[Forum Holitorium] Templum Apollinis Medici

  • Ich erwartete diesen Moment und war sehr froh, als mir Victor verkündete, dass das Opfer angenommen sei. Dann kamen die Tempeldiener zu mir und ich empfing die vitalia und brachte diese dem gütigen und lichtspendenden Apoll dar.

  • Es ist bereits gegen Nachmittag, die Sonne würde jedoch noch einige Zeit am Himmel stehen, wenn auch nicht sehr hoch. Victor steigt die Stufen zum Tempel des Apollo auf und erinnert sich, dass es noch gar nicht so lange her ist, seit er das letzte Opfer hier begleitet hat. Auch heute würde er nur beratend zur Seite stehen, und zwar seinem Discipulus Corvius Lunaris.

  • Schon am frühen Morgen erreichte Flaccus den Tempel des Apoll am Forum Holitorium, der direkt neben dem imposanten Theater des Marcellus stand. Unweit befand sich die Brücke über den Tiber, die zu der kleinen Insel des Flusses führte, welche auch das Heiligtum des Aesculapius beherbergte.
    Flaccus hatte sich als Diener der Götter nicht mit der Sänfte dorthin tragen lassen, sondern war den Weg zu Fuß gegangen. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte, denn die Massen an Klienten, die am frühen Morgen zu den Häusern ihrer Patrone liefen, bevölkerten die Straßen und machten das Laufen unangenehm. Hier und da lagen Essensreste, die im Gedränge aus den Körbchen, welche sie bei den Patronen erhalten hatten, gefallen waren.
    Endlich am Tempel des Apollon angekommen schritt Flaccus nun die Stufen empor. Nach dem heiligen Tag des Apoll und den Opferungen, die am Tempel auf dem Palatin durchgeführt worden waren, hatte man ihn nun dem Tempel auf dem Forum Holitorium zugeteilt.
    In der Cella ordnete Flaccus die Foculi und rinigte diese vom verbrannten Öl und den Nahrungsresten, welche die Opfernden zuvor durch Trank- und Speiseopfer hinterlassen hatten. Auch fegte er nun gründlich den Boden, so dass durch den teils aufgewirbelten Staub die Strahlen der Sonne sichtbar wurden.
    Man konnte nicht sagen, wofür die Menschen hier gebetet hatten. Waren es sie selbst, die krank waren? Waren es Angehörige, für die man betete? Beteten sie zu Apoll um wichtige Prüfungen zu bestehen, oder waren es selbst Dichter, die den Gott um den Beistand der Musen baten? Jeder brachte seine Geschichte hierher.
    Und so reinigte Flaccus weiter den Tempelbereich, bevor er sich anderen Dingen widmete.

  • Nachdem erst gerade ein Römer einen Ziegenbock geopfert hatte, waren die Opferhelfer nun danmit beschäftigt, das Fleisch einzulegen.
    Ein naher Verwandter wurde von einer plötzlichen Krankheit überrascht, hohes Fieber hatte ihn gepackt, Schüttelfrost durchfuhr seinen Körper, seine Augen waren gerötet und auch die Medici waren trotz ihrer Sorge ratlos, was diesen Mann schwächte. So hatte sein Verwandter versucht Apollon nun zu besänftigen, ihn zu bitten, dass er die plötzlich aufgetretene Krankheit wieder von dem Manne nehme und ihm das Leben schenke.
    Das Opfer war mit guten Vorzeichen verlaufen und so konnte der reiche Römer mit guter Hoffnung wieder heimkehren.
    Die Popae bereiteten bei der Wärme nun schnell das Fleisch zu und legten es ein, damit es der Priesterschaft des Tempels später noch dienlich sein würde.
    Flaccus begutachtete während dessen das Kochen der Eingeweide, die dem Gott noch geopfert werden würden.

  • Am Tag nachdem sie den Eid geleistet hatte, betrat Livilla erneut den Tempel und schlug die Richtung ein, die der Scriba ihr gewiesen hatte. Sie freute sich schon auf das Wiedersehen mit ihrem Cousin, wusste er doch bis dahin noch nichts von ihren Plänen, in den Cultus Deorum einzutreten. Sie musste innerlich lächeln, als sie sich seinen Blick vorstellte, während sie sich vor ihm aufbauen würde. Wo war er denn nur? Sie schritt einen Säulengang entlang und musterte den Tempel des Apoll eingehend. Wundervolle Architektur, befand sie und strich kurz mit der Hand über den kühlen Marmor einer der Säulen. Zurückhaltend lehnte sie sich nach vor und spähte in einen Raum.


    "... Flaccus?"

  • Ein Schatten zeichnete sich hinter der jungen Frau ab, der immer größer wurde und sich ihr zu nähern schien. Ein Priester stand nun hinter ihr und schaute auf die zierliche Frau hinab, dann sprach er sie an.
    Das bin ich. Du suchst mich?

  • Sie erstarrte und hielt inne. Langsam drehte sie sich um, sah an ihm auf und lächelte, ein paar Falten an seiner Kleidung richtend. Dann sah sie erneut an ihm hoch und musste breit schmunzeln, so vergnügt war sie.


    "Lieber Cousin... euer Scriba hat mich hier her geschickt. Ich bin nun eine Discipula der Diana. Und er meinte, du würdest mich einweisen? Das fände ich sehr nett von dir."

  • Als sich die Frau zu ihm umdrehte, erkannte er seine Cousine Livilla und schaute sie erstaunt an, was sich in einem leichten Heben einer Augenbraue zeigte.
    Livilla? Du hast dich entschieden dem Kult der Götter beizutreten? Ich freue mich darüber und es war sicher eine gute Entscheidung. Livia schlug den Weg in die Politik ein, doch hast du sehen können, welch Unannehmlichkeiten sich daraus ergaben, wie oft sie doch Opfer verschiedenster Angriffe geworden ist. Der Dienst gegenüber unseren Göttern geziemt sich für unsere Familie.
    Flaccus deutete auf nun auftauchende Opferdiener.
    Wie du siehst, wird derzeit das öffentliche Opfer für die Ludi Apollinares vorbereitet und ich überwache dies. So vermag ich dir schon jetzt so manches zu zeigen.

  • Ein offenes und ehrliches Lächeln entbot sich ihm nun, während sie kurz zu den Tempeldienern sah, dann wieder zu ihm hoch.
    "In der Verwaltung würde ich mich nur langweilen.. und ich dachte mir, dass der Dienst an Diana gut zu mir passen könnte. Ich richte viele Gebete an sie.. und ich hoffe, ihr gut und würdig dienen zu können." Wieder wandte sie ihren Blick zu den Tempeldienern, diesmal verharrte er auf ihnen."Dann fühle ich mich geehrt, zusehen zu dürfen, Flaccus."

  • Flaccus setzte ein leichtes Lächeln auf und führte Livilla näher an den Ort der Geschäftigkeit.
    Sieh, hier sind die Foculi, die kleinen Opferherde, auf denen wir bald die unblutigen Opfer darreichen werden. Dort baut man bereits die Mensa auf, um das Lectisternium durchzuführen. Dieses Göttermahl ist ein griechischer Ritus, durch ihn zeigt sich die direkte Verbundenheit mit dem Gott. Dort wird bereits sein Bildnis auf ein Lectus gestellt.

  • Nach den Opferungen an Apoll, die zu den Ludi Apollinares durchgeführt wurden, war nun wiedr Ruhe eingekehrt. Flaccus kümmerte sich gemeinsam mit anderen Priestern und ein paar Opferdienern um die Reinigung des Tempels. Die Statue des Gottes bedurfte ebenfalls einer Salbung. Während einige Diener des Tempels die kleinen Foculi reinigten, in denen Blütenblätter und Lorbeer verbrannten, schaute sich Flaccus zufrieden um.

  • Nachdem das Edikt des Kaisers herausgegeben worden war, hatte man sich im Tempel des Apoll für eine Zeremonie bereitgemacht. Oft fanden hier Opfer statt, die den Menschen auf dem Forum Holitorium nicht neu waren, und si bemerkte man auch heute kein großes Interesse für die Vorgänge. Einige Priester des Cultus Deorum und die Priesterschaft des Tempels jedoch waren zugegen, um das Opfer zu begleiten.
    Im Tempelinneren hatten Priester bereits Weihrauch entzündet, als Flaccus hervortrat und das Gebet an Apoll richtete.
    Apollo Medice, Heiler der Krankheiten, einstiger Beschützer Roms vor der großen Seuche, wir rufen dich an! Dir zu Ehren opferten wir, dir zu Ehren allein lassen wir die großen Spiele stattfinden, für dich spielen die Schauspieler in den Theatern, die wir dir weihten. Apollo Medice, nimm die Krankheit von der Pontifex, lass deine heilenden Kräfte über Tiberia Claudia kommen und befreie sie von Schmerz und Fieber! So werden der dir geweihte Lorbeer und dieser Bock geopfert, um dein Wohlwollen zu erlangen! Apollo Medice, erhöre die Bitten deiner Priester!
    Flaccus streute einige Blätter getrockneten Lorbeers in die Glut eines Foculus, wandte sich nach rechts ab und trat mit den anderen Priestern vor den Tempel.
    Ein Ziegenbock, die Hörner in Gold verziert, wurde zum Altar geführt, der mit einem frischen Stück Wiese ausgelegt war. Ein Priester trat an das Tier heran und streute die Mola Salsa über den Körper, während ein anderer Mann sich mit dem Opfermesser näherte. Dieser strich langsam damit über den Rücken des Tieres, vom Kopf beginnend und am Schwanz endend.
    Einige Bürger schauten dem Treiben zu und konnten erkennen, wie dem Bock nach der Betäubung mit einem Hammer die Kehle von einem Victimarius durchschnitten wurde. Das Blut lief in einem Rinnsal in eine Schüssel, wo es aufgefangen wurde. Kurz darauf begann man, das Tier auszunehmen, um die Innereien für den Gott zu kochen.

  • Die Händler vor dem Tempel machten heute ein gutes Geschäft. Es war voll auf dem Vorplatz, jede Menge von Opfer-Willigen hatte sich am Festtag des Apoll eingefunden. Ich hätte vielleicht einen anderen Tag wählen sollen, überlegte ich, als ich den wirklich überhöhten Preis für mein Opfertier und für die Weihgaben hinzählte, aber andererseits - vielleicht war Apoll heute aufmerksamer, näher an uns Sterblichen, geneigter die Bitten zu erfüllen. Und was war schon Geld, wenn es um mein Problem ging...?
    Ich hatte mich nach langem Hin und Her für einen prächtigen reinweissen Widder entschieden. Während er geschmückt wurde, ging ich unruhig auf und ab, betrachtete die Statuen auf dem Vorplatz, vor allem die von Apoll als Bogenschütze. Als sehr attraktiver Bogenschütze.
    Den Gedanken hierherzukommen, den trug ich schon länger in mir, aber ich hatte es immer aufgeschoben. Hierherzukommen, das bedeutete auch, zuzugeben, dass mein Problem real war...
    Mit dem Tier am Führstrick reihte ich mich dann ein, in die Schlange derer, die dem Gott heute ein Opfer bringen wollten. Es dauerte. Die Sonne schien hell auf uns hinunter, liess die Farben der Gewänder leuchten. Ich betrachtete die Hinterköpfe der Menschen vor mir, und fragte mich, welche Anliegen sie wohl hatten, welche Bitten sie vorbringen würden. Früher, als ich noch künstlerische Ambitionen verfolgt hatte, hatte ich Apoll häufiger geopfert, aber in den letzten Jahren dann fast nur noch Mars, manchmal Fortuna.


    Schliesslich war die Reihe an mir. Ich trat die Stufen hinauf, wechselte ein paar Worte mit einem Opferdiener und übergab ihm für’s erste den Widder. Das Tier folgte ihm lammfromm, und bei jedem Schritt stäubte ein wenig der Kreide auf, mit dem das Fell noch weisser als weiss gefärbt worden war - ein heller Fleck im Halbdunkel des Tempelinneren. Von oben fielen einige Lichtstrahlen hinab, zeichneten sich wie helle Balken in der rauchgeschwängerten Luft ab. Ich stand am Fuße der Säulen, und kam mir so klein vor. So verdammt klein.
    An einem der Wasserbecken besprengte ich meine Hände, dann atmete ich tief ein, zog eine Ecke meines Sagum über den Kopf, und trat vor die Statue des Gottes.
    So schön... so leicht und erhaben verkörperte sich hier das Göttliche im Stein. Auf dem Standbein ruhend, das Spielbein ganz leicht angehoben, wie schwebend, blickte der Gott über mich hinweg ins Weite. Die ausgewogenen Proportionen, das feine Gelock der Haare, die vollendete Schönheit der Züge... ich versank in dem Anblick. Da möchte man Hyazinth sein...


    ”Lichter, leuchtender Apoll, hell strahlender Hüter der Herden, todbringender Schütze und Spender von Segen... bitte leih mir Dein Ohr... ”
    Zeit für das Räucherwerk. Ich bliess sacht in die Glut unter dem Rost, dann liess ich Weihrauchkörner darauf rieseln, dann einige getrocknete Blüten. Rauch stieg auf, beleckte den Altar, den Sockel, wand sich dann um die wohlgeformten Waden der Statue. Ich hob die Hände, die Handflächen gen Himmel.
    ”Verehrter, ewig würdiger Apoll, ich bin Faustus Decimus Serapio, und ich bringe Dir Gaben, in höchster Verehrung. Wohlgerüche, um Deine Nase zu erfreuen... und die Blätter der Daphne, zum Schmuck Deines Altares...”
    Ich hatte einige Lorbeerzweige mitgebracht, die ich nun auf dem Altar drapierte. Die ledrigen Blätter glänzten dunkel, ganz kleine Blütendolden sassen dazwischen und verströmten einen würzigen Duft. Dazu noch mehr Räucherwerk.


    ”Du bist die hellste Zierde Des Himmels, delischer Apoll, Bezwinger des Python, Du sendet Unheil dem Feind und wendest es von unserem Volk, den tränenbringenden Krieg, Krankheit und Hungersnot... und ich bitte Dich, hellster der Himmlischen, wende auch von mir ein Unheil, das mich befallen hat, eine Wunde, die nicht heilen will!
    Den schönsten Widder, weiss wie der Schnee, werde ich opfern, Dir zu Ehren, oh Apoll, birg Bogen und Pfeil und höre mein Flehen mit Huld, höre sanftgestimmt...”

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  • Ich hatte noch nie jemandem davon erzählt. Nur Macro wusste davon, weil ich einmal in seiner Gegenwart ausgetickt war, bei dem Brand, aber Macro würde mich nicht verraten. Sonst durfte niemand davon wissen. Man würde mich für verrückt halten... oder für schwach... zu schwach für einen Soldaten des Kaisers. Sowieso, über so etwas sprach man nicht.
    Stockend, leise und verschämt begann ich nun meine Worte an den Gott zu richten.
    ”Grosser Apoll, das Übel an dem ich leide... es hat mich in Parthien befalle. Vieles was dort geschehen ist, das... lässt mich nicht mehr los, es taucht einfach plötzlich wieder auf, und ist doch schon längst vergangen, aber in diesen Moment ist es echt... und es kriecht auch in meine Träume hinein, und zerfrisst sie, es gibt Tage und Nächte in denen ist es allgegenwärtig und lässt mich überhaupt keine Ruhe mehr finden... und manchmal... manchmal weiss ich nicht mehr was wirklich ist... und was nicht...”
    Verzweifelt starrte ich hinauf, zu dem schönen Antlitz, welches weiß durch die wogenden Rauchschwaden schimmerte.
    ”Apollo Medicus, Schützender und Rettender, der Du einst unsere Stadt vor dem Grauen der Pest bewahrt hast, ich flehe Dich an, hilf mir! Ich habe Angst den Verstand zu verlieren! Manchmal bin ich wieder dort, von einem Augenblick auf den andren, alles ist wie damals, und... es kann doch nicht sein!!! Es passiert immer wieder! Und vor einigen Tagen, da habe ich einen Mann getötet, nachts, als ich ihn für einen Parther hielt, der mich mit seinem Krummschwert erschlagen wollte - aber es war kein Parther, und er war zudem... unbewaffnet. Er war trotzdem ein Halunke, der sich an einer Frau vergreifen wollte, und er hat mich wohl wirklich angegriffen, es ist also nicht schade um ihn, aber, grosser Apoll, ich habe entsetzliche Angst dass mir so etwas wieder passiert! In einer anderen Situation...”
    Die Worte kamen gepresst aus meinem Mund.
    ”Bitte, hilf mir! Apoll, Du spendest Licht, du bist Klarheit und Reinheit... ich flehe Dich an, erfülle diese... Schwärze mit Licht, und vertreibe das Chaos, all diese Schlangen, die sich in meinem Geist und Gemüt eingenistet haben! Gewähre mir Deine Heilkunst, Apollo Medicus...”


    Vollkommen aufgewühlt brachte ich die anderen Opfergaben dar - goss einen edlen, goldfarbenen Massiker in die Schale auf dem Foculus, daneben stellte ich eine kleine, kunstvoll gearbeitete Bronzestatuette eines Kitharoden. Das hier war mir sehr, sehr wichtig, da wollte ich auf keinen Fall zu wenig geben. Ich bendete das Voropfer, wandte mich nach rechts und ging mit schnellen Schritten hinaus aus dem Innenraum, zum Altar vor dem Eingang, wo sich ein alter Priester und zwei Opferdiener mit dem geschmückten Tier eingefunden hatten. Der Priester gebot Schweigen, Wasser besprengte mein Gesicht, und benetzte meine Hände. Ich stand dort, und ich stand neben mir, während auch der Priester Apollo noch einmal anrief. Es klang arg routiniert - er hatte das heute sicher schon oft gemacht. Die Mola salsa kam zum Einsatz, dann reichte man mir das Opfermesser, und ich strich dem Widder vom Kopf aus den Rücken entlang. Das Tier stand nicht ganz still, aber es wehrte sich auch nicht, versuchte nur, sich die Stirn an meinem Knie zu schaben. Da juckte es ihn wohl, aber das würde bald vorbei sein.
    ”Apollo Medicus, sieh dieses Opfer Dir zu Ehren! Erfreue Dich an seinem Blut und Fleisch wenn die Flammen es verzehren, und wenn der Dampf seines Fettes zum Himmel aufsteigt, gedenke gnädig meiner Bitte und gewähre mir Heilung!”
    Oder, sollte ich gefrevelt haben, sollte dies der Grund sein - zeig mir wie ich mich reinwaschen kann... (Aber das glaubte ich nicht, dass es daran lag. Schliesslich hatte ich doch immer nur meine Pflicht getan.)
    ”Agone?”
    ”Age!”
    Der Opferhammer traf das Genick des Widders mit einem feuchten Knirschen, dann glitt die Klinge durch den weisswolligen Hals, und das Tier brach zusammen, tat seine letzten Zuckungen vor meinen Füssen. Das Blut strömte reichlich, das war gut... Bevor ich zurücktreten konnte, hatte es schon meine Caligae befleckt. Dann der warme Gestank der Gedärme, als sie dem Tier den Bauch aufschlitzten, und der Priester mit seinen knotigen Händen darin herumwühlte. Wie Spinnenbeine glitten sie über das lappige Gekröse, wendeten hier ein rotspiegelndes Stück Eingeweide, haschten dort nach einem blutgetränkten Leberzipfel. Ich habe ja echt schon sehr viel heftigere Dinge gesehen, aber an diesem Tag wurde mir bei dem Anblick ziemlich flau in der Magengegend. Angespannt verlagerte ich das Gewicht von einem Bein auf das andere, schluckte, und wartete nervös darauf, dass der alte Mann mir endlich verkünden würde was er da sah.

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  • Wie hübsch war es doch, auf einer flauschigen Wolke zu sitzen und die Kithara zu spielen! *plingplingpling*


    Kleinere, sanfte Windstöße kamen auf und verebbten in einem Rhythmus, der den Sterblichen verborgen blieb.


    Und wie süß der Nektar mundete an so einem schönen warmen Frühlingstag. Fast schon zu schade, um auf die Erde zu gehen und irgendwelche Opfer anzunehmen von den Menschlein, die meist ohnehin nur der Pflicht wegen in sein Tempel kamen.


    Wie auch dieses Menschlein? Nein, dieses hatte etwas auf dem Herzen und erhoffte sich Linderung. Mitleidig blickte Apollo auf den jungen Mann. Sicher auch, weil dieser ihn an Leto, seine Mutter erinnerte. Das Opfer wurde angenommen.

  • "Litatio." sprach der alte Mann schliesslich würdevoll. Ich atmete auf, und fühlte mich gleich besser. Die Last auf meinen Schultern, sie war auf einmal viel leichter. Dankbar hob ich den Blick gen Himmel, tiefes Blau, weit oben trieben ein paar Wolken, und ich dachte: Manchmal wäre ich auch gerne eine Wolke, eine ungeheuer weisse, federleichte, die da hoch über allem vorüberweht...
    Das war natürlich ein kindischer Gedanke. Ich rief mich zur Ordnung, und tat was sich gehörte: ich bedankte mich bei dem Sacerdos, gab eine Spende an den Tempel, und da die Schlange derer, die den Festtag ehren, oder nutzen, wollten immer noch lang war, machte ich dass ich weiterkam. Das Tier wurde zerlegt, das Fleisch verteilt, und während ich noch die Stufen hinabschritt waren schon tätige Tempelsklaven dabei, den Vorplatz zu säubern. Das Wasser floss rötlich verfärbt die breite Treppe hinab, und vereinte sich mit den Pfützen an ihrem Fusse, die von den vorherigen Opfern stammten. Unter der heissen Sonne waren ihre Ränder an manchen Stellen eingetrocknet... schlierig rote Schattierungen auf dem Pflaster, über dem die Fliegen summten. Aus dem Tempel der harmonischen Schönheit kommend, missfiel mir das in diesem Moment sehr. Ich ging in einem grossen Bogen aussenrum, und machte am nächsten Brunnen halt, dort säuberte ich energisch meine Caligae von den Spuren des Opferblutes. Erst dann tauchte ich wieder in das Menschengedränge der Strassen und machte mich auf den Rückweg zur Castra - zuversichtlich dass mein Problem damit erledigt war, zuversichtlich dass dieser ganze seelische, unsägliche und unrömische Kram mich jetzt nicht mehr behelligen würde und ich mir selber endlich wieder trauen konnte.

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  • Ein lauer Windhauch wehte von Westen her durch die römische Hauptstadt, umschmeichelte die sieben Hügel und trieb eine herbstliche Frische durch die Täler dazwischen, befreite die Stadt endlich von ihrem sommerlichen Mief und trug dafür Sorge, dass ihre Bewohner noch aktiver wurden - so dies überhaupt möglich war. Es war nicht einfach, durch das Gewirr der Menge eine Sänfte zu manövrieren, doch waren die Träger aus flavischem Hause gut ausgebildet und wussten, sich ihren Platz zu verschaffen, so dass der Weg vom Hügel des Quirinus über die Alta Semita hinab, quer über die Kaiserforen und das Forum Romanum, durch das Velabrum hindurch, vorbei am Forum Boarium und der rückwärtigen Mauer des Marcellustheaters bis zu den Tempeln der Bellona und des Apollo Medicus nicht allzu lange dauerte, obgleich dies durch überaus belebte - und beliebte - Straßen und Plätze Roms führte. Möglichst nah an den Stufen hinauf zum Tempel des Apollo kam die schlichte, doch elegante Sänfte zu stehen, woraufhin Gracchus' Leibsklave Sciurus an ihre Seite trat und seinem Herrn dabei half, das Fortbewegungsmittel zu verlassen. Nie zuvor war die Kolonnade eines Tempels Gracchus derart weit weg erschienen, derart weit empor gehoben, entfernt durch derart viele Stufen, wie sie nun sich vor ihm auftaten - dabei war der Tempel des Apollo Medicus kein sonderlich großer Tempel, verglichen mit jenem des Palatinus oder aber dem der capitolinischen Trias. Regungslos starrte der Pontifex die Stufen an, als könne allein durch seinen Willen er sie plätten, als könne er das Podium des Tempels im Boden versinken lassen oder aber sich selbst zum Eingang empor levitieren - indes geschah nichts dergleichen, so dass Gracchus allmählich dämmerte, dass er würde die Stufen hinauf steigen müssen, so er sein Opfer wollte tatsächlich vollbringen. Resigniert trat er einen Schritt nach vorn, setzte vorsichtig den linken Fuß auf die erste Stufe und zog den rechten hernach, nahm dergleichen die zweite und nächste Stufe und alle folgenden, denn da er kaum Gespür hatte in der rechten Hälfte seines Leibes schaffte er es nicht, sein diesseitiges Bein derart zu belasten, dass es sein Gewicht empor hob, ohne gleichsam das Gleichgewicht zu verlieren. Langsam, viel zu langsam erklomm er die Stufen und näherte sich den Kollonaden, sein Geist stets hin- und hergerissen, sich auf seinen Leib, auf die Koordinierung dessen zu konzentrieren, oder bereits ungeduldig voraus zu eilen, den Makel der körperlichen Unzulänglichkeit zu ignorieren - indes ließen sich Geist und Körper nicht trennen, waren fest aneinander gekettet, und so Gracchus glaubte dem entkommen zu können, führte dies stets nur zu Disharmonie und Straucheln. Endlich auf dem Podest des Tempels angelangt, stützte er an einer der Säulen sich ab, schloss einige Herzschläge lang die Augen und suchte seinen Atem zu beruhigen - ein Greis noch würde ihn abhängen, so schoss es ihm durch die Gedanken, ob dessen er zornig - über sich selbst, seinen Leib und den Rest der Welt - die Zähne zusammen biss, die Schultern straffte, die Augen wieder öffnete und auf die Türe des Tempels zu trat, gefolgt von seinem Schatten Sciurus.

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  • Als er zwischen den Pfosten der Türe hindurch trat, den lauen Windhauch und das natürliche Licht der Realität hinter sich ließ, schien es Gracchus als komme er nach Hause, noch einmal. Der hohe Raum wurde erleuchtet vom güldenen, warmen Schein unzähliger Flammen aus Öllampen und Kerzen, sanft waberte der Odeur und Rauch verbrannter Kräuter und Harze in hellen, graufarbenen Schlieren durch die Luft, verlor sich in der endlosen Höhe über ihm, wo das goldfarbene Schimmern in neblige Dunkelheit hin über ging. Heimelige Wärme, wiewohl ein wohliges Schauern umhüllten Gracchus, welcher in diesem Augenblicke sich wurde dessen gewahr, dass er keinen Tempel mehr hatte betreten, seit er Rom hatte verlassen. Tief sog er die divine Atmosphäre durch seine Nase ein, ließ die Aura kultischer Macht durch seinen Leib fließen, ehedem er an das Becken mit klarem Wasser heran trat und seine Hände reinigte, sodann mit der Rechten umständlich eine Falte seiner Toga sich auf das Haupte zog. Unbeachtet blieben die kunstvollen Statuen an den Seitenwänden, unbeachtet die zahlreichen Votivgaben - Bitte um oder Dank für Genesung -, welche bereits den Raum füllten, nur Apollon schien noch wichtig, Bewahrer der Ordnung menschlicher Gesellschaft, Wächter über Strafe und Sühnung, der Gesundheit wie Krankheit verteilte. Nicht das plutonische Prinzip verlangte nach Aufmerksamkeit, so glaubte Gracchus schlussendlich erkannt zu haben, sondern er, Apoll, Schutzherr der Flavier, nicht nur Herr der schönen Künste und des Lichtes, sondern gleichsam Bewahrer religiöser Reinheit und Rechtes, Gott der religiösen Riten und Frömmigkeit. Er hatte keine Blitze geschleudert als Gracchus der politischen Laufbahn wegen sich seinem kultischen Schaffen hatte abgewandt, er hatte nicht die Erde geöffnet, ihn zu verschlingen, nicht seine göttliche Lanze geschleudert - er hatte getan, was ihm zu eigen war, morbus et aegritudo gesandt - so offensichtlich war es letztlich, dass Gracchus nicht wusste, wie er jemals dies hatte übersehen können, so dass schlussendlich nur ein einziger Weg blieb, dem zu begegnen, die Besänftigung des Apollon, Ausgleich der apoll'schen Waagschale. Vor dem Altar des Göttlichen blieb er stehen, reglos einige Augenblicke, ehedem er seine Hand geöffnet zur Seite hob, dass Sciurus ihm die getrockneten Lorbeerblätter konnte dort hinein geben. Jedes Blatt einzeln legte Gracchus mit der Rechten auf die glimmenden Kohlestücke in den Feuerschalen zur Seite des Altars, spürte er doch ohnehin die brennende Hitze kaum auf seiner Haut, folgte dem aufsteigenden Rauch mit seinem Blicke, welcher den jugendlichen, wohlgeformten Leib des marmornen Jünglings umschmeichelte. Als der Duft nach Lorbeer den Raum erfüllte, reichte Sciurus seinem Herrn den goldfarbenen Leib, ein Abbild menschlichen Lebens etwa zwei Handspann groß, wie auch das eiserne Messer, und entrollte selbst sodann das Pergament mit jenem Text, welchen sein Herr hatte geformt. Einem anderen Gott womöglich hätte Gracchus seine Bitte selbst vorgetragen, doch dem feinsinnigen Apollo konnte er unmöglich mit der Farblosigkeit und Brüchigkeit seiner Stimme entgegen treten.

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  • "Mmmmmm... Lorbeer." Der Gott der Künste lag auf einer flauschigen Wolke, als ihn dieser köstliche Duft erreichte, und spielte seine Kithara. "Ich möchte mehr!"


    *pling*


    Eine kleine Brise kam auf und verebbte wieder.

  • Ein feiner Windhauch von der Türe her ließ die Flammen der Kerzen und Lampen für einige Augenblicke flackern, so dass die Schatten und Lichtgestalten tanzten, den Rauch sich kräuseln und wirbeln ließen, den Raum in eine wabernde Illusion wandelten, einen Taumel aus Traum und Irrealität. Ein einfacher Bürger allfällig, ein Fremder vielleicht hätte in solcherlei das Zeichen eines Gottes zu erkennen geglaubt, doch Gracchus war zu lange schon in diesem Metier beschäftigt, um nicht zu wissen, wie viel der schönen Realität bloße Illusion war, komplexer Trug. Unbeeindruckt ob dessen nickte er Sciurus zu, dass jener die Bitte vortrug.
    "Apollo Medicus! Hier steht vor Dir Manius Flavius Gracchus, Sohn des Titus Vespasianus, um Deine Kraft zu erbitten und Deine Gunst. Apollo Medicus! Du gibst und nimmst des Menschen Vitalität, Du gibst und nimmst dem Menschen Krankheit und Leiden. Darum, Apollo Medicus, bittet Manius Flavius Gracchus, der hier vor dir steht, gib ihm Vitalität und nimm sein Leiden, so will er Dir Gold geben, dass Dein Haus erstrahle, so will er Dir einen Bock geben zu Deinen Ehren!"
    Wissend, was nun würde folgen, hob Gracchus in der Linken die goldfarbene Gestalt, in der Rechten das Messer, keinen Augenblick aus den Augen lassend, während der Sklave fortfuhr.
    "Nimm dies Gold für Dein Haus, Apollo Medicus, und nimm dafür die Lahmheit aus Manius Flavius Gracchus' Leib!"
    Mit der Klinge begann Gracchus eine linierte Schraffur über die rechte Hälfte der goldenen Figur zu ritzen.
    "Nimm dies Gold für Dein Haus, Apollo Medicus, und nimm dafür die Brüchigkeit aus Manius Flavius Gracchus' Stimme!"
    Nun ritzte Gracchus ein Kreuz über die Lippen der Figur.
    "Nimm dies Gold für Dein Haus, Apollo Medicus, und nimm dafür die Wirrnis von Manius Flavius Gracchus' Augen!"
    Ein letztes Mal erhob Gracchus das Messer, kreuzte über die Augen der Votivgabe. Er war sich dessen gewahr, dass seine Bitte nicht gering war, doch eben so wenig war seine Gabe gering, welche an den Fußsohlen er noch mit M' F.G. markierte und dann auf den Altar stellte, zwischen vorwiegend bronzene oder tönerne Votivfiguren - ganze Leiber, wie die seine, bisweilen jedoch auch nur körperliche Einzelteile - symbolisierte Augen, Ohren, Hände, Beine und dergleichen mehr.

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