Ganymed - Lupanar

  • Im Osten der Subura am Hang des Esquilin liegt das Lupanar Ganymed. Der Eingang liegt nicht direkt an der Straße, sondern ist zu finden, wenn man beim Brunnen die schmale Gasse betritt und deren Verlauf bis in den Hinterhof einer Insula folgt. In dieser sich eröffnenden, überraschend lichten Oase mit vielen hängenden Pflanzen findet man den Eingang. Die im hellenischen Flair gehaltene Einrichtung zeigt: Dieses kleine Lupanar in der Subura hat sich auf den besonderen Geschmack spezialisiert. Das Etablissement ist klein, aber sauber und die Räume bieten neben Fenstern, die keine Selbstverständlichkeit sind, auch den Komfort von mit Matratzen gepolsterten Doppelbetten. Die Preise sind angemessen und das so anschmiegsame wie diskrete Personal versteht sich auf sein Handwerk.


    520-ganymed


    Adresse:


    Lupanar Ganymed

    Clivus Suburanus

    IV. Regio

    Roma


    Inhaber


    Herr über dieses kleine Reich ist Kyriakos, der als gebürtiger Hellene einen recht eigenen Blick auf diese Dinge hat.



    Unsere Lupos


    Evenor - sanft und schön

    Nicon - ein eher unauffälliger Bursche

    Pollux - meist gut gelaunt, aber extrem verlogen und bisweilen zur Bösartigkeit neigend

    Python - Ein ausgedienter Gladiator, schon etwas älter, nach einem Brandunfall sehr vernarbt und kurzsichtig. Sein Name ist Programm, wenn der Lendenschurz fällt. Er arbeitet allerdings meist als Leibwächter.


    Weitere Angebote auf Nachfrage.



    Lage


    Die Subura ist ein bevölkerungsreiches Stadtviertel in Rom, das als Wohngegend der Armen und als Rotlichtviertel berüchtigt ist, gleichsam für seine Kriminalität. Gleichsam findet man hier viele Händler und Betriebe zur Produktion, wie Schumacher, Eisen- und Wollhändler oder Lebensmittelschnitzer. Mit diesem unappetitlichen Viertel verbindet Juvenal die tödliche Bedrohung durch Feuer, herabfallende Dächer, Überfälle und "die tausend Gefahren einer wilden Stadt".



    Erreichbarkeit


    Am leichtesten ist das Ganymed vom Forum Romanum aus zu finden. Beim Verlassen nach Norden führt die Straße Argiletum in Sichtweite der Trajansthermen vorbei. Man folgt ihrem Verlauf durch die Subura in der feuchten Tiefebene zwischen den Hügeln Viminal und Esquilin. Die Wohnverhältnisse sind hier teilweise sehr beengt. Am Ende der Straße stößt man auf den Clivus Suburanus, der, den Hang ansteigend, die bauliche Fortsetzung des Tals bildet. Der Clivus Suburanus fungiert als Verbindungsstraße zwischen dem Argiletum (jener Straße, die vom Forum Romanum in die Subura führt und deren Hauptstraße bildet) und der Porta Esquilina in der Servianischen Stadtmauer. Er führt den Hang des Esquilin hinauf und endet an der Porta Esquilina in der Servianischen Mauer. Beim Brunnen eröffnet sich linker Hand besagte Gasse.

  • »Wir sollten zurückgehen«, drängte Python, als die Dämmerung zur Nacht wurde. Da es keine Straßenbeleuchtung gab, wurde es in der Subura langsam gefährlich.


    »Macht dir die Dunkelheit Angst?«, fragte Kyriakos zurück. Nur mit einem griechisch anmutenden Lendenschurz angetan lehnte er an der Hauswand, einen Fuß auf Kniehöhe gegen den bröckelnden Putz gestellt.


    Python ignorierte den Hohn. Als ehemaliger Gladiator hatte er so manchen Kampf ausgetragen. »Um diese Zeit sollten wir nicht hier sein. Wir haben für heute genug verdient und der Junge wird müde.« Er wies auf den sechsjährigen Knaben, der versuchte, die vorbeigehenden Männer für sich zu gewinnen, indem er auf einer Flöte spielte. In seinem schwarzen Haar trug er einen süß parfümierten Blütenkranz. Sonst trug er nichts.


    »Wer sagt denn, dass es heute gefährlich wird?«, fragte Kyriakos, ohne auf die Bemerkung zu dem Jungen einzugehen. Er behielt das Kind im Auge, das in all dem Dreck unwirklich rein wirkte. Ein kleiner Gott, der in den Pfuhl niederster Menschen hinabgestiegen war. Als ein Mann sich verstohlen umschaute und nach dem Jungen griff, trat Python von der Hauswand hervor. Sein Anblick genügte. Der Mann lachte gekünstelt, als sei es nur ein Scherz gewesen, ehe er rasch weiterging. Der Kleine setzte unbeirrt seine Aufgabe fort, für die Dienste des Ganymed zu werben, dass die Gasse hinunter ganz am Ende zu finden war.


    Python stellte sich wieder neben Kyriakos. »Satibarzanes hat Männer gesehen, die uns nicht wohlgesonnen sind. Wir sollten wirklich gehen.«


    »Satibarzanes sieht viel, wenn der Tag lang ist. Besonders, wenn er früher Feierabend machen will.«


    Die Stimme von Kyriakos hallte ungedämpft in den finsteren Gassen wieder. Er hatte keine Angst und wenn doch, würde er sie nicht zeigen. Der verbissene Zug um den Mund von Python entging ihm nicht, auch nicht der Zorn in seinen Augen. Er war für ihre Sicherheit zuständig und war derjenige, der im Zweifelsfall seine Gesundheit und sein Leben riskierte, damit sie ungestört arbeiten konnten. Dafür blieben ihm für die Zeit, in der er wachte, die noch unangenehmeren Arbeiten erspart. So trug er auch anstelle des Röckchens, wie sie ihre eigene Tracht in einem Anflug von Selbstironie nannten, eine Tunika mit einem Knüppel am Gürtel.


    Da Kyriakos sich nicht überzeugen ließ, warteten sie noch länger erfolglos. Die Frauen der in der Nähe gelegenen Lupanare fingen die meisten Kunden ab, bevor sie auch nur in ihre Nähe kamen und heute war es besonders spürbar. Kyriakos vermutete, dass sie heute in einem davon irgendeine Festlichkeit abhielten. Mit wachsendem Unmut starrte er in die wachsende Finsternis. Die ersten schweren Ochsengespanne rumpelten die Via Collatina von der Porta Esquilina aus in Richtung der Innenstadt. Nachts war die Subura noch lauter als tags. Und je später es wurde, umso weniger brauchbare Kunden verirrten sich zufällig auf die Straße. Wer nun noch unterwegs war, hatte bereits ein festes Ziel vor Augen.


    Nicon, ein abgekämpft aussehender Rotschopf, der aussah, als ob er gerade erst das Fest seiner Volljährigkeit gefeiert haben würde, wenn er Eltern hätte, tauchte aus den Schatten auf und reichte Kyriakos eine Geldkatze. Mit dem Handrücken wischte er sich den Rotz von der Nase. Der Grieche durchwühlte kurz die Einnahmen, dann band er sie an den Gürtel von Python und nickte.


    »Du kannst Feierabend machen.«


    Satibarzanes, der in der Nähe von Python auf den Fersen im Dreck hockte, sah dem Jüngling missmutig nach. Die Nervosität war ihm anzumerken. »Würden alle gleich viel mitarbeiten, ginge es schneller«, murrte er leise Python zu und Kyriakos wusste, dass er ihn damit meinte. Das war unverschämt, denn er organisierte und koordinierte hierdas alles.


    »Satibarzanes, such dir eine andere Ecke. Und wage es dir nicht, ohne Begleitung oder Geld aufzukreuzen und wenn du bis morgen auf der Straße bleibst.«


    Ohne Widerworte trollte der Mann sich. Kyriakos wusste schon, warum er ihn so selten wie möglich mit hinaus auf die Straße nahm. Weder war seine haarige, füllige Gestalt dazu geeignet, viele Kunden anzusprechen, noch taugte er für sonst etwas, wie Python, der wenigstens kämpfen konnte, auch wenn er kein erbaulicher Anblick war. Er musste zusehen, dass er Satibarzanes los wurde, bevor er endgültig zu alt war.


    »Python.«


    Er wies auf einen Mann, der erstaunt den Flöte spielenden Jungen musterte, der mit einer Hand an seiner Tunika zupfte, damit er mitkam. Das Zögern des Mannes hatte Kyriakos gereicht, um es als Zustimmung zu werten. Er hatte für heute die Nase voll. So trat also der ehemalige Gladiator zu dem Mann und gab ihm zu verstehen, dass er mitkommen müsse. Sein Nein akzeptierte er nicht. Er beförderte den verängstigten Mann durch die Gasse in den Schlund Ganymeds. Kyriakos blickte wieder nach vorn. Zwei weitere Lupos kehrten heim, lieferten bei ihm ihre Einnahmen ab und wurden im Gegenzug in den Feierabend entlassen. Aber auch sie hatten Angst und erzählten von den Schergen einer fremden Bande, die vermutlich die Kunden zu den anderen Lupanaren trieben und sie von den guten Stellen verjagten.


    Kyriakos schaute sich noch einmal auf der Kreuzung um. Da war niemand Verdächtiges. Keine auffälligen Bewegungsmuster, keine verstohlenen Blicke. Dafür eine lausige Ausbeute, die das Risiko, das Haus zu verlassen, unnötig erscheinen ließ. Er brauchte einen weiteren Jüngling und musste diesmal besser darauf achten, dass er nicht aus der Form geriet. Oder einen zweiten Gladiator, um sich ein besseres Revier zu erkämpfen. Da Satibarzanes nichts konnte, würde er vielleicht als Plantagenarbeiter unterkommen können. Wenn sich gar kein Käufer fand, musste es eben das Kolosseum tun. Kyriakos konnte sich kein Mitleid leisten. Ihm schenkte schließlich auch niemand was, am wenigsten seine Lupos, die seine Bemühungen weder verstanden, noch zu schätzen wussten, einfältig, wie sie waren. Er wartete, bis der Junge mit dem Blütenkranz und der Flöte an ihm vorbei in die Gasse gehüpft war, ehe er sich abwandte und ihm folgte.

  • Das dunkle Königreich der Krähe war auf dem Buckel der kleinen Geschäftsmänner und Ladenbesitzer errichtet worden. Jedes nichtstaatliche Gewerbe innerhalb des Reviers ihrer Organisation bekam früher oder später einmal "Besuch" von ihren Schergen, um ein Angebot zu machen, das man nicht ablehnen konnte. An sich war es ein sehr vernünftiges Angebot. Die Ladenbesitzer hatten regelmäßig einen Teil ihrer Einnahmen an die ehrenhaften und guten Männer von corvus abzuführen im Gegenzug dafür, dass diese darauf achteten, dass ihre Waren nicht zersprangen, oder ihre Betriebsimmobilien urplötzlich in Flammen aufgingen, diese modernen Gebäude brannten ja so furchtbar schnell ([SIZE=7]nicht[/SIZE]), wenn man nicht ein Auge darauf hatte. Und so waren die einzelnen Banden ständig unterwegs, um ein Geschäft nach dem anderen abzugrasen und somit zu gewährleisten, dass Roms Wirtschaft am brummen war. Ausgebrannte Läden warfen ja für gewöhnlich nur wenige Erträge ab und diese Peinlichkeit wollte man dem imperialen Fiskus wirklich ersparen und daher seinen Beitrag durch "Geschäftserhaltung" leisten. Die Subura lag fast zur Gänze im Gebiete der Organisation von Helvetius Archias und praktisch alle ansässigen Gewerbe bezahlten bereits regelmäßig an sie, oder hatten eigene Vereinbarungen getätigt, wenn das auch eher die Ausnahme blieb.
    Das Eintreiben dieser Gelder hatte mit seinem stetigen Anwachsen ein ganz eigenes Netzwerk an Mittelsmännern erschaffen, die es pflegten und fast nichts mit den Räuberbanden von der Straße zu tun hatten, höchstens mit dem zuständigen Hauptmann ihres Bezirks. Die angehörigen Läden zahlten per Anweisung die festgelegte Summe an einen Mittelsmann, der wiederum das Geld seiner zugewiesenen Gewerbe sammelte und an seinen Hauptmann übergab, der wiederum das Geld dann in die engeren Zirkel der Organisation weiterleitete. Natürlich zahlten nicht alle Läden eines Bezirks an nur einen einzigen Mittelsmann, da es vermutlich auffallen würde, wenn 20-30 Betriebe auf einem Fleck regelmäßig Geld an eine einzige Person überweisen würden, weshalb jeder Mittelsmann nur maximal 10-15 Läden zugewiesen hatte und es daher auch mehrere pro Bezirk gab. Dies hielt auch Ausfälle, oder sonstige Einbussen in Grenzen, falls ein Mittelsmann einmal aus irgendeinem Grund ausfallen sollte. Um auch ja immer den Überblick zu behalten wurden regelmäßig alle eingelangten bzw. ausgebliebenen Zahlungen mittels einer Liste abgeglichen, auf der der Mittelsmann seine zugehörigen Betriebe kontrollieren konnte. Hatte ein Betrieb pünktlich bezahlt, wurde er auf der Liste abgehakt, hatte er einmal nicht gezahlt wurde vom Mittelsmann eine Mitteilung an seinen zuständigen Hauptmann geschrieben, der wiederum dann ein paar seiner Banditen auf einen Hausbesuch losschickte, um nachzusehen was passiert war. Man sorgte sich ja immerhin um seine Kundschaft.
    Neukunden bekamen für gewöhnlich entweder direkt vom Hauptmann, oder einiger seiner Männer Besuch, um sie ins Netzwerk aufzunehmen, anschließend ging alles wie oben beschrieben seinen gewohnten Gang. Die Läden zahlten und wurden dafür kaum bis gar nicht von den Spießgesellen der Krähe belästigt.


    Heute war es wieder einmal soweit einen neuen Kunden im Netzwerk Willkommen zu heißen. Diese Ehre kam dieses Mal einem Lupanar namens Ganymed zu und im Schatten der abends schnell schwärzer werdenden Suburahäuser sah man auch schon zwei Gestalten durch die Gassen ziehen, auf dem Weg zum Ganymed. Es waren Brutus und Titus.


    | Titus


    "Hast du schon einmal von diesem Lupanar gehört, Brutus?"


    | Brutus


    "Zum dritten Mal...nein hab ich nicht", knurrte sein Kumpane genervt. Er hatte zusammen mit zwei anderen Männern darum gelost wer dieses Mal mit Titus mitgehen müsste und zu seiner höchsten Ungunst war diese Aufgabe ihm zugefallen. So waren sie also gemeinsam unterwegs, während Titus in einem fort redete und Brutus neben ihm sich schon zum zehnten Mal die Wonnen ausmalte, die es ihm bereiten würde seinen Dolch in Titus' Kehle zu rammen, um endlich seine Ruhe zu haben, aber Arbeitsunfälle sah Hauptmann Babilus leider gar nicht gern.
    "Ja, auf jeden Fall soll das ein ganz spezielles Lupanar sein, eines das nur Männer anbietet, kannst du dir das vorstellen?"
    "Is nicht wahr..." brummte Brutus desinteressiert, auch das hatte er schon drei Mal hören dürfen.
    "Und gehören soll das ganze einem Kerl namens..."
    "SCHNAUZE!"
    Titus verstummte sofort und machte bloß noch ein alamiertes Gesicht, aber er blieb still. So wanderten sie weiter die Gossen der Subura entlang, bis der Jüngere der beiden es nach 5 Minuten doch wieder nicht hinbekam gar nichts zu sagen.
    "Weißt du was ich mich gerade frage?"
    Brutus verdrehte die Augen und seufzte tief. "Was denn..."
    "Was es jetzt eigentlich mit der Krähe auf sich hat, ich meine existiert dieser Kerl überhaupt, oder ist das nur eine Erfindung von Hauptmann Babilus?"
    Brutus stöhnte. "Jetzt geht das wieder los..."
    "Nein im Ernst, das beschäftigt mich schon die ganzen letzten drei Tage. Ich mein haben wir Corvus jemals kennengelernt? Oder andere Angehörige der Organisation? Jeden den ich kenne sind die Kollegen unserer Bande und natürlich Babilus. Ich glaube langsam das alles rund um uns herum gibt es gar nicht, nur unsere Bande und dass er..."
    "Stimmt, wir kassieren ja auch bloß zum Spaß von der halben Stadt Schutzgelder und die Krähenschädel und Blutschwingen an Tatorten in ganz Rom haben natürlich auch wir alle ganz alleine gelegt hinter deinem Rücken..."
    Titus wurde rot und verstummte wieder. Natürlich war klar, dass es auch viele explizit der Krähe zuschreibbare Tatorte gab, von denen er wusste, dass sie nicht dort gewesen waren und angesichts der großen Anzahl an Teilnehmern am Netzwerk erschien es auch ihm nach näherem nachdenken etwas komisch, wenn so viele Läden an eine kleine einfache Räuberbande zahlen sollten wie die von Babilus.
    "Hmm..ich würde trotzdem zu gern erfahren wie die Krähe aussieht..."
    Vor seinem inneren Auge war Brutus gerade Titus am Packen seiner Gurgel, gefolgt von Faustschlägen immer wieder auf dessen dummen, permanent plappernden Schädel. Bestimmt nicht unbedingt gesund für den Besitzer des Ganymed auf einen auf 180 geladenen Brutus zu treffen.
    Endlich erschien das Etablissement vor ihnen. Vorm Eingang lungerten auch schon ein paar dieser männlichen Schmeißfliegen herum, aber Brutus ignorierte die und trat durch den Eingang, gefolgt von Titus. Dann wummerte er mehrmals gegen das innere des Türstocks. "Besuch ist daaa!"
    Auch Titus hatte jetzt eine ernstere Miene aufgesetzt von der er der Meinung war, dass sie ihn besonders gefährlich aussehen ließ, während er etwas hinter Brutus stehen blieb.

  • Der Eingangsbereich war zwar nicht gerade eine Halle, aber groß genug, um die Wand entlang steinerne Sitzbänke zu beherbergen. Es gab auch einen kleinen gemauerten Tresen, in dessen Rückseite Kleinkram untergebracht war sowie ein paar Getränke und Becher. Direkt hinter der Eingangstür saß Python im Schatten, der wie die meisten Gladiatoren nur aus Muskeln und Fett bestand, während zahllose Narben seine Haut zierten. Seine Dienste waren nicht sehr oft erwünscht und so machte er sich gerade die Nägel mit einem kleinen Küchenmesser, ohne die beiden eintretenden Männer mehr als nötig zu beachten. Ihre augenscheinliche schlechte Laune würde sich aller Wahrscheinlichkeit in Luft aufgelöst haben, nachdem sie bedient worden waren.


    Ganz anders Satibarzanes, der auf eine brutale Nulldiät gesetzt worden war, bis er seine Daseinsberechtigung wieder erarbeitet haben würde. Nach drei Tagen Hunger wuchs die Verzweiflung. Seine hüftlange Lockenmähne hatte er vergebens versucht, in eine Frisur zu verwandeln und abgenommen hatte er in der kurzen Zeit auch noch nicht. "Salvete die Herren", grüßte er die beiden Gäste freundlich und ließ ihnen Gelegenheit, ihre Wünsche zu äußern. Er hoffte, dass der Inhaber des Lupanars seine Bemühungen mitbekam, der in einem der Hinterräume beschäftigt war, aber seine Ohren überall zu haben pflegte.


    Derweil traten Castor und Pollux ein wenig deutlicher ins Blickfeld. Obwohl die Zwillinge schon 18 waren, waren sie zweifelsohne diejenigen, welche die meisten Kunden an Land zogen, was nicht nur an ihrem Äußeren lag, das dem römischen Ideal eines Jünglings sehr nahe kam, sondern auch an ihrer wenig zurückhaltenden Art. Während Castor Satibarzanes einen überheblichen Blick zuwarf, der besagte, dass mindestens einer dieser Kunden ihnen gehörte, schenkte Pollux dem jünger und freundlicher aussehenden von beiden ein zuckersüßes Lächeln. Dieser drückte sich schüchtern hinter seinem Kumpel herum, aber sie würden ihm helfen, seine Scheu zu überwinden. Castor und Pollux hatten den Vorteil, dass sie immer zu zweit arbeiteten und sich dadurch prinzipiell sicher fühlten, bis hin zu haarsträubender Risikobereitschaft. Nachdem Castor Satibarzanes einen bösen Blick zugeworfen hatte, holte er eine Waschschüssel und machte sich daran, dem auserkorenen Kunden die Sandalen auszuziehen und die vom Suburadreck gezeichneten Füße liebevoll zu waschen. Satibarzanes konnte den Grobklotz haben - falls er überhaupt jemanden haben würde. Pollux lächelte dem Kunden weiterhin zu.


    Satibarzanes bemühte sich, sein eigenes freundliches Gesicht aufrecht zu erhalten, während er auf die Rückmeldung der Gäste wartete und die Zwillinge noch mehr verabscheute als je zuvor.

  • | Brutus


    Brutus schenkte seine Aufmerksamkeit nicht weiter her für die anwesenden Gestalten, oder die Einrichtung des Eingangsbereichs, diese verdammten Lupanare sahen ja sowieso immer gleich aus! Was er jedoch untersuchte war, ob eine der Tröten die Anstalten machte der Chef des Ladens zu sein, aber ihre Blicke sahen alle nicht so sehr danach aus. Anscheinend musste er ihn herbeizitieren.


    Er wollte schon Luft holen, um nach dem Besitzer des Ganymed zu verlangen, als er da bemerkte, wie so eine Art Zwillinge sich für Titus zu interessieren schienen. So brach er also seine angesetzte Frage wieder ab und beobachtete, wie einer der Stecher sich an den Füßen von seinem Kumpanen zu schaffen machte, während der andere ihn vorher mit einem Blick angelächelt hatte, der nichts anderes bedeuten konnte als "Zieh dich aus!"


    Bei dieser Erkenntnis kam Brutus eine diabolische Idee wie er sich für die Plappereien des Trottels von vorhin rächen konnte, ohne sich hinterher bei Babilus wegen einiger gebrochener Knochen verantworten zu müssen. Titus indessen hatte durch seinen maskenhaften grimmigen Gesichtsausdruck unentwegt die Gegend mit seinem Blick abgetastet, diese komischen Jünglinge waren ihm gar nicht geheuer und ihre verhaltenen Balzversuche. Dazu auch noch, dass Brutus merkwürdig still war, ein weiteres Zeichen, dass etwas im Busch sein musste. Als einer der besonders hübschen Kerle dann herbeieilte, um ihm die Füße zu waschen, schüttelte Titus besagten Fuß und rief:


    | Titus


    "Hee! Was soll das?" Aber er war nicht allzu grob bei seinem halbherzigen Versuch den Kerl abzuschütteln. Die alle hier verunsicherten ihn etwas und warum beim Hades sagte Brutus nichts??
    Dieser indessen hatte seine Beobachtungen gemacht und in dem Moment einen Entschluss gefasst. Eigentlich hatte er ja Titus bei der Schutzgeldforderung vorschicken wollen, um sich daran zu ergötzen wie er sich stammelnd und stotternd zum Affen machte, ehe er persönlich eingegriffen hätte, aber die Idee der Jungs war noch tausend Mal besser!


    Brutus richtete sich zu voller Größe auf und rief in den Raum: "Ich verlange den Besitzer dieses Lupanars zu sprechen! Und was meinen Freund hier angeht..." beim letzten Satz lächelte er abwechselnd Titus und die beiden hübschen Zwillinge an und warf ihnen dann 20 Sesterze vor die Füße, "spielt schön mit ihm, er mag es besonders hart."


    Titus klappten Augen und der Mund auf vor Entrüstung und Überraschung. "WAS?! Aber....ich...nein, Brutus!"
    Brutus lachte brüllend auf angesichts des stupiden Gesichtsausdrucks von Titus, dem es die Sprache verschlagen hatte.

  • Zwanzig Sesterze! Die waren schneller eingesammelt und in Sicherheit versteckt, als dass Satibarzanes die Kinnlade herunterfallen konnte. Titus wurde von den Zwillingen flankiert, die ihn sehr bestimmt in Richtung eines Raumes lotsten - nicht, ohne Brutus ein dankbares Lächeln über die Schulter zuzuwerfen, dass sich in ein gieriges Grinsen verwandelte, kaum, dass sie wieder nach vorn schauten. Der schüchterne Kunde hatte es ihnen angetan. Das Letzte, was man von Titus sah, war, wie Castor prüfend seinen Hintern tätschelte, ehe die Tür hinter den Dreien zuschlug. Von Titus blieben nur zwei traurige Sandalen im Vorraum zurück, die Satibarzanes aufhob und sauber zu machen begann, damit es so aussah, als ob er irgendwie nützlich sei.


    Derweil hatte sich der Inhaber des Ganymed hervorbequemt. Hinter ihm schaute neugierig der kleine Nymphis hervor, der heute rosa Magnolien im Haar trug.

  • | Brutus


    Verschmitzt winkte Brutus seinem Titus hinterher, der sich rufend und windend gegen sein angedachtes Schicksal wehrte, aber die beiden Zwillinge waren zusammen zu kräftig für ihn, um sich freizustrampeln.
    Nachdem die Tür hinter den Dreien zugefallen war, wandte sich Brutus wieder dem Besitzer zu.


    "Salve, ich komme im Auftrag meines Bosses, um dieses Lokal näher in Augenschein zu nehmen. Scheint ja ein ganz passabler Laden zu sein, wie heißt du und was wirft er so ab?"


    Besser einmal klein anzufangen, der Typ würde ja sowieso gleich erfahren um was es ging.

  • Kyriakos schickte Nymphis mit einem Wink fort. Das hier war kein Kunde, sondern irgendetwas anderes. Ein Konkurrent, ein möglicher Geschäftspartner? Das würde sich erweisen. Während der Junge verschwand, widmete der Inhaber des Ganymed sich dem Gast.


    "Mein Name ist Kyriakos. Aber wer bist du? Brutus nannte dich dein Freund. Nur kenne ich keinen Brutus. Bitte folge mir in mein Zimmer, dort redet es sich besser. Etwas zu trinken?"


    Python gab er ein Zeichen zu bleiben, wo er war und sie nicht zu begleiten. Es war ein Vertrauensvorschuss für den Gast als Zeichen seines Wohlwollens. Kyriakos führte den Mann in eines der Zimmer der verschachtelten Insula, deren untere Etage sein kleines Reich bildete. Er hielt ihm einladend die Tür auf. Dies war kein Arbeitszimmer eines Lupo, sondern ein kleiner Wohnraum, in dem es alles gab, was man zum Leben benötigte, wenn auch auf sehr kleiner Grundfläche. Auch ein Arbeitstisch war hier zu finden mit zwei Schemeln. Durch ein recht großes Fenster konnte man in einen unordentlichen, aber grünen Hinterhof blicken, auch wenn er für sie nicht nutzbar war, da er zu einem anderen, besseren Anwesen gehörte.

  • | Brutus


    Brutus folgte dem Besitzer des Ganymeds in die untere Etage. Unterwegs hatte er die Einbildung irgendwo aus dem Haus die Verzückungsschreie von Titus zu hören, zumindest klangen sie in seiner Vorstellung verzückt. Bei diesem Gedanken musste er wieder grinsen.
    Bei ihrem Ziel angekommen, fand er sich in einer Art Wohnung wieder. Dort fand sich ein Schreibtisch mit Sitzmöglichkeiten, aber Brutus zog es vor stehenzubleiben. Immerhin war er wegen einer Forderung hier und nicht wegen eines Höflichkeitsbesuchs.


    "Ich heiße Brutus, das stimmt schon, aber mich muss man nicht kennen und ich bin auch niemand, nur der Laufbursche." Ein ziehmlich großer und schlecht rasierter Laufbursche...


    Auf die Frage nach einem Getränk hin schüttelte er nur ablehnend den Kopf. "Hübsch eingerichtet auf jeden Fall, hat bestimmt ein wenig was gekostet stimmts? Männerhuren müssen ja eine ziehmliche Nische im Geschäft sein, was verdient man so mit so einem Laden?" fragte er jetzt, während er sich dabei kurz nochmal im Raum umgesehen hatte. Was das anbahnen von Schutzgelderpressungen anging, so konnte man Brutus zeitenweise schon fast diplomatische Methoden andichten, immerhin ein Charackterzug der dem raufenden und saufenden Brutus normalerweise abging.

  • Für einen Laufburschen sah Brutus ziemlich imposant aus. Kyriakos traute ihm eher andere Qualitäten zu, die sich mehr auf die Armkraft bezogen, doch das sprach er nicht aus. Während Brutus es vorzog, stehen zu bleiben, machte er es sich an seinem Tisch gemütlich.


    "Interna heißen so, weil sie intern bleiben. Niemand nennt irgendwem Zahlen. Es genügt, um all die hungrigen Mäuler mehr schlecht als recht zu stopfen, das muss dir reichen. Würde man damit reich werden, würde ich nicht hier in der Subura wohnen, sondern mir eine schöne Villa gönnen und einen anderen die Aufsicht führen lassen. Warum interessiert dich das? Ist das hier ein Bewerbungsgespräch?"


    Er musterte den Mann ein zweites Mal, diesmal mit einem anderen Augenmerk.

  • | Brutus


    Der Ablauf fast immer der gleiche was diese Verhandlungen anging. Man kam in den Laden, man begann das Gespräch und versuchte es einmal höflich. Ein paar gingen dabei wirklich schon drauf ein, was die Sache dann relativ unkompliziert machte, aber der Großteil weigerte sich für gewöhnlich erste Zahlen zu nennen, wenn es um die Finanzen ging, oder später, wenn sie begriffen hatten was von ihnen von nun an erwartet wurde. Das war dann der Zeitpunkt, um ein wenig mehr Druck auszuüben. Ein paar gewählte Worte zum Beispiel, oder die rein zufällig heruntergefallene Keramik eines Amphorenhändlers und schon war die Sache wesentlich williger vereinbart. Ein paar ganz harte Brocken die selbst dann noch nicht ihr Einsehen hatten mussten natürlich eine härtere Lektion erfahren und durften hinterher dann vor den rauchenden Trümmern ihrer verbrannten Existenz stehen und aus dem Schutt retten was zu retten war.


    Der Anflug eines Lächelns umspielte Brutus' Lippen. Also zur ersten Kategorie gehörte dieser Kyriakos schon einmal nicht, mal sehen, ob er auf Nummer zwei hängen blieb. "Oh beileibe nicht, nein wie gesagt es geht um eine erste Betriebsbewertung, immerhin soll ja der abzuführende Betrag den Einnahmen des Unternehmens entsprechen, nicht?" Brutus verschränkte die Hände vor seine Brust, als er ein wenig im Raum herumzugehen begann.
    "Siehst du die Sache ist die, es sind schwere Zeiten, überall läuft Gesindel mit komischen Ideen herum und was denen alles einfällt...da brennen schnell mal ganze Gebäude kann ich dir sagen, nicht dass das oft vorkommt." Mit einer Hand machte Brutus eine abwehrende Geste, ganz so, als ob das etwas ganz fürchterliches wäre.
    "Dafür sind wir hier, wir sind die Freunde und Beschützer der Unternehmer dieser Gegend. Wir sorgen dafür, dass dieses Pack von den Geschäften fern bleibt und sie sicher sind, aber das kostet natürlich etwas."


    Brutus blieb stehen und sah jetzt wieder Kyriakos an. "Nun, also wie hoch sind die monatlichen Einnahmen dieses Lupanars? Das letzte was wir wollen sind Fehler in der Buchhaltung."

  • Der Blick von Kyriakos wurde abweisend und arrogant. Also war an dem ängstlichen Gerede von Satibarzanes doch etwas dran gewesen. Irgendjemandem passte es nicht, dass sie hier ungestört ihrer Arbeit nachgingen. Und irgendein Handlanger dieses Jemands stand nun vor ihm und posaunte unverholen irgendwelche Drohungen herum.


    "Was schätzt du, wie viele Lupos ich beschäftige? Nicht alle von ihnen sind sanftmütige Jünglinge mit Rehäuglein. Ich habe hier auch ausrangierte Gladiatoren und desertierte Veteranen. Wenn diese Lupos schlechte Laune haben, kommen sie mitunter auf dumme Gedanken. Und ein brennendes Haus ist für jene, die kein anderes zu Hause haben, ein guter Grund, schlechte Laune zu bekommen."


    Kyriakos stand auf. "Und jetzt scher dich raus."

  • | Brutus


    Anscheinend sollte ihm die Erwähnung von großen bösen Schläger-Lupos Angst machen, doch da konnte Brutus nur lachen. Er hatte seine Fäuste und seinen Dolch, sollten die nur zusehen wie sie mit ihm fertig wurden.


    Anscheinend wollte Kyriakos unbedingt zur dritten Kategorie von Kunden des Netzwerks gehören, doch nur um nochmal ganz sicher zu gehen neigte Brutus den Kopf und fragte noch einmal nach:


    "Soll das also heißen, dass du unseren Schutz nicht annehmen möchtest, auch nicht angesichts all der Spinner die hier herumlaufen?"

  • "Ich sehe hier nur einen Spinner und der steht vor mir."


    Kyriakos pflegte nicht, sich zu wiederholen und wartete, ob der größenwahnsinnige Kerl von allein verschwinden oder ob er Nachhilfe benötigen würde. Er glaubte Brutus kein Wort. Kyriakos hielt ihn für einen Aufschneider, der meinte, bequem etwas vom Kuchen bekommen zu können, ohne dafür einen Finger krumm machen zu müssen. Die gleiche Sorte wie jene, die versuchten, die Lupos zu kostenloser Arbeit zu überreden, weil es ihnen ja Spaß machen würde. Aber wenn er eines in diesem Leben gelernt hatte, dann, dass man niemandem etwas schenkte.

  • | Brutus


    Also dritte Kategorie, der Kunde hatte gewählt.
    Normalerweise wäre Brutus angesichts einer (wie auch immer gearteten) Beleidigung brüllend aufgefahren und hätte sich auf sein Opfer geworfen (wie sein Kumpane Tappo schon selbst erfahren hatte müssen), doch bei Schutzgelderpressungen lief das bei ihm anders ab, vor allem, wenn es Dreierkandidaten waren, bei denen würde er sowieso noch einmal auf seine Kosten kommen was Rache anging.


    So schaffte Brutus das Wunder ruhig zu bleiben, er neigte nur noch einmal kurz den Kopf zum Abschied und sprach: "So sei es, du wurdest gewarnt."
    Dann drehte er sich um und verließ das Zimmer. Er stieg wieder hoch in den Eingangsbereich und wie abgesprochen öffnete sich im gleichen Moment die Tür hinter die die Zwillinge seinen Kameraden verschleppt hatten.
    Es war sogar Titus! Mit einem zutiefst verstörten Gesichtsausdruck (und irgendetwas weißem im Mundwinkel) humpelte er breitbeinig auf Brutus zu, ganz so als würde ihm jeder Schritt große Schmerzen auf Beckenhöhe bereiten.
    Mit einem tödlichen Blick verschlang er Brutus geradezu.
    "Das... bereust... du..." war alles was er hervorpressen konnte.


    Brutus lachte wieder nur und klopfte Titus hart auf den Rücken, sodass der kurz das Gleichgewicht verlor und beinahe nach vorne gestürzt wäre, hätte er sich nicht im letzten Moment davor retten können.
    So verließen die beiden Banditen das Lupanar Ganymed, einer von beiden sogar um ein paar Lebenserfahrungen reicher.

  • Kyriakos kam in einigem Abstand hinterher, um sich zu vergewissern, dass der Unruhestifter auch wirklich das Ganymed verließ. Sein Kumpane, der gerade aus dem Zimmer trat, war von den Zwillingen gut versorgt worden. Er würde die nächsten Tage in süßen Erinnerungen schwelgen. Und wenn es aufhörte, würde er es vermissen, sich leer und unausgefüllt fühlen und wiederkommen. Solche intensiven Erfahrungen machten süchtig und ließen den Beischlaf mit der Ehefrau fad und öde erscheinen. Besonders, wenn die Zwillinge im Spiel gewesen waren. So lief das, wenn es gut lief.


    Castor und Pollux begleiteten Titus zur Tür, wobei sie ihn noch immer tätschelten. Erst, als Titus das Gebäude verließ, ließen sie endlich von ihm ab, wobei Pollux sich mit dem Ellbogen auf die Schulter seines Bruders stützte und gefühlvoll seufzte. Augenscheinlich hatten sie viel Freude mit diesem Kunden gehabt. Während die Zwillinge den beiden Gästen gut gelaunt hinterhersahen, war der Blick von Kyriakos finster, als er sich zurück in das Innere Ganymeds verzog.

  • Nachdem die beiden Gäste entschwunden waren, fand Kyriakos Zeit, um eine offene Rechnung einzutreiben. Er tauschte den griechischen Lendenschurz gegen eine ordentliche Tunika, warf einen letzten rückversichernden Blick in den Spiegel und machte sich auf den Weg zur Casa Furia.


    Casa Furia - Porta >>

  • << Casa Furia - Porta


    Die Zwillinge flankierten den Eingang. Als Kyriakos nahte, strahlten sie ihn an, um die Neuigkeiten zu vernehmen, doch er winkte nur ab und zog sich in sein Zimmer zurück. In seinem Bett saß Nymphis, der den Blütenkranz aus seinem Har genommen hatte und zerpflückte, um die bunten Blätter zu essen, wie er es jeden Abend tat. Kyriakos strich ihm im Vorbeigehen durch das Schwarze Haar, dann setzte er sich an seinen Arbeitstisch, den Blick zum Fenster gewandt, um zu grübeln.


    Wenn der Herr von Eireann sich tatsächlich stur stellte, hatte Kyriakos ein Problem - denn damit, dass dieser die Sklavin vielleicht aus purer Prinzipientreue nicht auslösen wollte, hatte er nicht gerechnet. Sie im Tiber zu versenken konnte nicht der Weisheit letzter Schluss sein, denn davon wurde die Miete des Lupanars weder bezahlt noch die hungrigen Mäuler der Lupos gestopft. Eireann einfach laufen zu lassen, verbot sich allerdings auch, denn das käme einer Kapitulation gleich. Nein, er musste unnachgiebig bleiben, anders kam man in diesem Leben nicht weiter, auch, wenn das hieß, bis zum Äußersten zu gehen. Eine tote Sklavin mehr - was machte das schon? Wenn der zweite furische Sklave verschwand, würden die Furier es sich überlegen, ob sie diesmal das Lösegeld nicht besser sofort zahlten.


    Kyriakos, die nie hatte mit dem Gesetz in Konflikt geraten wollen, spürte den kalten Sog der Unterwelt. Jeder mögliche Ausweg schien ihn noch tiefer in die Gesetzlosigkeit zu führen und gleichzeitig schien es, als ob nur dort das Geld zu finden war, das er so dringend benötigte.


    Er atmete langsam durch die Nase aus und dachte kurz an seine geliebte Velia, der er so gern ein anderes Leben geboten hätte als dieses. Seine Faust ballte sich, so dass die Muskeln an seinen Armen hervortraten. Das würde er. Und wenn der Weg dorthin über Leichen führte, dann sei es so.

  • Es war eine unbestimmte Zeit vergangen und Kyriakos kehrte mit einbrechender Dunkelheit von der Straße heim. Nachdem er sich um die letzten Aufgaben des Tages gekümmert hatte, wusch er sich die Spuren des letzten Freiers vom Körper, so weit das möglich war. Indem er zum Schluss seinen Kopf in die Waschschüssel tauchte, entfernte er die falschen Locken, die er sich jeden Morgen mit einem heißen Eisen drehen ließ, um wieder er selbst zu werden. Nach dem Abtrocknen formten seine natürlichen, sehr viel groberen Locken eine wilde und zerzauste Unfrisur.


    Mürrisch blickte er in den Metallspiegel. Diese verdammten Kratzer am Hals waren noch immer zu sehen, ein paar Knutschflecken waren auch noch hinzugekommen. Den Lupo sah man ihm nun auf zehn Schritt Entfernung an, selbst wenn er normale Kleidung trug. Seine Laune sank endgültig in den Keller. Der Verursacher der Knutschflecken hatte wenigstens dafür bezahlt, doch die Verursacherin der Kratzer kostete ihn jeden Tag Zeit, Nahrung und Nerven! Die verdammte Sklavin fraß, schiss und blockierte einen Raum. Ihr Herr hatte an der unglückseligen Kreatur so wenig Interesse wie Kyriakos. Seine Geduld war erschöpft. So oder so würde es heute ein Ende haben mit ihr.


    Kyriakos warf sich seine Alltagstunika über und gürtete sie. Es folgten Caligae für die Füße, die nicht nur beim Militär beliebt waren, sondern auch bei anderen Leuten, denen ein fester Tritt wichtig war. Dann verließ er sein Zimmer, um Eireann zu "besuchen".


    "Python." Mit einem Fingerzeig wies er den ehemaligen Gladiator an, vor der Tür zu warten.


    "Ich glaube, der Titus hat das letzte Mal seine Sandalen stehen lassen." Python wies auf ein kleines Schuhregal, in dem in der Tat noch ein paar Sandalen auf ihren Besitzer warteten. Ob sie wirklich zu besagtem Kunden gehörten, wusste Kyriakos nicht und es war ihm auch egal.


    "Dann soll er sie abholen", schnauzte er. "Vor die Tür jetzt."


    Damit drehte er den Schlüssel herum und öffnete die Tür. Wie eine aufziehende Gewitterwolke erschien er in dem Raum, in dem Eireann hausen musste. Hinter sich schlug er die Tür zu, während der Schlüssel außen stecken blieb. Python würde dafür sorgen, dass niemand entkam.

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