[Capitolium] Templum Iovis Capitolini

  • Agrippa dachte kurz über den Vorschlag des Discipulus nach, statt eines Kalbes eine Ziege zu opfern. Eine Ziege ist sicherlich günstiger als ein Kalb... Hm, er kann es ja mal versuchen! "Ja, eine Ziege wäre nicht schlecht", sagte er deshalb, bezweifelte aber, dass dieses Tier die günstigste Möglichkeit darstellte. Eine Hänne wäre auch eine Option, wobei - eine Hänne für Minerva? Das klang irgendwie komisch. "Hör zu, wenn du eine Ziege findest, die du dir leisten kannst, kauf´ sie. Aber du musst nicht dein ganzes Geld ausgeben", erklärte Agrippa dem Livius. "Der Wert des Opfertieres hat natürlich Gewicht beim Ritual, aber letzten Endes ist die Geste das Entscheidende. Sieh nur zu, dass das Tier gesund aussieht. Und natürlich weiß und weiblichen Geschlechts, damit es zu Minerva passt." Der Discipulus schien ja auch so schon etwas verunsichert zu sein, da musste man ihm nicht gleich noch mehr Sorgen einpflanzen!


    Dann fragte Drusus nach der mola salsa und dem Weihrauch. Agrippa grinste. "Blödsinn! Wir haben das doch im Tempel, da musst du als Discipulus nichts für zahlen", versicherte er dem Discipulus. "Ich meine, wenn Besucher in den Tempel kommen und Weihrauch benötigen, dann zahlen sie dafür. Aber du wirst ja zum Priester ausgebildet. Da kann der Cultus Deorum für die Kosten aufkommen", sagte Agrippa mit einem Augenzwinkern. "Dann hätten wir alles geklärt, nicht wahr? Wir sehen uns dann morgen." Er klopfte dem Livius ermutigend auf die Schulter. "Ich bin gespannt, was du auf dem Markt auftreibst!"

  • RE: Der erste Tag


    Minerva sei Dank, schien sein Lehrer recht zufrieden mit der Wahl des Opfertieres zu sein. Dann würde er schauen, dass er eine Ziege fand, die er sich auch leisten konnte.
    "Ja, eine weibliche, weiße Ziege. Ich werde sehen, was ich finden kann.", fasste er seinen kleinen Auftrag für den nächsten Tag nochmals zusammen.


    Ein weiterer Lichtblick am heutigen Tage. Für den Weihrauch und die sonstigen Opferzutaten musste er nicht selber aufkommen. Also konnte er all seine Ersparnisse für ein vernünftiges Opfertier verwenden. "Ja, alles geklärt.", antwortete Livius dem Matinius, als dieser ihm aufmunternd auf die Schulter klopfte. "Bis Morgen.", rief er dann noch, als er die Tempelanlage wieder verließ und sich in Richtung Heim aufmachte.



    ***************


    vormittags auf dem Markt


    An diesem besonderen Tage, war Livius bereits vor dem Morgengrauen auf den Beinen. Er war viel zu aufgeregt, als dass er hätte schlafen können und frühstückte daher bereits, als der Rest seiner Familie noch schlief. Aus dem Nebenzimmer hörte er seinen Vater laut aufschnarchen, als der letzte Löffel Brei in seinem Mund verschwand und komplett von Nahrung befreit wieder hervorkam. Er verstaute sein Essgeschirr wieder in seinem Fach in dem kleinen Regal an der Wand, nachdem er es etwas mit Wasser aus seiner Trinkflasche gereinigt hatte. Einen Wasseranschluss in der Wohnung besaß die kleine Familie um Livius Drusus natürlich nicht. Das konnten sich nur die reicheren Römer in ihren Atriumhäusern leisten.
    Ein weiterer Schnarcher drang durch die dünne Tür an seine Ohren. Ein kurzer Blick zurück zum Schlafplatz, den er sich mit seiner kleinen Schwester teilte, um sich zu vergewissern, dass auch sie noch schlief. Dann machte er sich auf den Weg zum Markt, denn je früher er da war, desto mehr mögliche Angebote waren noch vorhanden.
    Während er seinen Weg zu den Märkten suchte, drangen bereits die ersten Sonnenstrahlen über die Dächer der ewigen Stadt und füllten die Straßen mit einem orangen Schimmer. Mit jeder Kreuzung die Drusus überquerte wuselten auch immer mehr Menschen durch die Gassen und über die Plätze der Stadt. Das rege Treiben der Hauptstadt erwachte langsam zum leben.


    Den Geldbeutel sicher unter seiner Tunika verstaut erreichte er endlich die ersten Stände auf dem Viehmarkt Roms. Es waren bereits so unglaublich viele Menschen da, dass sich Drusus Hoffnung auf ein günstiges Angebot bereits wieder in Luft auflöste. Mit zerknirschtem Blick beobachtete er die rege Menschenmenge. "Verdammt! Wieso ist hier schon so viel los?", murmelte er zu sich selbst, als sein Blick gen Himmel ging. Die Sonne war wirklich gerade erst aufgegangen und hier herrschte schon ein Treiben, wie er es für Mittags erwartet hätte. "Wieviel hier wohl später los sein wird?", reihten sich seine Gedanken verbalisiert aneinander. "Ich beeil mich lieber." Mit der Hand kratzend seiner Schläfe suchte er einen Stand, der Ziegen anbot.
    An einem Stand angekommen, sprach er den Händler an: "Salve, hast du eine weiße, weibliche Ziege? Ich will Minerva opfern." Der Händler schaute ihn beinahe empört an. "Eine Ziege?", sein Mund verzog sich zu einer Grimasse, die seine faulenden Zähne offenbarte. "Ernsthaft? Du willst der Schutzgöttin unserer Stadt eine Ziege opfern? Eine Ziege?", die letzten Worte zischten nur noch durch sein lückenhaftes Gebiss und sein Blick verriet genau, was er davon hielt. Eingeschüchtert starrte Livius den ungepflegten Händler an. Sein Lehrer hatte doch gemeint, dass das völlig in Ordnung sei. Jetzt wusste er weder ein noch aus. Der Händler hatte ihn genau da, wo er ihn haben wollte. Das wurde ihm spätestens klar, als Drusus mit zittriger Stimme fragte: "Was soll ich ... ihr denn sonst op - opfern?"
    "Na ein Kalb!", polterte der Händler los, der gerade ein gutes Geschäft witterte. "Für Minerva ist ein Kalb gerade gut genug.", mit verbissener Stimme redete er weiter auf den eingeschüchterten Discipulus ein. "Du hast Glück. Ich habe hier ein sehr günstiges Exemplar." Dabei zeigte er mit seiner Rechten auf eine junge Kuh, die sich einem Gehege hinter ihm befand. Sie schien zu humpeln, der Euter war eingefallen und sie machte allgemein einen kränklichen Eindruck auf Livius, der allerdings keinerlei Ahnung von Tieren hatte. "Du bekommst sie auch günstig von mir. Nur 50 Denarii." Mit einem nun schmalen Lächeln auf den Lippen taxierte der Händler sein Gegenüber. "50 Denarii? Soviel besitz' ich nicht.", erwiderte Drusus niedergeschlagen. "Dir ist Minervas Segen nur nicht soviel Wert."
    "Er ist mir noch viel mehr Wert! Wenn ich nur soviel Geld hätte."
    Einsichtig, dass er hier nicht soviel rausholen konnte wie er wollte, schlug er vor: "Dann nimm ein Lamm! Die kosten nur 90 Sesterzen. Aber eine Ziege ... PAH!" Dann spuckte er auf den Boden zwischen ihm und Drusus. Zähneknirschend und eingeschüchtert von den lauten Worten des Händlers überlegte Drusus ob er nun das Lamm nehmen sollte. 90 Sesterzen waren alles was er noch besaß. Doch schien ihm dieses Lamm völlig alternativlos zu sein.



    ***************


    Mittags am Tempel


    Mit einem Gefühlsmischmasch im Bauch, das irgendwo zwischen der Hoffnung ein vernünftiges Opfertier gefunden zu haben, und der Niedergeschlagenheit ob der horrenden Kosten für das Tier lag, und dem Lamm auf dem Arm erreichte Livius den Templum Iovis Capitolini und suchte seinen Lehrer, den Aedituus Matinius. Er stieg die Stufen des Tempels hinauf und warf einen Blick ins Innere. Da entdeckte er den Matinier und grüßte ihn vorsichtig. "Salve, Matinius." und das kleine Lamm blöckte artgerecht.

  • Agrippa war gerade in ein Gespräch mit zwei Tempeldienern vertieft, als plötzlich der Discipulus auftauchte. "Salve, Livius Drusus!", begrüßte er ihn freudig. "Ah, und wie ich sehe ist es sogar ein Lamm geworden!" Der Livius schien sehr engagiert zu sein, hatte er doch gestern noch von einer Ziege geredet. Bestimmt hat er ein Schnäppchen ausgehandelt! "Ich hoffe, du musstest nicht viel ausgeben?", fragte er deshalb interessiert.


    Und schon schritt man zur Tat. "Also gut, Livius, dann fangen wir am Besten sofort an." Er nahm dem Livius vorsichtig das Lamm aus den Armen und überreichte es den beiden Tempeldienern, die noch immer bei ihnen standen. "Schmückt das Tier mit ein paar Blumen und bringt es schonmal rüber zum Altar. Oh, und plündert ein bisschen unser Vorratslager. Wir brauchen etwas Weihrauch und Wein für das Voropfer", wies Agrippa die beiden Untergebenen an, die schon loseilten.


    Dann wandte er sich wieder zum Discipulus. "Wir führen zunächst das Voropfer durch. Am Kultbild, wo du auch ein Gebet sprechen wirst. Du weißt sicherlich schon, wie ein solches aufgebaut ist", sagte er mit einem ermutigendem Lächeln und führte Livius Drusus zu einem Wasserbecken am Rande des Tempels, wo er sich die Hände wusch. Dann nahm er eine Falte seiner Toga und bedeckte sich damit den Kopf. Agrippa bedeutete dem Discipulus, das selbe zu tun.

  • Freudig wurde er von seinem Lehrer, dem Aedituus Matinius begrüsst. Auf die Frage nach dem Preis für das Lamm, durchzuckten seine Gedanken wieder die Bilder vom Markt und ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Das war alles zuviel gewesen für den unerfahrenen und jungen Römer. Daher versuchte er dann auch das Thema zu umgehen, damit er die Geschehnisse des Vormittags nicht gegenüber seinem Lehrer wiederholen musste. "Hält sich in Grenzen...", versuchte er dann lapidar wirkend abzuwinken und gleichzeitig seine Unsicherheit zu verstecken.


    Und dann ging es auch schon los. Matinius nahm das Lamm und übergab es den wartenden Tempeldienern. Die eilten davon, während sich Livius und sein Lehrer zum Hände waschen begaben. "Ja, das weiss ich bereits.", antwortete Livius auf die Frage von Matinius Agrippa und wiederholte die wichtigsten Punkte in Gedanken. Erst die Anrede, dann die Anrufung seiner Macht, Vorbringen meiner Taten, Bitte und Gelübde...


    Nachdem sie sich die Hände gewaschen hatten, kam auch bereits einer der Tempeldiener auf sie zu und überreichte Drusus etwas Weihrauch, während ein Anderer zeitgleich einen Tisch vor dem Kultbild der Minerva aufbaute.

  • Lange hatte Plautus mit sich gerungen, dann war er doch zum Capitolium hinaufgegangen. Es war schon richtig, dass sein Anliegen vielleicht doch zu winzig für den mächtigen Iuppiter war. Einerseits. Aber er kannte nun mal bloß einen einzigen Aedituus in Roma und das war Aulus Matinius Agrippa. Nichts zu machen, dieser Agrippa verrichtete seinen Dienst ausgrechnet im Capitolium. Andererseits. Der alte Iuppiter würde sich auch eh nicht darum kümmern, dass Plautus von eben diesem Agrippa nur einen Ratschlag haben wollte.


    Es war der erste warme Apriltag und man musste sich erst noch mit der ungewohnten Wärme anfreunden. So nahm Plautus den kühlenden Wind auf dem Tempelvorplatz mit einiger Dankbarkeit wahr. Erst stand er etwas unschlüssig herum, weil er sich mit seinem winzigen Anliegen im Angesicht der Größe und Pracht der Bauten doch etwas fehl am Platz fühlte. Dann ging er zu einem der Häuser, die den Tempelvorplatz umsäumten und steckte seinen Kopf in eine der offenen Türen. Irgendwo mussten ja die Götterdiener stecken!

  • Nun standen sie vor dem Kultbild der Minerva. Ein Tempeldiener hatte dem Livius bereits etwas Weihrauch übergeben, Agrippa reichte ihm dann noch einen Becher Wein in die Hand. "Für Minerva natürlich", sagte er in scherzendem Ton. Nicht, dass der Discipulus dachte, er solle den Wein trinken.


    Agrippa richtete seine Handflächen nach oben und forderte Livius Drusus mit einem Blick dazu auf, es ihm nachzutun. "Gut, Livius, jetzt gehe ein paar Schritte vor - und sprich dein Gebet." Agrippa selbst nahm seine Hände wieder herunter. Sonst verwechselt mich noch jemand mit dem Opfernden! Dann sah er zu, wie der Discipulus an die rituelle Handlung heranging. Hoffentlich weiß er auch, mit welcher Körperwendung man das Gebet beendet, fiel dem Aedituus auf einmal ein.

  • Den Göttern sei Dank hatte er eine Anstellung im Tempel! Die plötzliche Aprilwärme war der Matinier gar nicht gewöhnt. So war ihm die Tätigkeit im Tempel sehr willkommen, da sich in den hohen Hallen die Wärme weit weniger blicken ließ als draußen im Freien.


    Trotzdem musste er hin und wieder auch nach draußen. Als es ihn mal wieder an die frische Luft zog, sah er einen jungen Mann, der sichtlich verwirrt auf dem Vorplatz des Tempels herumlief und seinen Kopf in fremde Türen steckte! Ein verdächtiges Verhalten... Aber Moment mal, den kenne ich doch! Plötzlich dämmerte es ihm. Aber ja, seine Bekanntschaft aus der Therme! "Sergius!", rief Agrippa freudig über den Vorplatz. "Was treibst du dich denn hier herum?" Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn wiedersehe..

  • Plautus fuhr herum. Doch dann fasste er sich wieder, denn er hatte ja nichts Verbotenes gemacht. Bloß einen Götterdiener gesucht und der stand auch jetzt vor ihm. Langsam richtete er sich auf.


    "Aber, aber, an einem solch heiligen Ort würde ich es mir nicht erlauben, mich herumzutreiben, Matinius. Ich hab nur nach Dir gesucht. Alles hier ist sehr beeindruckend und ich komme mir etwas deplatziert vor mit meinem unwichtigen Anliegen. Ach ja, das war es, ich wollte Dich um einen Rat fragen. Ich brauche sozusagen den Rat eines erfahrenen Aedituus und ich kenne nur einen, nämlich Dich. Lässt Dir Dein Dienst ein bißchen Zeit? Wirklich, nur ein kleines Weilchen, es müssen ja nicht gleich drei oder vier Stunden sein."

  • Mein Rat als erfahrener Aedituus? Das klang ja interessant. "Aber natürlich, Sergius. Ein kleines Anliegen, sagst du? Das macht doch nichts - ganz im Gegenteil: So können wir alles schnell abarbeiten!" Und wenn es nur eine Entschuldigung war, um nicht richtig zu arbeiten (zu seinen Aufgaben als Aedituus zählte die Beratung der Tempelbesucher ja schon). So langsam gewöhnte sich Agrippa auch an die Wärme und die strahlende Sonne hier draußen, die doch ein angenehmes Gefühl verbreiteten.

  • Livius stellte sich, den Becher voll Wein in der einen und den Weihrauch in der anderen Hand, vor das Kultbild der Minerva. Ermutigt von seinem Lehrer Matinius ging der junge Livius vor das Kultbild, legte den Weihrauch in die dafür vorgesehene Schale. Die darin bereits vorhandene Glut sorgte schnell dafür, dass der Weihrauch zu glimmen begann und kleine Rauchfäden gen Tempeldecke aufstiegen und ihren wohlbekannten Geruch verteilten. Dann goss er den Wein in die andere Schale und stellte den Becher zurück auf den Tisch. Worauf er nun die Arme zu beiden Seiten anhob und seine Handflächen zum Himmel drehte, ehe er mit dem Gebet begann.


    "Minerva.", Livius musste sich kurz räuspern. "Minerva. Schutzgöttin der einzig wahren Stadt, dem Herzen des Imperiums. Beschützerin der Handwerker und aller ehrlich arbeitenden Römer. Ich, Marcus Livius Drusus, Sohn des Mosaiklegers Marcus Livius Denter vom Hang des Collis Quirinalis, stehe heute vor Dir und beschenke dich mit meinem ersten offiziellen Opfer innerhalb meines Studiums als Discipulus.


    Als Fortführung unserer langjährigen Verehrung bitte ich Dich mir die Kraft zu geben, dieses Studium erfolgreich abzuschließen und mir damit die Möglichkeit zu geben Dir als Priester des Cultus Deorum weiter zu dienen und anderen Römern dabei helfen zu können.
    Dafür sollst du Heute von mir diesen Wein erhalten. Dafür sollst du Heute von mir auch noch ein weißes Lamm erhalten.


    Bitte Minerva, nimm dieses und die zukünftig noch kommenden weiteren Opfer von mir an.", mit diesem Satz beendete Livius das Gebet zum Voropfer, nahm die Hände wieder herunter und drehte sich über die rechte Schulter um zu seinem Lehrer und blickte diesen mit fragendem Blick an.

  • Zitat

    Matinius Agrippa: "Aber natürlich, Sergius. Ein kleines Anliegen, sagst du? Das macht doch nichts ..."


    Plautus rieb sich das Kinn. "Also weißt Du, es geht um folgendes: Ich hab vor kurzem eine Brauerei aufgemacht. Das Geschäft läuft so lala, es geht eigentlich, aber es könnte besser sein. Anscheinend machen die Götter den Römern keinen großen Durst. Ich meine diesen wirklich großen Durst, bei dem es zischt, wenn man den Becher in sich hineinschüttet. Da bin ich dann auf den Gedanken gekommen, dass man die Götter darum bitten könnte, diesen großen Durst über die Leute herabkommen zu lassen. Das Problem ist, dass ich nicht weiß, welche Gottheit für so etwas zuständig ist und genau das wollte ich Dich fragen."


    Er schaute sich nochmal um: "Ich hab wirklich nicht den Eindruck, dass einer der hier wohnenden erhabenen Götter sich ernsthaft um solchen Kleinkram kümmern würde, oder?"

  • Ah, das hatte sich aber gut angehört! Devot und zur Sache kommend! Als sich der Discipulus (über die richtige Schulter blickend, nämlich die rechte) zu Agrippa umdrehte, warf ihm der Aedituus einen anerkennenden Blick zu. Dafür, dass es sein erstes Opfer ist, läuft ja alles wie geschmiert! Das hätte Agrippa nicht erwartet. Er bedeutete dem Livius nur noch mit einer Geste, die Körperwendung nach rechts zu vollenden (den Kopf hatte er ja bereits gedreht), um damit das Gebet abzuschließen.


    Dann führte Agrippa seinen Schüler nach draußen. Als sie den Tempeleingang durchquerten, wurde Agrippa von der strahlenden Sonne geblendet, die vom weißen Marmor auf dem Tempelvorplatz reflektiert wurde. Er kniff die Augen zusammen. "Das Gebet ist dir wirklich gut gelungen, Livius!", sagte er lobend. Dann blickte er die Stufen des Tempels hinunter in Richtung Altar, wo ein Tempeldiener bereits mit dem weißen Lamm wartete. Das Tier war mit Blumen geschmückt worden. "Du weißt, wie du vorzugehen hast?"

  • Agrippa konnte nicht anders. Er musste einfach lachen. Das klang doch irgendwie absurd, wie ein Scherz! Der Durst solle über die ahnungslosen Römer herfallen! Dann jedoch ließ er das Lachen schnell in ein Husten übergehen, als er merkte, dass der Sergius dies doch ernst meinte. "Also Sergius", räusperte er sich, "das wäre wirklich eine interessante Bitte, solltest du sie an die Götter stellen. Aber.." Agrippa überlegte einen Augenblick. Ich sollte den Sergius davon abbringen, sich lächerlich zu machen. "Vielleicht wäre es besser, du würdest deine Bitte nicht so konkret stellen. Verstehst du, was ich meine? Sieh, du würdest den Göttern mit einer solchen Bitte ja bereits den Lösungsweg unter die Nase reiben. Es wäre vielleicht besser, du würdest den Göttern den Erfolg deines Unternehmens zu Herzen legen. Und die Götter selbst eine Lösung finden lassen." Ob ihn der Sergier verstanden hatte? "Sage den Göttern am besten, was du möchtest - nämlich eine florierende Brauerei -, und lass sie sich um das wie kümmern."


    "Mach dir keine Sorgen um die Größe deiner Bitte, Sergius", ermutigte ihn Agrippa. "Wenn du dem Gott - ich würde dir in diesem Falle Mercurius oder Iuppiter vorschlagen - ein Opfer darbringst, wird er dich sicherlich erhören." Und beim Opfer konnte der Matinier ihm dann zur Seite stehen.

  • A. Procillius Imbrex


    Der alte erfahrende Priester hatte sich ein wenig Abseits gestellt, um die Prozedur als Zuschauer betrachten zu können. Hätte man den Alten entdeckt, dann wäre wohl die ganze Aufmerksamkeit auf den Pontifex Minor gefallen anstatt auf den Discipulus. Er war nämlich nur aus einem Grund gekommen, um den Discipulus zu bewerten und einzuladen. Nicht für ein Fest, sondern für die theoretische Ausbildung.


    Weiterhin blieb er in der Ferne stehend. Erst wenn der Beobachtete alles zu Ende brachte, dann würde sich Imbrex zu ihm begeben.



    DM

  • Plautus hörte dem Matinier aufmerksam zu und meinte: "Da magst Du recht haben, Matinius. Ich hab mich da vielleicht etwas voreilig auf eine beliebige Ursache für den schleppenden Bierabsatz festgelegt."


    Er blickte nach oben: "Sicher haben die Götter von ihrer Warte aus einen besseren Überblick darüber, woran es liegt, wenn bei uns etwas nicht so läuft wie es sollte."


    Mercurius oder Iuppiter? Plautus kratzte sich am Kopf. Mercurius war ihm lieber, weil er es nicht für gut hielt, wegen jeder Kleinigkeit gleich zum Chef zu rennen. Es könnte ja sein, dass Mercurius dann sauer wäre, weil er sich übergangen fühlen würde.


    "Ich denke, Mercurius tut's auch. Ist ja auch seine ureigene Branche. Was meinst Du, was ihm als Opfer gut gefallen würde?"

  • Gut, der Sergier schien überzeugt zu sein. "Genau!", sagte Agrippa, um die Vermutungen seines Gegenübers zu bestätigen.


    Er wollte also Merkur opfern. "Eine gute Wahl. Mercurius ist schließlich der Gott des Handels." Was dem Gott als Opfer am meisten gefallen würde? Hm, wie es dem Sergius wohl in finanzieller Hinsicht geht... "Also, Merkur ist nicht allzu wählerisch. Ich würde dir einen Widder oder einen Hahn empfehlen. Du kannst natürlich etwas teureres nehmen - wie einen Eber -, aber ich denke nicht, dass das nötig ist", sagte er. Hoffentlich denkt er jetzt nicht, ich halte ihn für einen armen Schlucker! "Die Geste ist, was zählt", fügte er deshalb schnell hinzu.


    Agrippa sah über die Dächer Roms, die die Sonne geradewegs zum Leuchten brachte, in Richtung Süden, wo das Forum Boarium mit dem Tempel des Merkurs lag. Mann, was hatte man von hier oben für eine tolle Aussicht!! "Wann wirst du das Opfer durchführen?"

  • "Schau Matinius, natürlich denke ich ans Geschäftliche, aber ich will Mercurius ja auch eine Freude machen und ich denke, dass er sich über einen Widder mehr freuen wird als über einen Gockel."


    Wie auch immer, der Beschluss war gefasst und auch ausgesprochen. Alles klar. Dann war noch zu klären, wann das Opfer über die Bühne gehen sollte.


    "Wenn es Dir passt, nächste Woche".

  • Nachdem Blick zu seinem Lehrer Matinius, drehte er sich nun komplett über die rechte Seite und ging die restlichen Schritte zu Matinius um mit diesem dann gemeinsam bis zur Tempelpforte zu schreiten, wo sie den Vorplatz erblickten, an dessen Altar bereits einer der Diener mit dem teuren Lamm an einem Seil stand und die Stufen zum Tempel empor sah.


    Über das Lob freute sich der bis dahin noch unsichere Livius ganz besonders, doch mehr als ein einfaches "Danke.", schaffte er nicht durch seine Lippen zu pressen. Die Aufregung stand ihm noch immer ins Gesicht geschrieben und schnürte dabei sachte an seiner Kehle.


    Ob er wusste, wie er nun weiter vorzugehen hatte? Nun ja, er hoffte aufjedenfall, dass er es nicht falsch in Erinnerung hatte. Mit einem Nicken, dass seine Unsicherheit überspielen sollte, deutete er seinem Lehrer, dass er weitermachen wollte. Diesmal schritt er voran, die Stufen herab innerhalb der spärlichen Prozession aus dem Schüler und seinem Lehrer, nur gefolgt von ein paar weiteren Tempeldienern.
    Am Altar auf dem Tempelvorplatz angekommen wurden die wenigen aktiven Opferteilnehmer von einem Helfer mit Wasser besprengt und somit auf symbolische Art und Weise von allem Bösen und Unheilvollen gereinigt.


    Livius trat an das geschmückte Lamm heran und sprach die Worte: "Für die Erfüllung meines Wunsches, darf ich Dir heute dieses weisse Lamm darbringen."
    Mit einem Herzen, dass bis an seinen Kehlkopf zu schlagen schien, kniete er sich nieder und nahm den Pinsel, getränkt mit mola salsa, aus seiner Schüssel und bestrich den schmalen Kopf des Lamms damit. Etwas Salzlake rann in das Auge des Schafs, das sofort seinen Kopf schüttelte und zu Blöken begann. Aufgeregt und mit zitternden Fingern begann der junge Discipulus den Kopf des Lamms festzuhalten um ihm dann den Halsschmuck abzunehmen. Kaum war das geschafft, griff Livius nach dem Opfermesser und begann mit der rein symbolischen Entkleidung des jungen Wiederkäuers.
    Urplötzlich, als würde das Lamm genau wissen, dass sein baldiger Tod nahte, verstummte es und ließ die Prozedur wie in Schreckstarre über sich ergehen. Mit einem guten Gefühl hob Livius die Klinge wieder an und legte sie zurück auf den Altar, als er am Ende des Schafes angelangt war.

  • Der Discipulus schritt voran. Er sieht sehr entschlossen aus!, dachte Agrippa beeindruckt. Schnell waren sie unten angelangt und standen vor dem Altar. Das weiße Lamm blökte ein bisschen, ansonsten war alles ruhig. Dann sprach der Livius noch ein kleines Gebet, das Agrippa zwar als etwas karg empfand, aber warum sollte man es nicht kurz und knapp halten? Außerdem wird er noch genug Gelegenheiten zum Üben haben! Jetzt ging es erst einmal darum, das Opfer korrekt durchzuführen. Um Feinheiten und persönliche Präferenzen konnte man sich später kümmern!


    Als Livius sich daran machte, das Lamm mit mola salsa zu bestreichen, ertönte die sanfte Melodie einer Flöte. Den Spieler hatte Agrippa extra arrangiert - auf Kosten des Tempels, versteht sich. Der Matinier selbst übernahm heute die Rolle des cultrarius. Nachdem der Discipulus das Tier symbolisch entkleidet hatte, nahm Agrippa das culter, das Opfermesser, in die Hand. Er schritt zum Lamm und hielt es mit der freien Hand fest, während er in der anderen die Klinge bereithielt. "Agone?", fragte er - laut, sodass alle Anwesenden ihn hören konnten - den Discipulus, der heute schließlich der Opferherr war.

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