[Forum Iulium] Templum Veneris Genetricis

  • In seinem leicht angerauschten Zustand wankte Caesoninus kurz, ehe er sich wieder etwas gerader aufrichtete und auch mehr Gewicht von Annaeus Florus wegnahm, als er rief: "Verziehen! Alles sei dir verziehen, alter Halunke! Willst du Wein? Oder Spanferkel? Alles gratis heute! Komm! Trink einen Becher Wein mit mir! Auf die Familie!" Er drehte sich um und brüllte: "Einen Becher Wein für meinen Freund, Lucius Annaeus!"


    Dann drehte er sich wieder zu ihm um und zog ihn auf eine neben ihnen stehende, freie Bank. "Komm, komm setzten wir uns hier. Reden wir. Ich hab deine erste Amtszeit als Vigintivir aus der Ferne verfolgt, herzlichen Glückwunsch! Ich hab auch mit meinem Mentor von meinem Tiro Fori, Senator Purgitius Macer über dich und deine Leistungen gesprochen, auch er fand, dass du Überdurchschnittliches geleistet hast. Glückwunsch auch von meiner Familie. Ihnen geht es übrigens auch allen gut, und wie sieht es in deinem Hause so aus?"

  • Den Becher Wein würde ich mir entweder selber holen müssen, oder irgend einen höher gestellten Römer finden, dem ich es auftragen konnte, dachte ich mir, als bereits ein Spross irgend einer patrizischen Familie diesen Ruf des Caesoninus erfüllte und mir einen Becher reichte. Scheinbar hatte es der Iulier geschafft, für dieses Fest die Jungen der adligen Familien zu überreden, hier ihren saturnalischen Pflichten nachzukommen. Dankend nahm ich den Becher entgegen.


    Ebenso freute es mich, dass Senator Purgitius Macer mit seinem Tiro Fori über mich sprach, ganz egal ob dies nun ein Iulier oder sonst wer sei. Dass es dann auch noch mein junger Freund war, das war natürlich gleich doppelt schön! Und trotzdem war heute kaum der Tag, um über die Karriere zu reden.


    Das freut mich sehr, dass es der Familie gut geht. Die junge Iulia Stella hat es mir ja ganz besonders angetan, wie du sicherlich schon gemerkt hast. Hat sie schon ernsthafte Verehrer?


    An jedem anderen Tage wäre eine solche offen gestellte Frage nicht gerade als höflich angesehen worden, aber an den Saturnalien durfte man sich da schon einiges mehr erlauben und wenn ich daran dachte, wie sich gewisse Frauen während dieser Tage von wildfremden Männern anfassen lassen mussten, dann war meine Frage ja gerade noch harmlos.


    Bei uns in der Domus ist es im Moment ziemlich ruhig. Von Annaeus Trabea habe ich länger nichts mehr gehört und auch Tante Sorana hält sich ziemlich im Hintergrund. Das mag natürlich auch sein, weil ich mit der Arbeit beschäftigt war.

  • Caesoninus lauschte Florus Minor so gut das eben ging, wenn es auf den Bänken rundum so laut wie auf einem Volksfest zuging, man selbst schon sieben Becher Wein (und mehr) in sich geschüttet und zudem in Gedanken schon bei den Spannferkeln war. Aber er registrierte trotzdem noch genug, um verstehen zu können, was er sagte, wo ei ihm zwei Dinge besonders auffielen.


    "Was, wirklich? Oha, nein das wusste ich gar nicht, dass du auf unsere liebe Stella stehst!" Das Prenomen ließ er heute weg, da er fand, dass die Namen so flüssiger von der Hand gingen in dieser lauten und angeheiterten Stimmung am Cäsarforum. "Aber um Verehrer musst du dir keine Sorgen machen, Iulia Phoebe hat die Gute vermutlich angesteckt mit ihrem Fluch, heiraten zu wollen und gleichzeitig keine Verehrer zu haben!" rief er über die Menge hinweg und lachte.
    Soviel zum ersten Punkt zur annaäischen Schwärmerei zu Iulia Stella. Der zweite war, dass Caesoninus dachte, dass sein Freund wohl ziehmlich alleine in seiner Casa hocken musste, so wie es sich anhörte. Ein unhaltbarer Zustand, wie er in seiner etwas betrunkenen Verfassung fand!
    Das musste korrigiert werden und so: "Was, niemand da, der mit dir isst zu abends? Das geht doch nicht! Weißt du was? Hiermit lade ich dich ein so oft als mein Gast in der Domus Iulia vorbei zu schauen, oder auch mit uns zu essen, wie es dir beliebt, du bist jederzeit herzlich willkommen! Ich werde das auch den anderen zuhause als meinen Entschluss mitteilen." Er trank einen mächtigen Schluck Wein "Und wer weiß, wenn du auf die kleine Stella stehst, vielleicht hilft das ja auch sie im Sturm zu erobern! Caesoninus lachte. Er fand es durchaus gut und interessant, dass Florus Minor sich wohl in seine liebe Verwandte verschaut hatte.
    Wer weiß, vielleicht konnte ja daraus mehr werden und aktuell war Caesoninus Annaeus Florus als potenziellem Ehemann für Iulia Stella tausend Mal lieber als irgendwer Fremder. Licinus als nochmalige ihm vorgesetzte Instanz (die iulischen Senatoren klammerte er jetzt einmal bewusst aus bei seinen Gedankengängen, eben wegen ihrer Abwesenheit) würde ihm da gewiss zustimmen. Am besten er fragte ihn gleich danach zuhause.

  • Ich weiss dein Angebot sehr zu schätzen, mein Freund! Dasselbe gilt natürlich auch für dich, denn ganz alleine bin ich natürlich nie. Es gibt immer Klienten oder Freunde, welche sich bei mir melden.
    So beantwortete ich das Angebot für das Essen bei den Iuliern. Es war ja in der Tat nicht so, dass man als Magistrat oder gewesener Magistrat ganz alleine war. Das wusste Caesoninus natürlich sicherlich auch, waren doch sicher auch bei den Iulii immer Gäste zugegen.


    Viel mehr interessierte mich aber in unserem angeheiterten Zustand die Liebe.
    Und bei dir, mein lieber Freund, wie sieht es beim Priester der Venus mit der Liebe aus? Reserviert für die Göttin oder verguckt in eine Sterbliche?

  • "Hab dank für dein großzügiges Entgegenkommen! Trinken wir darauf, dass uns unsere Türen einander immer offen stehen!" rief Caesoninus und kippte sich einen riesigen Schluck Wein hinunter.
    Beim nächsten Thema musste sogar kurz lachen, als Florus Minor das Thema Frauen ansprach. "Ha! Ich und mich für die Göttin aufheben! Nein, eine vestalische Jungfrau bin ich beileibe nicht, eher im Gegenteil. Ich habe ein paar gute Freundinnen aus einfachem Hause und auch meine Mädels aus der Subura freuen sich immer wann immer sie mich sehen, aber ansonsten haben mich die Frauen der bessergestellten Schichten bisher kaum interessiert." Er trank erneut und sah dabei jemanden von den Urbanern an ihnen vorbeigehen, den er kannte, was ihn gedanklich auf Octavius Maro -ebenfalls ein Urbaner- und das Training mit ihm brachte und auf...


    "Ja gut, ich habe in letzter Zeit öfters Octavia Flora von den Octaviern gesehen, wenn ich immer bei Centurio Marcus Octavius Maro war mein militärisches Training abzuhalten und neulich habe ich sie auch öfters am Krankenlager besucht. Das musst du dir erst mal vorstellen! Denn Octavia Flora wurde vor ein, zwei Monaten mitten am Abend von so einem irren Sklaven aus ihren eigenen Ländereien aus Ostia oder so mitten aus ihrem eigenen Hausgarten entführt, während ich und Maro woanders im Haus anwesend waren und in die Subura verschleppt! Ich hab sie dann gerettet, nachdem wir ein grässliches Katz-und-Maus-Spiel hinter uns hattenund ja, seither habe ich sie eben öfters am Krankenlager besucht, da die Gute ziehmlich was abbekommen hatte in jener Nacht. Irgendwie ist sie schon ganz niedlich."


    Caesoninus hätte nie so viel und so detailreich alles ausgeplaudert, wenn er vollkommen nüchtern gewesen wäre, doch man wusste ja, dass Wein einen redselig werden ließ.

  • Das waren ja ganz schön viele Frauen, die Caesoninus da aufzählte, aber eigentlich hatte ich es ja nicht anders erwartet. Ich konnte mir gut vorstellen, wie die Mädels auf ihn flogen. Dass er dann von einer Octavia anfing zu sprechen erstaunte mich noch mehr, zumal er ziemlich viel erzählte. Da merkte man deutlich, dass der Wein ihm bereits zusetzte, doch genau dies machte ja den Reiz der Saturnalien aus.


    Bei der Göttin persönlich! Dann bist du ja ein richtiger Held! Sie wird dir diese Tat sicherlich niemals vergessen. Ab sofort kannst du von ihr sicher alles kriegen was dir gerade in den Sinn kommt!


    Ich lachte laut und knuffte Caesoninus mit dem Ellbogen in die Seite.

  • Wenn das nicht mal was war! Alles kriegen was er wollte! Bei Männern sowieso meist nur das eine, aber halt, komischwerweise war das gar nicht das erste gewesen, was Caesoninus dabei in den Sinn gekommen war beim Gedanken an Octavia Flora und Florus Minors' Ausspruch, was Ceasoninus selbst sehr überraschte, denn er selbst war zuvor fest der Meinung gewesen, dass ihm eigentlich eben "das eine" als aller erstes einfallen hätte müssen. Es war etwas ganz anderes und das verwirrte ihn über die Maße, sodass er selbst langsam merkte, dass er wohl schön langsam genug getrunken hatte. Aber ja, Saturnalien eben!


    So prostete er seinem Freund zu und rief: "Auf Octavia Flora und meine Chancen bei ihr!" lachte und trank. Dann war wieder sein Gegenüber an der Reihe ausgefragt zu werden: "Aber sag einmal, Lucius Annaeus, soll ich mal mit Stella reden und ihr und Licinus eröffnen, dass du um ihre Hand freien willst?"

  • Bähm, da war sie, die sprichwörtliche Tür, an welcher man sich den Kopf einrennen konnte.


    Ähm, Stella, ähm, naja, ähm.


    Schnell nahm ich den Becher hoch, trank einen Schluck, steckte danach gleich noch etwas zu Essen in den Mund, damit ich nicht so schnell antworten müsste und spülte nochmals grosszügig nach. Damit hatte ich genügend Zeit gewonnen um überlegt antworten zu können.


    Nein, bitte nicht. Ich werde vermutlich demnächst ein Militärtribunat antreten können, zumindest falls mein Patron oder Senator Macer etwas in diese Richtung erreichen konnten. Dann werde ich vermutlich eh nicht hier in Rom sein und dann wäre es unfair, wenn ich vorher irgendwelche Schritte offiziell unternehmen würde.


    Das entsprach zumindest der Wahrheit.


    Aber natürlich hätte ich nichts dagegen, falls ich Iulia Stella einmal irgendwo begegnen würde und wir zufällig etwas Zeit zusammen verbringen könnten. Immerhin kenne ich sie ja noch nicht wirklich.

  • Noch ehe Florus Minor richtig aussprechen hatte können, hatte Caesoninus eine glänzende Idee. "Ha! Was hab ich nicht immer für Einfälle! Hör zu, mein Freund!" Er genehmigte sich noch einmal einige Schlucke seines deliziösen Weines, ehe er fortfuhr: "An einem Tag, wo es eher still ist bei mir zuhause, kommst du in die Domus Iulia, augenscheinlich, um mit mir zur Cena zu liegen. Ich werde dafür sorgen, dass auch Iulia Stella dabei sein wird. Alles würde so aussehen, als ob du bloß mein Gast wärst und Stella einfach so bei uns, weil ich sie aus irgend einer meiner Launen heraus eben zu Tisch eingeladen habe. Dann jedoch wird ein vorher von mir instruierter Sklave ins Triclinium gelaufen kommen, um mich wegen irgend eines wichtigen Vorwandes wegzubringen. Wichtige Angelegenheiten, du verstehst?" Er zwinkerte seinem Gegenüber zu. "Bevor ich jedoch gehe, werde ich meiner lieben Verwandten auftragen, dir einstweilen Gesellschaft zu leisten, bis ich wieder zurück bin und Bumm! Zwanglose Zeit nur für euch beide ganz alleine im selben Raum! Was sagst du dazu? Bin ich genial, oder bin ich genial?" Caesoninus lachte. "Und das beste, Stella würde sich nicht komisch, oder unter Druck gesetzt fühlen, weil sie ja nur meine Anweisung befolgt und zwar während meiner Abwesenheit auf meinen Gast zu achten und sollte in einem unwahrscheinlichen Fall der alte Licinus auftauchen kann auch hier Iulia dann ohne zu lügen sagen, dass sie nur wegen mir auf meinen Gast aufpasst, es also auch auf ihn nicht komisch wirken wird, wenn er dich und sie alleine in einem raum sieht!"

  • Die Idee des Iuliers war nicht schlecht und ich hatte schon beinahe zugesagt, als ich irgendwie spürte, dass es doch nicht das war, was ich eigentlich wollte. Ich wollte Zeit alleine mit Stella, ganz alleine. Ich wollte mit ihr spazieren gehen, die Gemälde in den Säulenhallen des Forums und der Tempel anschauen, die wilden Tiere im Tiergarten besuchen oder in den diversen öffentlichen Gärten halb versteckt vor neugierigen Blicken Gedichte lesen.


    Doch in meinem Kopf drehte sich schon langsam einiges, dem Wein sei Dank, und ich sah nicht, wie ich Stella an einen solchen Ort bringen konnte, ohne sie vorhin schon kennengelernt zu haben.


    Obwohl ich hoffe, dass Stella nicht so dumm ist, deinen Plan nicht zu durchschauen, so sehe ich tatsächlich keine andere Möglichkeit um sie überhaupt kennen zu lernen. Über eine entsprechende Einladung würde ich mich in den Tagen nach den Saturnalien natürlich sehr freuen! Auf keinen Fall soll die Initiative dabei aber von mir ausgehen, sonst steigen die Chancen, dass sie sofort erkennt, um was es eigentlich geht.

  • Caesoninus winkte ab. "Aach, die Gute hat keine Ahnung! Sie wird uns bei diesem Plan ganz aus der Hand fressen, vertrau mir!"


    Wäre doch gelacht, wenn ein Plan des Gaius Iulius Caesoninus zur Eroberung einer Frau zur Abwechslung einmal NICHT aufgehen würde...selbst..wenn..ähm, es sich diesesmal um seine eigene Verwandte drehen würde.

  • Wir plauderten noch eine Weile über Dies und Das, tranken viel und assen nicht wenig und immer wieder kamen neue Leute dazu, welche einer von uns, oder auch keiner, kannte.


    Es war eine lustige Zeit und ein angenehmer Tag, Saturnalien halt eben, wie sie sein sollten.

  • Jetzt, nachdem Carbo schon einige Zeit in Rom lebte, hatte er sich so halbwegs an das Leben in der Großstadt gewöhnen können, auch wenn es immer noch so einige Dinge gab, die ihn ganz empfindlich störten. Denn so schön die Urbs Aeterna auch tagsüber sein mochte, so höllisch und qualvoll waren für ihn die Nächte mit ihrem unausstehlichen Lärm vom Gerufe der Fußgänger und den Tönen, die die Wägen und Zugtiere von sich gaben, wenn sie durch die Straßen ratterten. Die ersten Nächte hatte er deswegen wirklich nicht schlafen können und wenn er sich so in seinem Bett hin und hergewälzt hatte (mit dem Kissen über dem Kopf in der Hoffnung damit den Straßenlärm ersticken zu können), hatte Carbo sich ernsthaft gefragt, wann die Römer hier eigentlich schliefen??
    Seine Tage hatte er damit verbracht sich erst einmal Arbeit zu besorgen und die Stadt näher zu erkunden, besonders im Zentrum. So hatte es nicht lange gedauert, bis Carbo auf einen Tempel der Venus am Forum Iulium aufmerksam gemacht worden war. Ein Heiligtum der Liebesgöttin! Carbo wollte diese Chance nicht ungenutzt lassen hier in der Fremde, weit weit von Mogontiacum entfernt, wo ihn keiner kannte, ein wenig für sein Liebesglück zu beten. Es wäre schön, wenn er zuhause eine Frau finden könnte, doch wäre er niemals in einen solchen Liebestempel in Germania Superior gegangen aufgrund seiner Scheu und seiner Schamgefühle. Doch hier in Rom war er gesichtslos, niemand kannte ihn, also konnte er es wagen.


    Nach einer kleinen Mittagsmahlzeit auf der Straße steuerte Carbo seine Schritte in Richtung Cäsarforum. Von der Aufmachung her ganz nett, doch sagte ihm das Forum Traiani mit seiner prachtvolleren Größe etwas mehr zu. Auch der Tempel der Venus Genetrix war wunderschön anzusehen, wer immer ihn auch erbaut hatte, hatte ein Gespür für einen formvollendeten Bau gehabt. Ganz anders als das, was Carbo von zuhause gewohnt war, diese Zwitterbauten, die sich nie so recht entscheiden konnten, ob sie jetzt römisch, oder germanisch sein wollten. Langsam und bedächtig stieg Carbo die Stufen hinauf, während ihm plötzlich klar wurde, dass er keine Ahnung davon hatte, was zu tun sei. Er war in seinem Leben bislang noch nicht in vielen Tempeln gewesen. Hätte er eigentlich irgendwas mitnehmen sollen? Denn außer einigen Münzen im Beutel (den weit größeren Rest hatte er in seinem Zimmer in der Taverna Apicia versteckt) führte Carbo rein gar nichts mit sich. Unsicher blieb er stehen und blickte sich einfach einmal zur Orientierung um, was er am besten jetzt als nächstes tun könnte.

  • Caesoninus erstes großes Projekt als Aedituus am Tempel der Venus Genetrix war nach einem guten halben Jahr endlich abgeschlossen. Nach den zuvor ergangenen Planungen um die Renovierung des alten Kronjuwels der iulischen Familiengeschichte war letzte Woche alles nötige beendet worden und seither erstrahlte der Tempel wieder in einem Glanz, als hätte ihn Gaius Iulius Caesar erst gestern erbauen lassen. Überall frische grelle Farbe und makellose Mosaike. Keine einzige Acanthusranke der Säulenkapitelle war mehr gesprungen, oder gar abgebrochen. Auch im Inneren war der Rauch der letzten Jahrhunderte von den Innenwänden gekratzt worden und ohne die rusigen Wände war gleich alles sehr viel heller in der Cella.


    In so einem funkelnagelneuen Gebäude machte der Tempeldienst gleich doppelt soviel Spaß, wie Caesoninus fand. Auch seinen Kollegen schien es ähnlich zu ergehen, wenn er sich umsah. Den Leuten aus der Gegend gefiel die Erneuerung ebenfalls und es waren schon von mehreren Stellen die Frage an ihn gedrungen, ob Caesoninus nicht auch den Rest des Forum Iulium renovieren wollte. Doch das lag eindeutig nicht in seinem Kompetenzbereich, wie er den Leuten dann stets immer sagen musste, das sei Sache der städtischen Magistrate, nicht eines einfachen kleinen Aedituus, der seinen Tempel hütete. Doch so oder so, der erneuerte Tempel wirkte sich positiv auf die Besucherzahlen aus, zumindest kam es Caesoninus so vor. Es waren seit einer Woche gefühlt mehr Menschen hier, als zuletzt, bestimmt großteils nur neugierige Gaffer, die nachsehen wollten was alles neu war, doch durchaus auch Bittsteller und Personen mit Anliegen an die Liebesgöttin. Als Caesoninus so durch die Menge ging und seinen Blick umherschweifen ließ, entdeckte er wieder einmal so ein Individuum, das augenscheinlich Hilfe benötigte, gemessen an dessen Blicken. So ging er pflichtbewusst zu ihm hin und grüßte freundlich: "Salve mein Freund, wie kann ich dir weiterhelfen?"

  • Carbo blieb gar nicht genug Zeit, um sich völlig orientierungslos und verloren zu fühlen, denn schon kurz darauf kam eine hilfreiche Seele auf ihn zu, um ihn aus dieser "Misere" wieder herauszuhelfen. Vermutlich einer der Angestellten hier, denn wieso sollte er sich sonst um Carbo kümmern? Jetzt, wenn er sich so umsah merkte er, dass es offenbar so ähnlich auch überall im Rest des Tempelbereichs funktionierte. Überall waren kleine Gruppen verstreut, die sich jeweils alle um einen Einzigen scharten. Das mussten wohl die hiesigen Aedituui hier sein, genauso wie der, der da grade vor Carbo stand.


    "Salve! Ich heiße Norius Carbo und ja, ich wäre für ein wenig Hilfe durchaus dankbar", war seine Einleitung. Kurz biss er sich auf die Lippen, da ihn ein wenig Unsicherheit (oder war es doch etwa Scham?) beschlich, doch nach einem weiteren Moment rang er sich doch zu einem entgültigen Entschluss durch. "Ich würde hier gerne darum beten, bzw. die große Göttin Venus darum bitten, dass ich zuhause in Mogontiacum meine große Liebe finde. Meinst du, dass sich das bewerkstelligen lässt?" Jetzt wo es einmal laut ausgesprochen war, fühlte sich der Junge schon wesentlich sicherer, denn nun gab es sowieso kein Zurück mehr. Und überhaupt, er war hier fremd. Selbst wenn der Aedituus sein Bestreben komisch finden sollte, so würde er ihn vermutlich hinterher nie wieder sehen und es konnte ihm seine Meinung egal sein. Hauptsache Göttin Venus war ihm wohlgesonnen.

  • Also der übliche Klassiker, wofür ein Großteil der Leute normalerweise vorbeikam, wenn es nicht gerade hochgradige Caesarverehrer, unfruchtbare Liebespaare, oder Männer mit Errektionsstörungen waren. Doch ein Detail hatte Caesoninus aufhorchen lassen. "Norius Carbo aus Mogontiacum also? Na da bist du ja ganz schön weit gereist für deinen Wunsch!" scherzte er. Doch innerlich wunderte er sich immer noch über dieses unverhoffte Zusammentreffen. Dieser Mann war aus Mogontiacum, also aus Germania Superior! Kamen nicht seine drei neuen Sklaven, Maahes, Clarissa und Aesara aus eben jener Ecke der Welt? Und hatte sein Freund Lucius Annaeus Florus Minor nicht kürzlich erst seinen Marschbefehl als tribunus laticlavius eben dorthin erhalten?
    Es war schon mehr als auffällig, wie oft er in letzter Zeit mit speziell dieser Provinz des Imperiums konfrontiert war. Wollten ihm die Götter damit einen Wink geben? Am besten er würde noch an diesem Abend zuhause Vetter Centho dabei näher befragen!


    "Ich bin Gaius Iulius Caesoninus. An was hast du im speziellen gedacht? An ein bloßes, stilles Gebet hier am Tempel, oder einem kleineren, oder größeren Opfer?" Ebenfalls die üblichen Standartfragen. Doch es war schon beachtlich welche Entfernungen der Kerl zurückgelegt hatte, wenn es denn wahr war, was er sagte.

  • Carbo wurde ein wenig rot wegen Caesoninus' Scherz. Er fasste es so auf, dass er bloß wegen dieser Sache so weit "davongelaufen" war und er ihn vielleicht sogar für eine Art Feigling hielt. Doch mit etwas ähnlichem hatte er ja schon gerechnet, weshalb er es nicht allzu persönlich nahm. "Ich bin nicht nur deswegen nach Rom gekommen, ich habe durchaus auch anderes noch zu tun" meinte er deshalb um eine Spur pikierter, als Carbo eigentlich gewollt hatte.


    Interessant fand er dann aber, dass sein Gegenüber ein Iulier war. "Dein Name klingt ziemlich ähnlich wie der des Diktators Gaius Iulius Caesar. Ich habe schon ein wenig von und über ihn gelesen. Bist du denn mit ihm verwandt?" fragte er, nicht nur aus Interesse, sondern auch, um von sich selbst abzulenken. Die nächste Frage brachte ihn dann doch etwas ins grübeln. Was genau wollte er? Ein einfaches Gebet konnte er jederzeit und überall sprechen, dafür brauchte er weder Tempel, noch Aedituus. Dann also ein Opfer. Blutig, oder unblutig? Groß, oder klein? Ein Rind konnte, bzw. wollte sich Carbo sicher nicht leisten. Ein Schaf, oder etwas ähnlich kleines schon eher, aber bloß wegen so einem alltäglichen und vagen Wunsch wie er ihn verspürte gleich ein Lebewesen töten? Hm, nein, dafür tat ihm das dafür vorgesehene Opfertier dann doch zu leid. Also doch ein kleines Opfer. "Ich denke ein kleines, unblutiges Opfer wird das beste für meinen Wunsch sein. Was bauche ich dafür?" Opfergaben, natürlich, doch welche genau davon hatte Carbo keine Ahnung. Er hatte nie viel mit Religion direkt zu tun gehabt, ein Manko, das ihm auch als Magister Vici wieder schmerzlich aufgefallen war, als er stets andere dafür benötigt hatte, um die wiedereröffneten Larenschreine jedes Mal wieder neu zu weihen. Vielleicht sollte er daran arbeiten?

  • Offenbar war dem guten schnell auf den Schlips zu treten, innerlich schüttelte Caesoninus amüsiert den Kopf, doch natürlich drang eine derartige Geste nicht nach draußen. Das wäre unhöflich gewesen. Was diese anderen Angelegenheiten wohl sein mochten, die einen soweit nach Süden gebracht hatten? Irgendwie interessierte ihn das schon etwas. Doch natürlich ging ihn das eigentlich nichts an. Schade.


    Anschließend folgte die übliche Frage, die Fremde sehr gern stellten, wenn sie seinen Namen und seine Genszugehörigkeit erfuhren. So lächelte er und antwortete: "Beileibe nein, der göttliche Iulius Caesar ist nicht mit mir verwandt. Ich gehöre dem plebejischen Zweig der Iulii Caepiones an, doch mein Vorfahr hat durchaus das römische Bürgerrecht von Caesar selbst verliehen bekommen. Im weiteren Sinne kann man auch sagen, dass meine Familie mehr oder weniger das Erbe der alten patrizischen Iulier angetreten hat, jedoch nur im politischen, kultischen und ideellen Sinne." Caesoninus hatte schon längst zu zählen aufgehört, wie oft er diese Erklärung vor allem hier am Venustempel schon an interessierte Hilfesuchende hatte machen müssen. Hier war also Nummer einhundertwasweißich gerade gewesen.


    Als sich das Gespräch dann wieder dem kultischen zuwandte, nickte er. "Die dafür nötigen Dinge sind nicht schwer zu besorgen. Zum Beispiel auf den Trajansmärkten, hier gleich um die Ecke, findest du alles nötige für so ein kleines unblutiges Opfer. Wichtig ist zuerst natürlich etwas Weihrauch. Anschließend würde ich ein Trankopfer und noch eine Kleinigkeit für die Lieblichste aller Götter vorschlagen. Wein also und dazu kleine Honigkuchen, Votivfiguren, oder der Venus heilige Dinge wie Lauch, Zwiebeln, oder Knoblauch. Spezielle Opferwerkzeuge sind nicht nötig, das haben wir alles hier."

  • Also doch kein Verwandter. Naja, hätte ja sein können. Doch auch so übte der Klang des Namens dieser modernen plebejischen Iulier eine gewisse Faszination auf Carbo aus, schwang doch im Hintergrund trotzdem noch der große Pathos der alten Iulier mit. Ob er vielleicht Caesoninus fragen sollte, ob er ihm nicht ein paar Kniffe in religiösen Belangen beibringen konnte? Dann wäre er zumindest etwas sattelfester, wenn er künftig als Aedil z.B. kultische Handlungen in Mogontiacum durchführen müsste. Die täglichen Trankopfer an die Laren waren für ihn ja noch kein Problem gewesen, doch alles was darüber hinausging schon.


    Dann kam der spannende Teil für den Jungen. Die konkreten Materialien für ein kleines unblutiges Opfer an Venus Genetrix! Carbo spitzte die Lauscher und prägte sich jedes Wort des Iuliers ein. "Weihrauch, etwas Wein und Honigkuchen, Lauch, Zwiebeln, oder Knoblauch, verstanden", wiederholte er und nickte.
    "Einen Moment bitte, ich bin gleich zurück!" und schon lief er los, um alles nötige auf Roms Märkten zu besorgen. Für den Weihrauch wurde er sehr schnell fündig, da es auch auf dem Forum Iulium (hier stand der Venustempel) links und rechts unter den Arkaden einige Händler gab. Für alles andere musste er jedoch weitersuchen.


    Nachdem er alles endlich beisammen hatte, lief er so schnell er konnte wieder zurück zum Tempel und dort die Stufen hoch. Wieder vor Caesoninus angekommen, verschnaufte er kurz, ehe er dem Aedituus seine Opfergaben zeigte. "Ich konnte alles nötige und noch etwas mehr auftreiben. Hier sind Weihrauch, Falernerwein, ein Kranz Zwiebeln und zwei kleine Votivfiguren." hoffentlich genügte das.

  • In der Zwischenzeit, als Carbo weggewesen war, hatte sich Caesoninus kurz mit einem seiner Kollegen unterhalten, der seine Hilfe in dienstlichen Belangen benötigte. Er sicherte ihm zu ihm sogleich zu helfen, nachdem er das Opfer mit seinem aktuellen Tempelgast vollendet hätte.
    Caesoninus brauchte auch gar nicht allzu lange warten, denn im Nu war der besagte Bittsteller an die lieblichste aller Göttinnen sofort wieder zur Stelle. Als er ihm aufzählte, was er alles erwerben hatte können, besah sich Caesoninus die genannten Gaben. "Sehr gut! So wollen wir beginnen. Komm mit mir!"
    Mit diesen Worten wandte er sich um und steuerte auf die cella des Tempels zu.
    Vor der Cella begann sich Caesoninus wie vorgesehen am Wasserbecken mit der rituellen Waschung. "Das musst du auch machen, das ist sehr sehr wichtig bei jeder Opferung! Reinheit ist oberstes Gebot, kultisch wie auch weltlich gesehen." gab er als Information in Richtung Carbo weiter. Dann konnte es endlich ins Innere des Tempels gehen.
    Dort standen sie also dann vor dem goldenen Kultbild der Göttin der Liebe mit den Gesichtszügen Kleopatras. "Ich werde dir vorgeben was du zu machen hast, die Opferung selbst jedoch wirst du durchführen, damit deine Bitte mehr Gewicht in den Augen der Göttin erhält, einverstanden'?" fragte er anschließend.

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