Decima Valeria

  • Hola. Hier herrschte aber eine Grabesstimmung. Entweder es lag am drückend schwülen Wetter in Rom, oder aber jemand hatte eine ernste Krise. Vielleicht hatte die Dame aber auch nur ihre Tage, oder es lag am jungen Herrn. Decimus Maximian ließ sich in der Casa kaum mehr blicken. Und Sklaven bekamen jedes Geheimnis heraus.


    "Der Senator würde Dich gerne im atrium sprechen.
    So in etwa einer halben Stunde, wenn es machbar ist."


    Ich wartete noch, damit ich die Antwort gleich mitnehmen konnte.

  • :D


    Nur gut, dass Valeria nicht wusste, was Menas da so dachte. Sie hätte sonst natürlich aufs schärfste protestiert, denn ihre Stimmung hatte nichts, rein gar nichts mit Maximians Verhalten zu tun. Sollte er sich doch herumtreiben, das machte IHR doch nichts aus! Sie war eben jemand, der arbeitete und keine Zeit hatte, sinnlos herumzulümmeln! Maximian würde niemals Verantwortung übernehmen, solange Meridius ihm alles in den Allerwertesten schob. Und überhaupt, wann hatte Maximian schon was geleistet, wann gearbeitet oder.....


    Valeria seufzte erneut und zuckte mit den Schultern.
    "Ja. Ist gut. Halbe Stunde. Ich bin dann da", entgegnete sie und winkte Menas schon fort, als ihr noch eine Frage einfiel. "Wart mal...hat er gesagt, worum es geht?"

  • "Nein, Herrin. Er hat nichts gesagt."


    antwortete ich wahrheitsgemäß.


    "Ich vermute jedoch, dass es mit den Abreisvorbereitungen zu tun hat."


    Um Vermutungen anzustellen, war ich jedoch nicht in die Dienste des Senators genommen worden und so nickte ich noch kurz, und verließ das Zimmer dann ebenso leise, wie ich es vorhin betreten hatte.

  • Abreisevorbereitungen. Im Grunde wusste Valeria nicht, was genau das bedeuten sollte. Sie sah die Sklavin fragend an. "Weißt du, was er damit meint? Ah, ist auch egal, ich werd einfach abwarten, bald weiß ich ja, was hier vor sich geht." Sie selbst würde jedenfalls nicht fortgehen von hier, das hatte sie nach der Ankunft aus Germanien ganz fest beschlossen.


    Da Valeria trödelte, brauchte sie etwas länger als eine halbe Stunde, bis sie ihr Zimmer verließ um Meridius zu treffen. Aber sagte man Frauen nicht ohnehin nach, stets unpünktlich zu sein?

  • Als Valeria Das Zimmer betrat, fühlte sie sich, als würde sie in fremdes Gebiet eindringen. Das hier gehörte ihr nicht mehr. Zwei Sklaven zogen hastig die Staubfänger von den Möbelstücken. Ihre Ankunft war unangekündigt gewesen. Sie hatte lange keinen Brief mehr geschrieben. An wen hätte sie auch schreiben sollen?


    Fast ein wenig apathisch ließ sie sich auf dem Bett nieder und sah aus dem Fenster. Irgendwer fragte sie etwas, fragte zweimal, dreimal und gab es dann auf. Leise schloss sich die Tür hinter den Sklaven. Sie hatten die Laken mitgenommen. Valeria war tief in sich versunken. Das war sie oft in letzter Zeit. Dann nahm sie nichts mehr um sich herum wahr.

  • Direkt vom Eingang kommend trat Livianus an das Zimmer, das auch schon früher Valeria gehört hatte und seit ihrem Fortgang nicht mehr in Verwendung war. Gleich würde sich zeigen, ob es sich nur um einen bösen Traum oder eine trügerische Täuschung der Götter handelte, oder ob sie tatsächlich Heim gekehrt war. Die schweren Stoffbahnen seiner Senatorentoga lasteten stärker als sonst auf seinen Schultern, als seine Hand zögerlich nach dem Riegel griff und ihn langsam beiseite schob. Wie in Trance setzte er langsam einen Fuß vor den Anderen und betrat das Zimmer. Es war still. Sehr still und er konnte deutlich sein Herz schlagen hören, als er sich umsah. Wie auch schon unten im Atrium war kein Reisegepäck zu sehen und alles schien auf den ersten Blick wie immer zu sein - verlassen und Ruhig. Erst jetzt merkte der Decimer, dass die Staubfänger nicht mehr auf den Möbelstücken hingen und…….. das eine zierliche Gestallt im Bett lag.


    Schritt für Schritt ging Livianus auf das Bett zu, während ihm sein Herz vor Aufregung mittlerweile bis zum Hals schlug. Solch starke Empfindungen und eine solche Verwirrung hatte er schon lange nicht mehr empfunden. Selbst seine Gefangenschaft in Parthia hatte ihn nicht derart aus der Fassung gebracht, als dieser Moment der Ungewissheit und der…… Er wusste es nicht. War es Angst die er empfand? Doch wovor? Vor einem Wiedersehen mit Valeria? Als er nahe genug herangetreten war um das Gesicht auszunehmen erkannte er sie schließlich. Es war tatsächlich Valeria, die seelenruhig und friedlich schlafend vor ihm lag. Ihre Gesichtszüge hatten sich kaum geändert und auch wenn sie etwas älter geworden war, hatte sie sich kaum verändert. Sie war schön wie bei ihrer letzten Begegnung. So wie er sie all die Zeit in Erinnerung behalten hatte. Noch einmal atmete er schwer, ehe er sich weiter an sie heranwagte und schließlich am Rand ihres Bettes Platz nahm. Automatisch bewegte sich seine Hand zaghaft in ihre Richtung. Fast als wollte er durch eine Berührung feststellen, ob sie tatsächlich Realität war. Doch kurz vor ihrem Ziel hielt sie an. Was, wenn es doch nicht Real war? Was wenn er nun gleich feststellen musste, dass es sich nur um ein Trugbild handelte. Vielleicht schlief er ja oder hatte Halluzinationen wie auch schon während seiner Gefangenschaft. Sollte er diesen Moment nicht so lange wie möglich auskosten? Nein! Er musste es wissen. Er musste die Wahrheit wissen. Sanft legte er seine Hand auf ihre Schulter und sprach sie leise an.


    "Valeria?"

  • Irgendwann war sie eingeschlafen. Man hatte sie in Ruhe gelassen. Zumindest bis jetzt. Sie lag mit angezogenen Knien auf der Seite und schlief. Die Decke war unbenutzt, und Valerias Haut recht kühl. Sie schlief, bis jemand sie berührte. Augenblicklich war sie wach und schreckte zurück. Dann realisierte sie, wer dort saß. Mit großen Augen sah sie Livianus an. Seit sie sich in Confluentes getrennt hatten, hatte sie ihn nicht mehr gesehen, abgesehen von der Hochzeit damals in Mantua. Träge floss die Zeit dahin. Dann raffte sich Valeria auf und rutschte zurück, bis sie mit dem Rücken am Kopfteil des Bettes saß. Behutsam zupfte sie die fleckige Tunika zurecht, die sie trug. Bis ins Bad hatte sie es noch nicht geschafft, was man ihr deutlich ansah.


    "Marcus. Es tut gut, dich zu sehen", sagte sie höflich, wie man es von einer gut erzogenen Römerin erwarten würde. Von all den Dingen, die ihm widerfahren waren, wusste sie nichts. Sie hatte in den letzten Jahren fernab allen Ärgers gelebt, aber auch fernab jeglicher Bindung und Zuneigung. Deswegen fühlte sie sich stark genug, hierher zurückzukommen, auch wenn sie eingestehen musste, dass diese erste Prüfung eine schwere war. Erinnerungen ließen sich nicht so leicht tilgen, auch wenn man versuchte, nur an die schlechten zu denken, um passierte Dinge weniger nah an sich heran zu lassen. "Wie geht es dir?"

  • Vermutlich sah er Valeria mit ebenso großen Augen an wie sie ihn. Erst jetzt, wo sie sich aufsetzte und er sie besser sehen konnte nahm er war, dass sie sehr mitgenommen wirkte. Anscheinend war es ihr in letzter Zeit nicht all zu gut ergangen. Ihre Tunika hatte deutlich sichtbare Flecken und ihr Haar wirkte ungepflegt und ungewöhnlich lang. Doch Livianus ließ sich dadurch nicht irritieren und zog seine Hand wieder zurück auf seinen Schoß.


    Ihre erste Reaktion war verwirrend für den Decimer. Sie wirkte einerseits gefasst und ruhig, ganz als wäre seit dem letzten Treffen erst eine Woche vergangen und es das normalste der Welt, dass sie sich nun gegenübersaßen, was andererseits vollkommen unlogisch erschien und nicht zur momentanen Situation passte. Als sie schließlich zu sprechen begann konnte Livianus seine Verwunderung nicht mehr verbergen. Eine formelle Begrüßung, ein „Es tut gut dich zu sehen“ und ein „Wie geht es dir“? Er hatte sich natürlich kein überschwängliches um den Hals fallen erwartet, aber auch nicht derart ruhige und kontrolliert wirkende Worte, die auf den ersten Eindruck wirkten, als wäre Valeria nicht ganz bei Sinnen. Seine Nervosität ließ dadurch wieder etwas nach, doch musste er schlucken ehe er ihr antworten konnte, da sein Hals in der Zwischenzeit durch das aufgeregte Ein- und Ausatmen trocken geworden war. Zaghaft und in einer sanften, leisen Stimmlage begann er zu sprechen.


    "Es tut auch gut dich gesund und wohlbehalten zu sehen Valeria und wie du siehst geht es mir gut. Die Frage ist wohl eher: Wie geht es dir? ......und vorallem.... Wo warst du so lange Zeit?"

  • Als er sie so ansah, senkte sie ihren Blick. Früher hätte sie ihn ungehindert weiter angesehen. Nun nicht mehr. Erst, als er das Wort ergriff, blickte sie wieder auf und musterte ihn. Einige Falten waren ihr neu; sicherlich hatte der Krieg sie entstehen lassen. Zumindest davon wusste sie. Das war auch an den entlegendsten Provinzen und entferntesten Ecken des Reiches nicht vorbeigezogen. Mehr jedoch wusste sie nicht.


    Gesund und wohlbehalten... Valeria zog einen Mundwinkel leicht hinauf, sagte dazu jedoch nichts. Ihre eigene Stimme kam ihr fremd vor. "Ich war..." sagte sie und ihr Blick glitt in die Ferne. Dann blinzelte sie. "Unterwegs." Und als wäre es das natürlichste auf der Welt, sprach sie gleich weiter. "Ich bin leider nicht auf dem neuesten Stand. Ich weiß nicht, wer... Wer hier noch lebt. Was mit den anderen passiert ist. Sind Meridius und Severa zu Hause? Wo ist meine... Meine Schwester?" Dass sie ein wenig durcheinander war, wurde spätestens jetzt deutlich. Doch Angriff war die beste Verteidigung, und wo sie gewesen war und welche Dinge sie erlebt hatte, davon wollte sie nicht reden. Nicht jetzt. Fröstelnd legte sie die dünnen Arme um ihren Leib.

  • Auch Livianus wurde jetzt klar, dass Valeria nicht ganz bei sich sein konnte und er hoffte inständig, dass es nur eine vorübergehende Angelegenheit war und nicht von Dauerhaftigkeit. Mit einem etwas mitleidigen Blick sah er sie an und presste die Lippen zusammen. Sie war also unterwegs. Diese Information verriet nicht besonders viel über die Erlebnisse und Aufenthaltsorte in der langen Zeit ihrer Abwesenheit. Und dann die Frage nach den anderen. Sollte er sie im Moment etwas schonen und alles schönreden oder sollte er ihr die Wahrheit sagen. Er war kein Arzt und wusste nicht was richtig war, doch wäre er in der gleichen Situation, würde er die Wahrheit hören wollen. Ganz egal wie sehr sie ihm treffen würde. Er hoffte auch bei Valeria war es der richtige Weg und versuchte dabei so einfühlsam wie möglich zu sein.


    "Meridius und Severa haben sich vor längerer Zeit auf ihr Landgut zurück gezogen. Er hat dem Militär und der Politik den Rücken gekehrt und kümmert sich nun ganz um seine Familie.


    Und deine Schwester…….. deine Schwester ist nicht mehr unter uns. Aber das weißt du doch Valeria. Geht es dir wirklich gut? Soll ich einen Arzt kommen lassen? Bitte sag mir die Wahrheit."

  • "Oh", machte Valeria leise und sah nachdenklich zum Fenster hin. Konnte es tatsächlich sein, dass sie vergessen hatte, dass Caia gegangen war? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Dort wurden die Erinnerungen nebulös. Sie war doch in Alexandrien gewesen. Vorher, ehe sie sich bereit gemacht hatte für die Reise. Und Caia...hatta noch gelebt, ehe sie gegangen war, dessen war sie sich ganz sicher! Fast schon wollte sie fragen, ob Livianus sich da auch ganz sicher war, aber warum hatte er sie anlügen sollen? Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die sie schnell fortwischte.


    "Ich bin selbst Iatros", sagte sie automatisch und ein wenig pampig. Dann zog sie eine Grimasse. "Entschuldige. Ich... Nein, mir geht es gut." Dann sah sie ihn erschrocken an. Warum hatte er von einem Arzt geredet? "Ist Mattiacus...?" fragte sie atemlos und starrte Livianus an. Mit ihm hatte sie sich immer gut verstanden. Es wäre so traurig, wenn er auch nicht mehr lebte!

  • "Mattiacus geht es gut. Er ist nachwievor kaiserlicher Advocatus und vermutlich noch am Kaiserhof. Du wirst ihn bestimmt heute Abend sehen."


    Livianus tat sich schwer über den schlechten Zustand Valerias hinwegzusehen. Er streckte daher noch einmal seine Hand aus und legte sie sachte auf ihr Bein.


    "Ich werde nun die Sklaven kommen lassen. Sie sollen sich um dich kümmern. Ich bin mir sicher, dass sich frische Kleidung auftreiben lässt. Meine Nichte Seiana sollte deine Größe haben. Die Sklaven werden sich um alles kümmern. Danach lasse ich nach einen Medicus rufen, nur um ganz sicher zu gehen."


    Er zog die Hand wieder zurück und erhob sich langsam von der Bettkante, Valeria keinen Moment aus den Augen lassend. Es schmerzte sie in einem solchen Zustand zu sehen. Es schmerzte sehr. Doch das wichtigste war, dass es ihr gut ging und sie wieder sicher in Rom war.

  • Also lebte er noch. Valeria fiel ein Stein vom Herzen und sie atmete erleichtert auf. Heute Abend? Sie sah Livianus prüfend an, fragte jedoch nicht. Sie kannte ihre Familie. Vermutlich würden sie alle beisammen sitzen und ihre Rückkehr feiern wollen. Nur war ihr gar nicht nach feiern zumute. Da legte Livianus ihr die Hand aufs Bein. Sie unterdrückte den Impuls, zurückzuzucken, legte ihre eigene Hand auf seine und ließ sie kurz dort. Dann nahm sie sie wieder fort. Das war ihr einziges Zugeständnis an damals.


    "Ich habe sie fortgeschickt, vorhin", sagte Valeria dann. "Lassen wir es dabei. Aber sie können das Bad herrichten. Ich möchte baden. Und etwas Frisches zum Anziehen wäre wirklich sehr nett. Ich fürchte, in meine Tuniken werde ich nicht mehr hineinpassen", sagte sie. In den zwei Kleidertruhen hier lagen bestimmt noch Dinge von ihr, wenn sie niemand fort genommen hatte. Aber während der letzten Jahre war sie so dürr geworden, dass sie beinahe ausgemergelt wirkte. Selbst die Tunika, die sie trug, schlabberte nur an ihrem Körper. Das war auch etwas, das sie ändern musste, wenn sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen wollte. Livianus stand auf und Valeria sah ihn an. "Mir geht es gut, Marcus. Ich brauche keinen Iatros. Aber wie ich dich kenne, wirst du nicht locker lassen. Deswegen würde ich Mattiacus vorziehen", sagte sie und klang ganz vernünftig dabei.

  • Als Valeria sich aus ihrem Bett erhob, stand auch Livianus rasch wieder auf und nickte verständnisvoll.


    "Natürlich. Ich werde dir sofort das Bad herrichten lassen und nach Mattiacus schicken. Es soll dir an nichts fehlen Valeria."


    Dann trat er wieder vom Bett zurück und entfernte sich in Richtung Türe.


    "Nun werde ich dir wieder Ruhe gönnen. Wir können uns noch später in aller Ruhe unterhalten. Es gibt bestimmt viel, dass du zu erzählen hast und auch hier in Rom ist einiges seit deiner Abreise passiert.


    Die Sklaven werden gleich hier sein um dir neue Kleider zu bringen. Bis nachher Valeria."


    Noch ein letztes Mal musterte sein Blick die junge Frau. Ihr Zustand war wirklich bedenklich, doch er hatte sich fest vorgenommen die Vergangenheit auf sich beruhen zu lassen und sich um Valeria zu kümmern. Mit einem kleinen Lächeln schloss er die Türe hinter sich und machte sich auf um den Sklaven Bescheid zu geben.

  • Valeria hatte es allerdings vorgezogen, sitzen zu bleiben, und war eigentlich gar nicht aufgestanden. Livianus erwies sich als verständnisvoll, auch wenn er auf die Sache mit der Hand rein gar nicht reagierte. Für Valeria ein Grund, auch auf so eine kleine Geste zukünftig zu verzichten. Sie seufzte leise und lächelte nur zur Antwort.


    Als Livianus gegangen war, verblasste das Lächeln. Gerne hätte sie gewusst, ob es für ihn auch so seltsam war wie für sie, oder ob nur ihr komisch zumute war in dieser Situation. Dann dachte sie daran, welches Bild sie wohl abgeben musste: Verwahrlost. Das konnte natürlich nicht so bleiben. Langsam stand sie auf und suchte in den zwei Truhen nach einem Kamm. Gerade, als sie einen gefunden hatte, musste sie wieder an die Sklaven denken, die ihr zu Freunden geworden waren. Und die inzwischen ausnahmslos im Elysium weilten. Das machte sie traurig. Stumm begann sie, sich das Haar zu kämmen. Später würde sie das Bad nehmen und sich ihr Haar schneiden lassen. Und wenn sie dann zurückkam, würde schon eine kleine Auswahl an geborgten Tuniken auf dem Bett liegen.

  • Es war bereits recht Spät am Abend und die sonst so betriebsame Casa war mittlerweile zur Ruhe gekommen. Die meisten ihrer Bewohner hatten sich in ihre privaten Räume zurückgezogen und nur noch ein paar Sklaven gingen ihren letzten Arbeiten an diesem Tag nach und waren in den Gängen unterwegs. Einer der auch noch einen Rundgang machte war Marcus. Wie ein Dieb schlich er leise und vorsichtig den Gang zu den Schlafzimmern entlang, im Schlepptau eine der jungen Sklavinnen, die er fast am Armgelenk gepackt hielt und hinter sich her zog. Er war mittlerweile etwas Vorsichtiger geworden bei seinen kleinen Eskapaden mit den Haussklavinnen, immerhin wohnten nun mehrere Leute in der Casa und die Chance erwischt zu werden war dadurch auch wesentlich gewachsen. Was er auf keinen Fall wollte, war das der Alte von seinen kleinen Vorlieben etwas mitbekam. Die Sklavinnen hielten ohnehin ihren Mund. Sie wussten, dass er keinen Moment lang zögern würde eine von ihnen zu erschlagen oder ihr die Kehle aufzuschneiden, falls es nötig werden sollte und das war auch sein bestes Argument, wenn er sie zur Geheimhaltung zwang.


    Was sich in den letzten Wochen ebenfalls geändert hatte, war der Ort, an denen er sich mit den Sklavinnen zurückzog, wenn ihm die Lust überkam. Es war nicht mehr sein eigenes Cubiculum, sondern eines der leerstehenden Zimmer, das nur voll mit lakenbehängten Möbelstücken angeräumt war. Auch an diesem Abend steuerte er dieses leere Zimmer an, nicht wissend, dass die eigentliche Besitzerin wieder zurückgekommen und erneut eingezogen war. Leise öffnete die Türe, sah noch einmal links und rechts den Gang entlang und zog die Sklavin dann mit einem ziemlich unsanften Ruck hinter sich nach.


    "Los jetzt. Komm mit!"


    Mit einem gequälten Gesichtsausdruck und verängstigten Augen folgte die Sklavin den jungen Herren in das Innere des Zimmers. In der Dunkelheit fiel dem jungen Decimer nicht auf, dass die Laken mittlerweile verschwunden waren und das Zimmer wieder bewohnt aussah. Abgesehen davon war er mit seinen Gedanken längst wo anders.


    "Wenn du tust was ich dir sage wird es heute nicht so unangenehm für dich wie das letzte Mal. Also knie dich aufs Bett. Los!"


    Marcus hatte die Sklavin losgelassen und funkelte sie Böse an. Ohne einen Widerspruch und vollkommen verängstigt folgte das junge Ding seinen Anweisungen und ging hinüber zum Bett. Sie hatte selbstverständlich mitbekommen, dass ein neuer Bewohner im Haus eingezogen war, auch wenn sie nicht wusste in welches Zimmer, doch hatte sie viel zu sehr Angst, um auch nur ein Wort heraus zu bekommen. Langsam tastete sich vor, bis sie schließlich die Bettdecke spürte und ihre Hand langsam darüber gleiten ließ. Marcus entledigte sich in der Zwischenzeit seines Gürtels und machte sich ebenfalls in Richtung Bett auf. Im selben Moment schreckte die junge Sklavin jedoch auf und unterdrückte einen lauten Schrei. Ihre Hand war bei ihrer Suche nach Halt auf ein Bein gestoßen, dass einer fermden Person zu gehören schien, die gerade in diesem Bett lag und schlief. Mit einem lauten Rumpeln sprang die Skalvin von dem Bett und lief an Marcus vorbei. Völlig überrascht und noch ehe er verstand was vor sich ging hatte sie die Türe aufgerissen und war nach draußen gestürmt.


    "Verdammt nochmal! Was ist jetzt schon wieder! Komm sofort wieder her!" zischte er ihr möglichst leise hinterher.

  • Valeria schlief nicht gut dieser Nächte. Sie fand erst spät in den Schlaf und wachte früh auf, fühlte sich dann wie gerädert. Dass sie diese Nacht Besuch bekommen würde, davon ahnte sie nichts. Erst als etwas ihr Bein berührte, schreckte sie auf. Augenblicklich setzte sie sich hin, und da sie bis eben geschlafen hatte, waren ihre Augen sofort an das Dämmerlicht gewöhnt. Eben lief jemand aus ihrem Zimmer, ein anderer stand am Fußende des Bettes. Valerias Puls raste. Sie sah eine gänzlich andere Situation vor sich. Erst langsam sickerte durch ihren Verstand, was sich wohl ereignet haben musste. Sie riss sich zusammen. "Was willst du hier drin? Und wer bist du überhaupt?" fragte sie mit fester Stimme und sah den Mann an, der bis eben an seinem Gürtel herumgefummelt hatte. Sein Gesicht konnte sie nur als Fläche von unterschiedlichem Grau erkennen. Die andere war inzwischen fort und hatte die Tür zu ihrem Zimmer weit offen stehen gelassen, so dass Valeria augenblicklich fröstelte. Aber nicht nur deswegen zog sie die Decke bis hinauf zum Kinn, wie sie so da im Bett saß. Sie gestand sich ein, dass sie auch ein wenig Angst hatte, und das musste ihr Gegenüber merken, obwohl sie sich Mühe gab, das zu verbergen.

  • Als Marcus realisierte, aus welchem Grund die Sklavin so schnell das Weite gesucht hatte, war es bereits zu spät, um ebenso schnell zu verschwinden. Eine Person hatte sich im Bett aufgesetzt und dem jungen Decimer einen riesen Schreck eingejagt. Das war doch nicht etwa der Alter, der von seinen heimlichen Treffen mit den Sklaven Wind bekommen und ihm nun aufgelauert hatte? Mit entsetzt aufgerissenen Augen sah Marcus auf die Umrisse der Fremden Person, die bis dahin nicht zu erkennen war.


    "Iupiter!"


    Erst als er eine weibliche, wenn auch fremde Stimme vernahm, beruhigte sich sein Herzschlag etwas und zögerlich gab er antwort. Dabei versuchte er weiter leise zu sein. Immerhin stand die Türe sperrangelweit offen und das letzte was er nun gebrauchen konnte war, das er diese Misere auch noch dem Alten erklären musste.


    "Verzeih bitte. Ich bin… Ich hab….. Ich wusste nicht das…… Ich dachte das Zimmer unbewohnt." stammelte er und griff hastig nach seinem Gürtel, der bei der ganzen Aufregung auf den Boden geglitten war.

  • "Aha", sagte Valeria, und es war deutlich, was sie von diesem Kerl hielt, der so plötzlich und mit eindeutigen Absichten mit dem Mädchen hier ins Zimmer geschneit gekommen war. Inzwischen war sie hellwach. "Und das rechtfertigt diesen Auftritt?" fragte sie unterkühlt und runzelte die Stirn, was er aber im Zwielicht wohl nicht erkennen konnte. Leise zu sein, gab sie sich im Gegensatz zu ihm keine Mühe.


    Sie schüttelte den Kopf und griff zur Seite, um die Öllampe zu entzünden. Ein par Handgriffe später brannte die kleine Flamme und erhellte das Gesicht des Fremden. "Also", sagte Valeria fordernd und sah ihn an. "Was soll das hier. Und wer bist du? Iuppiter mit Sicherheit nicht, denn der hätte den Anstand, sich zumindest vorzustellen", spottete sie.

  • Das die Stimme der Fremden immer lauter wurde machte Marcus immer nervöser. Nun sah er auch endlich ihr Gesicht, musste jedoch sofort feststellen, dass er sie tatsächlich nicht kannte und noch nie zuvor in der Casa gesehen hatte. Es war eine Frau die mindestens 10 Jahre älter sein musste als er selbst. Eine recht hübsche Frau, auch wenn sie etwas mitgenommen aussah. Schließlich deutete er mit beiden Händen, dass sie leiser reden sollte und versuchte auch dementsprechend beruhigend auf sie einzureden.


    "Ich bitte dich. Nicht so laut. Ich möchte nicht das der A……mein Vater Wind von der Sache bekommt. Ich beantworte dir ja deine Fragen und ich Entschuldige mich vielmals für diese Versehen, doch bitte rede leise."


    Er sah nervös zur noch immer offenen Türe, durch die jeden Moment ein aufmerksamer Mitbewohner treten konnte und dann konnte diese ganze Situation mehr als unangenehm werden. Er atmete tief durch und versuchte von seiner Angespanntheit möglichst wenig zu zeigen.


    "Natürlich bin ich nicht Iupiter. Mein Name ist Marcus Decimus Flavus und das eben war nur ein großes Missverständnis. Dieses Zimmer stand noch vor wenigen Tagen leer und ich dachte das sei immer noch der Fall. Bitte verzeih mir. Es war nicht meine Absicht dich zu wecken oder zu erschrecken."

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!