht, das wäre wohl mein erster Anlaufpunkt."


    "Gegenüber der neuen Urbanerstation ist eine, die soll wohl ganz gut sein", kam Stilo zur Hilfe, der bislang noch nichts gesagt hatte und wirkte dabei ziemlich interessiert. Den konnten sie vielleicht mitschleifen.


    Scato fuchtelte mit seinem Apfel. "Guter Hinweis. Dann ist das die erste Taberna, die wir besuchen, sobald wir Ausgang bekommen", entschied er, ehe Lurco noch auf die Idee kam, lieber ins Lupanar zu wollen.


    Asper kramte derweil in seinen Habseligkeiten. Er packte stolz vier Knöchelchen auf den Tisch, die aussahen wie längliche Würfel. "Nagelneue Sprungbeine", verkündete er. "Für Astragaloi. Damit kann man sich die Freizeit auch hervorragend versüßen, ohne einen Fuß vor die Tür setzen zu müssen."


    "Diesen griechischen Scheiß?", murrte Tarpa, während er beim Herd irgendetwas aufräumte, obwohl der nach Scatos Dafürhalten sehr ordentlich aussah.


    "Hast du was Besseres?", motzte Ramnus.


    Asper fand das Gemaule von Tarpa offenbar auch wenig erbaulich. "Ich kann sie auch wieder wegpacken, wenn Glücksspiel unerwünscht ist." Dabei schaute er ziemlich geknickt.


    Ramnus schlug mit der flachen Hand gegen einen Bettpfosten. "Tarpa kann auch einfach weiter putzen, anstatt rumzunerven."


    "Was soll das denn bitte heißen?!", fauchte Tarpa zurück und ballte die Hand um den Lappen, als wäre er ein Schwertgriff. Oha, da hatten sich zwei lieb.

  • Sie kamen nicht dazu, ihre Auseinandersetzung zu vertiefen. Ein Kamerad, der Nachricht für sie hatte, betrat ihre Baracke. Während Asper sich unauffällig auf den Tisch setzte, um die Würfel unter sich zu verstecken, nannte der Gast ihnen den Termin für die Ausbildung auf dem Exerzierplatz. Kaum hatte er die Baracke VII wieder verlassen, brach ein lebhaftes Gespräch los. Die Tirones waren Feuer und Flamme. Damit war der Streit Geschichte, denn das Gesprächsthema war fortan nur noch die kommende Ausbildung und was das anging, waren sich alle einig: Sie würde grausam und großartig werden.


    Nicht allzu lange Zeit später waren sie in trauter Eintracht auf dem Exerzierplatz angetreten.

  • << Im Warmwasserbecken


    Sauber, aufgewärmt, entspannt und nach einem zweiten Klogang nunmehr frei von Bauchschmerzen, trudelte Scato kurz nach Lurco in ihrem zu Hause ein. Ein Bild der Gemütlichkeit ergab sich. Es duftete nach essen und die Kameraden machten sich gerade bettfertig, zwei hatten sich schon zur Wand gedreht und schienen zu schlafen. Beim Herd klimperte leise Tarpa mit dem Geschirr. Maro schonte niemanden und alle waren sehr erschöpft. Bald würden sie Muskeln aus Stahl haben oder tot sein.


    "Meine Liegestütze!" Scato schlug sich an die Stirn. "Das muss noch sein. Wie muss ich das üben? Jeden Tag einen mehr?"


    Rasch wusch er noch seine dreckige Tunika in einer Wasserschale und hängte sie draußen zum Trocknen auf, genau wie die Caligae, ehe er unter dem Vordach noch ein paar windschiefe Liegestütze versuchte. Drinnen wollte er die Kameraden nicht stören und der Platz auf dem Fußboden war sehr begrenzt.

  • Lurco zog sich aus und legte sich nackt wie ihn die Götter geschaffen hatten ins Bett. Wozu eine Tunika verknittern? Lurco deckte sich mit seiner Decke zu und beobachtete Scato aus müden Augen.


    "EINE LIEGESTÜTZE? Echt eine? Scato, leg Dich einfach schlafen und wärme Dich morgen früh vor dem Training richtig auf. Das bringt mehr, als jetzt eine einzige Liegestütze. Du hast doch schon Kniebeugen auf der Latrine geübt", lachte Lurco und zog sicherheitshalber den Kopf ein.

  • Lurco konnte es sich nicht verkneifen, mit seinen Muskeln anzugeben, indem er sich nackt und nur halb zugedeckt im Bett positionierte, als würde er für einen Maler posieren. Scato konnte es durch die beiden offenen Türen sehen, da ihr Doppelstockbett sich gegenüber der beiden hintereinander liegenden Eingänge befand.


    "Ja, EINE Liegestütze", verkündete Scato gekränkt von draußen herein. "In einem Monat sind das schon dreißig und in einem Jahr über 300. Das soll mir dann erstmal einer nachmachen!" Trotzig nahm er Liegestützposition ein. Seine malträtierten Arme zollten es mit einem scharfen Schmerz. Doch diesmal ging es nur um eine einzige Ausführung. So atmete Scato durch, formte mit Beinen und Rücken eine gerade Linie und fabrizierte einen einzigen, aber durchweg perfekten Liegestütz, bei dem er mit dem Kinn auf den Boden tippte, ohne sich abzulegen, ehe er sich wieder hochdrückte."SO", posaunte er, als er wieder aufstand.


    Er klopfte Hände und Füße ab, schenkte Lurco ein triumphierendes Grinsen und kletterte hinauf in sein Bett, wo er sich einkuschelte.

  • "Wenn Du Deine 300 Liegestützen später so perfekt ausführst wie die eine, werde ich nie wieder ein Wort darüber verlieren. Schlaf gut Scato. Rest der Kameraden ebenso gute Nacht", sagte Lurco freundlich und mummelte sich fest in seine Decke ein.


    Der Morgen würde früh genug kommen und mit ihm der Drill. Lurco wollte halbwegs ausgeschlafen sein für die Ausbildung. Kaum das er richtig lag, fielen ihm auch schon die Augen zu.

  • Über die Bemerkung musste Scato grinsen. "Die Wette gilt!" Konnte ja nicht so schwer sein, in einem Jahr zu lernen, 300 perfekt ausgeführte Liegestütze zu schaffen, wenn die anderen schon am Anfang der Ausbildung weit über 50 hinbekamen. Zumindest hörte sich dieses Ziel für ihn nicht unrealistisch an. Über den Wetteinsatz konnten sie ja morgen diskutieren.


    Er zog die Decke bis unters Kinn und schloss die Augen. "Schlaf auch gut, Lurco", sagte er und dann noch einmal lauter: "Nacht allerseits!", womit er versehentlich Tarpa wieder aufweckte, der sich stöhnend das Kissen auf den Kopf presste und einen Moment später schon wieder leise schnarchte.


    Zufrieden mit sich und der Welt schloss Scato die Augen. Trotz der Ganzkörperschmerzen war er nach dem heutigen Drill innerhalb von wenigen Minuten eingeschlafen.

  • Die Nacht verlief ereignislos und alle fanden erholsamen Schlaf. Der Morgen graute, Lurco rollte sich gähnend aus dem Bett und stellte sich einen Augenblick lang ans Fenster. Als er richtig wach war, bereitete er sich eine kleine Portion Puls als Frühstück zu und kochte die für Sacto gleich mit.


    Erst danach zog er seine Tunika an, denn so wie er sich kannte, hätte er sich sonst beim Kochen vollgekleckert. Sanft rüttelte er Scato wach und deutete auf den Tisch.


    "Frühstück ist fertig", sagte er leise um die anderen nicht zu stören.

  • Eine ganze Weile musste Lurco rütteln, ehe ein Schnaufen verriet, dass Scato erwachte. Verschlafen öffnete er die Augen. In den Betten herrschte noch Frieden, aber in der Stube duftete es nach Frühstück. Scato blinzelte mehrmals kräftig und zog die Brauen hoch, um die Augen ordentlich aufzubekommen.


    "Oh, du hast für uns Frühstück gemacht", stellte er verwundert fest, als sein Blick auf den Tisch fiel, der sich im Schein einer Öllampe in der Dunkelheit abzeichnete. Er setzte sich auf, stellte abnorme Muskelschmerzen fest und kletterte so leise wie möglich aus dem Bett. Er nahm mit Lurco am gedeckten Tisch platz. "Was für ein Luxus. Danke, Lurco!"


    Jetzt fühlte sich Baracke VII noch mehr wie ein zu Hause an als vorher. So war das Aufwachen gar nicht mal so qualvoll. Zufrieden grinste er Lurco zu und nahm einen riesigen Löffel mit einem tropfenden Berg voller heißem Puls.

  • Lurco schnitt noch etwas von seinem Brot und Käse auf und legte es in die Mitte des Tisches.


    "Guten Hunger und bediene Dich. Nun wo ich schon einmal wach war, konnte ich auch gleich für uns beide Frühstück machen. Und ich dachte, ist ja angenehm mit Frühstück geweckt zu werden. Heute hast Du immerhin ganze zwei Liegestütze vor Dir Scato. Da musst Du bei Kräften sein", antwortete Lurco und bröselte sich Brot und Käse in seinen Puls.


    "Hast Du gut geschlafen nach all der Anstrengung? Wie wäre es damit, wenn wir ein bisschen die Würfel testen?", fragte Lurco, stand auf und kramte die beiden Würfel hervor.


    Er schob sie zu Scato herüber, falls er Lust hatte sie sich anzusehen oder direkt loszuspielen.


    "Ich habe glatt den Wein vergessen, ein bisschen haben wir noch. Warte", sagte er freundlich und packte dann den Rest vom Wein ebenfalls auf den Tisch.

  • Scato aß recht schnell die halbe Schüssel leer, dann schob er sie vorerst zur Seite.


    "Mein Liegestütztraining findest du nur so lange witzig, bis ich dich überhole. Wie viele schaffst du denn am Stück? Ja, so geweckt zu werden hat was. Ich glaube, so wurde ich noch nie geweckt. Dickes Danke an dich, du hast was gut bei mir. Ob ich gut geschlafen habe?", fragte er leise. "Erst nicht, dann ja. War wohl die Aufregung, die mich eine Weile wach gehalten hat. Die Nacht müsste später anfangen und später enden, damit man irgendwie noch zur Ruhe kommen kann." Er gönnte sich am frühen Morgen Wein, wenn auch nur wenig, schließlich wollte er auf dem Exerzierplatz einen klaren Kopf haben und nicht trunken herumwanken, das wäre lebensgefährlich für alle. Er nahm die Würfel zur Hand, die Lurco unterwegs gekauft hatte und warf sie zur Probe. "Rollen gut und sehen schick aus. Um was spielen wir?"


    Asper schnaufte und drehte sich mit dem Gesicht zu ihnen, als er das leise Poltern der rollenden Würfel hörte. "Morgen", grunzte er. Er legte sich bequemer hin, um sie zu beobachten, während Pullus aufstand, um als erster auf der Latrine zu verschwinden. Nach und nach wurden die meisten wach, noch bevor der offizielle Weckruf erklang. Die Aufregung überwog noch die Erschöpfung. Mit zunehmender Alltäglichkeit des Trainings würde sich das wohl relativieren.

  • Lurco aß in aller Seelenruhe und ditschte sein Brot in den Puls.


    "Ich ziehe Dich nur ein bisschen auf, um Dich herauszufordern. Ist gut gemeint Scato, ärgere Dich nicht. Sicher mit Frühstück geweckt zu werden, hat was Gemütliches. Und wenn die Welt da draußen manchmal schon so bescheiden ist, dann muss es bei den Cohortes und vor allem in unserer Baracke heimelig sein. Das ist unser Rückzugsort mit allem was dazugehört", gab Lurco zurück und nahm einen großen Schluck Wein.


    "Gesell Dich zu uns Asper, dann lassen wir die Würfel gemeinsam rollen. Frage in die Runde, wollen wir es nicht so halten, dass jeder mal mit Kochen dran ist? Dann haben alle was davon. Ich fange auch freiwillig morgen als Erster an. Also ich koche Frühstück und Abendbrot für alle. Den Tag drauf ist Scato dran. Einfach Reih um pro Doppelbett. Was sagt Ihr?", fragte Lurco und klopfte auf den Stuhl neben sich, damit Asper sich aus dem Bett bequemte.

  • "Als ob ich mich über dich ärgern könnte." Scato blinzelte Lurco freundlich zu, dann erhob er in einer Aufmerksamkeit heischenen Geste die Hand, um pathetisch zu sprechen: "Mag die ganze Welt auch unser Feind sein, in der Castra haben wir unsere Insel der Glückseligkeit. Hierher kehren die müden und verletzten Kameraden, um zu ruhen und zu genesen. Hier schwitzen wir, um draußen zu bluten. Wir leiden für andere, um Roma vor denen zu schützen, die seine Größe nicht erkennen und seine Güte nicht zu würdigen wissen, auch wenn es uns niemand dankt."


    Er senkte die Hand wieder und sprach normal weiter.


    "Jetzt mal ehrlich, Maro und Lepta werden auch nicht umsonst andauernd so eine Laune haben. Sie halten täglich ihren Kopf hin für andere und alles, was sie ernten, ist Gejammer und Beschwerden von trotteligen Bürgern und Peregrini und von Sklaven, die ihren Platz nicht kennen. Vielleicht sogar von Tirones, die nicht begriffen haben, worum es hier geht. Aber nicht von unserem Contubernium, nicht in dieser Baracke! Was interessiert es den Adler in seinem Horst, wenn draußen die Schafe blöken?"


    Ihn interessierte allerdings etwas anderes. Gebannt beobachtete er den Vorgang des Ditschens. "Was machst du da mit dem Brot?", fragte er interessiert. "Warum tunkst du es in die Puls?"


    Asper ließ sich nicht lange von Lurco bitten, er schlüpfte noch voller Schlaffalten im Gesicht und mit wirrem Haar zu ihnen an den Tisch. Wenigstens sahen sie alle drei gleich unmöglich aus. Er griff nach den Würfeln, probierte sie genau so aus wie Scato und schaute sich die Muster an. "Die sind schön gemacht, rollen ganz gleichmäßig. Ich bin einverstanden mit dem Plan, zu kochen. Das Ganze hat nur einen Haken. Wir haben einen Haufen kleine Töpfe, jeder besitzt einen, aber uns fehlt ein riesengroßer."

  • Lurco hielt mitten in der Bewegung inne und schenkte Scato ein breites Lächeln.


    "Das mein Bester, ist die höchste Form des Essens, eine Kunst des Genießens. Nur wer wirklich mit Leib und Seele sein Mahl zu genießen weiß, der tunkt sein Brot in den Puls. Man nennt es ditschen. Das funktioniert auch hervorrangend mit Leckereien in Getränken. Es wurde erfunden, damit man sich nicht die Zähne ausbeißt. Zudem nimmt das Brot so den leckeren Geschmack auf und verdoppelt diesen, dass ist mein Empfinden", erklärte Lurco mit einem Zwinkern.


    Asper gesellte sich zu ihnen an den Tisch und lobte die Würfel.


    "Danke Asper, lasst uns eine Runde zur Einstimmung würfeln. Stimmt, wir sollten für einen großen Topf zusammenlegen, was sagt Ihr dazu? Wie gesagt ich beginne gerne mit dem Kochen und ich erkläre mich auch bereit den Topf zu besorgen. Am besten etwas Haltbares aus Bronze, wir wollen ihn ja für eine kleine Ewigkeit nutzen", antwortete Lurco.

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