Ganymed - Lupanar

  • "Wieso machst du das nicht selber?", motzte Scato, aber er konnte sich die Antwort schon denken. Seit der Prügelei galt er als Petze, dabei hatte er nur ausgesprochen, was ohnehin jeder wusste. Zudem hatte der Optio ihn in die Zange genommen, da hätte jeder geplaudert! Scato warf Lurco einen garstigen Blick zu, doch dann stellte er sich seinem Schicksal. Wenn er den Ruf als Petze schon einmal weg hatte, konnte er ihn auch für etwas Sinnvolles einsetzen, auch, wenn er lieber den Verletzten geholfen hätte.


    Entschlossen stapfte er an den tapferen Vigil heran, der etliche Leute gerettet hatte und sich nun gewaltig mit Husten quälte. Den würde er nicht ansprechen, aber dessen meckernden Kameraden, der gerade Anstalten machte, sich zu entfernen. Er hustete selber eine Runde, ehe er heiser losredete.


    "Gute Arbeit, ich muss mich kurz einmischen. Das da ist keine Frau, sondern ein weiblicher Sklave, der als Restposten für 80 Sesterze verschleudert wurde. Sie gehört unserem Optio, mag er sich überlegen, ob er dafür einen Medicus bezahlen will oder sich nicht einfach eine Neue kauft. Dort drüben sind Peregrini verletzt, der Eine blutet wie Schwein und steht unter Schock. Wenn ihr euch um euren Kameraden hier gekümmert habt, solltet ihr vielleicht nach ihm und den anderen schauen. Ich bringe den Sklaven in der Zwischenzeit zu seinem Herrn, damit ihr hier freie Bahn habt."


    Damit zerrte er Eireann auf die Beine. Er schaute dabei in Richtung der verletzten Lupos. Derjenige, den er selber gerettet hatte, saß immer noch am Boden und rührte sich nicht.


    "Und nach dem Mann da sollte euer Medicus dann vielleicht auch mal schauen. Der war im Inferno und guckt komisch."


    Hatten sie eigentlich einen eigenen Medicus dabei? Einmal mehr ärgerte Scato sich, dass er die Ausbildung noch nicht genehmigt bekommen hatte!

  • Es war vorbei. Endlich vorbei. Diese Gedanken geisterten der Dunkelhaarigen durch den Kopf, als sie dort neben dem Brunnen kauerte. Wie würde ihr Dominus reagieren? War er überhaupt persönlich am Ort des Geschehens oder hatte er die Löscharbeiten und die Rettung der Lupos delegiert? Tonlos bewegte Eireann ihre Lippen und befühlte immer wieder die steinerne Brunneneinfassung. Während ihr wirrer Blick nach wie vor Ausschau hielt. Ausschau nach dem kleinen Nymphis und dem Lupanarsbesitzer. Was war geschehen, nachdem der Römer sie aus dem brennenden Lupanar geholt hatte? Nymphis wurde ihr aus den Armen genommen. Aber von wem? Verzweifelt stemmte sie sich am Rand des Brunnen in die Höhe und stand tatsächlich aufrecht. Zwar wackelig. Aber Eireann stand. Als eine neuerliche Schmerzwehe sie zu Boden drückte und die junge Keltin unter der Rußschicht auf ihrem Gesicht sichtlich erbleichte.
    “Es war ein Fehler. Ein Fehler.“
    Immer wieder murmelte die Dunkelhaarige diese beiden Sätze und richtete ihren wirr glühenden Blick auf eine Stelle im Nirgendwo. Selbst als sie auf die Beine gezerrt wurde, ließ sie es geschehen. Erst als die Worte an ihr Gehör drang, kehrte so etwas wie Regung in Eireanns Gesichtszüge.
    “Furius Cerretanus ist hier?“
    Jetzt? Wieso ausgerechnet jetzt? Und wieso nicht als der Lupanarbesitzer an die Porta der Casa Furia geklopft hatte? War dem Furier seine Sklavin nichts wert?
    Erschöpft ließ die Keltin ihren Kopf hängen und würde dem Urbaner taumelnden Schrittes folgen.

  • Etwas konsterniert guckend blieb Kleipios kurz stehen. Hatten die Urbaner wirklich nichts besseres zu tun? “Für Sklavenangelegenheiten sind die Vigiles zuständig. Klär das mit meinem Tribun, ob er sie in dem Fall laufen lässt“ sagte er knapp und führte dann seinen Befehl aus. Auch wenn sein Tribun offenbar verrückt war, in ein brennendes Haus zu rennen, war das immer noch sein Tribun. Und Befehlsverweigerung war in der römischen Armee nicht vorgesehen.


    Eben selbiger Tribun hatte auch nur mit halben Ohr mitbekommen, was da grade passierte. Als aber einfach ein Urbaner die Frau schnappte und mitziehen wollte, kämpfte er sich doch auf die Füße wieder hoch. Heute war offenbar Tag der verschobenen Prioritäten.
    “Sie... bleibt hier... bis ich... was anderes sage“ stellte er fest. Dass er dabei immer wieder ein Husten unterdrücken musste, büßte wahrscheinlich etwas Autorität ein. Der riesige Hund neben ihm glich das aber wahrscheinlich wieder aus.
    “Sie ist... Zeugin in einem... Brandfall. Dafür sind die Vigiles... zuständig. Und wenn sie... eine Sklavin ist... dann sowieso.“
    Da er von oben bis unten grade doch ziemlich schwarz aussah, war sein Stand vielleicht grade etwas schwer für den Miles vor ihm zu erkennen. Aber, Götter, er war Ritter und Militärtribun, da schnappte man ihm nicht einfach ungefragt irgendwelche Leute vor der Nase weg und sagte ihm, was er tun sollte.

  • Lurco gesellte sich dazu und hörte sich die Verhandlung an.


    "Gibt es hier ein Problem? Die Sklavin ist Eigentum unseres Optio, weshalb wurde sie zu Eurer Angelegenheit? Die Eigentumsverhältnisse sind eindeutig geklärt. Wir beide - Scato und ich, Urbaner und römische Bürger sind Zeugen, dass diese Sklavin unserem Optio gehört. Weshalb wird die Sklavin als Zeugin benötigt? Es gibt hier überall verwundete, freie Männer die bessere Zeugen abgeben als dieser Gegenstand. Mit Verlaub, ich würde die tatsächlichen Zeugen befragen.


    Soweit ich von dem Zeugen dort drüben gehört habe, fehlt unter anderem ein großer Kerl. Anwesende in dem Laden waren laut Satibarzanes der Chef dieses Ladens, der Türsteher, Zwillinge, ein Kind und er.


    Was die Sklavin unseres Optio in dem Lupanar zu suchen hatte, sollte sie mit ihrem Herrn klären. Wir sind hier zur Unterstützung und Brandbekämpfung angerückt. Aber es ist schon erstaunlich, inwieweit immer dieses Weibsstück auftaucht, genau dort wo es im wahrsten Sinne des Wortes brennt.


    Wir haben hier für Euch eine Bannmeile gezogen, damit Ihr ohne die Störung von Schaulustigen arbeiten könnt. Für innerstädtische Sicherheitsangelegenheiten sind immer noch die Urbaner zuständig. Es wäre schön, wenn wir uns alle auf unsere Aufgabe konzentrieren könnten.


    Falls Ihr davon ausgeht, dass es sich bei der Sklavin um eine ausgerissene Sklavin handelt, solltet Ihr vielleicht den Besitzer als Zeugen befragen und nicht den Übeltäter selbst. Eine ehrliche Antwort werdet Ihr von dem Weib nicht bekommen.


    Und nebenbei bemerkt, wie sie zu Rom und uns Römer steht, dass lässt sie mit keiner Silbe sonst aus. Vermutlich ist ihr gerade nur die Luft ausgegangen. Möglicherweise hat sie hier auch voller freuriger Leidenschaft erneut bewiesen, was sie von unserer Kultur hält. Zuzutrauen wäre es ihr. Wir kümmern uns dann mal wieder um die Bannmeile.


    Frohes Schaffen Kollegen", sagte Lurco, hakte Scato unter und zog diesen mit sich.


    Als sie außer Hörweite waren beugte er sich zu seinem besten Freund.


    "Verrate mir mal was das Weib an sich hat, dass die wie ein frisch geschissener Kuhfladen die Kerle nur so anzieht. Drinnen verbrennen vermutlich noch zig Kinder und ein Türsteher, aber Frau Vase muss umsorgt werden? Ich fass es nicht, irgendwie komme ich da nicht mehr mit", stöhnte Lurco und bezog wieder Posten.

  • Stirnrunzelnd sah Scato sich um. Er sah das ähnlich wie Lurco, sämtliche Lupos hier waren Zeugen. Aber er würde mit einem Tribun nicht ohne Widerspruch zu seinen eigenen Befehlen diskutieren und einen Widerspruch sah er hier nicht. Dafür hatte er zu viel Respekt vor diesem Amt, auch wenn es ein Vigil war und kein Urbaner. Er ließ den Arm der Sklavin los.


    "Für weitere Rückfragen steht später bei Bedarf sicher der Herr der Sklavin zur Verfügung", informierte Scato, während er in die Richtung seines Vorgesetzten zeigte, der die Arbeiten koordinierte. "Optio Furius Cerretanus."


    Die Information, wo der gute Mann stand, galt sowohl Eireann als auch den Vigiles. Scato trat anschließend respektvoll einen Schritt zurück, als Lurco ihn auch schon mit sich zog. Dann machte Scato sich wieder an die wirklich wichtigen Arbeiten. Wohin die Sklavin nun lief, würde er nicht mehr weiter beachten, er hatte anderes zu tun und begann, die Verletzten nach Schweregrad zu sortieren, damit die Versorgung der Wunden möglichst effektiv vonstatten gehen konnte.

  • “Nicht richtig. Falsch. So falsch.“
    Immer wieder murmelte die Keltin jene Worte. Wobei sie erneut diesen geistesabwesenden Blick inne hatte und starr einen Punkt fokussierte. So ließ sie sich auch beinahe widerstandslos von einem der Urbaner am Oberarm packen und wäre mit gegangen. Diesem Vorgang schob jedoch einer der Vigiles einen Riegel vor und bezeichnete sie als Zeugin. Zeugin von was? Dem Brand des Lupanars? Nein. Sie würde nichts sagen. Denn dann müsste sie auch verraten das sie sich heimlich aus der Casa Furia geschlichen hatte. Und dies durfte ihrem Dominus nie zu Ohren kommen. Wenn er es nicht bereits wusste


    Bei diesem Gedanken spürte Eireann wie sich ihr Herz abrupt verkrampfte und die Silurerin erstickt nach Luft schnappte. Langsam hob Eireann dann doch ihren Kopf an und richtete ihren glühenden Blick auf Lurco.
    “Es ist Zufall oder Schicksal das wir uns immer wieder begegnen.“
    Dabei kicherte die Dunkelhaarige leise vor sich hin. Ob er ihre Worte gehört hatte sei mal dahin gestellt. Denn die beiden Urbaner waren auch schon in ihre anvertrauten Aufgaben vertieft.


    Während die junge Keltin noch immer leise vor sich hin kicherte. Natürlich. Eireann stand unter Schock und benahm sich aus diesem Grund so merkwürdig. Oder wohnte in ihren Worten eine tiefer gehende Botschaft an die beiden Urbaner?

  • Lurco kehrte zu Satibarzanes zurück.


    "Ich war so frei Deine Aufzählung Deiner Kollegen an die Vigiles weiterzugeben", sagte Lurco und schaute Satibarzanes kurz in die Augen, damit dieser verstand.


    "Wie lange das hier noch dauert, kann ich Dir nicht sagen, aber ich werde den von Dir benannten Zeugen vernehmen. Ich denke als Geschäftsführer kann er am meisten zu dem ganzen Vorfall beitragen. Ob hier ein Medicus anwesend ist, kann ich Dir nicht sagen. Du solltest aber wegen Deinem Arm schnellstmöglich einen aufsuchen. Auch Deine Augen und die Brandwunden sehen alles andere als gut aus.


    Geh zu einem Medicus Deiner Wahl, ich übernehme die Rechnung - Manius Purgitius Lurco, Urbaner,Zwölfte Kohorte, dritte Zenturie, siebtes Contubernium. Geh und Danke für Deine Mithilfe", sagte Lurco und wandte sich dann an den Geschäftsführer des Lupanars.


    "Salve, Dein Kollege hat mich an Dich verwiesen. Bei Dir wäre ein auffälliger Kunde gewesen, der Dich um Geld erleichtern wollte. Fangen wir ganz von vorne an, Name und Herkunft und dann bitte im Detail, wie es zu dem Brand kam und was sich zugetragen hat. Ich hoffe Du kannst Täterhinweise geben. Versuche Dich so gut es geht zu erinnern, auch wenn der Schock noch tief sitzt. Denk daran, dass Du Schadenersatz für all das hier verlangen kannst von den Tätern. Aber vor Klärung der Schadenersatzangelegenheiten steht die Ermittlung", sagte Lurco freundlich und zückte erneut seine Wachstafel.

  • Kyriakos bekam von dem kurzen Disput zwischen den Urbanern und Vigiles nichts mit. Seine Augen waren auf den lodernden Tartaros gerichtet. Hier ging seine Existenz und die etlicher Lupos in Flammen auf. All seine Hoffnungen auf ein würdigeres Leben stiegen in Form von Rauch in den Himmel. Der dunkle Qualm wurde von unten orange beschienen. Erst, als Satibarzanes - wieder - in Tränen ausbrach, wurde Kyriakos aus seiner Starre gerissen. Er schaute zu ihm hinüber. Fast wirkte es diesmal wie Freudentränen. Dann schreckte Kyriakos zusammen. Python und Iugurtha fehlten! Und irgendein Zwölfjähriger vom letzten Monat, aber der war unwichtig. Er erhob sich mühsam und ging in langsamen, kleinen Schritten zu einem der Vigiles.


    "Zwei Mann müssen noch darin sein", sprach er mit von Rauch und Hitze heiserer Stimme. Kyriakos hatte noch nie in seinem Leben um Hilfe gebeten. Und selbst jetzt war er nicht in der Lage, die Bitte als solche zu formulieren.


    Kaum hatte er sein Anliegen vorgetragen, sprach ihn einer der Urbaner an. Langsam drehte er sich herum. Er hob die Hand ein wenig, als würde er ihn beschwichtigen wollen.


    "Moment bitte." Ihm war zunächst wichtig, dass die letzten beiden Lupos aus der Flammenhölle geholt wurden.

  • Als man am Ort des Geschehens angekommen war hatte man totales Chaos vorgefunden. Die vigiles waren mit dem Feuer beschäftigt und hatten nicht die Zeit sich um das Drumherum zu kümmern. Was ja verständlich war.


    Die Milites sorgten hier nun aber rasch, professionell und mit nötigen Nachdruck für Ruhe um die Arbeiten flüssig weiterlaufen lassen zu können.


    Verletze wurden geborgen, entgegengenommen und nach einer gewissenhaften Bestandsaufnahme war es klar, es wurden noch Personen vermisst.


    Der Twist zwischen Milites und Vigiles schaukelte sich in Relation der Umstände etwas zu hoch. Appius suchte den Verantwortlichen der Feuerkämpfer und fand diesen auch nach einigen Suchens.


    " Salve, Tribun" grüßte der Furier und stellte mit Erstaunen fest dass seine Sklavin vor Ort war und das in recht desolatem Zustand.


    "Optio Furius. Wir sind gerufen worden wegen eines Überfalls mit Brandstiftung. Ich sehe ihr konntet einige der Personen retten. Und meine Sklavin ist darunter." Was er zu dem Umstand sagte dass Eireann hier war behielt er für sich.

  • Atticus sollte sich wahrscheinlich den Helm wieder aufsetzen, um als Tribun eindeutig erkennbar zu sein. Erklärte da grade tatsächlich ein dahergelaufener Miles ihm, wie die Vigiles ihre Arbeit zu verrichten hatten? Und wollte ihm vorschreiben, wer hier Zeuge war und wer nicht?
    Glücklicherweise erkannte dessen Kamerad schneller die Situation und nutzte die offensichtliche Verblüffung von Atticus aus, um schnell den Rückzug anzutreten. Offensichtlich hatte Atticus dank seiner Stellung den Disput grade gewonnen und als Nettogewinn eine wie wahnsinnig gackernde Sklavin erhalten. Bei den Göttern, vor einer Stunde noch wollte er doch einfach nur mit zwei seiner Centuriones was saufen gehen.


    Dennoch war es wohl anstrengend genug gewesen, denn mit einem weiteren Hustenanfall und ohne weitere Worte musste Atticus auch sich wieder setzen. Die Siphonarii waren inzwischen fertig mit ihren Vorarbeiten und während zwei Vigiles die Pumpen bedienten und weitere zwei mit den Schläuchen und Spritzen hantierten, konnten die Bewohner erst einmal ihre Eindämmungsversuche einstellen, so dass doch etwas mehr Platz nun herrschte.
    Atticus zog also die Sklavin wieder sanft mit sich und setzte auch sie wieder hin. So, wie die sich grade benahm, war wahrscheinlich ohnehin nicht viel mit ihr anzufangen. Aber Atticus musste sowieso selbst erst einmal überlegen, was er sie überhaupt fragen wollte, daher war es auch ganz gut so, wie es war. Hätten die beiden Urbaner ihm nicht eröffnet, dass es eine Sklavin war, hätte Atticus schon mehrere Fragen gehabt. Warum sie so wenig anhatte, beispielsweise. Und was sie in einem Haus voller Kerle als einzige Frau gemacht hatte. Sie war hübsch und in seinem Alter, vielleicht hätte er sogar versucht, seine nicht vorhandenen Flirtkünste an ihr auszuprobieren. Aber sie war eine Sklavin, also fiel das alles weg. Selbst die Frage, ob sie hübsch war.
    Atticus sah an ihr nur kurz hinunter, und dann an sich. Es war unglaublich, wie dreckig so ein Feuer an und für sich war. Seine Haut war immernoch weitestgehend schwarz, ebenso wie ihre, und seinen Umhang konnte er wohl wegwerfen. Selbst wenn er jemals die Brandflecken rauskriegen sollte, den Rauchgeruch würde er nicht mehr los. Atticus nahm ihn also kurzerhand und riss ein paar Streifen ab, die er im Brunnen tränkte. Einen der so entstandenen nassen Lappen gab er der Sklavin. “Da, bitte. Wasch dich. Das hilft“, versuchte er nur, sie irgendwie aus ihrem Wahn zu holen und ihr irgendwie zu helfen. Er hatte doch auch keine Ahnung, was man in so einem Fall machte.


    Kleipios kam just da dann auch mit dem Medicus der dritten Cohorte angetrabt. “Der Junge da drüben und die Frau hier zuerst“ wiederholte Atticus noch einmal seine Anweisungen von zuvor, damit der Medicus sich ans Werk machen konnte.
    Er selbst legte sich einen der nassen Lappen kühlend in den Nacken, als auch schon der nächste kam, der etwas von ihm wollte. Der Mann stellte sich als Optio Furius vor. Das war wohl der Besitzer der Sklavin.
    Atticus führte etwas aus, das mit etwas gutem Willen als Erwiderung des militärischen Grußes gelten konnte, so dass der Optio aus jeglicher Pflicht zum stramm stehen prophylaktisch entlassen war. Atticus war zu müde, um sich jetzt irgendwie zu zanken.
    “Salve, Optio. Tribun Pompeius. Ja, sie war im Eingangsbereich mit dem Mann da hinten und dem Jungen hier drüben.“ Atticus deutete auf Kyriakos in kurzer Entfernung und den bewusstlosen Nymphis. Immer wieder musste Atticus ein wenig husten, aber je länger er hier draußen war, umso besser wurde es. “Der Medicus der Dritten schaut gerade nach ihr, ich glaube, sie hat sich verletzt. Hattest du sie hierher geschickt, oder...?“ stellte Atticus die offensichtlichste Frage nach ihrem hiersein. Er kannte sich hier nicht so gut aus und hatte keine Ahnung, was da eigentlich gerade genau abgebrannt war.



    ----


    Der von Kyriakos angesprochene Vigil schüttelte nur den Kopf. “Wer jetzt noch nicht 'raus is', der kommt nimmer raus, Mann. Da drin ist keine Luft mehr, die man atmen kann. Das Ding stürzt jeden Moment ein, da geht niemand mehr rein.“

  • Appius verbarg seine Verblüffung. Sie hatten eine. Arzt dabei? Er selbst hatte dies nicht implementiert in seinem Befehl und da die Sanitäter uns Ärzte sowieso andernorts untergebracht waren, zumindest zu jenem Zeitpunkt der Befehls Ausgabe war die Verblüffung verständlich.


    Oder meinte Pompeius ein Arzt vom 3. Bezirk? Da nachzufragen würde nur wieder fragen aufwerfen.


    Er blickte ihn die, von Pompeius gedeutete Richtung und sah wirklich Eireann und den Lump der sie festgehalten hatte.
    Ein kurzes Nicken Richtung Pompeius hatte er noch übrig bevor er losstartete und mit wenigen Schritten vor Kyriakos stand, ausholte und dem Mann mit einem kräftigen Schwinger in den Magen schlug.


    Fast schon flüsternd beugte er sich über den zusammenklappenden Mann und meinte:" Wenn ich auch nur einen Kratzer an meiner Sklavin finde oder der Medicus meint es wäre mir ihr nichts mehr anzufangen.......die Götter mögen dich beschützen."
    Gleich darauf wandte er sich zu Eireann die soeben vom Medicus begutachtet würde. Der Blick de Appius dem Schreiben zuwarf sollte nochmals unterstreichen was geschehen würde wenn.....

  • Das wahnsinnige Lächeln umspielte noch immer die Lippen der Keltin. Während sie den beiden Urbanern nachblickte.
    “Lauft nur. Lauft davon ihr verschreckten Häschen.“
    Dann kicherte Eireann erneut und der Wahn schien auch aus ihren Augen zu sprechen. Oder loderte da noch etwas anderes? Tiefer in ihren Seelenspiegeln? Geheimnisse die nicht zu greifen waren?
    Als der Römer dann nach ihrem Arm griff und sie auf den Rand des Brunnens bugsierte, wäre Eireann beinahe rücklings hinten über gefallen. Schwankend krallte sie ihre Finger in die Steine und hielt sich schwankend am Rand des Brunnen. Ihre Lippen wurden noch immer von jenem leichten Lächeln umspielt. Ein Lächeln welches weder freundlich, noch grausam anmutete. Schließlich neigte sie ihren Kopf zur Seite und musterte den Römer, der sich beinahe rührend um sie bemühte.


    Seinen Blick spürte die Keltin, wie dieser über ihre desolate Erscheinung wanderte. Ihre dunklen Haare waren teilweise versengt. Ihre zerrissene Tunika bedeckte nur noch das nötigste. Und dann wären da die Kratzer und Schrammen in ihrem Gesicht und an ihrem Hals. Ansonsten wirkte Eireann relativ fidel. Bis abermals ein kichern über ihre Lippen platzte. Wenn sie nur an die Kratzer am Hals des Lupanarsbesitzer dachte, die sie ihm zugefügt hatte. Hatte sie ihm nicht gedroht das er bluten würde?
    Als ihr der junge Römer ein nasses Tuch entgegen hielt, krallten sich Eireanns Finger augenblicklich darum. Dann war auch schon der Medicus bei ihr und geleitete sie etwas beiseite. Taumelnd folgte Eireann dem Mann und musterte ihn mit diesem Wahn in den Augen.


    “Ich.. mir.. ich habe.. geht es gut.“
    Stammelte die Dunkelhaarige, als der Medicus mit seiner Untersuchung beginnen wollte. Augenblicklich schnellte ihr Kopf nach vorne und biss dem Medicus in die Hand.
    Dann wich die Keltin zurück und musterte ihre Umgebung wie ein gereiztes Raubtier.

  • "Es gibt einen geheimen Hintereingang", beschwor Kyriakos die Vigiles. Bereits Eireann hatte sich nach diesem Notausgang erkundigt und zu dem Zeitpunkt hatte er verschwiegen, wo er lag. Nun jedoch würde er sprechen und gleich danach dem Urbaner sagen, was vermutlich geschehen war. Denn Kyriakos meinte, die Täter zu kennen. "Um zu dem Eingang zu gelangen, müsst ihr - "


    Plötzlich rammte eine Faust sich dermaßen tief in seinen Magen, dass es Kyriakos ein Stück aushob. Diesen Schlag hatte er nicht kommen sehen, der war völlig unerwartet gekommen. Als die Faust sich wieder zurückzog, klappte Kyriakos zusammen und fiel auf die Knie. Er hatte den Mund voller Erbrochenem und sich von der Wucht des Einschlags bepisst. Nach Luft ringend kniete er im Dreck, unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. Trotzdem vernahm er alles, was der Optio ihm sagte mit übernatürlicher Deutlichkeit. So erbärmlich sein Zustand auch geworden sein mochte, seine Sinne waren scharf. Kyriakos konnte nichts erwidern, er war mit Überleben beschäftigt.

  • Lurco fragte sich gerade, ob er es war, der einen Medicus benötigte. Zuerst ließ man hier eine Sklavin verarzten, obwohl freie Bürger Roms verletzt waren und ein Haus abfackelte. Der nächste Befehl war sicher, die noch im Gebäude befindlichen Menschen verbrennen zu lassen und zuerst die Möbel zu retten. Die Prioritäten konnten nicht besser liegen. Die Zuständigkeit für die Sklaven nahmen die Vigiles ein klein wenig zu genau, wenn alles andere Leben nicht zählte. Oder es war elendes Christenpack.


    Gerade als er den Ladenbesitzer verhörte, wurde dieser von seinem Optio in den Magen geschlagen und zwar derart dass der Mann regelrecht zusammenklappte. Lurco klappte ebenfalls zusammen und zwar seine Wachstafel.


    `Da ist er wieder der Kuhfladen, samt der dazugehörigen Fliegen die ihn umschwirren´, dachte er ratlos.


    "Neue Verhörmethoden? Ich wurde eben an jenen Mann verwiesen, dass er zweckdienliche Hinweise hat Optio. Meiner ganz persönlichen und absolut bescheidenen Meinung nach ist es nicht zweckdienlich den einzigen Zeugen der Täterhinweise geben könnte zum Schweigen zu bringen.


    Zudem dachte ich wir wären für den Brand angerückt und zur Unterstützung der Vigilles. Aber scheinbar geht es hier um etwas anderes, scheinbar geht es hier um die Rettung Deiner Sklavin. Wir löschen hier einen ganz anderen Brand. Was verbindet die Frau eigentlich permanent mit uns Urbanern?


    Ob das hier alles überhaupt noch etwas mit unserem Einsatz als Urbaner zu tun hat, darüber soll Centurio Maro entscheiden, ich werde mich vertrauensvoll mit meinen offenen Fragen an den Centurio wenden", sagte Lurco leise.


  • Jetzt fängt der wieder an zu nerven von wegen dienstlich und so weiter....Appius blickte Lurco an als wäre dieser gerade aus einer Kloake entstiegen.


    " Dem Mann geht es gut und er kann weiter verhört werden. Welche Methoden wofür angewendet werden ist für dich nicht relevant. Hast du schon etwas herausgefunden? Nein? Dann klapp deine Tafel wieder auf und kritzel weiter. Oder nein....." ohne Andeutung nahm Appius die Tafel aus Lurcos Hand und meinte dann:" Da du erpicht darauf bist zu helfen kannst du dir gleich Eimer schnappen und das feuer löschen. Und jetzt geh mir aus den Augen, Miles." Grund hatte er zwar keinen aber Lust dem Kerl ebenfalls eine auf dem Weg mitzugeben. Dich dass hatte wieder Auswirkungen in der Hilfsbereitschsft Lurcos. Und ein am Boden liegender Miles macht sich auch nicht gut in der Öffentlichkeit.

  • Es war schon peinlich wie ihr Optio sich selbst dienstlich nicht im Zaum halten konnte, was die Gefühle für dieses Sklavensubjekt anging. Oder ging es rein um die Angst um die 80 Sesterzen? Darüber sollte Maro entscheiden. Er hatte den dienstlichen Befehlen Folge zu leisten, solange sie dienstlich waren und der Optio noch welche erteilen durfte.


    "Gerne Optio, Dein Wunsch ist mir Befehl. Behalte die Tafel ruhig, Du hast sie nötiger als ich. Ich mache mich dann umgehend an die Arbeit. Ich bin schon so gut wie weg, gar nicht mehr da...", antwortete Lurco in aller Höflichkeit, zerrte Kyriakos auf die Beine und schliff ihn mit sich.


    "Wo ist der Hintereingang? Dein Name", forderte Lurco und hielt den Kerl beim Laufen so, bis dieser seinen festen Stand wiedergefunden hatte.

  • Das die Sklavin ebenfalls hier war wusste der Furier natürlich nicht. Er kannte zwar dieses Etablissement und den Namen aber dass Kyriakos sie hier festhalten würde grenzte fast an Schwachsinn.
    Durch den Tribun würde Appius auf sie aufmerksam und die kurze Ablenkung, er kümmerte sich intensiv um Kyriakos persönlich war vorüber.


    Gerade eben sah er wie Eireann von einem Medicus verarzten wurde oder besser gesagt dass der Medicus es versuchte was ihm aber untersagt blieb da sich die Sklavin ziemlich unkooperativ zeigte.


    Dieses Benehmen war üblich für sie. In keinster Weise willig sich der Situation zu erheben und darüber ein paar Gedanken verschwenden. Appius war nun mehr als sauer. Der erste Gedanke war dass er die Sklavin einfach für die Arena ausbilden lassen würde. Dort konnte sie sich dann gebärden wie es ihr Spass machte. Und die 80 Sesterzen waren zwar etwas Geld aber kein Zinshaus.


    " Medicus. Lass ab von ihr und kümmere dich um die anderen. Wer sich so aufführt hat es nicht verdient Hilfe zu bekommen. Meine Sklavin" er deutete auf Eireann:" wird entsprechend bestraft werden "


  • Der Medicus sollte es nicht noch einmal wagen sie berühren zu wollen. Und diesen Gedanken verströmte die Dunkelhaarige alleine durch ihre Körpersprache.
    Die beiden Urbaner schienen in der Zwischenzeit nicht weit gekommen zu sein. Ob dieser Erkenntnis intensivierte sich das unstete Lächeln auf den Lippen der Keltin. Während der Wahn aus ihren dunkel anmutenden Seelenspiegeln sprach. Zum Glück kicherte sie nicht mehr. Stattdessen war Eireann äußerst ruhig geworden. Beinahe so als hätte sie sich von dieser Welt losgelöst und schwebte über allen.


    Als dann tatsächlich die Stimme ihres Dominus an das Gehör der Silurerin drang, ruckte ihr Kopf abrupt in die Höhe. Woher kam seine Stimme? Sie hatte sich seine Stimme doch nicht nur eingebildet? Spielten ihre Sinne verrückt? Wo hielt er sich verborgen? Abwechselnd glitt Eireanns Blick von links nach rechts. Bis sie den Optio der Cohortes Urbanae schließlich erblickte. In ihrer Nähe. Viel zu nah. Seine Stimme klang auf einmal autoritär und äußerst befehlsgewohnt. Leicht furchte sich die Stirn der Sklavin. Während ihre Finger unstete Muster auf den verbliebenen Stoff ihrer Tunika zeichneten.


    Schließlich hob Eireann langsam ihren Kopf an, denn sie hatte die konfusen Bewegungen ihrer Finger beobachtet. Beobachten müssen.
    “Du kamst zu spät. Viel zu spät.“
    Ließ Eireann ihre Stimme als leises wispern erklingen. Während ihr Blick direkt auf ihrem Dominus ruhte. Ohne mit der Wimper zu zucken blickte sie dem Römer direkt entgegen.

  • Der Vigil bei Kyriakos hörte nicht zum ersten Mal eine solche Bitte, und wohl auch nicht zum letzten Mal. Er legte sich bereits gedanklich seine Worte zurecht, wie er dem armen Kerl vor ihm seine Ablehnung möglichst schonend beibringen konnte, als ein anderer Mann herüberkam und dem Brandopfer einen Schlag in die Magengrube verpasste. Der klappt vorschriftsmäßig zusammen und kotzte erstmal. “Ouh... die hat gesessen“, war dann doch der wenig einfühlsame Kommentar.


    ---



    Atticus wartete eigentlich noch auf eine Antwort auf seine Frage, als etwas unerwartetes geschah. Erst starrte der Furier einen Moment vor sich hin, dann stapfte er los um dem eben geretteten Typen eine reinzuhauen und quasi kommentarlos zurückzukommen. Danach kam auch der unverschämte Miles von eben an und meckerte seinen Optio an. Die Situation hatte eine Absurdität an sich, die an Komik grenzte. Selbst die Schreiberlinge am Theater konnten sich sowas nicht ausdenken. Und um dem ganzen noch die Spitze an Absurdität zuzufügen, biss in diesem Moment die Sklavin den Medicus, der das mit einem lauten Schrei und wildem fluchen bedachte.
    “Tribun, selbst wenn ich dafür vor dem Militärgericht lande, aber die dürft ihr selber untersuchen“, schimpfte er und widmete sich erst seiner eigenen Hand und dann dem Jungen.


    Ich bin von verrückten umgeben, dachte Atticus und wollte am liebsten auch vor Wahnsinn lachen.
    Nachdem der Optio den frechen Miles zusammengefaltet hatte – wäre der einer von Atticus Männern, der würde Latrinen schrubben, bis seine Hände abfielen - unternahm Atticus einen weiteren Versuch. “Weißt du, warum deine beißende Sklavin in dem Haus da war? Hast du dem Typ deshalb eine verpasst? Ich frag nur, damit ich weiß, was ich in den Bericht schreiben soll und was nicht.“

  • Kyriakos, der extreme Schmerzen im Bauchraum hatte, ging stark gekrümmt. Seine verstümmelten Füße ließen ihn noch unrühmlicher gehen. Gedanklich verfluchte er Lysander, der ihm die Sehnen durchtrennt hatte, gefolgt von dem Furier und seiner unglückselige Sklavin, genau so wie die Kunden, die nicht gekommen waren. Dann verfluchte er seine Lupos, die zu hässlich und zu nichtsnutzig waren, allen voran Satibarzanes, den er schon viel zu lange durchgefüttert hatte und Python, der verbrannte! Als der Urbaner anhielt, richtete Kyriakos sich langsam auf. Er stellte sich so aufrecht hin, wie es ihm möglich war und in seinen Augen schien der Hass zu lodern, dabei war es nur die Spiegelung seines brennenden Lupanars.


    "Ich bin Kyriakos. Früher war die Subura teilweise Überflutungsgebiet", japste er mühsam. "Man baute Entwässerungskanäle und Aquädukte, die auch die Bäder speisen. Einer davon ... führt durch die Subura. Die Cloaca Maxima, die von den Hängen des Esquilin bis zum Tiber führt. Sie läuft unter diesem Haus entlang. Wir spülen Müll dort weg. Man kommt ... von einem Straßenablauf aus dort hinein, wenn man ihn abhebt. Nach wenigen Metern ... schaut man von unten durch ein Loch in unserem Küchenboden hinauf."


    Dort unten war es kühl und feucht, der Weg sollte sicherer sein als jener, welcher direkt durch das brennende Haus führte.

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