LEGIO I im Manöver

  • Dünner Morgennebel hing über dem Marschlager, als die Cornicines beim ersten Licht des Morgens in ihre Hörner bliesen und die Centurionen ihren Weckruf "Prima Lux! Ex papilionibus venite!" erschallen ließen. Die Legionäre krochen aus ihren Zelten, reckten ihre Arme und rieben sich den Schlaf aus den Augen. Schnell aßen sie noch die Reste vom Vorabend oder ein paar getrocknete Früchte oder Nüsse aus ihrer Marschverpflegung und nahmen den Tagesbefehl ihrer Centurionen entgegen. Dann packten sie ihre Marschgepäcke zusammen, legten ihre Ausrüstung an und bauten die Zelte ab. Da man sich noch nicht auf "feindlichem" Boden befand, brauchte niemand Wache zu stehen, während die Schanzpfähle aus den Wällen gezogen und verladen wurden. Auch Gräben brauchten nicht zugeschüttet zu werden, auch hier war nicht mit einer feindlichen Nutzung des Lagerplatzes zu rechnen.
    Währenddessen brachen bereits die berittenen Kundschafter auf, die der Truppe jeden Tag voraus zogen, um eine geeignete Route zu suchen (oder hier den vorbereiteten Weg der Voraustruppe zu finden) und Besonderheiten zu melden. Inzwischen hatten auch die Trossknechte die Packtiere an einem nahen Bach getränkt, so dass nun rasch das Schanzgerät, die Zelte und sonstiges Gepäck verladen werden konnte und sich die Truppe schon bald wieder in Bewegung setzte, ihrer zweiten Manöveretappe entgegen.

  • Mitten drin in dem geschäftigen Treiben des Versorgunsgtrosses stand Meridius und gab Anweisungen in alle Richtungen. Alles musste reibunsglos und vor allem ohne Verzögerung, ohne Verschwendung von Mensch und Material ablaufen. Bei jedem Aubruch, bei jeder Ankunft die selbe Prozedur, und auf dem Marsch keine stressfreie Minute, galt es doch, alles im Blick zu behalten, und jederzeit angemessen zu reagieren, sollten unvorhergesehene Ereignisse eintreten. Machte dann auch noch das gelände wieder erwarten Schwierigkeiten, sei es in Form eines Engpasses, einer beschädigten Brücke, oder einer doch tieferen Furt, musste schnell improvisiert werden. Der Marsch der Legion durfte nicht ins Wanken kommen, die vorgesehenen Kilometer standen und die vorgesehenen Lager mussten erreicht und vor Anbruch der Nacht fertiggestellt sein...

  • Die heutige dritte Etappe des Manövers hatte die Legionäre in die ersten ernsthaften Ausläufer des Appenin geführt und ihnen an den Steigungen schon einiges abverlangt. Dementsprechend war die Marschstrecke am heutigen Tag kürzer als zuvor, trotzdem erreichten die Soldaten erst wie üblich am Nachmittag den geplanten Lagerplatz. Auch das Ausheben der Gräben und Aufschütten der Wälle auf dem nun etwas steinigeren Boden und in leicht abfallendem Gelände bereitete ihnen mehr Mühe als üblich. Gleichwohl lies das keiner der Offiziere als Entschuldigung für mangelnde Qualität oder eine deutlich längere Arbeitszeit gelten. Von einem Legionär erwartet man eben, dass er sich in jedem Gelände zurecht findet.
    Erst nachdem die Umwehrung angelegt war, wurden im Inneren die Zelte aufgestellt und die Soldaten konnten daran gehen, Korn zu mahlen, Lagerfeuer zu entzünden, Getreidebrei zu kochen und sich um ihre Ausrüstung oder ihre Füße zu kümmern.

  • Mit jeder Meile, die die erste Legion weiter in den Appenin hinein zog, wurde mehr von den Legionären verlangt. Die vergleichsweise kühlen Temperaturen machten das Marschieren zwar noch angenehm, aber der zunehmend felsige Boden liess die Belastung für Füße und Beine merklich steigen und die ersten Schweißtropfen rinnen.
    Der Voraustrupp der fünften Kohorte hatte aber gute Arbeit geleistet und die schlimmen Passagen der Wegstrecke zum Teil deutlich entschärft. Erstaunt stellten einige der Probati fest, dass an manchen Stellen nicht nur Unebenheiten beseitigt oder Gebüsch entfernt wurde, sondern die erfahrenen Pioniere sogar Zeit gefunden hatten, Bäume zu fällen und gefährliche Stellen mit Aufschüttungen aus Stein, Erde oder Holz abzusichern. Hier war sichtbar, warum die römische Armee auch auf dem Marsch ein gefürchteter Gegner war und für ihre Geschwindigkeit und perfekte Organisation gerühmt wurde.

  • Je weiter die Truppen allerdings in die bergigen Hügel vordrangen, umso schwerer war es den Transportkollonnen sich einen Weg durch das Gelände zu bahnen. Meridius musste mehrmals Soldaten aus der Marschformation abziehen um den Wagen aus der Klemme zu helfen. Just an einer Stelle gar, es musste in Folge der großen Belastung passiert sein, rutschte ein Fuhrzeug über dem einbrechenden Boden einer Erhebung schräg nach unten und zerdrückte einen Reiter, der nicht vorsichtig genug gewesen war. Glücklicherweise befand er sich unter seinem Pferde, das den Aufprall aufgefangen und mit seinem Leben bezahlt hatte. Meridius reagierte sofort. "Callidus! Legionäre! Ihr da! Packt an!" Und mit vereinten Kräften wurde die Last soweit angehoben, dass der unglückliche Mann herausgezogen werden konnte.

  • Trotz der zunehmenden Belastung und des schwierigeren Geländes kam die Truppe auch am fünften Tag des Manövers gut voran. Tribun Macer hatte beschlossen, an diesem Tag auf sein Pferd zu verzichten und die Etappe wie die Legionäre zu Fuß zurück zu legen und auch sein Gepäck selber zu tragen. Ein solches Zeichen wird von den Legionären immer gerne gesehen und ist gut für die Moral. Zudem hilft es dem Kommandeur, die Belastung der Männer mit zu fühlen und ihre Leistungsfähigkeit besser einschätzen zu können.
    Der Tross hatte nach den gestrigen Schwierigkeiten heute mit dem Gelände erstaunlich wenig Probleme. Die Maultiere störten sich wenig an dem steinigen Boden und nur die Enge des Weges führte dazu, dass sich der Zug sehr in die Länge zog. Am Abend verging weit über eine Stunde zwischen der Ankunft der Truppenspitze und dem Eintreffen der Nachhut am Lagerplatz.

  • Mit der Überquerung eines natürlichen Gebirgspasses stand heute der vorerst höchste Punkt des Manövers bevor. Die Vegetation war schon deutlich kärglicher geworden, mit Schatten durch Bäume war kaum noch zu rechnen und in der Tat schien ausgerechnet an diesem Tag die Sonne durchgehend warm vom fast wolkenlosen Himmel. Immer wieder traten Legionäre aus der Marschreihe aus, um ihre Feldflasche an einem nahmen Gebirgsrinnsal zu füllen. Da das Gelände immer noch als "nicht feindlich" angesehen wurde, wurde dies angesichts der Umstände von den Offizieren geduldet, auch wenn sie die Soldaten immer wieder zu einer raschen Rückkehr in die Formation antrieben.


    Der Gebirgspass selber war weniger spektakulär als es einige erwartet hatten; Macer und einige der Offiziere hielten an dieser Stelle an und liessen einen Teil der Truppe an sich vorbei ziehen, um einen Blick auf die Gesichter der Männer zu werfen. Viele blickten konzentriert auf den Weg, einige lächelten. Ob aus Stolz über ihre Leistung, aus Respekt gegenüber den Offizieren oder tatsächlich vor lauter Langeweile und Entspannung war allerdings selten auszumachen. Immerhin konnte man von diesem Punkt aus schon den angepeilten Lagerplatz für den Abend erblicken, ein kleiner flacher Hang an der Ostflanke eines Berges.


    Als das Lager errichtet war meldeten die Kundschafter, dass sie das Versorgungslager der Voraustruppe in etwa am verabredeten Ort vorgefunden hätten und es am nächsten Tag mit einer bequemen Etappe zu erreichen sei.

  • Frisch zum Legionarius ernnant ging das mit dem Marschieren für victor gleich doppelt so gut. Keine Anhöhe war zu steil und kein Weg zu Hart, wenn man daran dachte, dass man kein Probatus mehr war.


    Nachdem das Nachtlager errichtet und die letzten Pfähle eingerammt waren und sich ein paar Legionäre nochmal vor den Zelten versammelt hatten, wandte sich Victor an seine Kollegen:


    "ich verspreche euch, wenn wir von diesem Manöver wieder zurück sind feiere ich meine Promotio in der Casa Octavia. Das verspreche ich euch!"

  • Erreichen des Versorgungslagers


    Die Aussicht, mit einer kurzen Etappe das ersehnte Versorgungslager zu erreichen brachte frische Kraft in die ersten müden Muskeln der weniger gut trainierten Legionäre. An die unbequemen Wege im Gebirge hatten sich inzwischen alle gewöhnt und so erreichte die Truppe in der Tat schon nach wenigen Stunden das angekündigte Lager. Der Voraustrupp unter Leitung des erfahrenen Tribuns hatte ganze Arbeit geleistet und auf einer taktisch günstig gelegenen und nahezu ebenen Wiesenfläche einen vorbildlichen Versorgungsstützpunkt errichtet. Ein Gebirgsbach lieferte Wasser, das frische Gras hätte Pferde und Packtiere tagelang ernähren können und aus frisch gefällten Bäumen hatten die Soldaten solide Befestigungen und einige Schutzgebäude für die Vorräte angelegt.
    Der Lagerplatz für die Haupttruppe war bereits markiert und vorbereitet, so dass die Legionäre nur noch die Gräben und Wälle anzulegen hatten und ihre Zelte aufstellen mussten. Die erste Woche des Manövers hatten sie gut hinter sich gebracht.


    Am späten Nachmittag machten die Centurionen ihre Runden und teilten ihren Leuten mit, dass für die zweite Woche die Schwierigkeit gesteigert werde. Noch heute bekomme jeder Legionär Verpflegung für 15 Tage zugeteilt, ab morgen werde in kampfbereiter Marschordnung mit reduziertem Tross (nur mit Packtieren, ohne Wagen) marschiert. Mit dem Abstieg aus den Höhen des Appenin in die trockenen Ebenen Richtung Garganus Mons sollte der Marsch ins fiktive Feindesland beginnen.

  • Eine Woche vorbei und Blasn für drei Jahre an den Füßen machten auch dem besten Legionär das Leben schwer. Auch wenn der Centurio noch so oft wiederholte, dass die Strecke bis hierher doch eigentlich recht leicht war konnte dem sonst eigentlich niemand zustimmen.


    Einzig die Romatiker ( von denen es in der I. Legion eigentlich recht wenige gab) kamen voll auf ihre Kosten bei dem Anblick der kahlen und doch majestätischen Berggipfel im Rücken des Lagers. Die Pferde die friedlich auf den Wiesen grasten und auch das geschäftige Treiben der Soldaten und des Trosses erzeugten das Gefühl von allumfassenden Friedens.


    Victor gehörte eindeutig nicht zu den Romantikern in diesem Augenblick und kühlte seine Füße im Gebirgsbach, als die Centurionen zum sammeln riefen. Nachdem er zum Sammelpunkt gehumpelt und die Anweisungen vernommen hatte stieß er etwas zu laut einen seufzer aus.


    "Hast du etwas zu sagen Legionär?", meldte sich auch sogleich der Centurio mit den spitzen Ohren.


    Erschrocken über die eigene Unachtsamkeit versicherte Victor seinem Vorgesetzten schnell:


    "Nein, nein o Centurio. Mir, äh, ist nur ein spitzer Stein in die Sandale gerollt. *hust*

  • Am Abend, kurz bevor die Nachtruhe begann, machte Macer noch eine kleine Runde durch's Lager. Man sah den Legionären eine Woche Manöver an. Verschwitztes Haar, Drei-Tage-Bärte, die eine oder andere Schürfwunde und Blasen an allen möglichen Stellen und in allen Größen und Formen. Vieles kannte er von seiner eigenen Zeit als einfacher Legionär. Auch ihn hatten seine ersten Caligae fürchterlich gedrückt, bis ihm so viel Hornhaut am Fuß gewachsen war, dass er fast gar nichts mehr spürte. Hohe Temperaturen hatte er auch noch nie gemocht...


    Aber er sah auch, wie die Truppe zusammen wuchs. Soldaten, die sich gegenseitig bei der Behandlung der Wunden halfen. Erfahrene Soldaten, die dem Nachwuchs wertvolle Tipps gaben, wie sie mit einem einfachen Stück Leder oder einem Wolltuch das Drücken oder Scheuern an dieser oder jener Stelle unter dem Panzer verhindern oder wenigstens mildern konnten.


    Macer erkannte unter den Soldaten einen jungen Mann, der erst vor kurzem zum Legionär befördert worden war. "Du bist Victor, nicht wahr?" sprach er ihn an und bemerkte dessen sorgenvollen Blick auf seine Füße. "Dafür, dass Du erst seit kurzem bei uns bist und wenig Training hast, sehen die doch noch ganz gut aus. Lass' Dir mal von deinen Kameraden zeigen, wie Du deine Caligae noch besser schnüren kannst, so dass Du nicht diesen störenden Knoten da oben hast, dann geht's gleich noch viel besser!" munterte er ihn auf.

  • Merdius indess erhielt die Mitteilung als erster, fluchte kurz, schritt dann mit schnellen Schritten auf Macer zu um Meldung zu machen.


    "Tribun! Ich habe gerade eben die Botschaft bekommen, dass eine der Nachschubkollonnen sich verlaufen hat. Die ausgeschickten Reiter konnten sie bisher nicht auffindig machen. Es fehlen 10 Maultiere und acht Legionäre. Wenn Du es wünschts, werde ich mich sofort selbst auf den Weg machen und schauen, wo die Männer geblieben sind..."


    Meridius machte einen ernsten Gesichtsausdruck, kam es doch relativ selten, wenn überhaupt so gut wie nie vor, dass die erfahrenen Soldaten des Nachschubs in irgendwelche Probleme kamen...

  • "Verlaufen? Was heißt denn das bitteschön? So groß ist der Appenin nun auch wieder nicht, als dass man sich da verlaufen könnte!" Macer machte eine Geste, die mehr als deutlich zeigte, was er von solcherlei Aussetzern der Soldaten hielt. "Acht Mann von der Versorgung sollen es sein? Die bleiben ohnehin hier, das Lager bleibt ja bestehen. Die Turma, die hier bleibt, soll weiter suchen, alle anderen können sich damit nun wirklich nicht belasten.
    Sollten die Männer bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht zurück sein, sollen sie die Nacht vor den Toren des Lagers verbringen! Und bis zum Ende des Manövers gibt's für sie nur noch Gerste, das ist ja wohl klar."


    Solche Fehler waren es, die sich erst im Manöver zeigten. Die Soldaten befanden sich ausserhalb der gewohnten Umgebung, eingesetzt in ungewohnten Aufgaben - erst hier konnte man sehen, ob sie den hohen Anforderungen wirklich gewachsen waren.

  • Die angeordnete Veränderung der Marschordnung am nächsten Tage brachte einige Umstellungen für die Legionäre mit sich. Da die fünfte Kohorte am Versorgungslager zurück blieb, waren die verleibenden neun Kohorten in drei Dreiergruppen geteilt worden. Die erste Gruppe bildete die Vorhut, dann folgten die hohen Offiziere, dann die zweite Gruppe, dann der reduzierte Tross und dann die dritte Gruppe als Nachhut. Offiziere und Tross wurden von jeweils einer Turma der Legionsreiterei an den Flanken geschützt, die dritte Turma ritt wie gehabt zur Erkundung voraus. Die vierte Turma blieb ebenfalls am Versorgungslager zurück. Ihre suchaktion vom Vortag hatte sie beendet, die Vermissten Soldaten hatten sich inzwischen wieder eingefunden und die Strafe gegen sie wurde am Morgen vor der angetretenen Truppe verhängt.


    Um ähnliche Zwischenfälle auf dem Marsch zu vermeiden, drängten die Offiziere darauf, dass die Soldaten dicht zusammen blieben und die Marschkolonne auch an engen Stellen nicht zu lang wurde, so dass man im Falle eines Angriffs rasch in eine günstige Schlachaufstellung wechseln könnte.


    Auch am Abend machte sich die Umstellung auf das Feindesland bemerkbar. Nicht mehr alle Soldaten konnten gleich zum Schanzwerkzeug greifen, um das Lager zu befestigen, sondern ein Teil sicherte in voller Bewaffnung den Platz und ein Teil bewachte den Tross. Erst als die restlichen Soldaten die ersten Gräben und Wälle angelegt hatten und die ersten Wachposten aufgezogen waren, wurden die übrigen Soldaten nach und nach in das entstehende Lager verlegt und konnten mit zum Werkzeug greifen. Erst spät kamen die Soldaten dazu, ihre Verpflegung zu genießen und die Rüstungen abzulegen.

  • Die Nacht hatten die Soldaten unruhiger als gewöhnlich hinter sich gebracht. Nicht, dass jemand ernsthaft damit gerechnet hätte, dass es zu diesem Zeitpunkt im Manöver einen Angriff auf das Lager geben würde, aber eine gewisse Unsicherheit blieb. Die Nachtwachen waren verstärkt worden, jeder Soldat hatte in dieser Nacht seinen Schlaf unterbrechen müssen, um auf den Wällen oder an den Toren in die Nacht hinaus zu starren. Auch am Morgen erwartete die Legionär vor dem Abmarsch mehr Arbeit als bisher, da sie die Gräben des Lagers zumindest teilweise wieder verfüllen und die Wälle wieder abtragen mussten, damit ein möglicher Feind das Lager nach ihrem Abzug nicht seinerseits besetzen konnte.


    Neben der veränderten Marschordnung machte den Legionären auch an diesem Morgen das zusätzliche Gepäck zu schaffen. Statt der fünf Tagesrationen, die sie auf dem ersten Teilstück bis zum Versorgungslager getragen hatten, trugen sie nun die dreifache Menge an Getreide und getrockneten Früchten. Ihren Durst konnten die Männer noch an dem frischen Wasser der Gebirgsbäche stillen, auch wenn sie natürlich nicht mehr zum Nachfüllen ihrer Feldflaschen die Formation verlassen durften, sondern nur noch bei offiziellen Pause, in denen immer ein Teil der Truppe kampfbereit zu bleiben hatte. Einige Soldaten ahnten schon, welche Belastungen auf sie zukommen würde, wenn sie erst mal den Appenin verlassen hätten und durch trockenen Ebenen Richtung Garganus Mons weiter ziehen mussten.

  • Meridius indess zeigte sich an diesem Morgen ausgeruht, frisch, munter, er tauchte nach dem Abmarsch mal hier, mal dort auf, immer ein aufmunterndes Wort auf den Lippen, einen Gruß für einen alten Kameraden, oder auch eine Ermahnung, wo es einer bedurfte. Nachdem er die gesamte Länge der Kolonne abgeritten hatte, begab er sich zu Macer um ihm die Meldung zu machen, dass alles bestens sei.


    "Tribun, alles ist in bester Ordnung. Jedoch dürfte die Aufklärung sicher bald auf Feindkräfte stossen. Sollten wir die Vorhut nicht verstärken? Und was auch zu bedenken ist: Sollten wir bisher den Feind noch nicht entdeckt haben und er sich dennoch ganz nah in unserer Nähe befinden... Es wäre vielleicht besser die Marschfomation zu ändern. Wir haben nicht ausreichend Reiter und sind auch nicht mobil genug, um Angriffen in die Flanke oder in den Rücken abzuwehren. Ich schlage daher eine langsamere, aber sichere Formation vor. Im Karree hätten wir alle Flanken gesichert... Mit Deiner Erlaubnis, sobald wir ins Tal hinab marschieren sollten wir die Formation ändern..."

  • Macer nickte langsam. "Für ein agmen quadratum (= Karree ;)) fehlt uns hier leider einfach der Platz und das Gelände ist zu uneben. Aber Du hast Recht - nur mit der Reiterei sind die Flanken des Trosses zu offen." Er blickte die Kolonne entlang, wie sie sich einen Hang hinab schlängelte.
    "Wir werden das morgen ändern: zwei Kohorte Vorhut, Offiziere mit einer Turma als Flankenschutz, dann eine Kohorte, dann ein drittel des Trosses mit einer Kohorte als Flankenschutz, dann wieder eine Kohorte, dann wieder Tross usw. Das gibt uns mehr Sicherheit und die Kolonne bleibt trotzdem schmal genug für das Gelände."

  • Die heutige Etappe war kürzer als die letzten gewesen, aber deshalb nicht weniger anstrengend. Es machte sich bemerkbar, dass der Truppe auf diesem Abschnitt keine Pioniereinheit voraus gezogen war; Felsspalten, Abbrüche und Verschüttungen von Lawinen des letzten Winters stellten Mensch und Tier immer wieder vor kleine Herausforderungen. Häufig kam die Marschkolonne ins Stocken, weil die Vorhut mit Pionierwerkzeug den Weg erst benutzbar machen musste. Zum Glück war das Los, dass die Zusammensetzung der Vorhut täglich bestimmte auf eine Einheit mit relativ erfahrenen Soldaten gefallen, so dass ihnen die Arbeiten trotz aller Mühen leicht von der Hand gingen.
    Tribun Macer pendelte auf seinem Pferd unablässig zwischen Vorhut und Nachut hin und her, mal um zu kontrollieren, ob die Truppe noch eng genug zusammen hielt und der Flankenschutz lückenlos war, mal um selbst den Weg in Augenschein zu nehmen.
    Auch die Kundschafter waren auf dieser Etappe auffallend aktiv, immer wieder kamen Reiter zur Truppe zurück und erstatteten Meldung, um dann gleich wieder umzukehren und zwischen Felsen und Büschen zu verschwinden.

  • Die meisten hatten es geahnt, einige hatten Angst davor gehabt - nun war es passiert: der "Feind" hatte sich blicken lassen. Immer, wenn auf dieser Etappe der spärliche Baumbewuchs dichter wurde und der Boden dafür weniger steil und hügelig, waren kleine Reitergruppen aus dieser Deckung heraus von der Seite oder von hinten auf die Marschkolonne zugeprescht. Der erste Angriff war gegen Mittag erfolgt und hatte einen Teil der überraschten Truppe benahe in Panik versetzt. In aller Eile riefen die Centurionen ihre Befehle, brachten die Kolonne zum stehen und formierten die Truppe zur Reiterabwehr um. Die Soldaten liessen ihre Marschgepäcke fallen, lösten die Trageriemen für ihre Schilde und versuchten in kleinen Gruppen, die sich kreisrund um ihre Feldzeichen und das Gepäck scharten mit zwei Reihen von Schilden einen undurchdringlichen Wall zu bilden, an dem die kurzen Wurfsperre und Pfeile der berittenen Bogenschützen abprallten. Mit nach außen gestellten Pila, die die kleinen Grüppchen wie einen Igel bewehrten verhinderten sie, dass die feindlichen Reiter einfach in die hinein ritten, um sie auseinander zu treiben.
    Die Enge des Weges und die Schnelligkeit der Angriffe verhinderte immer wieder, dass die Legionäre ihre Wurfspeere um Einsatz bringen konnten, um den Angriff zu brechen. An eine Verfolgung der Reiter war für die Infantrie ohnehin nicht zu denken. Die Legionsreiterei indes war zu schwach besetzt, um einen ernsthaften Gegenangriff starten zu können.


    So blieb den Legionären nichts anderes übrig, als ständig kampfbereit zu sein und immer wieder mit dem plötzlichen Anhalten der Kolonne zu rechnen. Dass diese Manöverangriffe allesamt ernst zu nehmen waren, hatte sich gleich beim ersten Mal gezeigt, als eine Centurie ihre Formation nicht schnell genug gebildet hatte und einige Soldaten schmerzhafte und blutige Verletzungen davon trugen, so dass am Abend die Sanitäter im stark gesicherten Nachtlager jede Menge zu tun hatten.

  • Sich einfach nur hinschmeißen und schlafen, was anderes wollte kaum ein Legionär; dabei war es sogar egal, wo man gerade stand oder saß. Aber bevor man daran denken konnte sich auszuruhen, musste man erstmal seine Schrammen und Wunden pflegen und verbinden. Auch die Ausrüstung hatte Schaden genommen und so manche unangenehme Beule im Helm musste erstmal wieder gerichtet werden.


    Victor und die Kameraden aus seine Centurie hatten noch Glück gehabt, weil sich die "Feinde" hauptsächlich an der unglücklichen Nachbarabteilung schadlos gehalten hatten. Trotzdem fühlte sich sein Schild dreimal so schwer wie am Vortag an, da die Spitzen der abgebrochenen Speere und Pfeile doch ein nettes Gewicht hatten. Obwohl auch er Müde war machte Victor sich trotzdem an die mühselige Arbeit eine nach der anderen herauszupulen, um am nächsten Tag nicht noch mehr Gewicht mit sich herum zu schleppen.


    Mars sei Dank, hatten der Tipp des Tribunen Macer geholfen und auch eine kleine Kräutersalbe eines erfahreneren Legionärs hatte wahre Wunder gewirkt, sodas seine Füße sich diesen Abend nicht in die unterwelt verabschieden wollten.


    Einzig sein Wasservorrat bereitete ihm arge Kopfschmerzen und ein Paar ausgetrocknete Lippen. In dieser kargen Einöde gab es kaum eine Quelle oder einen Fluss wo er seine Ration wiederauffüllen konnte. Das Verbot der Vorgesetzten sich an den wenigen Wasseransammlungen zu laben und die andauernde Anstrengung bei einer neuerlichen Atacke taten ihr übriges.

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