Ganymed - Lupanar

  • Die Hitze war wie eine Wand. Atticus fühlte, wie die feinen Härchen an seinem Arm verschmorten, selbst ohne dass er mit dem feuer in Berührung kam. Den triefnassen Umhang hatte er zum Schutz über den Kopf und nach vorne über Mund und Nase gezogen, gehalten von seinem linken Arm, so dass er den rechten frei hatte. So konnte er wenigstens etwas atmen, ohne Rauch einzuatmen. Dennoch musste er sich nicht nur wegen seiner Körpergröße ducken.


    Die meisten Menschen meinten, ein Feuer sei hell. Doch das stimmte nur zum Teil. Ein kleines Feuer spendete Licht und Wärme. In einem Hausbrand hingegen sah man nur eine blendende Schwärze. Rauch versperrte einem die Sicht, und nur brennende Funken dazwischen und brüllendes Feuer rundherum blendeten gleichzeitig.
    Atticus versuchte, etwas durch den Rauch zu sehen oder zu hören. Jemand saß an einer Wand. Atticus ging schnell zu ihm. Irgendwo krachte ein Balken herunter. Er durfte nicht lange bleiben. Atticus berührte den sitzenden Mann, der zur Seite wegkippte. Er hatte irgendwas in den Händen, was Atticus aber nicht interessierte. Er griff schnell nach dem Kopf und fühlte nach, ob der Mann lebte. Aber der war tot. Etwas klebriges war an seinen Fingern, was Atticus als Blut zwar registrierte, im Augenblick aber nicht wahrnahm. Er schaute weiter und meinte, ein Rufen zu hören. Er lauschte nochmal. Ja, da war ein panisches Schreien.
    Er versuchte dem klang zu folgen und fand sich vor einer Tür wieder. Sie schien verriegelt zu sein. Atticus hielt sich gar nicht lange damit auf und zog sein Schwert, um den Riegel auszuhebeln. Trotzdem musste er zweimal noch mit der Schulter gegen die Tür rammen, um sie aufzubekommen. In der Hitze hatten sich die Angeln der Tür schon leicht verbogen.
    Ihm starrte ein Sammelsurium an Augen entgegen und keuchende Wesen. Verdammt, so viele... Das waren mehr als fünf. Atticus hatte keine Zeit, zu zählen. “Kommt, raus hier! Runter auf alle viere und haltet euch immer am Vordermann brüllte er ihnen entgegen und hoffte, sie verstanden ihn, während er nach unten ging, um es vorzumachen.
    Etwas berührte ihn an seiner Seite, und er schrak zusammen, dachte schon, etwas brennendes wäre auf ihn gestürzt. Aber neben ihm kauerte wimmernd und winselnd Pontus, der seinen Herrn nicht allein in die Flammen hatte gehen lassen wollen. “Dummer Hund“, begrüßte Atticus seinen Gefährten und hatte eine Idee. Er schnappte sich den Arm des vordersten Jungen. (War es ein Junge? In diesem Rauch war es nur schwer, das auszumachen.) Mit festem Griff führte er dessen Hand an Pontus Halsband. “Festhalten, nicht loslassen“ sagte er eindringlich und ließ erst locker, als er sicher war, dass der Junge verstanden hatte, was er von ihm wollte.
    “Bring sie raus, Pontus. Pontus? Raus!“ befahl Atticus, und wenngleich Pontus winselte und nicht wollte, gehorchte er und ging langsam los.


    Atticus stellte noch sicher, dass die anderen dem ersten Jungen folgten, alle am Boden hintereinander. Als er sicher war, dass sie auf dem Weg waren, ging er noch einmal in Richtung des Hauptraumes – wenn es einer war, Atticus sah keine vier Fuß weit – zurück. Er hatte keine Ahnung, wer sonst noch hier war. “IST NOCH JEMAND HIER?“ brüllte er ins Nichts hinein und versuchte, durch das Feuer etwas zu hören. Viel länger durfte er nicht bleiben, wenn er nicht für immer bleiben wollte. Er keuchte, als so langsam der Schutz seines Mantels aufgebraucht war.

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    "I-ich", stotterte Satibarzanes. Mit einer Hand hielt der pummelige junge Mann seinen stark blutenden Unterarm umklammert. Er starrte schon seit Beginn der Katastrophe mit schreckgeweiteten Augen auf die Leiche vor sich, unfähig, sich zu bewegen, ganz gleich, was um ihn herum geschah. Von seiner Haarmähne war aufgrund der Hitze kaum noch etwas übrig. Erst, als der Mann in der Decke vor ihm auftauchte, war er aus seiner Schockstarre gerissen worden. Wackelig stemmte er sich auf seine Füße.


    Zwischen ihm und dem anderen dackelte derweil eine Reihe kleiner Jungs vorbei, wobei sich jeder an dem davor festhielt. Geführt wurden sie von einem Kalb von einem schwarzen Hund. Offenbar war Satibarzanes nicht mehr ganz Herr seiner Sinne.


    Dann entdeckte er auch noch die Hand von Python hinter der Tür vorragen. Es musste Pythons Hand sein, der Größe nach zu urteilen. Noch eine Leiche! Satibarzanes hätte vor Panik fast gekotzt und einzig die Leere seines Magens verhinderte das. Zittrig wies er auf die Hand.

  • Das prasseln des Feuers und der dichte Rauch raubten Eireann beinahe den Verstand. Denn mittlerweile hörte sie schon Stimmen, obwohl sich keine Menschenseele in ihrer Nähe befand. Oder erkannte sie nur niemand durch den dichten Rauch hindurch?
    “Hallo? Ich bin hier.“
    Konnte man das leise wimmern der Keltin hören. Während sie sich noch immer gegen die glühenden Steine presste. Dann tastete sie sich erneut vorsichtig voran und versuchte durch den Rauch wenigstens etwas zu erkennen. Der Rauch wurde jedoch immer dichter. Und als in ihrer unmittelbaren Nähe ein Funkenflug entstand schrie die junge Keltin vor Angst tatsächlich auf. Blindlings stolperte sie vorwärts und bemerkte nicht das sie direkt auf Kyriskos und den kleinen Nymphis zusteuerte.
    “Ist hier jemand?“
    Wimmerte Eireann, deren Gesicht und Hände rußverschmiert waren. Ihre Tunika war in arge Mitleidenschaft gezogen. Und auch in ihren dunklen Strähnen hatten einige Glutnester ihren Platz gefunden. Dies jedoch war der jungen Frau völlig egal. Hauptsache sie kam heil aus der brennenden Hölle heraus.
    Schritt für Schritt tastete sie sich durch den Raum und stieß im nächsten moment gegen etwas weiches. Etwas das sich krabbelnd vorwärts bewegte. So viel erkannte Eireann durch die dichten Rauchschwaden. Schließlich packte Eireann die krabbelnde Person an den Schultern und wollte diese Person hinter sich herziehen. Als ihr bewusst wurde wer dort vor ihr auf dem Boden kauerte.
    Am liebsten hätte ihm Eireann einem kräftigen Tritt versetzt. Doch dazu reichte ihre Kraft nicht mehr.

  • Im Schein der Glut loderten Kyriakos´ Augen auf, als ihre Blicke sich trafen. Doch von klein auf geschult auf pragmatisches Denken, dachte Kyriakos nun anders als vor dem Brand. Eine Auseinandersetzung in diesem Moment konnte sein Tod sein. Er zerrte stattdessen das nasse Bündel mit dem Jungen kraftvoll vor sich und drückte ihn ihr in die Arme. "Rette ihn", bat er.

  • Mühsam kämpfte Eireann ihre auflodernde Wut nieder. Sie konnte den Dunkelhaarigen später auch noch anschreien, wenn dieser Wahnsinn ein Ende gefunden hatte. Und dies würde ein Ende finden. Auf die eine oder andere Art- und Weise.
    Dann jedoch erhaschte sie durch den Rauch eine weitere, kleinere Person hinter dem Lupanarbesitzer. Was war das? Zerrte der Dunkelhaarige etwa eine Leiche hinter sich her? Dies geisterte der Keltin im ersten Augenblick durch den Kopf. Und zuckte erschrocken zusammen, als er ihr das Bündel Mensch in die Arme drückte. Eireann jedoch schüttelte ihren Kopf und deutete auf ihn. Während sie Nymphis sicher umfasst hielt.
    “Du ... kommst ... mit.“
    Keuchte Eireann erstickt und röchelte im nächsten Augenblick, als sie zu viel des Rauches einatmete.
    “Wir müssen hier raus. Gibt es hier keinen geheimen Ausgang?“
    Ein jedes Lupanar hatte doch mindestens einen geheimen Notausgang, um in die Freiheit zu gelangen wenn Gefahr für Leib und Leben drohte.

  • "Doch. Aber der ist geheim." Im wogenden Dunkel des Rauchs konnte sie sein Grinsen sehen. Das hatten Geheimausgänge so an sich. Noch hatte er die Hoffnung, das Lupanar wieder aufbauen zu können, sobald er hier raus war. "Jetzt lauf! Rette den Jungen und du sollst frei sein." Nachdrücklich drückte er gegen das Kind in ihren Armen und schob die beiden so von sich weg. "Ich komme alleine nach."

  • Natürlich waren Geheimgänge geheim. Aber dies war nun mal eine besondere Situation. Doch selbst in diesem höchst brisanten Augenblick konnte Eireann das Grinsen des Älteren im dichten Rauch erkennen.
    “Sei doch nicht so verbohrt. Du würdest damit nicht nur ein Leben retten.“
    Knurrte die Keltin zwischen zusammen gepressten Lippen hervor und fokussierte den Lupanarbesitzer durch den immer dichter werdenden Rauch hindurch.
    “Ich lasse dich hier nicht zurück!“
    Stellte die Keltin mit einem entschiedenen Klang in ihrer Stimme fest. Wobei sie den offensichtlich bewusstlosen Nymphis in ihrem Arm hielt.
    Im nächsten Moment konnte Kyriakos spüren wie sich Eireanns Finger in seiner Schulter verkrallten. Ein deutliches Zeichen das sie ihn hier nicht alleine zurück lassen würde. Doch dann wurde sie auch schon zurück geschoben und die Keltin knirschte mit den Zähnen.

  • Wo kam der jetzt auf einmal her? Fast direkt neben Atticus meldete sich jemand. Zögerlich, und wohl verletzt. Er hielt sich den Arm. Atticus versuchte, mehr zu erkennen, aber das war nicht möglich, und eigentlich auch unwichtig. Der Mann deutete noch auf irgendwas am Boden, was sich bei genauerem Hingucken als Hand erwies.
    Schnell machte Atticus einen Schritt und kniete sich zu dem zu der Hand gehörigen Mann dazu. Dieser war ganz offensichtlich verletzt, sogar recht schwer, und bewusstlos. Ein Blick reichte, um Atticus zu sagen, dass er den Koloss nicht tragen konnte. Er nahm beide Hände des Bewusstlosen und versuchte, ihn zu ziehen, aber auch das war ein reichlich sinnloses Unterfangen.
    “Tut mir leid, mein Freund“, sagte er und ließ den Bewusstlosen liegen. Er konnte entweder den anderen und sich retten, oder sie alle drei in den Flammen verlieren. Nicht mehr lange, und sie würden hier ersticken.


    “Komm mit“ sagte Atticus dem anderen Mann, der scheinbar unter Schock stand und sich kaum rührte. Atticus hatte allerdings bei genug Trainings seiner Männer zugesehen, um zu wissen, dass er nicht lange diskutieren brauchte. Er packte einfach das zitternde Häuflein Elend und zog ihn mit sich in Richtung Ausgang.


    Sein Umhang war inzwischen weitestgehend nutzlos geworden, sämtliches Wasser schon verdampft. Er riss ihn sich vom Kopf und wickelte ihn noch im Gehen um seinen linken Arm, während der rechte den anderen Mann hinter sich herzog. Vor sich hörte er Stimmen. Oder bildete er sich das ein? Es mussten noch Leute im Gebäude sein, zumindest hatte er erst drei Erwachsene gefunden, dafür aber unerwartet viele Jungen, die inzwischen hoffentlich schon draußen waren.
    Ein Stückchen Decke kam fast vor ihm als brennender Funkenregen herunter, und Atticus musste etwas ausweichen, der direkte Weg war etwas versperrt. An etwas, das mal ein Tisch war, vorbei, und dann sah er noch zwei weitere Menschen am Boden. Halt, nein, drei.
    Den Fremden immer noch hinter sich herziehend in halb kauernder Stellung ging Atticus zu ihnen hinüber. “Schnell raus hier, da vorne ist die Tür“ deutete er mit seiner ummantelten Hand. “Los, los, Beeilung!“ Den Kasernenhofton hatte er mittlerweile drauf.

  • Kyriakos blickte an Eireann vorbei, als zwei schemenhafte Gestalten im Rauch auftauchten. Seine Augen brannten und tränten, er sah kaum noch etwas. Erst, als die Männer ganz dicht vor ihm standen, erkannte er sie. Einer war ein Vigil, na also, alles würde gut werden. Aber warum vergeudete er seine Zeit mit Satibarzanes?! Dem nutzlosesten Fresser, den keine Sau brauchte und den von einem einzigen Kunden mit Geschmacksverirrung abgesehen keiner vögeln wollte!


    "Lass den Idioten", keuchte Kyriakos, dem die Lunge von der heißen Luft brannte. "Rette den Jungen, die Sklavin ist zu dämlich dafür!" Damit schob er sich weiter am Boden entlang, um möglichst wenig Rauch einzuatmen, während er wie eine Schlange dem Ausgang zustrebte. Überholt wurde er von Satibarzanes, dessen Hüftspeck beim Rennen erzitterte und der mit dem Kopf in den Rauchschwaden hing. Lange Zeit vor Kyriakos erreichte Satibarzanes die rettende Freiheit, während Kyriakos sich unbeirrt auf seine Weise in Richtung kühler, klarer Luft schob.

  • Verdammtes Aas!
    Geisterte es durch Eireanns Gedanken, als er sie unbeirrt von sich schob. Dabei wollte sie ihm doch nur helfen. Mittlerweile hatte die junge Keltin nämlich den Eindruck als würde ihre Lunge bersten und sie erneut ohnmächtig. Dann erblickte auch Eireann die beiden schemenhaften Gestalten und spürte wie ihr Herz hastiger in der Brust pochte. Nahte dort vorne die lang ersehnte Rettung? Vor Freude japste die Dunkelhaarige. Musste dies jedoch sofort mit einem Hustenanfall bezahlen. Und während sie den bewusstlosen Nymphis weiter in ihren Armen hielt, verfluchte sie den Lupanarbesitzer. Dieser Kerl hatte sie doch erst in diese üble Situation gebracht.


    Tatsächlich wurden sie von einem der anderen Lupos überholt. Der ebenfalls dem rettenden Ausgang entgegen strebte. Ob ihr Dominus über den Brand in der Subura unterrichtet wurde? War er vielleicht schon auf dem Weg? Wirre Gedankenfetzen waren es die durch Eireanns umnebeltes Gehirn kreisten. Während ihr Körper erneut von einem Hustenandall geschüttelt wurde. So zog sie nun vorsichtig an dem bewusstlosen Nymphis.
    “Bitte. Rettet ihn.“
    Keuchte die Dunkelhaarige erstickt und blickte mit rot geäderten Augen zu der schemenhaften Gestalt empor.

  • Sobald Atticus etwas von Ausgang gesagt hatte, machte sich der Mann, den er bis eben noch hatte ziehen müssen, mit erstaunlicher Geschwindigkeit durch die Flammen davon, anstatt ihm mit den drei anderen Personen zu helfen. Im feuer war sich eben doch jeder selbst der nächste.
    Allerdings stand Atticus so wieder vor dem Problem, dass er selbst nur zwei Arme hatte, mit denen er nicht drei Personen tragen konnte. Ihm wurde ein Bündel zugeschoben, was sich als bewusstloses Kind entpuppte. Ein Glück, das Kind. Atticus nahm ihn in einen Arm gegen seine Schulter gelehnt und griff mit dem anderen nach der Frau, die noch am Boden kauerte. Frauen und Kinder zuerst.
    “Komm hoch“ keuchte er, während er mit der rechten die Hüfte der Frau umfasste und sie so auf die Beine zog. Anscheinend war sie auch verletzt, aber selbst wenn er sie halb tragen musste waren sie so definitiv schneller als auf allen Vieren am Boden entlangkrauchend.
    “Stata Mater... ich verspreche dir eine Gans, wenn du uns alle heil hier rausbringst“, gab Atticus noch ein leises Gebet an die Göttin der Vigiles von sich, Stata Mater, die gütige Mutter, die den Flammen Einhalt gebot, deren Schrein auf dem Forum von den Vigiles Tag und Nacht bewacht wurde.

  • Direkt weg von der Castra hatte sich der kleine Trupp zum Ort des Geschehens gemacht um dort nach dem rechten zu sehen und wenn nötig die notwendigen Hilfeleistungen durchzuführen.


    Glücklicherweise hatten die Vigiles bereits Stellung bezogen und waren bereits dabei den Brand zu löschen und sich um Verletzte zu kümmern.


    Sofort teilte Appius seine Leute zur Unterstützung ein. Sei es direkt sich an den Löscharbeiten zu beteiligen oder diverse Gaffer fern zu halten die nur im Weg standen. Jene standen auf jeden Fall nicht mehr lange im Weg.

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    "Huhuuu", rief Pollux fröhlich und winkte seinem Bruder zu. Seine Tränen waren verblüffend rasch versiegt, als die zwanzig Urbaner samt ihres Optios ausrückten und er mit wehendem Röckchen vorneweg stolzierte. Den ganzen Weg zum Lupanar fühlte er sich gut, weil er 21 Mann führen durfte. Jeder Einzelne von ihnen war ein potenzieller Kunde, der nun den schnellsten Weg zum Ganymed genau so kennenlernte wie die Lupos und vor allem ihn. Seine gute Laune erhielt jedoch beim Einbiegen in die Gasse einen Dämpfer, als er des grausigen Zustands der Lupos gewahr wurde. Manche lagen noch immer am Boden. Er klatschte zum Gruß in die Hand seines Bruders. Aus dem Eingang kam gerade, schwarz vom Ruß, von oben bis unten blutverschmiert und mit versengtem Haar, Satibarzanes gehoppelt, der nun riesengroße Augen machte, als er die Milites sah. Offenbar kannte er irgendjemanden. Besser für ihn, er hielt die Klappe, wie Pollux mit geballter Faust signalisierte. Allerdings war er nicht sicher, ob der Fettsack die Drohung bemerkte.

  • Zitat

    Original von Titus Pompeius Atticus
    Ihm wurde ein Bündel zugeschoben, was sich als bewusstloses Kind entpuppte. Ein Glück, das Kind. Atticus nahm ihn in einen Arm gegen seine Schulter gelehnt und griff mit dem anderen nach der Frau, die noch am Boden kauerte. Frauen und Kinder zuerst.
    “Komm hoch“ keuchte er, während er mit der rechten die Hüfte der Frau umfasste und sie so auf die Beine zog. Anscheinend war sie auch verletzt, aber selbst wenn er sie halb tragen musste waren sie so definitiv schneller als auf allen Vieren am Boden entlangkrauchend.


    Tatsächlich wurden ihre Worte gehört. Denn der bewusstlose Junge wurde ihr abgenommen. Und plötzlich hatte Eireann den Eindruck als würde etwas fehlen. Auch wenn dieses Gefühl genauso schnell verschwand wie es spürbar war. Noch immer blinzelte Eireann mit rötlich geränderten Augen durch den beißenden Rauch. Und zuckte erschrocken zurück, als sich die fremde Hand an ihre Hüfte bettete. Offenbar wollte der Römer das sie ihm nach draußen folgte. Nymphis war also schon einmal in Sicherheit. Was war aber mit dem Lupanarbesitzer höchstselbst? Taumelnd gelang es Eireann auf die Beine zu kommen. Als die Schmerzen ihres Bauches explosionsartig einsetzten und sie sich deutlich zusammen krümmte. Verzweifelt schnappte die junge Keltin nach Luft und krallte sich regelrecht an dem Römer fest. Mit einer raschen Drehung ihres Kopfes versuchte sie Kyriakos ausfindig zu machen. War er bereits nach draußen gekrabbelt? Wo steckte er? Zurück bleiben durfte er nicht. Denn Eireann wollte Rache und dieses süße Gefühl würde sie sich nicht nehmen lassen.

  • Der Ort des Geschehens war das Ganymed, das Lupanar für gewisse Sonderansprüche war den Flammen und vermutlich der Konkurrenz zum Opfer gefallen. Weshalb sollte sonst ein Lupanar abfackeln? Die Schaulustigen standen dicht bei dicht und Lurco machte sich mit einigen Kollegen daran, ihnen zu erläutern woher das Wort Sicherheitsabstand rührte.


    Das Areal wurde weiträumig gesichert, so dass kein zu neugieriger Schaulustiger die Löscharbeiten der Kollegen behindern konnte. Etwas entfernt stand Satibarzanes, den er kaum noch erkannte. Lurco gab Pullus ein Zeichen, dass dieser kurzzeitig allein auf ihrem Stückchen die Schaulustigen im Zaum halten sollte.


    "Ich bin sofort wieder da, ich spreche kurz mit dem Verletzten wegen einer Zeugenaussage", erklärte er und ging zu dem Lupa hinüber.


    "Salve", grüßte Lurco den Mann, der einst eine Mähne besessen hatte und auch sonst wie ein haariger Bär wirkte. Heute war davon nichts mehr übrig. Seine Frisur war der Brandrodung zum Opfer gefallen, dachte Lurco und zückte seine Tafel.


    "Zuerst wie schwer ist Deine Verletzung? Was kannst Du mir zu dem Brand mitteilen? Ich gehe von Brandstiftung aus, denn was sonst sollte den Brand ausgelöst haben? Ihr habt meiner Vermutung nach weder ein Herdfeuer noch andere brandgefährlichen Güter in Eurem Laden.


    Berichte so ausführlich wie möglich, wie es zu dem Brand kam. Falls es sich tatsächlich um eine Brandstiftung handelt, hast Du Information über den oder die möglichen Täter? Sprich kannst Du mir Täterhinweise geben oder nicht? Oder hast Du gar etwas gesehen? Fang an indem Du Deinen vollständigen Namen und Deine Herkunft nennst, dann die Infos bitte", sagte Lurco und hielt sich mit seiner Wachstafel schreibbereit.

  • << Castra Praetoria


    Die Menge an Verletzten, die an den Rändern der Gasse saßen, standen und lagen, ließ Scato schlucken. Dies waren die Ärmsten der Armen und nun hatten sie überhaupt nichts mehr, nicht einmal Geld, um einen Medicus zu bezahlen. Leider hatte er noch nicht die Ausbildung erhalten, um irgendjemandem als Miles medicus zu helfen. Das Verhalten des rothaarigen Lupos, der sie führte, irritierte ihn obendrein. Erst hatte der Bursche so herzzerreißend geweint, dass Scato ihm am liebsten tröstend die Schulter getätschelt hätte, dann lachte er wieder und hopste herum! Was es hier zu lachen gab, wusste vermutlich er allein.


    Die Löscharbeiten waren schon in vollem Gang. Wenigstens auf die Vigiles war Verlass, sie hatten mithilfe der Einwohner eine Eimerkette gebildet und waren dabei, das Feuer zu bekämpfen. Scato schaute auf das brennende Haus. Da ging der Ort der Leidenschaft in Flammen auf.


    Plötzlich meinte er, eine kriechende Gestalt hinter dem Eingang zu entdecken. Das war doch der Lupo mit den falschen Locken! Scato ließ die Löschdecke fallen, mit der er gerade hatte hantieren wollen und eilte ins Innere der Eingangshalle. Er packte den Kriechenden, wuchtete ihn sich quer über die Schultern und rannte mit ihm hinaus ins Freie. Bereits nach den wenigen Metern im heißen Rauch wurde er von Hustenkrämpfen geschüttelt. Vorsichtig ließ er den Lupo auf den Boden sinken. Auf den ersten Blick wirkte er nicht verletzt, nur ungeheuer schmutzig und seine Frisur war leider genau so hinüber wie die von Satibarzanes, um den Lurco sich gerade kümmerte.


    Scato ließ den Lupo einen Lupo sein und während er seinen Husten hinunterkämpfte, schaute er, wo er noch helfen konnte.

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    Nymphis war ein sehr gehorsamer Junge. Aufmerksam lauschte er den Worten seiner beiden Retter und den Geräuschen der Umgebung. Er war keineswegs bewusstlos, sondern tat, was Kyriakos ihm befohlen hatte. Reglos und schweigsam lag der Sechsjährige in der nassen Decke eingewickelt, die sich inzwischen sehr heiß anfühlte, und wartete. So sparte er Luft und Kraft, das wusste er von Kyriakos. Er hatte keine Angst. Alles würde sich zum Guten wenden, so, wie Kyriakos es ihm versprochen hatte.



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    Satibarzanes blinzelte die Tränen weg, doch es kamen immer neue nach. Er kannte den Urbaner, der mit ihm sprach, aber das war vermutlich egal. "Ich bin Satibarzanes aus Illyrien ... aus Aquincum." Er hatte keine Ahnung, wie ausführlich der Urbaner es wissen wollte. Normaler Weise interessierte sich niemand für das, was er zu sagen hatte. Zum Rest konnte er auch nichts sagen, er hatte keine Ahnung, was passiert war! Da fiel ihm etwas ein. Er wies auf Kyriakos, den jemand aus dem Haus gebuckelt hatte und der aussah wie ein explodierter Besen. "Kyriakos hatte neulich einen komischen Gast! Danach war er schlecht gelaunt, der Gast wollte Geld von ihm, anstatt zu bezahlen!"

  • Ein wenig fühlte Atticus sich wie Aeneas aus der Flucht aus dem brennenden Troja. Dieser hatte Sohn und Vater dabei, Atticus im einen Arm ein bewusstloses Kind und im anderen eine sich windende Frau, die nicht gerade kooperativ beim Gerettet-Werden war. Zum Glück wogen beide nicht viel, so dass Atticus die beiden recht zügig durch die Tür ins Freie kam. Er war noch nicht einmal richtig draußen, als irgendein Verrückter noch ins Haus rannte und den zurückgebliebenen Mann raustrug. Atticus musste ein dringendes Wörtchen mit den Vigiles reden, damit die den Brand endlich vernünftig absperrten, damit eben das nicht mehr passierte. Im Haus waren schon Balken runtergestürzt, es war nur eine Frage von Minuten, bis das Ding völlig einstürzte.
    Erstmal allerdings war er damit beschäftigt, Kind und Frau weiter weg vom Feuer und hin zum Brunnen zu bringen. Und zu keuchen und zu husten, seine Lungen waren voller Rauch.


    Der erste, der ihn bemerkte, war Pontus, denn er hatte noch keine vier Schritte gemacht, als der Molosser wild schwanzwedelnd und winselnd angesprungen kam und sich freute, sein Herrchen wieder zu haben. Dicht gefolgt von Kleipios, der ihm entgegenkam und ihm zuerst einmal die Frau abnahm und nun zum Brunnen trug, während er seinen Vorgesetzten aufklärte. Oder besser gesagt, erst einmal ausschimpfte.
    “MACH. DAS. NIE. WIEDER! Tribun.“ Das letzte Wort kam eher geknirscht daher. Wäre Atticus nicht ranghöher, er vermutete, er hätte jetzt wohl eine Faust ins Gesicht bekommen. Glück für ihn.
    Atticus schüttelte den Kopf und ließ sich selber am Brunnenrand nieder, während neben ihm noch Wasser geschöpft wurde zum Löschen. In der Zwischenzeit waren auch der zuständige Löschzug angekommen, darunter sogar einige Siphonarii, die die Löschspritzen gerade für den Einsatz vorbereiteten. Das war gut, einen Großbrand in der Subura konnte sich die Stadt grade nicht leisten.
    Mit einer Hand musste Atticus Pontus abwehren, der anfangen wollte, ihm den Ruß aus dem Gesicht zu lecken. Mit der anderen versuchte er selbst, etwas Wasser zu schöpfen, um sich etwas zu waschen und den Geschmack von Asche und Tod aus dem Mund zu kriegen. Währenddessen berichtete Kleipios. “Wir haben zwei aktive Löschketten. Die Jungs von der dritten Cohorte sind auch schon da und haben das Nachbarhaus geräumt und zerlegt. Das Feuer ist soweit unter Kontrolle, aber das Ding brennt erstmal nieder.“
    Atticus nickte, was allerdings erstmal mit einem weiteren Hustenanfall bestraft wurde. Es war eine saublöde Idee gewesen, in das Gebäude zu rennen.
    “Was... chrchkkk... Jungs?“ fragte er nur.
    “Die dein Hund rausgebracht hat? Denen geht’s gut. Husten wie die Bekloppten, paar Brandblasen, alles gut. Der Medicus der Dritten hat sie angesehen. Ich hol ihn erstmal her, damit er dich ansieht.“
    Atticus schüttelte den Kopf und wusch sich weiter. So langsam wechselte seine Hautfarbe von rußigem Schwarz zu Weiß mit leichtem Rot, wie nach einem Sonnenbrand. “Kleine... und die Frau... zuerst“ bestand er darauf.
    “Wie du willst, Tribun.“ Kleipios schüttelte zwinkernd mit Seitenblick auf die Frau lachend den Kopf und ging los, den Medicus zu holen.

  • Mehr schlecht als recht taumelte Eireann neben dem Römer her. Ihre Finger hatte sie in seinen Arm gekrallt, als er sie schließlich aus dem brennenden Ganymed trug. Verzweifelt schnappte die Keltin nach Luft, als die kühle Luft um ihr Näschen wehte. Dieses hastige nach Luft schnappen endete in einem keuchenden Hustenreiz und Eireann krallte ihre Finger äußerst fest zusammen. Aus dem Augenwinkel ließ die furische Sklavin ihren Blick gleiten und bemerkte nicht nur die Vigiles, sondern auch die Urbaner. Augenblicklich begann Eireann hastiger nah Luft zu schnappen. Nein. Das konnte nur bedeuten das sich auch ihr Dominus am Ort des Geschehens befinden musste. Hatte er sie schon bemerkt? Hoffentlich nicht. Und so versuchte sich die junge Frau äußerst unsichtbar zu verhalten. Nur leider war dies ein Ding der Unmöglichkeit. Und wo steckten eigentlich Nymphis und Kyriakos?
    “Nymphis?“
    Flüsterte die Dunkelhaarige und rutschte vom Rand des Brunnen. Das ihre Tunika zerfetzt war und sie blutige Striemen aufwies schien noch nicht bis in Eireanns Gehirn vorgedrungen zu sein.
    “Kyriakos.“
    Murmelte die Keltin und machte einen sichtlich verwirrten Eindruck. Schließlich rutschte sie neben dem Brunnen zu Boden und lehnte ihren Kopf gegen die rauen Steine des Brunnen.

  • Lurco nickte verstehend.


    "Langsam, Du machst das gut. Denk scharf nach, ein seltsamer Gast, der Geld verlangte? Wofür verlangte er Geld Satibarzanes? Reden wir hier von Bestechung, Erpressung, Schuldeneintreibung? Hast Du irgendwas mitbekommen? Wegen Deinem Arm musst Du zum Medicus. Warte einen Augenblick", sagte Lurco und notierte noch schnell alles, was Satibarzanes gesagt hatte.


    Dann ließ er seinen Blick über den Platz schweifen für einen Medicus. Und was sah er das? Vermutlich die Wurzel des Übels - Eireann.


    "Scato, da drüben. Kläre die Leute mal auf, dass es sich dabei um keine Frau, sondern um eine Sklavin handelt. Du weßt wessen Eigentum sie ist, was macht das Weib in einem Lupanar? Die Privatkasse aufbessern? Geh mal Meldung machen, ehe die Ware weiter beschädigt wird. Der Besitzer sollte davon erfahren. Mach mal Meldung unter der Hand! Gibts doch nicht.
    Am besten nimmst Du sie für ihren Besitzer in Sicherheitsverwahrung, ehe es da noch weiteren Ärger gibt.


    Und schick mal einen Medicus hier herüber, der Mann hier ist tatsächlich verletzt, er hat eine tiefe Armwunde und ich glaube seine Augen haben auch was abbekommen", rief Lurco über den Platz und wandte sich wieder an Satibarzanes.


    "Hilfe kommt hoffentlich gleich", sagte Lurco ruhig um auch Satibarzanes zu beruhigen. Sie beide hatten einander erkannt, aber der Lupo wusste, dass er zu schweigen hatte und Lurco schwieg ebenso. So wie er immer all die Jahre geschwiegen hatte.

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