[OFFICIA CIVILIA] Officium Praefectus Annonae

  • Dem Präfekten ging es nach wie vor etwas schnell. Wenn er sich die afrikanischen Provinzen so vorstellte, gab es da nur ein kleines Problem.
    "Die Frage ist, ob wir Zugriff auf alle Provinzen haben. Immerhin sitzt Aegyptus mit zwei Legionen daneben."
    Ein paar Gedanken weiter hatte er dazu auch noch eine Idee:
    "Und vielleicht kann uns die Classis Misenensis da auch helfen. Die sperrt sowieso Aegyptus ab und auf dem Rückweg können sie ja über Cyrene und so weiter fahren!"


    Zur Legio I konnte Lusianus aber auch wieder nur spekulieren. Er war immerhin kein Speculator! Aber man redete viel auf dem Forum...
    "Keine Ahnung, ich höre ja auch nur Gerüchte in Rom. Vielleicht frägst du da bei den Praetorianern nach!"




  • So ganz unfähig war er wohl doch nicht. "Guter Einwand, Präfekt! Bisher ist mir nichts bekannt, dass die Truppen aus Aegypten versuchen die benachbarte Provinz einzunehmen. Zugeben muss ich natürlich, dass ich nicht alle militärischen Einzelheiten kenne, ich arbeite nicht in der Abteilung des ab epistulis. Ich werde mich später erkundigen." Eigentlich kannte Titus gar keine Einzelheiten militärischer Truppenbewegungen und fragte sich, warum man nicht einen aus der zuständigen Abteilung zu zog, vielleicht dieser neue Notarius Fabius?
    "Dass die Classis eventuell doch an der Getreidebelieferung beteiligt werden kann, wäre wirklich Vorteilhaft, um notfalls die Transportschiffe zu beschützen. Auch hier werde ich Auskunft einholen, inwieweit es ihnen möglich ist." Titus müsste somit einige Briefe aufsetzen, dass wird echt übel, nicht dass ihm irgendwann mal die Hand abfiel.
    "Die Prätorianer aufzusuchen ist ebenso eine sinnvolle Idee, könnte man direkt mit der ersten Angelegenheit, bezüglich Truppenbewegung erledigen. Immerhin betreiben sie doch regelrecht Außenspionage." Dass er wieder diese dunkle Castra aufsuchen musste, war nicht gerade sein Lieblingswunsch gewesen.
    "Gut, dann denke ich, sollte ich die Dinge erledigen und dich dann informieren."

  • "Gut, dann halte mich auf dem Laufenden."
    bestätigte der Präfekt und nickte - damit würde er diesen hyperaktiven Notarius zumindest eine Weile los sein und vielleicht wurde es das nächste Mal etwas strukturierter... im Alter konnte man den Gedankensprüngen der Jüngeren oft nicht so richtig folgen...




  • Es war bereits Mittag und der Regen hatte nachgelassen, somit Titus nicht länger als nötig bleiben wollte, weil so wirklich viel hatte er mit dem Präfekten nicht zu besprechen, nicht bevor alle notwendigen Informationen eingeholt wurden. Weiterhin lieb er der Meinung, dass dieser Präfekt schnellstmöglich ersetzt werden müsse, doch entscheiden allein vermag nur der Imperator. Der bestimmt nicht über diesen Missstand informiert war. Vielleicht findet Titus einen Weg, den Imperator doch irgendwie zu informieren, über mehrere Stationen. So wie er es auch mit der kaiserlichen Poststelle gehandhabt und sein Vetter Serapio eine wesentliche Rolle spielte.


    Titus verabschiedete sich und ging in Richtung Kanzler, wo er dann später die Schreiben anfertigte. >>

  • Quintus Tempus fackelte nicht lange und besorgte sich ein Pferd aus der Maniso Ostiensis. Der Procurator hatte Recht. Es gab keine Schwierigkeiten und der Stationarius hatte sofort einen Gaul bereitgestellt nachdem Quintus die Grüsse entrichtete.
    Der Ritt auf der Via nach Rom konnte ohne Unterbrechung abgespult werden und so ritt der Scriba 3 Stunden später durch das Tor Roms.


    Zum Forum Romanum hingegen war es nicht mehr flüssig. Menschen, Vieh und Wagen verstopften die Strassen und auch die kleinen Seitegassen ließen ein rasches Vorankommen nicht zu.


    Nachdem nun das Colosseum passiert war und der Weg am Domus Aelia und Tiberia vorbeiführte hatte der Scriba nun endlich sein Ziel erreicht.


    Dort klopfte er an die Türe des Officium des Praefectus Annonae und übergab die Tabula einem der hiesigen Sribae.



    Ad
    Praefectus Annonae
    Forum Romanum
    Basilica Iulia



    Salve werter Praefect.


    Seit kurzem besetze ich den Posten des Procurator Annonae und möchte mich nun gerne bei dir persönlich vorstellen. Sobald es deine Zeit erlaubt bitte ich um einen Gesprächstermin um dir meine Person näher zu bringen wie auch deine Anweisungen zu erhalten.


    Vale



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    Der Weg zurück würde sicher nicht länger benötigen als der Herweg.

  • Aufgeregt hatte sich Aculeo am Morgen aufgemacht um nach Rom zu kommen. Vormmitag sollte er beim Praefectus Annonae sein und dass wollte er einhalten.


    Zur hora quarta traf er schliesslich am Forum Romanum ein und betrat die Basilika und kurz darauf das Officium des Praefectus Annonae. Natürlich stand er nun nicht direkt in dessen Arbeitsräumen sondern in einem Vorraum der von einem Scriba besetzt wurde.
    Salve. Der Praefectus Annonae erwartet mich. Ich bin Germanicus Aculeo, Procurator Annonae aus Ostia.
    Um seine Worte nicht anzweifeln zu lassen drückte er dem Scriba die Tabula in die Hand die ihm am Vortag zugesendet worden war.


    Procurator Annonae
    P Germanicus Aculeo



    Praefectus Annonae Caius Persius Lusianus Paullo Germanico Aculeoni s. d.


    Du kannst morgen Vormittag vorbeikommen. Es stehen dringende Aufgaben an!


    Caius Persius Lusianus

  • Persius Lusianus ließ den Procurator direkt zu ihm vor. Als er eintrat, begrüßte der alte Mann seinen neuen Untergebenen.
    "Salve, Procurator. Gut, dass du gleich kommen konntest. Es gibt viel zu tun!"
    Leider war das wahr. In Rom brannten Getreidespeicher und das ausgerechnet zu Zeiten, in denen Aegyptus nicht lieferte. Der Praefectus hatte gehofft, einen einträglichen Altersruhesitz zu haben, aber jetzt sah es so aus, als müsse er sein Krisenmanagement-Talent noch einmal voll in die Waagschale werfen...
    "Du weißt sicherlich von dem Brand der Getreidespeicher?"




  • Salve Praefect. Ich danke dir für die rasche Einladung grüsste Aculeo freundlich seinen Vorgesetzten und nickte anschliessend auf dessen Frage.


    Natürlich ist mir diese Katastrophe nicht entgangen. Einzelheiten sind mir jedoch nicht bekannt und der Vorfall ereignete sich noch vor meinem Antritt ins Amt des Procurators. Ich vermute du wirst dir nun Gedanken darüber machen wo man die verlorenen Mengen an Getreide herbekommt? sponn nun Aculeo das Gespräch weiter. Das er sich darüber Gedanken machte wie es zu dem Brand kommen konnte sprach er nicht laut aus. Die Sicherheit der Stadt oblag den Cohorten und in weiterführender Ordnung auch den Vigiles.

  • Der Praefectus nickte nur knapp, als sein neuer Procurator antwortete. „Genau das. Wir hatten vorher schon Schwierigkeiten, genug Getreide für Rom zu bekommen. Dieser Brand hat uns gerade noch gefehlt“, brummte er. „Ich habe die Getreideausgabe sowieso schon rationiert, weil niemand sagen kann, wie lang dieser Bürgerkrieg dauern wird, aber nachdem jetzt ein Gutteil unserer Vorräte in Flammen aufgegangen ist... kurz gesagt: wir brauchen dringend Ersatz. Irgendwelche Ideen?“ Natürlich hatte der Praefect auch eigene, aber trotz der Dringlichkeit des Themas wollte er erst wissen, was der Germanicer zu sagen hatte. Zum einen hatte er trotz seiner Bequemlichkeit dann doch den Anspruch, dass seine Untergebenen vernünftige Arbeit leisten sollten... zum anderen galt: je besser der neue Procurator, desto größer die Chance, dass es für ihn selbst doch wenigstens etwas ruhiger war als er mit der Rebellionserklärung Ägyptens zu befürchten begonnen hatte.

  • Aculeo war überrascht. Erstens über sich selbst dass er ins Schwarze getroffen hatte mit seiner Annahme und zweitens dass er gefragt wurde was nun getan werden kann.


    Da ich die Erntezeiten nicht kenne kann ich nun nur sagen dass man sich das Getreide aus den Provinzen holen muss. Hispania, Africa proconsularis, Sicilia, Mauretania Tingitana.
    Das sind wahrscheinlich die gleichen Gedanken die du schon gewälzt hast.
    Man könnte auch, und ich bin mir dessen bewusst dass es eine ziemlich harte Massnahme sein würde, die Gutsbesitzer freundlich mit einem Erlass darum bitten ihre Ernte oder sogar die Güter für die Dauer des Krieges in Staatseigentum übergehen zu lassen.
    Die Flotte ist im Osten beschäftigt...daher kann man diese jedenfalls nicht mit einbinden und was unsere Getreideflotte so treibt weiß ich noch nicht. Dafür war die Zeit zu knapp mich eingehendst damit zu beschäftigen.


    Vllt würde der Praefect nicht sonderlich überrascht über die Gedanken des Germanicers sein da diese ja auf der Hand lagen...ausser der mit der Übergabe der Höfe...und die sicher jeder kleine Kanzleischreiber zu Worte gebracht hätte

  • „Nein, die Provinzen sind im Moment kaum eine Alternative“, gab der Praefectus zurück. Grundsätzlich war der Gedanke ja gut, nur... „Zu wenig Schiffe, und zu wenig Zeit – seit dem Brand noch weniger als sowieso schon. Beschlagnahmungen... möglich.“ Das Problem dabei war nur, dass so was nie gut ankam bei denen, die man enteignete. Da musste man aufpassen, mit wem man es sich verscherzte... und war sowieso eine Entscheidung, die eine Ebene höher getroffen werden musste. Erst recht da er nicht vorhatte, sich die Finger zu verbrennen. „Ich werd das mal mit ein paar Leuten diskutieren, wenn der Hunger noch schlimmer wird, müssen wir das ins Auge fassen. Eine andere Möglichkeit ist allerdings folgende: Roggen und so was. Das Zeug ist minderwertig und taugt zu nicht viel mehr als Viehfutter, aber in der Not frisst Pluto Fliegen. Und Städte und Gutsbesitzer werden weit geneigter sein, einen Teil von ihrem Viehfutter abzutreten, als von den Vorräten die sie selbst brauchen, um zu überleben.“ War ja nicht so, als sähe es im Rest von Italia anders aus als in Rom, was die Getreideknappheit anging... die Ernte, die hier jetzt im Herbst noch anstand, würde den Bauern aus den Händen gerissen werden. In Rom waren nur deutlich mehr Mäuler zu stopfen. „Sieh also zu, was du in der Richtung auftreiben kannst.“

  • Wenn du es erlaubst so würde ich gerne mit dem Cursus Pubicus noch darüber sprechen. Schliesslich stehen der Institution auch Mittel und Wege zur Verfügung Schiffe zu requirieren um diese für den Transport von Gütern zu verwenden. meinte dann Aculeo etwas zurückhaltend.


    Das mit dem Roggen sollte nicht wirklich ein Problem sein. Falls die Besitzer es abgegolten haben möchten...und ich vermute dass sie die Preise so hoch als möglich ansetzen...wie weit darf man da nun gehen? Ich werde nach meiner Ankunft in Ostia einen Schreiber damit beauftragen eine Liste der Gutsbesitzer zu erstellen. In weiterer Folge auch das Ergebnis über die Gespräche mit denen. Hast du noch andere Anweisungen, Praefect?

  • „Tu das“, nickte der Praefectus, und fügte an: „Je mehr Wege wir probieren, desto größer ist die Chance, doch noch was aufzutun. Was den Roggen angeht: du kannst den Leuten sicher was anbieten, aber vergiss nicht, dass das Zeug minderwertig ist! Erinner die Leute dran, wenn sie zu dreist werden.“ Er räusperte sich und schüttelte dann den Kopf. „Nein, das wäre alles für heute.“



    Es verging einige Zeit, bis Persius Lusianus seinen Procurator wieder zu sich ins Officium bestellte. „Salve, Germanicus!“ grüßte er, als der andere vom Scriba gebracht eintrat. „Ich habe einen Auftrag für dich: geh zu den Urbanern und find heraus, was die ermittelt haben wegen dem Brand. Davon abgesehen: hast du schon was zu berichten?“

  • Noch nichts konkretes, Praefectus. Mein Officium arbeitet gerade eine Liste aus um effiezient die Getreidelieferanten zu erfassen und auch gleich schriftlich um das gewünschte zu bitten. Ich werde aber dafür sorgen dass es rascher vor sich geht und es zu keinen längeren Wartezeiten kommt. Ausserdem werde nun wegen einer Mannschaft Ausschau halten. Mein Schiff liegt im Hafen von Ostia und wartet nur darauf einen Auftrag zu bekommen.


    Da ich schon in Rom bin werde ich rüber zu den Cohhortes gehen und mich gleich darum kümmern ob es schon Informationen gibt. Bin gespannt was die rausgefunden haben...wenn überhaupt.....

  • Mit meiner Ernennung zur Procuratrix Annonae in der Hand (und nachdem ich auch für meine hervorragenden Dienste beim Cursus Publicus Italia mit einem Diploma ausgezeichnet worden war) machte ich das Officium des amtierenden Praefectus Annonae ausfindig. Er sollte seinen Sitz in der Basilica Iulia haben. Die zu finden war kein Problem. Das Büro eines Mamercus Gabinius Auruncus zu finden, das stellte sich allerdings schon als etwas schwieriger heraus. Denn ich fand nur die "Amtsstube von Praefectus Annonae Lucius Flavius Furianus"....


    Weil es aber die einzige Tür zum Officium überhaupt irgendeines Praefectus Annonae war, klopfte ich trotzdem einfach mal an, wartete auf die Erlaubnis zum Eintreten und trat anschließend ein. "Hallo.", grüßter ich dann einfach zunächst. "Mein Name ist Sergia Fausta. Als Ritterin und ehemalige Postpräfektin von Italia wurde ich zur Procuratrix Annonae ernannt. Ich soll mich daher beim Praefectus Annonae Mamercus Gabinius Auruncus melden.", stellte ich mich und mein Anliegen vor. Dann ließ ich eine kurze Kunstpause. "An der Tür steht leider nur etwas von einem Praefectus Annonae Lucius Flavius Furianus. Ich hoffe, man kann mir hier vielleicht trotzdem weiterhelfen?" Vielleicht konnte man mir eine Wegbeschreibung zum richtigen Büro geben. Oder vielleicht war ja auch einfach nur das Türschild schon ein bisschen veraltet.... Man konnte ja nie wissen.

  • Der Scriba im Vorzimmer staunte nicht schlecht, als die Sergierin so hereingeschneit kam und gleich so forsch daherfragte. Natürlich wusste er, dass eine Sergia Fausta zur Procuratrix ernannt worden war - nur hatte er sich eher eine hässliche Vettel vorgestellt, die wegen ihrer lukrativen Ehe mit einem Senator diesen Posten zugeschachert bekommen hatte. Dass sie noch ganz schön jugendlich aussah und dazu auch nicht hässlich war, war natürlich eine angenehme Überraschung.
    "Flavius Furianus?" fragte er verdattert. "Nun... ja, also nein, du bist hier richtig. Oder ja. Ich werde dem Praefectus Bescheid geben!"
    Beinahe wäre er hingefallen, so hastig stand er auf und flüchtete ins Officium hinter seinem Rücken. Kurz darauf kam er wieder heraus.
    "Du kannst eintreten!" erklärte er und schob die Tür auf. Dann ging er rasch zur Tür in den Gang und prüfte, ob die neue Untervorgesetzte mit dem falschen Schild Recht hatte...

  • Ja? Nein? Meine Augenbrauen wanderten leicht nach oben, während ich den Scriba so fixierte. Also: Ja oder nein? Denn eines von beidem ging ja nur. Zu meinem Glück entschied sich der dieser Schreiberling noch heute - dafür, dass ich hier richtig war und er mich sofort beim Präfekten anmeldete. Ich rang mir ein gespieltes Lächeln ab, während der Kerl sich kurz ins Amtszimmer des Präfekten verkrümelte. Als ich dann wenig später selbst eintreten durfte, nickte ich ihm mit bestem Dank einmal zu, bevor ich mich anschließend in.. das Körbchen des Stubentigers.. begab. (Diesen Vergleich fand ich ganz passend, weil ja wirklich auch Katzen eingesetzt wurden, um das römische Getreide vor Ratten, Mäusen und anderem Ungeziefer zu schützen.)


    Mamercus Gabinius Auruncus. Das war er also. "Ich grüße dich, Präfekt Gabinius." Ganz leicht neigte ich meinen Kopf bei diesen Worten. Dann fuhr ich fort: "Mein Name ist Sergia Fausta und nachdem ich zur Procuratrix Annonae ernannt wurde, bin ich hier, um mich meinem neuen Vorgesetzten vorzustellen und gegebenenfalls anstehende Aufgaben von ihm anzunehmen." Ich lächelte (gegenüber dem Präfekten jetzt natürlich etwas ehrlicher als zuvor). Trotzdem hoffte ich so ganz im Stillen für mich, dass er mich jetzt nicht gleich wieder auf die Spuren eines gewissen Germanicus Aculeo schickte.. Denn: Ich war damals zum Cursus Publicus gekommen und musste mich erstmal um einen größeren Schlamassel bei den Wertkarten kümmern, verursacht von irgendeinem meiner Vorgänger (und der Germanicus war ja nun der letzte wirklich namhafte Postbeamte vor mir hier in Rom gewesen, sodass ich den Fehler kurzerhand ihm anlastete). Anschließend trennte der Germanicus sich von seiner quintilischen Verlobten (oder sie sich von ihm) und wieder war es an mir, das ausgerechnet auf meiner Hochzeit losgelassene quintilische Biest wieder etwas in die Schranken zu weisen. Auf weitere Altlasten dieses Germanicus Aculeo konnte ich deshalb also ohne Weiteres sehr gut verzichten!
    Und ganz nebenbei war ich natürlich auch nicht gerade scharf darauf, jeden Tag irgendwo in so ein kleines Kuhkaff abzusteigen. (Und welche Stadt wirkte im Vergleich zu Rom nicht wie ein kleines Kaff??)


    Aber worauf hoffte ich dann? Eine gute Frage, mit der ich mich so richtig bis zum Ende selbst noch nicht befasst hatte. (Lag wohl daran, dass ich im Gespräch mit dem Procurator Iunius ursprünglich auf ein anderes Amt geschielt hatte.) Aber vielleicht konnte ich dem Präfekten im Zweifelsfall ja meine Beschäftigung mit den Getreidespenden und der Getreideausgabe im Sinne der Lex Flavia de frumentationibus schmackhaft machen? Oder: War eigentlich der Kornspeicher, der im vergangenen Bürgerkrieg abgebrannt war, schon adäquat ersetzt worden? (Na gut, das war eigentlich mittlerweile ziemlich wahrscheinlich.) Vor allem aber: Hatte man mittlerweile denn endlich auch mal jemanden dafür ans Kreuz geschlagen, geköpft, verbrannt, ertränkt, zu Tode geprügelt, den Löwen in der Arena zum Fraß vorgeworfen, vom Tarpeischen Felsen gestürzt, gehängt, zu Tode gehungert, .. oder sonst irgendwie bestarft?? Denn: So richtig geil auf öffentliche Hinrichtungen war ich ja nicht (obwohl ich meine Abwesenheit bei den durch Tiberius Lepidus durchgeführten am Ende schon ziemlich bereut hatte). Aber trotzdem wäre es mir doch aufgefallen, wenn man diesen zündelnden Übeltäter gefasst und mit einem großen Prozess (oder wenigstens einer großen Hinrichtung) für seine Taten bestrat hätte, oder?
    Doch bevor ich etwas sagte und mich am Ende noch um Kopf und Kragen redete, hielt ich meine Worte lieber erstmal zurück und wartete auf die erste Reaktion dieses Präfekten. Um mich etwas abzulenken beschäftigte ich mich im Stillen mit den Fragen: Wie alt war dieser Eques hier eigentlich? Was war das für ein Outfit, das er da trug? Und wie hatte ich diesen Blick von ihm zu deuten?

  • Gabinius Auruncus war ein gewichtiger Mann - und das in jeder Hinsicht: Er war ein Klient des verblichenen, cornelischen Kaisers gewesen, hatte eine lange Karriere hinter sich und vor kurzem erst die lukrative Annonenpräfektur als Krönung seiner Karriere erhalten. Die lange Dienstzeit bei Militär und Verwaltung hatte ihn gezeichnet: Ein ausladendes Wohlstandsbäuchlein spannte sich unter der ungefärbten Bürgertoga und der seidenen Tunica mit den Angusti Clavi des Ritterstands. Aus dem rechteckigen Halsausschnitt ragte direkt ein runder Kopf, der von einem silbernen Haarkranz umgeben war, während das Gesicht wohl eher zu einem sabinischen Metzger als einem der höchsten Beamten des Reiches gepasst hätte.
    Er lächelte jovial, als Fausta eintrat und sich voller Tatendrang vorstellte.
    "Ave, Procuratrix. Ich habe dich schon erwartet!" grüßte er dann zurück und seufzte. "Ich bin froh, dass ich nun endlich wieder Unterstützung in meinem Amt habe - es gibt viel zu tun!" Er setzte eine Miene auf, als würde er beinahe unter der Last seiner Aufgaben zusammenbrechen.


    Dann lächelte er aber plötzlich wieder und deutete mit seiner massigen, ringbewehrten Hand auf einen Hocker, der vor seinem ebenso massigen Schreibtisch stand. "Aber setz dich, Sergia. Bevor wir darüber reden, welche Aufgaben du übernehmen kannst, sollten wir uns zuerst ein bisschen kennen lernen. Also sprich: Wem verdankst du den Angustus Clavus und diese Stelle? Was hast du bisher gemacht?" Ob er schlicht nicht in ihrer Akte gelesen hatte oder nur wissen wollte, wie sie sich präsentierte, ließ der Präfekt nicht durchblicken...

  • 40? 50? 55? Oder vielleicht sogar 60 Jahre? Irgendwo in diesem Bereich war der Gabinius vermutlich einzuordnen. Mit anderen Worten: Er war definitiv nicht mehr jung (alle unter 30 waren in meinen Augen eher jung), sondern ganz bestimmt schon ganz schön alt (und die Kategorie "alt" startete meiner Ansicht nach bei 40 Jahren). Nur das Greisenalter, wo auch immer das dann begann, das hatte er sicherlich noch nicht erreicht. Denn einen Greis kennzeichnete meiner Meinung nach vor allem der Umstand, dass jemand langsam klapprig wurde.. und dafür war der Präfekt hier definitiv noch zu.. kernig. Frage zwei: Sein Outfit. Aus eldem Stoff, gut verarbeitet und damit ganz sicher keine billige Massenproduktion. Für meinen Geschmack sah er in seinen Kleidern aber trotzdem etwas langweilig aus. Manche mochten es besonders stilvoll finden, ich fand es eher schlicht. Manche mochten sein Outfit zeitlos nennen, in meinen Augen war es einfach.. nicht unmodisch.. aber eben auch nicht modisch. Eher konservativ, das beschrieb es wohl am besten (und das passte ja auch zu seinem geschätzen Alter).
    Damit war ich also bei seinem Blick angelangt und diesem jovialen Lächeln. Mein erste Vermutung war da natürlich: Der Gabinius sah aus wie ein alter, konservativ eingestellter Mann. Er belächelte also, dass ausgerechnet eine Frau ihm als Procuratrix zur Hand gehen sollte. Oder bestenfalls amüsierte er sich auch nur über mich, weil er mir nichts zutraute. - Aber schon seine ersten Worten machten klar: Der erste Eindruck sollte scheinbar täuschen. Er sagte, er würde sich freuen und sprach davon, dass er sich Unterstützung von mir versprach (womit er mir also implizit erklärte, dass er mir überhaupt zutraute ihn auch als Frau angemessen in seinem Amt unterstützen zu können). Ich lächelte leicht.. nicht nur, weil mir seine Einstellung zu mir gefiel, sondern auch, weil er so fast schon theatralisch vorspielte, wie dringend er hier Hilfe brauchte. "Typisch Männer!", dachte ich mir dabei. Denn wenn sie eins konnten, dann auf jeden Fall jammern! "Das freut mich, Praefectus. Denn ich will dich gerne in deinem Amt unterstützen!" Nicht so gerne, wie ich jetzt an der Kanzlei eine eigene Abteilung leiten würde. Aber trotzdem noch gerne.


    Mit einem Nicken nahm ich das Angebot mich zu setzen an und setzte mich auf den Hocker vor dem Schreibtisch. (Sehr bequem saß ich da nicht. Aber das war vermutlich Absicht. Denn solche Psychotricks kannte ich selbst: Willst du die Verhandlungsposition eines Geschäftspartners schwächen, unterdrücke ihn subtil und unauffällig.. wann immer und wo immer es dir möglich ist.)
    Der Präfekt kam auf mich und meine bisherige Laufbahn zu sprechen: "Gerne, Gabinius, möchte ich dir ein bisschen von mir erzählen." Denn ich erzählte auch wirklich nicht ungern über mich. "Ich wurde als Tochter einer Helvetia in Alexandria geboren, wo ich auch aufgewachsen bin. Über meinen Vater Sergius Curio, der vor seinem Tod zuletzt als Magister Officiorum in der ägyptischen Provinz tätig war, stamme ich aus dem Haus der Sergii Furores und bin auch mit dem ehemaligen Praefectus Aegypti Annaeus Varus sowie dem Prätorier und Vescularius-Bezwinger Annaeus Modestus verwandt. Die beiden sind meine Onkel." Ich lächelte kurz zufrieden. "Mein Großvater Sergius Stephanus war seiner Zeit ein angesehener Ritter" zu schließen daraus, dass er der Klient eines edlen Flavius war "vermachte seinen Ritterring jedoch einem Bruder meines Vaters, sodass ich mir meinen eigenen Ritterring nach dem Tod meines Vaters selbst verdienen musste.. und selbst verdient habe." Offensichtlich.
    "Nachdem ich den Bürgerkrieg unter dem Schutz meines Onkels Annaeus Varus in Alexandria überstanden hatte, kam ich dazu nach Rom. Dort trat ich in die Dienste des Cursus Publicus und leitete erst die hiesige Mansio hier; später dann als Postpräfektin den ganzen Cursus Publicus Italia. Ich heiratete den derzeitigen Quaestor Iulius Dives von den Iulii Caepiones, gebahr ihm einen gesunden Stammhalter, wurde die Klientin des amtierenden Stadtpräfekten Decimus Livianus und der wiederum sorgte zuletzt dafür, dass ich nicht nur einen eigenen Ritterring, sondern nun eben auch mein erstes Ritteramt als Procuratrix Annonae erhalten habe.", fasste ich meine bisherigen Lebensstationen zusammen. "Ich bin pflichtbewusst und ordnungsliebend, bin selbstbewusst und ambitioniert, habe meine eigene Meinung und ecke mit dieser auch hin und wieder mal an. Dafür leiste ich gute Arbeit, für die ich beim Cursus Publicus auch ausgezeichnet wurde, und versuche mir auf diesem Weg den Respekt zu verdienen, den ich gerade beruflich Untergebenen mir gegenüber abverlange.", war ich in diesem Punkt sehr offen mit dem Gabinius. Denn wer sich über mich informiert hatte, der stieß mit Sicherheit auch auf meine Klage gegen den Senator Germanicus Sedulus. Bei guten Kontakten zu den amtierenden Ädilen könnte man gar nochmehr herausfinden. Und bevor das hier zu einem unangenehmen Thema wurde, für das ich mich rechtfertigen müsste, handelte ich es lieber selbst indirekt ab.... und rechtfertigte mich hier schon vorab.. ohne mich dabei wirklich zu rechtfertigen.

  • Hochmotiviert war das Mädchen ja, wie der Präfekt bei der ausladenden Erzählung feststellte. Am Ende filterte er aber nur die Informationen heraus, die er beruflich brauchen würde und vergaß alles andere sofort wieder: Frau, aus Aegyptus, Nichte von Annaeus Varus und Annaeus Modestus, Ehefrau von Iulius Dives, ehemalige Postpräfektin. Immerhin.


    "Das klingt ja hochinteressant." bemerkte er wohlwollend und nickte. "Wir werden zweifellos einige Aufgaben für dich haben, die es zu erledigen gilt." Er machte eine Pause und griff nach einer Tabula. "Zuerst einmal müsstest du mich bei der Zuweisung der Getreidespenden unterstützen. Wir haben jeden Tag geöffnet und ich kann nicht ständig dabei sein. Du hättest dort die Aufgabe, zu entscheiden, ob jemand nach der Lex Flavia empfangsberechtigt ist." Er leckte sich über die Lippen. "Wenn du allerdings aus Aegyptus kommst, böte es sich an, dich dorthin zu schicken - wir brauchen einige neue Vertragspartner und es wäre mir recht, wenn die Lage vor Ort wieder einmal kontrolliert wird. Was meinst du? Wäre das eine reizvolle Aufgabe für dich?" Wieder lächelte er - allerdings nur sehr kurz. "Oder bevorzugst du Arbeit, die du von zu Hause aus erledigen kannst?" Im Grunde war die Cura Annonae ja auch nur ein Verwaltungsorgan - es gab also auch genügend administrative Aufgaben...

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