Arbeitszimmer

  • Wenig später kam ich mit dem gewünschten Wein, klopfte kurz, betrat den Raum, stellte alles entsprechend ab, schenkte ein und reichte den Senatoren die Getränke, dabei einmal kurz jeweils scheu lächelnd.

  • "Oh ja. Senator Hungaricus ist gekommen, um deine Lernerfolge zu überprüfen. Enttäuscht mich nicht."


    Ich begab mich in eine Ecke des Raumes, setzte mich auf einen Hocker und betrachtete die Situation.


    "Von mir aus kannst du beginnen, Hungaricus. Eine Peitsche hast du, der Wein wird jeden augenblick geliefert, und falls du noch weitere Wünsche hast wird Mia sie dir gern erfüllen. Ich sitze ruhig hier und schaue zu, wenn du nichts dagegen hast."

    QUAESTOR CONSULUM
    DIRECTIVUS SCHOLAE ATHENIENSIS PHOEBI APOLLONIS DIVINIS

  • Stumm hörte sich Sica die Anweisungen seines Herrn an und nickte bestätigend. Als dieser sich zur Seite setzte, ließ er seinen Blick zu seinem Prüfer wandern und musterte diesen unauffällig eingehend. So hatte er sich den Verfasser der gelesenen Schriftrollen sicher nicht vorgestellt. Er ließ sich jedoch nichts anmerken und wartete ab.

  • Hungi musterte erst den Sklaven abschätzig, dann atmete er kurz durch.


    Na gut, fangen wir mit Wissensfragen an.
    Was ist eine Rechtsnorm?
    Was ist ein qualifiziertes Erfolgsdelikt, was ein erfolgsqualiziertes Delikt?
    Können auch bei Fahrlässigkeitsdelikten Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen?


    Hungi lehnte sich an den Schreibtisch und nahm einen Schluck Wein... Oha, nicht schlecht, der Tropfen.

  • Sica dachte kurz nach. Sein Prüfer schien nicht zimperlich zu sein und nahm seine Aufgabe offenbar ernst. Doch er bildete sich ein, halbwegs gut vorbereitet zu sein.


    Eine Rechtsnorm besteht aus einem Tatbestand und einer Rechtsfolge. Sobald der Tatbestand, welcher aus verschiedenen Tatbestandselementen bestehen kann, erfüllt ist, tritt die Rechtsfolge ein. Diese kann eine Bestrafung durch den Staat darstellen, die Verweigerung eines angestrebten Rechtserfolges, den Entzug oder Erwerb von Befugnissen, sowie die Verpflichtung zur Widerherstellung und Wiedergutmachung.


    Ein erfolgsqualifiziertes Delikt zeichnet sich dadurch aus, dass neben einer erfolgten Tathandlung auch ein entsprechender Erfolg eingetreten ist. Dies kann auch durch Unterlassung von etwas erfüllt sein. Sobald je nach Schwere eine bestimmte Qualifikation erfüllt wird, ist es ein erfolgsqualifiziertes Delikt. Beim qualifiziertes Erfolgsdelikt wird hingegen, möglicherweise auch nur fahrlässig, ein bestimmter Erfolg durch eine Tathandlung herbeigeführt.


    Bei diesen Definitionen und der Abgrenzung der beiden Begriffe war Sica sich nicht ganz sicher, ließ sich das jedoch nicht anmerken und sah dem Senator selbstbewusst in die Augen. Vielleicht übersah der Prüfer ja die etwas schwammige Formulierung. Er schien ohnehin mehr Interesse an der dürren Sklavin zu haben als an den Rechtswissenschaften.


    In der Regel liegt bei Rechtfertigungsgründen wie Notwehr und Nothilfe beim Täter ein Bewusstsein über einen stattfindenden Angriff auf ein Rechtsgut vor. Somit hat er allein aus dieser Tatsache heraus einen Vorsatz, nämlich den, diesen stattfindenden Angriff abzuwehren. Es ist also nicht möglich, fahrlässig Notwehr zu begehen.
    Allerdings besteht eventuell die Möglichkeit, dass im Rahmen der Notwehr sorgfaltswidrig gehandelt wird und unnötiger Schaden entsteht, größer als der, welcher zum Abwenden der Gefahr erforderlich gewesen wäre. Allerdings ist hier die Frage, ob das Delikt als solches noch in den Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte fiele.
    Spielt Ihr auf eine solche Situation an, Herr?


    Abwartend sah er den Senator Vinicius Hungaricus an.

  • Hungi schaute die Sklavin an, während der Sklave... wie war noch sein Name? Ach egal... da seine Sätze aufsagte. Ihm gefiel was er sah, es reichte ihm, wenn er den Sklaven zuhören mußte, zum Anschauen war er nämlich nicht. Ui, und zum Zuhören auch nicht. Innerlich drehte sich sein Magen um. Hungi schloß die Augen und atmete kurz durch, bevor er sich mit einer Hand die Stirn rieb und dann wieder zu der Sklavin sah.


    Wie ist dein Name, Sklavin?

  • Erstaunt sah ich ihn an und antwortete ein wenig schüchtern.
    "Mia, Herr."


    Ich sah aus dem Augenwinkel zu Sica, von dem ich mir schon einen giftigen Blick erwartete.

  • Mia... gut.


    Hungi nahm wieder einen Schluck Wein, dann reichte er ihr die Gerte.


    Er kriegt 8 Schläge für die falsche Antwort beim Erfolgsdelikt und 4 dafür, daß er bei der letzten Frage herumgeschwafelt hat ohne was gescheites zu sagen.


    Er lehnte sich wieder zurück und trank erneut.


    Schön feste.


    Den Sklaven selbst würdigte er keines Blickes.

  • Abweisend musterte Sica seinen Prüfer. Wenn es kein Senator und Gast seines Herrn wäre... Sica sah zu der winzigen Mia hinüber. Sein Blick hätte drohender nicht sein können.

  • Ich sah ihn entsetzt an. Ich sollte Sica... Das konnte er nicht wirklich wollen. "Herr..." kam es nur tonlos über meine Lippen während ich blass wurde. Die Gerte nahm ich mehr mechanisch und starrte sie eine Weile an, ehe ich mich wie an Fäden gezogen Sica zuwandte.
    Ich wusste, was kommen würde, wenn ich es nicht tun würde. Aber was, wenn doch, wusste ich auch. Nur zu gut. Also was sollte ich tun? Was konnte ich tun? Nichts! Nur gehorchen und hoffen, dass ich es überleben würde.
    Ich stand nun vor ihm, wagte nicht ihn anzusehen und auch nicht die Gerte. ich schloss die Augen, während ich ungezielt zuschlug. Nach dem 12. Schlag liess ich die Gerte fallen, als hätte ich mich daran verbrannt.

  • Sica hielt still und sah mit leicht zusammengekniffnenen Augen von oben auf Mia herab. Bei einigen Schlägen zuckte er zusammen. Durch ihr ungezieltes Vorgehen traf sie teils unempfindliche Regionen wie etwa seine Unterarme, teils empfindliche Weichteile wie seinen Bauch. Bei letzterem musste er stark die Zähne zusammenbeißen, um nicht aufzustöhnen. Doch diese Genugtuung wollte er ihr und auch den anderen sicher nicht gönnen. Glücklicherweise hatte sie nicht so viel Kraft wie sein Herr, der ihn sonst stets selber zu schlagen pflegte. Unter den Augen der beiden Senatoren gefesselt war Sica keine Möglichkeit zur schnellen Rache vergönnt. Stumm und hasserfüllt starrte er Mia an als sie fertig war. Sie würde später büßen müssen.

  • Unverwandt schaute er dabei zu, als Mia den Sklaven schlug. Innerlich zählte er mit, doch Mitgefühl hatte er keines, bei einem solchen Fehler war der Sklave selbst schuld.


    Gut meinte er nur trocken.


    Also nochmal, Sklave. Beantworte die Fragen II und III und diesmal richtig, kurz und prägnant.

  • Unterschwelliger Hass schlug nun auch dem Prüfer entgegen. Sica sah ihm direkt in die Augen und zögerte seine Antwort hinaus. Nach einer kleinen Stille begann er wieder zu sprechen. Seine Stimme war nun auffallend ruhig und monoton.


    Ein Erfolgsdelikt ist daran zu erkennen, dass zusätzlich zur Tathandlung ein spezieller Erfolg eintritt. Auch die Unterlassung einer Handlung kann zu diesem Erfolg geführt haben. Sobald durch eine besondere Schwere eine weitere Qualifikation erreicht wird, ist es ein qualifiziertes Erfolgsdelikt.


    Ein erfolgsqualifiziertes Delikt ist ein Delikt, bei dem es einen bestimmten Erfolg gibt, der durch eine beliebige Tathandlung herbeigeführt wird, möglicherweise auch nur fahrlässig.


    Bei der Antwort zur letzten Frage schlich sich noch etwas mehr Aggressivität in Sicas Gesicht, die er jedoch schnell wieder unterdrückte.


    Ja.

  • Gleichmütig horchte er sich die Antworten an.


    Na also, geht doch.


    Er hielt seinen Becher der Mia hin.


    Dann wollen wir mal weiter.


    Hungi holte wieder tiefer Luft und stellte dem Sklaven noch einige Wissensfragen, während er um ihn herumging. Der Sklave antwortete zwar brav, doch einige Antworten ließen ihn ein wenig verzweifeln. Nur der Gedanke daran, daß auch einige Bürger, die bei ihm den Cursus Iuris absolvierten, auch manchmal einen horrenden Schmarrn daherstammelten, baute ihn auf. Zwischendurch ließ er Mia ihm deswegen ein paar Schläge geben, meistens half es.


    Gut, Ende mit den Wissensfragen. Nicht hervorragend, aber akzeptabel. Deine letzte Aufgabe: du wirst mir einen Fall lösen. Und dann bist du erlöst.


    'Und ich auch.' dachte er sich.


    Hungi ließ Mia für den Sklaven Papyrus und Stilus holen, dann diktierte der dem Sklaven einen kleinen netten Fall, er handelte von einem Raubüberfall mit zwei Amphoren Wein. :D


    Löse diesen Fall. Mit Fallprüfungsschema und juristischer Argumentation. Und wehe, du bildest dir ein, die Schuld vor den Rechtfertigungsgründen zu prüfen oder andere solche Fehler zu veranstalten. Irgendwelche Fragen?

  • Sica warf seinem abseits wartenden Besitzer einen kurzen Seitenblick zu, konnte dessen Gesichtsausdruck jedoch nicht deuten. Er blickte wieder zu Senator Vinicius Hungaricus auf. Wenn es ihm eines Tages nur irgend möglich sein sollte, würde er sich für diese Demütigung durch die Schläge von der dürren Sklavin rächen. Versteckter Hass blitzte in seinen Augen.


    Nein, Herr.


    Er senkte den Blick auf den Papyrus und begann in sauberer, ordentlicher Schrift zu schreiben. Es hatte seine Vorteile, schon Sklave für alles mögliche gewesen zu sein. Systematisch ging er nach dem Schema mit der trichterförmigen Darstellung aus der Vorlesung vor. Er ließ sich Zeit für die jeweilige Bewertung und Beantwortung der verschiedenen Kriterien.

  • Schon fast gelangweilt schaute Hungi zu, wie der Sklave zu schreiben begann. Sein Blick wanderte kurz zu Mia, ihren Körper hinab und wieder hinauf, dann wandte er sich um zu Felix und tratschte ein wenig mit ihm über belanglose Dinge. Zwischendurch schaute er zu den beiden Sklaven. Mia stand wie ein armes Hascherl da, schon fast süß. Der Sklave hingegen machte auf Hungi einen verbissenen Eindruck. Er ging hin und schaute sich an, was der Sklave so zusammengeschrieben hat.


    Nein, nein, nein! Jeden Paragraphen einzeln prüfen, nicht alle zusammen auf einmal! Was soll denn das? Nochmal von vorne! Und zuerst mit dem Grunddelikt beginnen!


    Hungi nahm ihm das Papyrus weg und zerriss es. Dann wandte er sich mißmutig ab und stand vor Mia. Die Kleine ging ihm nichtmal bis zum Halsansatz. Er führte seine Hand zu ihrem Gesicht und hob ihr Kinn hoch, so daß er ihr in die Augen sehen konnte. Zwei, drei Momente verharrte er so, dann erinnerte er sich wieder, wo er war. Noch mißmutiger als zuvor trank er wieder ein paar Schlucke und wartete darauf, daß der Sklave endlich fertig werden würde...

  • Sicas knirschte mit den Zähnen als er noch einmal von Neuem beginnen musste. Er ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und schreib von vorne los. Um nicht noch ewig mit dieser Zeitverschwendung beschäftigt sein zu müssen, hielt er sich an die Anweisung und betrachtete nun jeden Paragraphen für sich genommen. Durch das vorgegebene Fallprüfungsschema war ihm ein bequemes Raster vorgegeben, nach welchem er sich richten konnte. Der Fall verlangte ihm trotzdem einiges an intensivem Nachdenken ab.


    Beim Überlegen nahm er aus den Augenwinkeln wahr, wie der Senator sich mit der dürren Sklavin beschäftigte. Nach der intensiven Lekture seiner geistigen Ergüsse war Sica schon beinahe bei der Vermutung angelangt gewesen, es könne sich bei ihm um eine außergewöhnliche Persönlichkeit handeln. Doch nun bestätigte sich doch, dass auch der Magister Iuris seinen Trieben erlegen war. Verachtungsvoll verzog Sica den Mund und wandte sich wieder seinem Fall zu.


    Es dauerte seine Zeit, doch er kam allmählich voran und notierte schließlich das letzte Wort auf dem Papyrus. Er legte den Stilus beiseite, erhob sich und sah abweisend zu den beiden Senatoren hinüber.

  • Ich zitterte noch immer leicht nachdem ich Sica schlagen musste. Ich wusste, dass es im Prinzip meinem Todesurteil gleich kam. Meistens stand ich nur mit zu Boden gesenktem Gesicht und auf der Unterlippe kauend in der Ecke. Als Hungaricus jetzt vor mir stand und mein Kinn hob, sah er einen ängstlichen und scheuen Blick sich entgegenkommen.
    Meine Unterlippe zitterte noch leicht und ich wusste nicht, was er wollte.
    Ich hatte Angst und war froh, als er mich wieder los ließ.

  • Bist du fertig? Dann gib her!


    Unwirsch nahm er den Wisch entgegen und las ihn durch. Übern Daumen gepeilt schaute es gut aus, ein paar Flüchtigkeitsfehler waren zwar drinnen, die aber nicht sonderlich ins Gewicht fielen.


    Gut.


    Er wandte sich zu Felix.


    Es fehlen nur mehr die 500 Sz an die Schola. :D

  • Etwas verwundert schaute ich Hungaricus an.


    "Gerne. Dann möchte ich aber sehen wie du einem Sklaven den entsprechenden Titel der Schola verleihst..."


    Ich nahm einen Schluck Wein zu mir, und musste nochmal den Kopf über Mias miserable Leistung beim Auspeitschen schütteln. Da bestand noch Besserungsbedarf.


    "Ich überweise die 500 Sz gerne dir, die Schola hat aber nichts damit zu tun dass du meinen Sklaven über ein paar juristische Dinge ausfragst?"

    QUAESTOR CONSULUM
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