[Ante Castellum] Taberna

  • Sie trat aus dem hellen Licht und schritt langsam in den dunklen Raum. Ganz wohl war ihr nicht, vorallem weil ihr manch komischer Blick zugeworfen wurde, als sie eintrat. Doch sie versuchte sie bestmöglichst zu ignorieren und setzte sich an einen Tisch in einer dunklen Ecke.

  • Wenig später betrat der Primus Pilus die Taverne. Er blieb in der offenen Türe stehen bis sich seine Augen an die düsteren Verhältnisse gewöhnt hatten. Erst dann trat er ein und blickte sich um. An einigen Tischen verstummten die Gespräche, gespannt blickten die meisten Männer und auch Frauen (derer es hier einige gab - trotz der Tatsache, dass es sich nicht schickte) auf den Offizier. Ein zwei Soldaten erhoben sich und salutierten, ein weiterer machte sich durch die Hintertüre davon. Offensichtlich hatte er dringende Pflichten zu erledigen, welche ihm soeben wieder eingefallen waren. Langsam ging er von Tisch zu Tisch. Irgendwo musste sie doch sitzen.

  • Ihr Blick erstarrte und haftete ängstlich auf dem Soldaten, der eingetreten war. Erst hatte sie sich nichts dabei gedacht, doch nun da er die Tische abzusuchen schien machte sich eine böse Vorahnung in ihr breit. Was sollte sie tun? Wenn sie fliehen würde, könnte sie auffallen. Aber er würde sie auch so vielleicht erblicken. Sie zog sich die Kapuze ihres braunen Umhanges über den Kopf und drückte sich so weit in die Ecke wie es nur ging, den Blick tief gesenkt. Vielleicht sah er sie ja nicht. Ihr Herz begann immer heftiger zu klopfen, je näher sie ihn glaubte, doch sie wagte nicht, ihren Blick zu heben...


  • Noch hatte er sie nicht gefunden, aber er war sich sicher, dass sie hier irgendwo war. Sie hatte keine Chance zu entkommen. Erhob sie sich, würde er sie sehen. Blieb sie sitzen, würde er sie früher oder später kriegen. HA! Er hatte sie! Trat an einen Tisch und hielt inne. Nein, er hatte sich getäuscht. Die Frau war eine andere und blickte ihn nur verständislos an.


    Dann fiel sein Blick auf eine kleinere Gestallt, welche tief in einem Ecke saß und die Kapuze weit ins Gesicht gezogen hatte. Langsam schritt er in Richtung des Tisches, blieb davor stehen und wandte sich an die anderen.


    "Was gibt es da zu glotzen! Sauft weiter!
    Noch nie einen Centurio in einer Taverne gesehen?"


    Die Männer in der Taverne lachten. Dann, als alles wieder seinen normalen Lauf nahm, setzte er sich ohne zu fragen und blickte sie sie an. Er sagte kein Wort. Er hatte sie.

  • Dierna konnte nur schwach die aufsteigende Panik unterdrücken. Sie hatte die näherkommenden Fußschritte vernommen und war durchgehend in Begriff gewesen aufzustehen um hinauszulaufen. Und als die Fußschritte so nahe an ihrem Platz aufhörten und sie die laute Stimme hörte, wurde ihr übel. Sie zog ihre Arme etwas näher zu sich, damit das Zittern, welches zwar nur leicht aber durchaus vorhanden war, nicht so deutlich sichtbar war. Wusste er wer sie war? Oder war es Zufall, dass er sich hierher gesetzt hatte...?


    "Salve!"


    murmelte sie leise und mit etwas heiserer Stimme, sodass sie sich räusperte. Die gerade einmal 16 - Jährige Britin konnte kaum Latein und hatte sich nahezu nur die Redensarten der Römer angewohnt, eingeschlossen ein paar groben Wörtern. Nervös hob sie den Blick um ihn anzusehen und sie hoffte, dass die Angst aus ihrem Blick nicht klar ersichtlich war. Ihr Körper war angespannt und sie bereit, jeden Moment davonzulaufen.

  • Er betrachtete sie stumm und sagte zunächst nichts. Sie sprach ein wenig Latein, gebrochen und mit einer Färbung, welche ihn vermuten ließ, dass sie Keltin war. Er spürte, wie sie ihren Körper anspannte, wie sie alle Muskeln in Alarmbereitschaft versetzte.


    "Du hast das hier verloren..."


    sprach er und legte den ledernen Beutel auf den Tisch.


    "Das Leder ist noch gut.
    Es lohnt sich nicht, dass man es wegschmeißt."


    Er blickte sie an und überlegte sich, ob er sie gleich festnehmen lassen sollte. Doch was würde es bringen? Eine junge Frau mehr, welche der harten Realität des Lebens übergeben würde...
    .

    Primus Pilus der Legio IX
    I. Centurio der I. Cohorte

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  • Sie starrte den Beutel an - es war kein Zufall. Und vermutlich wartete er, dass sie in die Falle tappte. Doch was sollte sie nun tun? Wie sollte sie möglichst unmerklich reagieren? Dass der Beutel von ihr kam, schien er ziemlich deutlich zu wissen. Sie sah ihn an.


    "Ich habe ihn fortgeworfen, das ist richtig. Doch aus dem Grund, da ich ihn von einer mir unliebsamen Person erhalten habe und ich den Beutel deshalb nicht haben wollte. Und außerdem ist es meine Angelegenheit!"


    fügte sie hitzig an und ärgerte sich sogleich. Sie konnte ihre Zunge aber auch wirklich nie im Zaum halten. Naja, vielleicht würde ihn das von ihrer 'Unschuld' überzeugen.

  • Um eine Ausrede war sie nicht verlegen. Er musste lachen. Dann wurde er wieder ernst und blickte sie lange und nachdenklich an. Sie war jung, sie war schön und aus ihren Augen blitzte ein Feuer, das er schon lange nicht mehr bei Frauen gesehen hatte. Und doch - er sah auch eine Müdigkeit.


    "Woher kommst Du? Du bist nicht von hier...
    Vor wem läufst Du davon?"

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  • Nun musste sie auch lächeln, es hatte trotz der für sie bedrohlichen Situation etwas sehr fröhliches und warmes. Dierna war trotz allem eine Frohnatur und würde es sich niemals nehmen lassen.


    "Britannia. Und vor wem ich davonlaufe, weiß ich selber nicht."


    antwortete sie wahrheitsgemäß. Warum sagte sie es diesem Soldaten überhaupt? Sie kannte die Antwort, war sich aber nicht sicher. Sie hoffte, dadurch geschützt werden zu können und vorallem von sich abzulenken.


    "Es wird allerdings immer knapper und aus diesem Grund verstecke ich mich. Habt Ihr mich deshalb verdächtigt? Ich meine, einfach so seid Ihr doch nicht mit dem Beutel an den Tisch gekommen. Ihr dachtet sicher, ich hätte ich gestohlen. Wie es fast alle vermuten."


    Sie setzte eine leicht bekümmerte Miene auf.

  • Eine Britin also. Sie hatte einen weiten Weg hinter sich, dachte er und fasste sich in den Nacken. Noch dazu war sie alleine unterwegs und machte nicht den Eindruck, dass sie schon lange hier in der Gegend war.


    "Du brauchst mich nicht anlügen. Ich bin schon zu lange im Geschäft um einen Lügner nicht sofort zu erkennen."


    Er blickte sie an und griff dann nach ihrer Hand, welche auf dem Tisch gelegen hatte.


    "Wie meinst Du, wird diese Geschichte enden?"


    Er blickte sie fragend an.

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  • Doch sie hatte sich wieder gefasst und wieder ein wenig selbstsicherer geworden. Und ein wenig war im Massstab zu anderen bei ihr schon verdammt viel. Ihre Augen funkelten unternehmungslustig, als sie sagte:


    "Ich denke sie endet wie sie enden muss. Ich werde aus dieser Taverna herauskommen. Entweder in gewahrsam und vermutlich alle Verfolger los. Oder aber ich werde einen weiteren haben und muss zusehen wie ich diesen loswerde. Zumal ich nicht schätze dass man sich für lächerliche 8 Sesterzen die Mühe machen würde."


    Sie hatte klar erkannt, dass sie sich das Lügen ohnehin sparen konnte. Sie konnte wieder sie selbst sein und auch wenn es gefährlich war, sie war doch dankbar dafür.

  • Sie schien mutig zu sein. Vielleicht auch ein wenig wahnsinnig. Und auf alle Fälle verzweifelt. Sein Griff wurde härter und umschloss ihr Handgelenk.


    "Du kommst hier höchstens auf einem Weg raus. Mit mir. Alles andere vergiss ganz schnell. Ein Ruf von mir, und jeder der hier anwesenden Soldaten wird sich Dir in den Weg stellen..."


    Seine Stimme war hart. Vielleicht zu hart. Er versuchte weicher zu reden.


    "Es geht nicht um die acht Sesterzen und das weißt Du selbst. Es geht um die anderen einhundert oder noch mehr, welche Du davor gestohlen hast..."

    Primus Pilus der Legio IX
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  • "Du wagst es jemanden zu verurteilen, jemanden zu beschuldigen in Dingen die du höchstens erahnen, aber niemals nachweisen kannst? Die 8 Sesterzen gebe ich, wenn auch schweren Herzens, gerne zurück."


    Sie zeigte ihm keine Reaktion, auf die Verhärtung seines Grifs. Doch es gefiel ihr nicht. Sie wurde das Gefühl einfach nicht los, dass er seine Worte ernst meinte. Sie legte ihre andere Hand sicherheitshalber auf den Schoß, damit er jene nicht auch ergriff. Sie konnte und musste sie wohl gebrauchen, wenn sie hier heile herauswollte.


    "Lass mich gehen."


    Sie sah ihn ernst an und verlieh ihren Worten Druck. Sie ermutigte sich selbst zu mehr Dreistigkeit, denn Unterwürfigkeit würde ihr schon einmal gar nciht helfen. Und für alle Fälle trug sie noch den Dolch an ihrer Seite, auch wenn sie ihn noch nie genutzt hatte.

  • Er sah ihr direkt in die Augen und war sich unschlüssig was er tun sollte. Das Gesetz forderte einen Verbrecher fest zu nehmen, und wenn der Verstoss noch so gering war. Doch wegen acht Sesterzen? Sollte er diese junge Frau wegen acht Sesterzen den Gerichten zuführen?


    "Ich soll Dich gehen lassen? Damit Du weiter klaust?"


    Sein Griff lockerte sich etwas. Er hatte jedoch nicht vor, sie so schnell gehen zu lassen. Wenn überhaupt.

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  • "Damit ich leben kann."


    Als er seinen Griff lockerte, frohlockte sie innerlich. Sie war sich sicher, dass sie auf dem richtigen Weg war. Tapfer hielt sie seinem Blick stand, auch wenn es ihr schwer fiel den Kontakt zu halten.


    "Eingesperrt verlernt ein Vogel das Fliegen und dies tue ich schon solange."


    Ihre Hand wanderte langsam zu ihrem Gürtel und tastete nach dem Dolch. Gut, er war noch da. Versuchend sich ein wenig zu entspannen legte sie ihre Hand wieder auf den Tisch, doch wohlweislich außerhalb seiner Reichweite.


    "Und nun lass mich. Ich möchte weiter."

  • Er ließ ihre Hand los und zog die seine zurück. Wohl wissend, dass sie sowieso nicht entkommen könnte. In der Taverne saßen zu viele Soldaten, in der Siedlung wimmelte es derer mindestens ebenso vieler und draussen patroulierten die Reiter der Turmae.


    "Erzähl mir wo Du herkommst. Von Deiner Familie..."


    Er winkte dem Wirt und bestellte zwei Wein.

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  • "Ich habe nichts von einer Familie zu berichten."


    erwiderte sie trocken. Sie hatte nicht einmal die Möglichkeit sich einer Familie zu erinnern, da sie mal hier mal dort bei einem reisenden Volk lebte. Ihre Eltern kannte sie nicht. Sollten bei einem Brand verstorben sein. Doch da sie ein familiäres Leben nicht kannte, trauerte sie nicht. Es war ihr gleich.


    "Und eine bestimmte Heimat hatte ich nie. Ich habe mit keiner Silbe gelogen als ich erwähnte, dass ich vogelfrei bin."


    Es tat gut. Nun konnte sie sicher gehen, wenn sie es bezweckte. Doch sie würde es nicht direkt tun, würde sich den sicheren Rückweg erst erschleichen, indem sie im vertrauensseelig begegnete. Indem sie ihn glauben lassen wollte, dass sie niemals etwas tun könnte.

  • Sie sagte vogelfrei und er zuckte zusammen.


    "Wer hat Dich dazu erklärt? Du wirst offiziell gesucht?"


    Sie könnte seine Tochter sein, oder seine jüngere Schwester dachte er und als der Wirt die beiden Becher Wein abstellte, griff er nach einem und nahm einen Schluck. Sie war noch so jung und - vogelfrei. Er konnte es kaum glauben. Vermutlich würde er sie doch zur Vorsicht mit ins Castellum nehmen.

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  • 'Verdammt' schoss es ihr durch den Kopf. Eigentlich hatte sie vogelfrei anders gemeint und doch stimmte die Deutung, die er nun annehmen musste. Wie leichtsinnig von ihr, sie konnte jetzt nicht schon wieder etwas anderes behaupten.


    "Offiziell? Ja, von einer Bande aus meiner Heimat. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie sich wegen eines Armbandes so aufregen, zumal ich es schon lange nicht mehr habe. Und einen anderen Grund, weshalb sie mich verfolgen kann ich mir auch nicht erklären. Erst vor kurzem haben sie versucht mich umzubringen. Da war ich noch in Mog.. mog.. ach diese große Stadt!"


    Sie deutete auf den zweiten Becher und sah ihn fragend an. Doch er schien für sie gedacht und so griff sie freimütig nach diesem.


    "Doch anstatt auf Hilfe treffe ich im römischen Imperium nur auf Abneigung, schon damals in Britannia. Und da sie mir öffentliches Erscheinen unmöglich machen, muss ich mir mein täglich Brot stehlen."


    Und das stimme. Nur, ob er ihr auch glauben würde? Schließlich waren diese Worte wirklich fast nur gedacht, um Mitleid zu erzeugen. Natürlich hatte sie damals versucht Hilfe zu erhalten, doch da sie zu dem Zeitpunkt bereits dem Stehlen frönte, half man ihr freilich nicht sondern jagde sie ebenfalls. Diesen Teil der Wahrheit musste er allerdings nicht unbedingt erfahren...

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