• Als hätte er sie bei irgend etwas ertappt, schreckt Lucilla von dem Schriftstück hoch, lächelt aber dann breit, als sie Meridius erkennt. Gerade noch hat sie Faustus etwas zum Soldatenleben schreiben wollen und darüber nachgedacht, dass die Decima-Männer ein endloser Hades-Kreis sind. Ständig wollen die jungen Männer die alten Hasen beeindrucken und womit ginge das wohl besser, als der Legion beizutreten. Ein Triumphator in der Familie steckt die Erwartungen dann natürlich gleich nochmal so hoch, aber wo käme Rom denn hin, wenn ständig ein Decimus durch die Stadt marschieren würde?


    Die Absicht, ein beiläufiges Gespräch mit Lucilla anzufangen, kann natürlich nur schief gehen. Denn beiläufige Gespräche gibt es mit Lucilla als Gesprächspartner nicht. Ganz oder gar nicht, gerade beim Reden ist das ihre Devise und wenn sie erstmal dabei ist, dann hört sie so schnell auch nicht wieder auf. (:D)


    "Ah, Meridius, ja, schau nur, ich habe einen Brief von Faustus bekommen. Und er hat mir einen Schal geschickt. Ist der nicht wunderschön?" Sie hebt das bunte, wirklich sehr bunte, um nicht zu sagen zu bunte, Stück Stoff in die Höhe und wedelt begeistert damit herum. Für Lucilla ist es natürlich absolut nicht zu bunt, denn wahrscheinlich gibt es so bunt gar nicht, dass es für Lucilla zu bunt wäre. "Was meinst du nur, wie mich die Damen darum beneiden werden. Der neueste Schrei wird das, das garantiere ich dir. Spätestens im Winter wird sich halb Rom die Finger nach diesen Stoffen lecken. Ich sage dir, wenn eine Frau in Rom noch einen Betrieb unterhalten dürfte, dann würde ich anfangen mit Stoffen aus Parthia zu handeln. Lange wird es ja nicht mehr dauern, bis das Land eine römische Provinz ist und Faustus könnte mir sicher schon in der ein oder anderen Handelsniederlassung einen Fuß in die Tür setzen." Sie seufzt theatralisch. "Aber eine Frau in Rom, die sich nicht mit einem Niemand abgeben will darf ja noch nicht einmal ihren Marmor anbieten! Was sagst du eigentlich dazu? Hast du auch für dieses verquerte Gesetz abgestimmt? Sind das vielleicht Alternativen, vor die man da gestellt wird? Entweder ich werde eine alte, jungfräuliche Vettel, deren ganzer Spaß im Stein liegt, oder ich werde eine angesehene Ehefrau, deren Spaß im ehelichen Schattendasein versinkt!"
    Wie üblich tritt Lucilla damit natürlich voll ins Fettnäpfchen hinein, immerhin steht Meridius auf der anderen Seite genau so einer Ehe. Wobei ihr tatsächlich schleierhaft ist, mit was sich Severa die Zeit vertreibt, denn bei den schicken Soirees der Damen aus dem Ordo Equester und Ordo Senatorius hat sie sie noch nie gesehen.


    Mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der Lucilla auf den Mercatus nach einem erfolgreichen Kauf den Schuhstand und die (gefühlte) Notwendigkeit eines neuen Paars Schuhe hinter sich lässt und zielstrebig ohne Umwege weiter zu den Schmuckständen eilt, wechselt sie das Gesprächsthema und kommt wieder auf ihren Neffen zurück. "Wusstest du eigentlich, dass Faustus zur Legion gegangen ist? Und Livianus wusste nicht einmal davon! Das ist wirklich mal wieder typisch Decima, und wer darf sich am Ende wieder Sorgen machen? Ich bin nur froh, dass sie dich wenigstens zuhause gelassen haben. Nein, wirklich, ich würde liebend gerne darauf verzichten, die Mode des Winters zu bestimmen, wenn sie dafür alle zuhause wären." Wer Lucilla kennt, der weiß, wie schwer ihr so etwas fällt. Etwas wehmütig schaut sie auf die bunt schillernden Farben des Schals von Faustus. Wenn es Livianus und ihm nur gut geht. "Zumindest haben sie noch keine Parther gesehen. Naja, wer weiß, so ein Brief braucht ja auch seine Zeit bis er hier ist. Es kann genauso gut sein, dass..." Sie bricht ab und blickt zu Boden. Ihre Stimme ist kaum noch ein Nuscheln und der Ärger darin kann nur schwer die Sorge überdecken. "Ich hasse das ... und es wird mit keinem Krieg besser."

  • Lucilla war ganz sie selbst, nie verlegen und immer zu einem Gespräch bereit. Schon in jungen Jahren hatte sie in Tarraco das Talent gehabt, die gesamte Familie zu unterhalten. Nicht dass es nicht viel zu reden gegeben hätte, oder die anderen eher wortkarg gewesen wären. Lucilla war jedoch speziell. Und Mutter hatte sie immer ermutigt, einfach so zu sein und zu bleiben, wie sie war. Decimafrauen hatten sich - so lange sie lebte - nie zu verbiegen.


    Meridius hatte kaum Platz genommen, als Lucilla auch schon aufsah, ihre Arbeit unterbrach und das Gespräch an sich riß. Faustus hatte also einen Brief geschrieben. Und auch einen Schal geschickt. Für Meridius Geschmack war dieser viel zu bunt, und in modischen Angelegenheiten hielt er sich ganz an die traditionelle und funktionale Mode, nicht umsonst war er Soldat gewesen. Er konnte zwar schönen Stoffe und guten Kleidungsstücken etwas abgewinnen, doch seine Begeisteurng hielt sich in Grenzen. Sein Interesse war gut zwischen Legionen, allem Militärischen, Wagenrennen, Pferdezucht und griechischer Keramik, Plastik und Architektur aufgeteilt. Für letzteres hatte er jedoch zu wenig Zeit.


    "Was schreibt er denn vom Feldzug?"


    fragte er seine Schwester und ging auf den Schal erst gar nicht ein. Zum Glück wechselte sie auch gleich das Thema, jedoch nicht unmittelbar sofort zum Inhalt des Schreibens. Sie schien sich ernsthafte Sorgen über ihre wirtschaftliche Zukunft zu machen und Meridius war sich nicht ganz sicher, woher dieses Interesse bei ihr so plötzlich kam. Bisher hatte sich Lucilla nie wirklich groß für Politik oder den Senat interessiert, und der Verdacht stieg in ihm hoch, dass vielleicht Senator Germanicus die entsprechenden Impulse bei ihr ausgelöst hatte. Um jedoch nicht sofort das Gespräch in eine ungute Richtung zu lenken - dafür war der Nachmittag zu angenehm und die Freude auf die Reise am morgigen Tage zu groß - beschloss er auch hier nicht allzuviel zu sagen.


    "Du wirst sicher nie am Hungertuch nagen, Lucilla. Dein zukünftiger Gatte wird Dir schon den Lebensstandard bieten können, den Du brauchst. Und wenn nicht, kannst Du jederzeit zu uns zurück kommen. Wir werden immer Deine Familie bleiben..."


    Nachdenklich blickte er vor sich hin. Es gab einiges zu regeln, was die Hochzeit betraf, ob sie jetzt überhaupt stattfand und wann sie stattfand, wer geladen sein würde und wer nicht, wie lange die Feiern sein würden und im Grunde war es vielmehr eine Angelegenheit der Decima, denn der Germanica, denn Lucilla kam aus dieser Familie. Auch wenn es keinen Brautvater mehr gab ...


    "Faustus, ja..."


    beantwortete er ihre Frage, als er aus seinen Gedanken wieder zu dem Gespräch zurückkehrte und feststellte, dass Lucilla über den Inhalt des Briefes sprach. Wie es schien, hatten die Legionen bisher noch keinen nennenswerten Feindkontakt gehabt. Die positive und optimistische Einschätzung seiner Schwester konnte er jedoch in keinem Fall teilen. Nicht umsonst hatte er es seinem Sohn untersagt, noch in die Truppen einzutreten, um an dem Feldzug teilzunehmen.


    "Rom scheint sich den Luxus zu gönnen, auf mich zu verzichten..."


    schmunzelte er. Im Grunde war er jedoch auch froh, nicht in den Osten aufgebrochen zu sein, denn im Osten konnte man nur verlieren. Zeit, Männer, noch mehr Zeit und noch mehr Männer. Und wenn man Pech hatte, kam man gar nicht mehr zurück. Doch in welchem Krieg war dies generell anders? Abgesehen davon, dass der Parther der vermutlich stärkste Feind an den Grenzen des Imperiums war. Er vermochte zwar nicht soviel babarischen Mutes aufbringen wie die Germanen am Limes, machte dies jedoch durch die höhere Zivilisation, Kultur, Organisationsfähigkeit und Strategieverständnis wieder wett. Halfen den Germanen die tiefen und unübersichtlichen Wälder, spielten den Parthern die endlosen Wüsten, kargen Ebenen und steinigen Bergregionen in die Hände. Mit der richtigen Strategie und Taktik konnte es durchaus passieren, dass Crassus Legionen nicht die letzten waren, welche verloren gingen.


    "Mach Dir keine Sorgen. Livianus ist ein fähiger Kommandeur. Und der Kaiser gehört auch nicht zu den Draufgängern. Er ist ein besonnener Mann. Er wird sicher in keine Falle laufen."


    In der Tat ging der Vormarsch wahrscheinlich eher schleppend vorran. Und aus den wenigen Schilderungen, welche Lucilla in ihren Worten aus dem Brief übermittelte, folgerte Meridius, dass sich die Parther auf die Strategie der verbrannten Erde eingelassen hatten. Das war gut, wenn sie zeitgleich vergaßen, strategische Positionen zu halten um den Vormarsch der Legionen zumindest so lange zu verzögern, bis sie ihre endlose Zahl an Truppen aus den weiten Regionen des Orients mobilisierten, denn die Stärke der römischen Truppen bestand in ihrer logistischen und organisatorischen Fähigkeiten. Die springende Frage für jeden Kommandeur bestand folglich darin, zu entscheiden, wie schnell man nachrückte. War man zu langsam, nutze man seine Chancen nicht und ließ den Parthern die actio, war man zu schnell, verlor man unter Umständen die Bindung zum eigenen Nachschub und tappte in die Falle. In Meridius Kopf liefen einige Szenarien. Dann jedoch schüttelte er die dunklen Gedanken ab, lächelte seine Schwester an und kam zu seinem eigenen Anliegen.


    "Wir werden morgen abreisen."

  • Ein bisschen genervt schüttelt Lucilla den Kopf. Als würde sie befürchten, am Hungertuch zu nagen! Sie sollte wegen dieses Themas doch mit der Augusta reden, Männer können sie einfach nicht verstehen. Nur, und da liegt das Problem, die Augusta vermutlich auch nicht. "Es ist doch nicht so, dass ich Angst davor habe zu verhungern! Und auch nicht, dass Avarus mir nicht meinen Lebensstandard bieten könnte, du weißt ganz genau, dass er in unserer Klasse spielt. Aber du solltest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass meine Ansprüche über die unserer Klasse hinaus ragen und dass ich ein bisschen kostenintensiver bin. Es mag sein, dass ich auf all das," sie streicht über ihre Kette und wedelt dann wieder mit dem bunten Schal herum, "verzichten könnte. Aber, ich will es nicht. Dir war es auch nie genug, wie unser Vater zu den Hilfstruppen zu gehen. Nein, du musstest Triumphator werden, und behaupte ja nicht, dass du nichts dafür kannst und dir das nicht gefällt. Mir ist es nicht genug, eine einfache Bürgerin mit einem Stall voller Kinder zu sein. Wie ihr alle habe ich hart dafür gearbeitet, da zu stehen wo ich heute bin. Ich habe mir weder mein Vermögen noch meinen Status erbettelt, erschlafen oder sonst wie schenken lassen. Und nun lässt man mir nicht einmal die Wahl, ob ich meinen Ordo behalten möchte oder nicht. Mit der Heirat bekomme ich den Stand meines Mannes aufgedrängt, verliere das Recht für mein eigenes Vermögen wie bisher zu sorgen, gleichzeitig verlangen die Gesetze, dass unsere Vermögen getrennt bleiben und er mir noch nicht einmal unbegrenzt Geschenke machen darf! Mal ganz davon abgesehen, dass egal wie sehr er mich liebt, irgendwo auch Avarus seine Grenzen haben wird, ab der er meine überflüssigen Ausgaben nicht mehr tragen werden will." Ganz davon abgesehen, dass Lucilla es noch nie mochte, sich diese Ausgaben von irgendwem bezahlen zu lassen. Gegen ein Geschenk ab und zu - oder auch mehrere - ist natürlich nichts einzuwenden, aber zu viele Geschenke machen nur abhängig.


    Sie seufzt nochmal theatralisch und schaut auf den Brief von Faustus. "Er schreibt, wie abenteuerlich die Seereise war und wie wunderschön das Land ist, dass sie bisher noch nicht viel marschiert sind und keinen Parther gesehen haben. Alles in allem liest es sich eher wie der Bericht eines reisefreudigen Abenteurers. Aber so fängt es ja immer an ..." Und hinterher, wenn der Schrecken anfängt, wenn die Toten überall herumliegen, der Gestank aus den offenen Wunden aus dem Feldlazerett jeden anderen Geruch verdrängt, wenn der Enthusiasmus verflogen ist, dann kommen gar keine Briefe mehr. Noch eine Weile später kommen dann Männer zurück, die nicht darüber reden, was sie getan und gesehen haben, die auf Paradezügen fröhlich jubilieren und sich hinterher den Kopf vollsaufen, um zu vergessen - vorausgesetzt sie kommen überhaupt zurück. Lucilla blickt auf und mustert Meridius nachdenklich. Alles in allem hat er seine ganzen Feldzüge wohl gut überstanden, aber sie weiß genau, dass in ihm drin nicht alles einfach so spurlos an ihm vorübergezogen ist, wie er gerne tut.


    Langsam dämmert ihr, was er zuletzt noch gesagt hat. Sie blickt ihn nun völlig entgeistert an. "Was? Abreisen? Wieso? Wer? Warum? Und wohin?" Noch eben mit dem Gedanken im Krieg befürchtet sie das Schlimmste. Zum Beispiel dass man Meridius nicht mit nach Parthien geschickt hat, weil vielleicht anderswo auch noch ein Krieg geführt werden muss. Hat sie nicht neulich erst darüber nachgedacht, dass die Germanen die Front im Osten für ihre eigenen Zwecke im Norden nutzen könnten?

  • In der Tat bedeutete die Verbindung mit Senator Germanicus, dass Lucilla in den ordo senatorius wechseln würde. Und Meridius verstand einiges genauer. Seine Schwester war eine knallharte Geschäftsfrau, handelte mit Marmorblöcken im gesamten Imperium und hatte, wenn er sich nicht täuschte auch noch eine kleinere Hühnerzucht, aus welcher Passion heraus auch immer, denn Federvieh stank erbärmlich und machte einen Haufen Dreck. Hatte sie die Hochzeit mit Avarus aus geschäftlichen Bedenken bisher aufgeschoben? Für einen Moment fragte er sich dies nun tatsächlich, wenn er sie so reden hörte.


    Was war aus seiner kleinen Schwester Lucilla geworden? Und gab sie wirklich so viel auf all diesen Klimbim, dass sie nicht mehr dahin zurück konnte woher sie kam? 'Über unserer Klasse'. 'Kostenintensiver'. Meridius konnte sich in diesem Moment sogar vorstellen, dass sie sich ihrer Herkunft schämte, sie redete schon fast wie dieser germanische Senator, welcher der gesamten Decima-Sippe bei jedem ihm bietenden Anlass ihre Herkunft aus der iberischen Provinz vorhielt und seine Abneigung nie verhehlte. Hatte ER auf Lucilla abgefärbt? Nur gut, dass Mutter das ganze nicht mehr mitbekam.


    "Ja, wir reisen ab."


    ging er auf das obrige Theme nicht mehr ein, sondern befasste sich statt dessen mit dem eigentlichen Anlass seines Gesprächsanliegens. Er wollte mit Iulia auf das neu erworbene Gut in den Albaner Bergen reisen um sich etwas zu entspannen. Und vor allem um den Sommer angenehm zu verbringen.


    "Ich habe mir doch neulich ein Gut in den Albaner Bergen zugelegt. Ein beschauliches Landhaus, eine Villa, etwas kleiner, nicht so monströs wie die Bauten anderer Größes des Imperiums, doch groß und klein genug um Rom für einen Sommer hinter sich zu lassen, auf Abstand zu gehen, Ruhe zu finden. Iulia wird es sicher lieben und ich selber brauche es."


    Er lächelte in Vorfreude dessen, was kommen würde.


    "Wenn Du möchtest, kannst Du natürlich mitkommen."


    Er war sich sicher, dass sie es nicht täte.

  • Abstand gehen - Ruhe finden? Lucilla fragt sich wirklich, von was Iulia und ihr Bruder Abstand und Ruhe bräuchten. Seit Meridius zurück in Rom ist hat er kein Amt angenommen, eigentlich dachte sie, dass die beiden nach Rom zurückgekommen sind, um sich von den Aufgaben in Germania zu erholen.
    "Ihr reist jetzt ab? Vergisst du da nicht etwas? Weshalb wart ihr nicht den Sommer über auf dem Land wie so viele andere Senatoren auch?"


    Ob er alt wird? Lucilla mustert ihren Bruder genauer, ein paar Furchen mehr sind da schon. Erschreckend irgendwie, sie hat immer geglaubt, Meridius würde ewig ihr großer, draufgängerischer und immer frischer Bruder bleiben, nicht, dass auch er irgendwann alt werden würde. Bona Dea, er könnte schon bald Großvater werden.


    Sie zuckt mit den Schultern. "Nein, danke für das Angebot. Hättest du mich vor dem Sommer gefragt, wäre ich mitgekommen anstatt zu Großtante Drusilla aufs Land zu gehen. Ich kann mich kaum an einen Sommer erinnern, in dem ich nicht bei ihr war, da wäre etwas Abwechslung mal ganz nett gewesen." Natürlich gäbe es genügend andere Landvillen, um dort den Sommer zu verbringen, doch warum sollte sie alleine irgendwo in der Prärie sitzen, wenn bei ihrer Großtante immer etwas los war, selbst auf dem Land?
    "Aber ich habe Verpflichtungen hier in Rom. Die Sommerpause der Acta ist vorbei und jetzt, wo Aelia in Ägyptus ist, habe ich etwas mehr zu koordinieren, da kann ich nicht auch noch fort."


    Damit hat sich dann auch das Thema der Hochzeit erledigt, auf welches Lucilla noch zu sprechen kommen wollte. Dass Meridius und Iulia zumindest zur Feier kommen, davon geht sie aus. "Außerdem werde ich die Hochzeitsfeier vorbereiten müssen."

  • Wie er es vermutet hatte, fand Lucilla einige Gründe, warum sie in der Stadt bleiben musste, und im Grunde hatte er auch nichts dagegen. Umso mehr hatte er alle Freiheiten sich auf dem Landgut um Iulia zu kümmern, endlich einmal auszuspannen, literarische Werke zu lesen, sich seiner Korrespondenz zu widmen und ... Er schmunzelte, so wie er plante, würde ihn die Arbeit auch auf dem Landgut verfolgen.


    "Ach, die Hochzeitsvorbereitungen ..."


    Stand die Hochzeit also endlich an und wurde nicht abgesagt.


    "Wenn ich ehrlich bin, hatte ich schon die Befürchtung es würde nicht mehr zu der Hochzeit kommen. Ich weiß, Avarus und ich haben uns nicht immer gut verstanden, doch ich hoffe, dass Du trotz allem glücklich wirst. Wenn ich Dir irgendwie helfen kann, lass es mich wissen. Immerhin bist Du ja meine Schwester, die Braut, und wir sind immer noch Deine Familie. Auch wenn Vater nicht mehr am Leben ist, sollten eigentlich wir Deine Hochzeit planen und organisieren..."


    Er sah sie liebevoll an und meinte es aufrichtig, so wie er es sagte.


    "Was meinst Du?"

  • Mit einem merkwürdigen Blick mustert Lucilla ihren Bruder. Irgendwo auf seinem Weg muss er sie verloren haben, so wie er von der Hochzeit spricht. Ob gewollt oder ungewollt hatte der große Bruder Meridius für die kleine Lucilla einst die Vaterrolle übernommen, doch irgendwie scheint diese Zeit auf einmal unendlich weit weg. Vielleicht liegt es daran, dass er nicht ihren Ehemann bestimmt hat, vielleicht ist seine Abneigung gegen Avarus doch noch viel größer, als dass er für seine Schwester darüber hinwegsehen könnte, vielleicht sind sie beide einfach mittlerweile zu alt für soetwas. Doch trotz allem hatte Lucilla geglaubt und gehofft, dass er zumindest bei diesem großen Ereignis eine Rolle spielen würde. 'Immerhin', 'immer noch', 'Sollten eigentlich' ... als wäre das alles für ihn nur eine familiäre Verpflichtung und Last, als könnte es gar nicht schnell genug sehen, dass sie endlich aus dem Haus ist.


    Lucillas Überlegungen enden schließlich in einem perfekt falschen Lächeln. "Natürlich, ich schaffe das schon alles alleine. Du weißt doch, meine hispanische Energie ist unerschöpflich und vermutlich ist es eh besser, wenn ich das alleine mache. Stell dir nur vor, du wolltest eine blaue Dekoration, Mattaicus vielleicht eine grüne, Valeria eine rote und ich eine gelbe - das würde in einem Familienstreit enden, wie wir ihn schon lange nicht mehr hatten."


    Obwohl sie noch immer überzeugend lächelt, kann sich Lucilla noch genau an den letzten großen Streit erinnern. Er hatte - natürlich - mit ihren Hochzeitsplänen zu tun und die halbe Casa Decima in Tarraco befand sich damals in Aufruhr. Genau genommen kann sie sich in den letzten Jahren nur an Differenzen erinnern, die aus ihren Hochzeitsplänen erwachsen sind. Vielleicht ist es tatsächlich besser, wenn sie endlich das Haus verlässt.

  • Sie schien ihn nicht verstanden zu haben, das zumindest schloss er aus ihrer Reaktion. Es lag ganz und gar nicht in seinem Interesse, sie mit ihren Hochzeitsvorbereitungen alleine zu lassen. Zum einen war sie seine Schwester, eine Decima, und damit war die Hochzeit eine Angelegenheit der ganzen Familie, zum anderen war unter den gegebenen Bedingungen diese Casa hier das Haus, in welchem man den ersten Teil der Feier stattfinden lassen würde. Zumindest so lange, bis sich der Brautzug auf den Weg begeben würde.


    Meridius schüttelte den Kopf.


    "Das würde Dir so passen, oder?"


    Er zwinkerte ihr zu und schob gleich hinterher.


    "Vergiss es. Hochzeiten der Decima sind riesige Familienfeiern. Ich müsste arg beschränkt sein, wenn ich Dich alles alleine machen lassen würde. Wann dachtet ihr daran zu heiraten? Steht ein Termin schon fest? Wie lange soll die Feier dauern? Wieviele Gäste laden wir hier in die Casa ein? Es wäre geschickt, wenn Dein Gatte eine Gästeliste erstellt und wenn wir für unsere Gäste, ebenfalls eine Liste erstellen. Dann müssen die entsprechenden Einladungen entworfen werden, wir müssen für Unterbringungen sorgen, Speisen und Trank arrangieren, Musik, das volle Programm. Du bist eine Decima, Du bist die Braut. Das wird DEIN Fest und versuch erst gar nicht die Familie, uns, mich aus der Angelegenheit raushalten zu wollen. Auf diesen Tag warten wir alle schon viel zu lange. Die Hochzeit der eigenen Schwester, so etwas beobachte ich nicht aus der Ferne."


    Ganz zu schweigen davon, was die Leute sagen würden, wenn er sich nicht darum kümmerte und seine Schwester alles alleine auf die Beine zu stellen hatte. Das Geschwätz würde so oder so in die Welt gesetzt werden, und wenn es nur dazu diente, dass Senator Avarus im Nachhinein an der enstprechenden Legendenbildung mitwirkte. Er würde sich nicht ein halbes Leben vorhalten lassen, an der Hochzeit seiner Schwester Desinteresse gezeigt zu haben.

  • "Wir hatten nicht vor bis zum Winter zu warten." gibt sie zu lächelnd bedenken und fragt sich gleichzeitig, wie Meridius auf der einen Seite fort und auf der anderen Seite da sein will. Hätte sie seine Pläne geahnt, vielleicht hätte sie nochmal alles irgendwie verschoben, aber wer kommt schon auf die Idee, dass er die Stadt verlässt wenn die Stadt gerade wieder anfängt zu leben, die Hitze abkühlt und die Politik wieder in Gang kommt?


    "Die Feier wird natürlich zwei Tage lang dauern, so wie es sich gehört. Zeremonie und Feier hier in der Casa, dann der Brautzug und der Einzug in die Casa Germanica. Und am nächsten Morgen das Mahl mit Familie und Freunden. Meine Gästeliste steht schon und ich schätze die von Avarus auch." Nachdenklich nestelt sie an dem bunten Tuch in ihren Händen herum. "Sag mal, fändest du es unangebracht, wenn ich Caecilius Crassus einladen würde? Ich meine, er war damals nicht wirklich begeistert, was ich ja verstehen kann, aber ... er ist immerhin der Praefectus Praetorio und ... naja ... ich meine, wenn er nicht möchte, dann kann er schließlich auch nicht kommen ..."

  • Nun denn, Lucilla wollte es anscheinend so. Meridius dachte einen Moment nach. Er fand, dass sie Crassus durchaus einladen konnte. Wieso auch nicht? Es gab durchaus noch verrücktere Konstellation, erst neulich hatte er von einer Hochzeit gehört, auf welcher der erste Gemahl der Braut ebenso anwesend war, wie der zweite und dritte Gemahl und es scherte anscheinend niemanden einen feuchten Kehrricht. Wenn es jemandem unangenehm werden konnte, dann vielleicht Avarus, aber dieser war diesbezüglich sicher erhaben.


    "Du kannst ihn ohne Bedenken einladen, Schwester."


    antwortete Meridius.


    "Nun, wie auch immer, wenn Du schon alles geplant hast, gibt es für mich natürlich nichts mehr zu tun."


    Mit einem Lächeln musterte er ihr Gesicht. Viel Gelegenheit dazu würde er in Zukunft nicht mehr haben, wenn sie dann in einer anderen Casa leben würde. Und dass er in der Casa Germanica häufig ein- und ausgehen würde, bezweifelte Meridius stark. Es reichte, wenn er Senator Avarus aus der Ferne im Senat zu Gesicht bekam.


    "Ich werde Dich vermissen, Lucilla."


    sprach er noch sanft und erhob sich dann.


    "Falls es etwas gibt, ihr erreicht mich auf dem Landgut."

  • Weg ist er. Lucilla schaut ihm hinterher und schüttelt lächelnd den Kopf. Ihr Bruder tut gerade so, als wäre der Weg von der Casa Decima zur Casa Germanica eine halbe Weltreise. Dabei ist es geradezu ein Katzensprung, zumindest näher dran als irgendein Landgut irgendwo in Italia oder etwa das ferne, ferne Parthia. Sie wird Merdius dann wohl auch ab und zu einen Brief schreiben müssen. Kichernd über diesen Gedanken nimmt sie wieder das Schreibzeug auf, um den Brief an Faustus zu beenden.

  • Seiana war gerade auf dem Weg in den Garten gewesen, als ein Sklave sie aufsuchte und ihr mitteilte, dass Aelius Archias im Atrium sei und nach ihr gefragt habe. Sie tauschte einen Blick mit Elena – der ihre überrascht, der ihrer Sklavin neugierig – und schickte den Sklaven dann zurück mit dem Auftrag, den Gast ins Peristylium zu bringen, wo er auf sie warten sollte. Danach drehte sie sich zu Elena um. „Was will Aelius Archias hier?“
    Elena zuckte leicht die Achseln. „Ich habe keine Ahnung. Aber du scheinst ihm gefallen zu haben – als wir auf den Märkten waren.“
    „Unsinn.“ Seiana runzelte die Stirn. So weit sie sich erinnern konnte, war der Aelier ein recht fröhlicher Mensch gewesen, und sie dagegen eher… nun ja, sie hatte die Ablenkung genossen, aber sie hatte sich doch meistens zurückgehalten. Sie selbst war jedenfalls nicht der Ansicht, eine wirklich angenehme Gesprächspartnerin gewesen zu sein. Elena dagegen zuckte erneut mit den Achseln. „Nun, du findest es nicht heraus, wenn du hier bleibst.“


    Kurze Zeit später war Seiana zusammen mit Elena auf dem Weg zum Säulengang. Sie war schon einige Tage hier, lange genug, um sich im Haus inzwischen einigermaßen auszukennen. Sie hatte ihre Zeit damit verbracht es zu erkunden, die Bewohner kennen zu lernen, ihre Familie… Im Übrigen hatte sie viel Zeit in der Bibliothek verbracht, die um einiges besser ausgestattet war als die, die sie in Tarraco gehabt hatten. Sie liebte das geschriebene Wort, vor allem die griechischen Tragödien, aber auch Komödien – noch mehr genoss sie es, sie gespielt zu sehen, aber selbst sie zu lesen reichte ihr schon, um abzutauchen in diese so vertrauten und doch anderen Welten, die dort heraufbeschworen wurden. Ein Lächeln flog über ihr Gesicht, als sie an Aesops Fabeln dachte, die zur Zeit neben ihrem Bett lagen, dann erreichte sie auch schon den Säulengang, wo der Aelier mit seinem Sklaven bereits wartete. Elena blieb ein paar Schritte zurück, während Seiana auf ihn zuging und leicht den Kopf neigte. „Aelius Archias. Was verschafft mir die Ehre?“ Sie winkte Elena ein Stück näher und sah ihn fragend an. „Kann ich dir etwas anbieten?“

  • Caius und Katander hatten sich nicht lange bitten lassen, als der Sklave zurückgekehrt war und verkündet hatte, dass Seiana sowohl zugegen als auch geneigt war, sie zu empfangen. Dass Caius' Laune sich schlagartig etwas besserte (was wiederum in einer heitereren Miene resultierte), ist wohl unnötig zu erwähnen.


    »Denkst du, sie freut sich?« fragte Caius, während sie dem Sklaven in die Eingeweide des Hauses folgten.
    »Wieso sollte sie nicht?«
    »Hm. Weiß nicht.«
    »Du wirst es ja gleich sehen. Neugierig ist sie sicher, zumindest was deinen Besuchsgrund angehen dürfte.«
    »Danke, Katander«, erwiderte Caius sarkastisch und warf seinem Sklaven einen biestigen Blick zu.


    Als sie zwischen den Säulen standen, verließ sie ihrer Führer, und die beiden Männer blieben allein zurück. Amseln suchten zwischen Rabatten und Beeten nach fetten Würmern, ein Rotkehlchen hockte wippend auf einem Ast. Caius begann damit, gemäßigt auf und ab zu gehen, während Katander ihm eine Weile dabei zusah und ihn gerade zu Räson rufen wollte, als die Decima das Peristyl betrat, dicht gefolgt von Elena. Nun war es Katanders Miene, die sich erhellte, und er verbeugte sich gekonnt, noch ehe die beiden Damen etwas sagen konnten. Caius hingegen lächelte erfreut und blieb endlich stehen.

    »Salve, werte Decima, ich hoffe, ich komme nicht ungelegen?« fragte Caius höflich und neigte seinerseits den Kopf zur Begrüßung, während Katander Elena vielsagende Blicke zuwarf. Zumindest, bis Caius es seiner Meinung nach versaute, indem er sagte...
    »Ich hoffe, du befindest dich wohl?«


    Katander schloss die Augen und flehte Iuno und Venus an, sie mögen Caius in den Hintern treten und ihn daran erinnern, dass er kein betagter, fetter Patrizier war, der mit der Gattin des Kaisers sprach.
    »Danke nein, ich möchte nichts. Aber vielleicht möchtest du ein wenig mit mir spazieren gehen?«
    Na bitte. Ging doch. Katander seufzte leise.

  • Seiana schenkte dem Aelier ein Lächeln, das ebenso höflich wie das seine war. Was er sagte trug nicht dazu bei, dass sie sich darüber klar wurde, was er hier wollte – aber sie würde nicht nachbohren, nicht direkt jedenfalls, so neugierig sie auch sein mochte. Lediglich ihr Blick und die Augenbrauen, die leicht nach oben wanderten, ließen darauf schließen, dass sie sich gerade einen dementsprechende Frage verbiss. „Danke, ich… befinde mich wohl, ja.“ Eine etwas seltsame Formulierung, fand sie, aber nun ja. Wohl befand sie sich – sie hatte sich inzwischen eingewöhnt, so gut es ging, sie bemühte sich nicht nur, wieder offener zu werden, sondern es gelang ihr auch immer öfter, und ihre Familie tat alles, um ihr das Gefühl zu geben willkommen zu sein. Obwohl sie immer noch ihre Tiefs hatte, lief es doch im Wesentlichen besser, als sie noch vor ein paar Wochen erwartet hatte.


    Als Aelius Archias ihr Angebot ablehnte, trat Elena wieder einen Schritt zurück, zu Katander, über dessen Gesichtsausdruck sie grinsen musste. Als sie sicher war, dass ihre Herrin und der Aelier nicht hersahen, knuffte sie ihm leicht ihren Ellenbogen in die Seite und zwinkerte. „Also sooo schlecht macht er sich doch gar nicht. Das mit der Lampe, jaaa, das war… wobei, das war lustig…“ Elena grinste breit.


    Seiana unterdessen nickte. „Ein Spaziergang wäre schön, ja.“ Während dem sie hoffentlich erfahren würde, was der Aelier überhaupt hier wollte. War er zufällig vorbei gekommen? Hatte er etwas anderes hier im Haus zu tun gehabt und hatte einfach die Gelegenheit genutzt, hallo zu sagen? Oder war er tatsächlich wegen ihr hier? Die Fragen brannten ihr auf der Zunge, aber sie konnte und wollte sie nicht stellen – hatte im Moment aber auch keine Idee, wie sie das Gespräch so darauf lenken konnte, dass es nicht so aussah, als wäre sie neugierig. Was sie aber, zu ihrer eigenen Überraschung, war. Und es half nichts, dass der Herr sich im Moment noch in Schweigen hüllte, was seinen Besuchsgrund anging. Nicht mal ein Hinweis… Seiana lächelte freundlich, während sie den Säulengang entlang schlenderten. „Wie geht es dir? Hast du inzwischen noch ein paar hübsche Geschenke für deine Verwandten gefunden?“ Ihr Gesicht blieb bemerkenswert neutral bei dieser Frage, obwohl auch sie – wie bereits Elena zuvor – an besagte Lampe denken musste.

  • »Das freut mich zu hören« war Caius' Entgegnung, in Kombination mit einem einnehmenden Lächeln. Kaum hatte sie dem kleinen Spaziergang zugestimmt, der sie (sofern sie stets dem säulengesäumten Gang folgen würden) in nie endendem Rechteck führen würde, setzte er sich bereits in Bewegung.


    »Blendend«, antwortete Caius.
    »Das schönste Geschenk für meine Eltern in Ravenna wird sein, dass ich eine Stelle als stationarius in Ägypten angenommen habe.« Und der Brief, in dem das geschrieben stand, würde sie zusammen mit einer Reihe unnützer Dinge erreichen. Ein Tafellöscher in Form einer Zunge fand sich ebenso darunter wie ein Satz gewöhnungsbedürftiger Schreibfedern in Fischgrätenoptik und tylusische Seidenpantoffeln in jadegrün. Aber da Caius sich noch recht gut an Seianas Reaktion auf die anrüchige Lampe erinnerte, erwähnte er besser nichts von diesen Geschenken.
    »Das, was ich dich gern fragen würde, hängt damit zusammen«, fuhr Caius fort und verschränkte die Hände auf dem Steiß. Wie gern hätte er sie in die Hosentaschen gesteckt! Nur dumm, dass die noch nicht in Mode waren. So schritt er also neben Seiana her und hoffte, dass er sie damit neugierig gemacht hatte.


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    Die beiden Turteltäubchen gingen also spazieren. Katander war das recht, da hatte er etwas Freiraum, um sich eingehender mit Elena zu unterhalten. Er achtete darauf, dass ihre Unterhaltung von den beiden nicht zu hören war, und deswegen ließ er sich noch einige weitere Schritte zurückfallen, Elena an seiner Seite. Dieses Zwinkern! Katander grinste die Frau an seiner Seite breit an und machte eine unsichere Geste mit der Hand.
    »Wart's mal ab. Es dauert garantiert nicht lange, dann wird er sich verhaspeln«, prophezeihte er wissend.
    »Was hält denn deine domina eigentlich von ihm? Er gibt sich ja große Mühe, das ist ihr sicher nicht entgangen. Hat sie was gesagt? Also, ich weiß definitiv, dass er Interesse an ihr hat.« Katander warf Elena einen verschwörerischen Seitenblick zu und grinste verhalten - bis er Caius ansah.
    »Ouh...uh... Siehst du? Fängt schon an. Jetzt läuft er wieder wie ein Storch im Salat.« Er seufzte und zuckte resigniert die Schultern.

  • Sie gingen weiter das Peristyl entlang, bis Seiana sich schließlich zum Garten hin wandte. Sie musste ein Schmunzeln unterdrücken, als sie die nächsten Worte des Aeliers hörte, mit denen er ihr sowohl verriet wo er herkam als auch wo er hingehen würde. Ägypten… Ob sie irgendwann mal nach Ägypten kommen würde? Überhaupt die Gelegenheit haben würde, ferne Länder zu bereisen? Ihre Gedanken schweiften kurz nach Parthien, wo ihr Bruder war, aber sie konzentrierte sich sofort wieder auf ihren Gesprächspartner und musterte ihn von der Seite. „Was bringt dich dazu, ausgerechnet nach Ägypten zu gehen? Verbindet dich mit dieser Provinz etwas? Oder ist es die Neugier auf das Fremde?“ Sie ging jedenfalls davon aus, dass er die Freiheit gehabt hatte selbst zu entscheiden, wo er hin wollte – jedenfalls hatte er auf dem Markt ganz danach geklungen. Anschließend zog sie leicht eine Augenbraue nach oben – er war also tatsächlich aus einem bestimmten Grund hier, wegen ihr. Aber was das mit seiner neuen Stelle in Ägypten zu tun haben könnte, war ihr unklar, und es überraschte sie auch etwas. Ganz konnte sie ihre Verblüffung nicht verbergen, und ihre Neugier ebenfalls nicht – nicht mehr. Sie warf kurz einen Blick nach hinten, als sie Elenas klares Lachen hörte, dann wandte sie sich wieder Archias zu. „Du hast eine Frage, die mit Ägypten zusammenhängt? Oder deinem Umzug dorthin?“ Seiana rief sich innerlich selbst etwas zurück – und in Erinnerung, wer sie war und dass sie den Mann kaum kannte. Ihn einfach zu fragen, was er denn wollte, reichte vollauf. „Was für eine Frage denn?“


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    Elena beobachtete ihre Herrin und deren Besucher, aus einigem Abstand, versteht sich. Der Nachteil war, dass sie nicht so gut verstehen konnte, was die beiden besprachen. Und sie war überzeugt davon, dass sie es eigentlich wissen sollte, weil ihre Herrin ihren Ratschlag brauchen würde. Der Vorteil war – sie konnte sich in Ruhe Katander widmen. Ohne dass ihre Herrin mitbekam, was sie tat oder sagte. Und da sich die Decima und der Aelier in normaler Lautstärke unterhielten, während sie selbst und der Sklave bewusst leise sprachen, bekam sie von der Unterhaltung der beiden auch das Wichtigste mit. „Verhaspeln? Macht er das öfter?“ Nicht dass es sie wirklich überraschte, so wie sie Archias bisher erlebt hatte. Elena grinste. „Hm. Ich glaube sie weiß noch nicht, was sie von ihm hält. Und ob sie’s gemerkt hat… nein. Definitiv nicht. Ich schon, aber sie? Sie hat im Moment zu viel andere Sachen im Kopf. Aber er lenkt sie ab, und ich denke dass gefällt ihr.“ Im nächsten Moment lachte sie auf, als sie Katanders treffende Beschreibung hörte, nur um bei Seianas Blick die Hand vor den Mund zu halten und verhalten weiter zu kichern. „Also so schlimm ist es auch nicht“, wisperte sie und legte leicht den Kopf schief. „Na ja… vielleicht doch. Wie lange bist du schon bei ihm?“

  • Caius war sich eher weniger bewusst, dass er Seiana einiges von sich erzählte, dass sie bisher noch nicht gewusst hatte. Davon abgesehen, hätte er aber auch nichts anderes gesagt, wenn es ihm klar gewesen wäre. Immerhin war es kein Geheimnis, dass seine Eltern in Ravenna lebten und er selbst nach Ägypten zu gehen gedachte.
    »Das ist eine gute Frage. Genaugenommen war die Stelle in Ägypten eher Zufall. Ich war vier Jahre lang in Germanien, musst du wissen. Keine Provinz, in der es micht so schnell noch mal verschlagen wird. Warst du schon mal da?« fragte Caius und sah Seiana schräg von der Seite her an.
    »Jedenfalls ist es ein raues Land, und im Winter ist es so kalt, dass dir die Nase abfriert, wenn du nicht aufpasst. Ich denke, Ägypten ist da eine gute Abwechslung. Ich möchte mich dort zum Provinzleiter hocharbeiten und meinen Namen bekannt machen, weißt du? Bisher hat man nur Respekt vor meinem nomen gentile. Ich möchte aber selbst etwas erreichen, sodass die Leute um meinetwillen Respekt haben.«


    Caius runzelte die Stirn ein wenig und ließ einen Moment verstreichen, ehe er sein Anliegen vortrug.
    »Beides, sozusagen zumindest«, sagte er und schmunzelte Seiana zu. Er zögerte bewusst noch einen Augenblick. Frauen liebten es doch, wenn die Neugier ihre Innereien zum Kribbeln brachte.
    »Ich wollte dich fragen, ob es dir recht ist, wenn ich dir schreibe«, gestand er dann, und diese Frage war durchaus üblich, denn alles andere konnte unter Umständen zum schlechten Ton gezählt werden.


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    »Macht er«, bestätigte Katander Elena ernst und nickte bestätigend. Die Worte seinen Herren betreffend nahm Katander interessiert auf. Die Dame wünschte also Ablenkung. Na, damit war sie ja bei Caius an der richtigen Adresse, dachte er.
    »Sie hat andere Sachen im Kopf? Verrätst du mehr oder muss er das selbst herausfinden?« hakte der Grieche nach.
    »Du könntest ja auch bei einer sich bietenden guten Gelegenheit ein paar Bemerkungen einstreuen«, schlug er hernach vor und betrachtete dann fasziniert Elenas Kichern.
    »Oh, ich bin der Sohn von Sklaven, die seinen Altern gehören. Wir sind zusammen aufgewachsen. Du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich schon einiges durchgemacht habe....« erzählte Katander und wiegte grinsend den Kopf hin und her. Wenn Elena sich an den Marktbesuch erinnern würde, wäre ihr sicher klar, was genau er damit meinte.
    »Und du?«

  • „Zufall?“ Seiana war sich nicht so ganz sicher, was sie davon halten sollte. War es ihm egal gewesen, wo er eine Stelle bekam, und hatte einfach irgendeine genommen? War es ein glücklicher Zufall gewesen, weil ihn sonst keiner hatte haben wollen? Oder war er einfach auf der Suche nach einer Herausforderung gewesen, und dann hatte ihm jemand von der freien Stelle in Ägypten erzählt… „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand nur auf Grund eines Zufalls nach Ägypten geht. Vielleicht war das der Auslöser, aber… Ägypten ist doch zu weit weg, zu anders, um aus einer Laune heraus hinzugehen. Für dich muss doch von vornherein klar gewesen sein, dass du nicht hier, oder wenigstens in Italia, bleiben würdest, oder? Was reizt dich daran?“ Sicher bedeutete Ägypten auch Karrieremöglichkeiten. Seiana konnte sich vorstellen, dass es dort möglicherweise einfacher war aufzusteigen als hier in Rom. Und in einem Land, dass trotz der Romanisierung immer noch so anders war als die Heimat, war auch nicht jeder dazu in der Lage unter Beweis zu stellen, was er konnte. Aber vielleicht ging es ihm ja auch einfach nur wie ihr, vielleicht spürte er auch diese unterschwellige Sehnsucht, jedes Mal wenn er von fernen Ländern hörte oder las…


    Bei seiner Frage schüttelte Seiana den Kopf. „Nein, ich war noch nie in Germanien. Aber es klingt interessant… Nun, die Kälte vielleicht nicht unbedingt, aber das Land selbst. Ich würde gerne mal hinreisen und es kennen lernen.“ Genauso wie viele andere Länder. Aber auch wenn sie jetzt in Rom war, unabhängig, blieb doch die Frage, was möglich war für sie. Davon abgesehen war sie ja erst vor kurzem angekommen, und allein in dieser Stadt gab es unzählige Dinge zu sehen, zu entdecken – in diesem Moment nahm sie sich vor, das auch zu tun. Sie würde nicht nur zu Hause herumsitzen und die Tage einfach so verstreichen lassen oder versuchen, mit sinnlosen Beschäftigungen die Zeit totzuschlagen. Sie lächelte den Aelier an, und auf Grund ihrer Gedanken in diesem Moment war es ein offeneres Lächeln als bisher. „Es ehrt dich, dass du dich nicht nur auf dem Namen deiner Familie ausruhen willst. Das tun zu viele, denke ich… Und ich kann verstehen, dass du selbst etwas erreichen möchtest, das würde mir genau so gehen.“


    Dann kam Archias endlich auf den Punkt zu sprechen, weswegen er offenbar hier war – konnte es aber nicht lassen, sie dabei ein weiteres Mal auf die Folter zu spannen, indem er noch zögerte. Seiana musterte ihn gespannt und hätte am liebsten noch einmal gefragt, aber sie beherrschte sich. Und als sie dann endlich hörte, was er sie fragen wollte, zog sie überrascht die Augenbrauen hoch. „Du… willst mir schreiben? Warum?“ Die Frage rutschte ihr heraus, bevor sie wirklich darüber nachdenken konnte. Im nächsten Moment überzog eine hauchzarte Röte, kaum erkennbar, ihre Wangen. „Natürlich, wenn du… wenn du mir schreiben möchtest. Ich… würde mich über Briefe freuen.“ Sie ließ offen, ob über Briefe allgemein oder speziell von ihm. Sie wusste es ja selbst nicht, und sie wusste auch nicht so recht, was sie von seiner Anfrage halten sollte. Warum sollte er ihr schreiben wollen?


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    „Hmmm.“ Elena überlegte. Seiana würde ihr den Kopf abreißen, wenn sie erfuhr, dass sie über sie redete. Aber die Sklavin ging nicht davon aus, dass Katander tratschen würde – höchstens mit seinem Herrn würde er reden, und wenn dieser klug war, würde er nicht zu erkennen geben, was er von Seiana wusste, bis sie selbst beschloss es ihm zu sagen. „Ihre Mutter ist im letzten Frühjahr gestorben. Seitdem ist sie… nun ja, ihre Lebensfreude ist irgendwie… nicht verloren, hoffe ich wenigstens, aber offenbar auf einer sehr langen Reise. Und ihr jüngster Bruder ist zur Zeit in Parthien. Mit ihm hat sie sich gestritten, als er vor zwei Jahren weg ist, aber sie war immer vernarrt in ihn, und sie macht sich große Sorgen, dass ihm was passieren könnte. Hm. Vielleicht solltest du deinen Herrn das doch besser selbst rausfinden lassen. Aber du kennst ihn besser.“ Danach grinste sie wieder spitzbübisch. „Bemerkungen, so? Jaaa, wäre vermutlich angebracht. Alleine kommt sie nicht drauf.“


    Interessiert hörte sie anschließend, wie Katander von sich erzählte. „Meine Eltern waren auch Sklaven, aber sie waren bei einer anderen Familie, die mit den Decimern befreundet waren. Sie sind gestorben, als ich zehn war – sonst gab es in dem Haushalt kaum jemanden, der sich um mich hätte kümmern können, und auch keine anderen Kinder, also hielt es mein damaliger Herr für das Beste, mich wegzugeben. Dass ich es bei den Decimern gut haben würde, wusste er. Und zumindest Kinder gab es dort genug. Seiana war elf, damals, und sie hat mich gleich unter ihre Fittiche genommen.“ Elena lachte wieder, als sie an diese Zeit dachte. Kindern – nicht allen, aber doch vielen – waren Standesunterschiede meistens egal. Und Seiana hatte ein Faible dafür gehabt, Schwächere zu beschützen, wobei sich Elena ziemlich sicher war, dass sie das auch getan hatte, damit sie sich mit anderen anlegen konnte, notfalls auch handgreiflich. Wenn ihre Mutter sie zur Rede gestellt hatte deswegen, hatte sie zumindest immer einen triftigen Grund gehabt, warum sie sich ausgerechnet mit diesem Jungen gestritten hatte.

  • »Ja. Nein. Also, nicht die Entscheidung, nach Ägypten zu gehen. Sondern die Idee, sich nach Stellenausschreibungen für den Süden umzuhören. Glaub mir, nach vier Jahren Germanien hast du selbst dann noch das Gefühl, wenn du vier Tuniken und zwei Togen unter einem Mantel und nem Wolfsfell trägst. Zumindest, wenn du eher italisches Klima gewöhnt bist«, erklärte Caius und nickte ernst.
    »Das ist eigentlich auch der Hauptgrund gewesen. Wirklich reizen tut mich die Andersartigkeit des Landes. Zudem hat man im Süden bessere Aufstiegsmöglichkeiten als hier in Italien oder sogar in Rom selbst«, fuhr er fort und zuckte mit den Schultern. Im Grunde war es ihm egal, wo er hinging. Gebunden war er ebensowenig wie er Heimweh hatte, und selbst das ließ sich mit Briefen überbrücken.


    »Freiwillig?« entfuhr es ihm dann und er sah Seiana überrascht an.
    »Das kann ich mir gar nicht vostellen. Obwohl... Mit einer so hübschen Begleitung würde ich vielleicht doch noch mal nach Germanien reisen«, fügte er (vielleicht ein wenig zu) geistesgegenwärtig an und zwinkerte Seiana zu. Ihre nächste Frage gereichte ihm dann zur Erklärungsnot. Er hatte sich ja vieles überlegt, aber keine Antwort auf diese Frage. Dementsprechend dauerte es auch einen Moment, bis er ihr antwortete, und auch dann war seine Antwort nicht sonderlich originell, aber wenigstens ehrlich.
    »Oh. Ich mag dich.« Begleitet von einem Lächeln in ihre Richtung betrachtete er sie sehr aufmerksam von der Seite. Daher entging ihm auch die allzu zarte Rötung ihrer Wangen nicht. Er fand, dass es sie hübscher machte. Und ihre Erwiderung freute ihn wahrhaftig.
    »Dann habe ich etwas, das mir die Abende versüßen wird«, entgegnete er galant, schürzte kurz die Lippen und ging dann an ihrer Seite weiter.


    »Wie stehst du eigentlich zu Senator Decimus Meridius? Ist er ein enger Verwandter?« fragte Caius kurz darauf und hoffte sich so darüber informieren zu können, an wen er sich dann später Seianas wegen wenden musste.


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    Katander machte ein bestürztes Gesicht und sah Elena aufrichtig mitfühlend an.
    »Oh. Das tut mir leid. Dann hat sie es ja zur Zeit recht schwer«, stellte er fest und nickte.
    »Ich werd dafür sorgen, dass er keine Dummheiten macht, wenn er mich lässt. Solange er nicht jetzt gerade in diesem Moment auf dumme Gedanken kommt, wird das schon nicht so schwer werden«, versicherte er optimistisch, ahnungslos ob der Tatsache dass Caius just damit begonnen hatte, von ihrer Verwandtschaft zu reden.


    Aufmerksam lauschte Katander Elenas weicher Stimme, während sie von sich erzählte. Ab und an nickte er. Gen Ende grinste er breit.
    »Naja, bei mir war das eher anders herum. Er ist nicht unbedingt der...besonnenste, weißt du. Viel zu impulsiv manchmal. Da braucht er jemanden, der ihn aus dem Schlamassel wieder rausholt, den er sich eingebrockt hat.« Katander zwinkerte Elena zu. Unrecht hatte er damit übrigens wirklich nicht, aber dessen war sich wohl auch Elena schon bewusst.
    »Und ihr werdet jetzt erstmal hierbleiben, bis der Krieg zu Ende ist?« fragte Katander nach. Schließlich wusste er nicht, ob Seiana dann bei ihrem Bruder wohnen oder hierbleiben würde. Oder was man überhaupt vorhatte mit ihr.

  • Seiana musterte den Aelier von der Seite, als er von seinen Beweggründen sprach, nach Ägypten zu gehen. Dass er die Kälte in Germanien nicht gemocht hatte, konnte sie gut nachvollziehen – nicht dass es sie abhalten würde, dorthin zu reisen, sollte sich die Gelegenheit ergeben, aber sie würde den Sommer für eine derartige Reise nutzen. Und sich wohl kaum wirklich für länger dort aufhalten, wenn sie die Wahl hatte. Und seine Erklärungen Ägypten betreffend gefielen ihr – sofern er ehrlich war, und er machte auf sie den Eindruck als ob er es wäre. Darüber hinaus blieb die Tatsache, dass Ägypten ihrer Meinung nach kein Land war, in dem man ‚einfach so’ eine Stelle annahm – es war einfach etwas anderes als Spanien oder Griechenland, oder gar hier in Rom. Genauso wie Germanien war Ägypten eine Provinz, in die es einen nur für längere Zeit verschlug, wenn man Gründe dafür hatte, etwas anderes konnte Seiana sich kaum vorstellen. Sie nickte langsam. „Die Andersartigkeit… Das würde mich auch reizen. Sowohl an Ägypten als auch Germanien. Ich gehe davon aus, dass mir in Germanien kalt wäre, jedenfalls wenn ich im Winter dorthin reisen würde…“


    Überrascht sah sie Archias erneut von der Seite an bei seinen nächsten Worten. Die Antwort war recht schnell gekommen, aber außer einem leichten Zucken ihrer linken Augenbraue ließ sie sich nichts anmerken. Stattdessen beantwortete sie sein Zwinkern mit einem schwer zu deutenden Schmunzeln. „Tatsächlich? Gut zu wissen.“ Wohl wissend, dass sowohl dieser Kommentar als auch ihr Tonfall alles und nichts bedeuten konnte, ließ sie das Thema anschließend auf sich beruhen. Sie wusste selbst nicht so genau, was sie eigentlich meinte – ob sie einfach nur so dahin gesagt hatte, weil sie nicht unhöflich reagieren wollte, indem sie nichts oder etwas Abweisendes sagte, oder weil sie es tatsächlich gut fand zu wissen…
    Seine Antwort auf ihre nächste Frage trug nicht unbedingt dazu bei, dass die Röte in ihren Wangen verschwand. Er mochte sie? Ihr Briefe zu schreiben würde ihm die Abende versüßen? Seiana wich seinem Blick aus und musterte den Garten und den Weg vor sich. Sie verbiss sich ein erneutes ‚Warum’, obwohl ihr genau das auf der Zunge lag. „Nun…“ Seiana fuhr sich kurz mit der Zungenspitze über die Lippen und wusste – was selten genug vorkam – nicht genau, wie sie reagieren sollte. „Das freut mich. Und es wird mir sicherlich ebenso gehen.“ Anschließend sah sie ihn überrascht an. „Meridius? Er ist ein Cousin meines Vaters – früher hat er ebenfalls in Tarraco gewohnt, aber das ist schon eine Zeitlang her. Ich habe ihn im Grunde erst hier wirklich kennen gelernt.“


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    Elena nickte nachdenklich. „Nein, die letzte Zeit war nicht einfach. Aber sie grübelt einfach zu viel, meiner Meinung nach.“ Dann grinste sie leicht. „Nun ja, selbst wenn er eine Dummheit macht… Vielleicht kriegt er ja trotzdem die Kurve. Auf jeden Fall lenkt er sie ab, das ist schon etwas. Und wenn du für den Rest sorgst…“ Die Sklavin lachte leise. „Wird schon werden.“


    Als Katander über sich und seinen Herrn erzählte, breitete sich auf Elenas Gesicht wieder ein Grinsen aus. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, was er meinte. „So hab ich euch beide bisher auch erlebt, muss ich sagen. Na ja… Die Tage in denen meine Herrin mich verteidigen oder aus einem Schlamassel holen musste sind vorbei. Größtenteils jedenfalls.“ Wieder ein Lachen. „Impulsiv sind wir beide, würde ich sagen, da geben wir uns nicht viel. Aber sie… Sie konnte sich schon immer besser durchsetzen als ich. Was auch ganz gut so ist, wenn man bedenkt, dass sie die Herrin ist.“ Sie zuckte leicht die Achseln – sie hatte kein Problem mit ihrem Dasein als Sklavin, kannte sie doch einfach nichts anderes. „Oh, dass wir hier sind hängt nicht mit dem Krieg zusammen. Sie wollte fort aus Tarraco, was auch sinnvoll war, dort sind einfach zu viele Erinnerungen. Wir werden hier bleiben, vorerst, unabhängig vom Krieg.“

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