Mein Bruder hatte noch zig Briefe vor meiner Abreise geschrieben. Jetzt wusste das halbe Imperium, dass Papa gestorben war, dass er in Arbeit ertrank und ich zwecks Verheiratung nach Rom reisen würde. Maecenas war eben schon immer sehr mitteilungsbedürftig gewesen.
Nach den letzten Monaten, die uns viel abverlangt hatten, war die Reise nach Rom für mich endlich wieder ein Lichtpunkt in meinem Leben. Auch wenn Maecenas mir dabei Maevius Tullinus zur Seite gestellt hatte, was meine Freude dann doch etwas schmälerte, konnte ich es dennoch kaum erwarten. Der alter Klient meines Vaters hatte sich sofort angeboten, als klar war, dass Maecenas mich nicht begleiten konnte, damit das „arme Mädchen nicht auf sich selbst gestellt nach Rom reisen musste“. Na ja, ich konnte ja die Bedenken meines Bruders nachvollziehen. Das war meine erste große Reise - und dann gleich nach Rom!
Ach ja, Rom – das Zentrum der Welt! Und ich würde dort leben! Ja, ein Teil davon werden. Wenn das nicht einfach umwerfend war! Da nahm ich Maevius‘ Gesellschaft und seine ständigen Ermahnungen gerne in Kauf.
Mit mir reiste auch noch meine Eleni, jene Frau, der ich mein Leben zu verdanken hatte. Eleni war schon immer Sklavin unseres Hauses gewesen. Doch als Mutter damals nach meiner Geburt starb, wurde sie meine Amme. Zu ihr hatte ich daher schon immer ein ganz spezielles und sehr inniges Verhältnis. Eleni konnte ich all meine Geheimnisse anvertrauen und sie stand mir mit ihrem Rat immer zur Seite.
Außerdem hatte Maecenas uns noch einen ganzen Schwung Sklaven mitgeschickt, die für unsere Sicherheit sorgen sollten und, nachdem ich gesund in Rom angekommen war, wieder zurückkehren sollten.
Endlich war der also der Tag gekommen, an dem unsere Reisegesellschaft das Schiff in Piräus besteigen sollte, um damit nach Brundisium zu reisen. Zuvor hatte ich Maecenas und meiner Stiefmutter noch Lebewohl gesagt. Eine letzte Umarmung, ein letzter Kuss, viele Tränen. Dann begann der Reisewagen, der uns zum Hafen bringen sollte, sich in Bewegung zu setzen.
Die frische Seeluft, das Schreien der Möwen und der Geruch des Meeres schickten meine Sinne noch bevor es richtig los ging, auf die Reise. Das war alles so aufregend, auch wenn ich fürchtete, seekrank zu werden.
Glücklicherweise aber verlief die Überfahrt dann ohne nennenswerte Zwischenfälle und auch Neptun war uns gewogen gewesen.
In Brundisium angekommen, wartete bereits ein weiterer Wagen auf uns, der uns auf einer scheinbar endlosen Fahrt auf der Via Appia bis zu den Toren Roms brachte. Nach so vielen Tagen der Reise waren wir alle erschöpft, dennoch konnte ich es kaum abwarten, endlich zur Villa meiner Verwandten zu kommen. Ich freute mich bereits darauf, endlich meine römische Familie in die Arme schließen zu können. Ob es vielleicht auch eine junge Dame in meinem Alter gab? Und der Senator Claudius Menecrates, von dem mir mein Bruder erzählt hatte. Wir hatten ihn nie kennengelernt, kannten ihn aber von Hörensagen.
Auch wenn Maevius heftig zu stöhnen begann, noch eine Nacht wollte ich nicht in einer windigen Herberge verbringen müssen! Schließlich gab er nach. Er organisierte für mich eine Mietsänfte, dann betraten wir die ewige Stadt.
Unsere Reisegesellschaft fand schließlich den Weg zu dem herrschaftlichen Anwesen am Nordwesthang des Mons Esquilinus. Bei meinem Blick aus der Sänfte heraus sah ich, wie sich einer unserer Sklaven sich der Porta näherte und anklopfte.