- Officium XXVI

  • An meinem ersten Arbeitstag hatte ich schon sehr früh die Casa Fabia verlassen und war sogar mit einem gewissen Enthusiasmus in Richtung Palatin marschiert - ein Gefühl, das ich wohl zum letzten Mal bei meiner Erhebung zum Eques verspürt hatte. Durch die Gänge der Administratio wandelte ich - diesmal glücklicherweise auch ohne prätorianischen Geleitschutz - noch problemlos, wenngleich meine erste Anstellung am kaiserlichen Hof schon Jahre zurücklag. Mein neues Officium hatte ich problemlos gefunden und bereits kritisch begutachtet. In naher Zukunft würde ich wohl die ein oder andere Umgestaltung vornehmen, immerhin beabsichtigte ich nicht, meinen durchaus lukrativen und einflussreichen Posten alsbald wieder zu räumen. Gleichwohl war ich der Meinung, dass die Erledigung meiner eigentlichen Arbeit für den Moment im Vordergrund stand, um vor allem dem Kaiser gegenüber mein Bemühen zum Ausdruck zu bringen. Noch hatte ich wohl einen schweren Stand, vor allem gegenüber den bewährten anderen Procuratoren, die mich bereits zum Teil bei der kaiserlichen Audienz kritisch beäugt hatten. Umso ambitionierter war ich meinen neuen Kollegen den Rang abzulaufen.


    Nachdem ich zumindest meinen Schreibtisch provisorisch eingerichtet hatte, fand ich bereits einen Stapel an Anfragen und Empfehlungsschreiben vor, die bei der nächsten Runde der Standeserhebungen berücksichtigt werden sollten. Unter vielen unbekannten Namen fand ich auch ein interessantes Schreiben. Der Brief kam von Iunia Axilla, der Frau des Pompeius Imperiosus, der vor Jahren mein Vorgesetzter gewesen war. Sie bat um ein persönliches Gespräch, dem ich natürlich zustimmen wollte. Sie hatte immerhin vor Jahren mitunter dafür gesorgt, dass ich den Ritterring erhalten hatte. Natürlich erkannte ich in einer Unterredung mit der Iunia auch einen gewissen Selbstzweck: So konnte ich herausfinden, wo der Pompeier verblieben ist, nachdem er im Bürgerkrieg auf das falsche Pferd gesetzt hatte.

  • Den Weg zu finden war nicht weiter schwer. Axilla war mit ganzen zwei Procuratores a memoria verheiratet gewesen und hatte beide in ihren Amtsräumlichkeiten besucht. Und so groß war die Administratio ja nun doch wieder nicht, als dass man da den Weg vergessen und sich verlaufen könnte. Den ein oder anderen Blick, der ihr in ihrer Aufmachung folgte, genoss sie dabei durchaus. Es war schön, mal wieder als Frau wahrgenommen zu werden.
    Mit einem breiten Lächeln im Gesicht also klopfte Axilla am Officium des a memoria an und trat nach Aufforderung dann auch ein. Hier im Gebäude ohne den Wind von außen saß ihr Kleid etwas weniger körperbetont, aber immernoch so, dass es mehr offenbarte, als wirklich verbarg. Die Seide raschelte leicht, als sie zum Procurator hinüber ging. Der Name auf den Brief war ihr bekannt vorgekommen, auch wenn sie ihn nicht zuordnen konnte. Als sie den Mann jetzt aber sah, meinte sie nicht, ihn von irgendwoher wieder zu erkennen. Allerdings machte das auch nichts. Er war ein Mann, er konnte ihr potentiell helfen, er hatte schon zwei Pluspunkte gesammelt, ohne auch nur den Mund aufgemacht zu haben.
    “Salve, Procurator Fabius. Ich bin Iunia Axilla“, stellte sie sich noch immer strahlend wie die Morgensonne vor.

  • "Herein!", rief ich mit tiefer Stimme und blickte interessiert auf, als Iunia Axilla mein neues Officium betrat. Natürlich war ich vorbereitet und hatte mir meine nötigen Unterlagen zurechtgelegt, immerhin hatte ich das Gespräch selbst terminiert. Unvorbereitet war ich hingegen im Hinblick auf die durchaus attraktive Aufmachung der Gattin des Pompeius, die mich unweigerlich an meine verstorbene Ehefrau Calvia zurückdenken ließ. Allerdings keineswegs aus Gründen der Ähnlichkeit, sondern vielmehr weil sie rein äußerlich das genaue Gegenteil von ihr verkörperte. Nach außen hin wahrte ich allerdings meinen kühlen Blick, um mich nicht schon im ersten Moment gedanklich vor ihr zu entblößen. Sicherlich war ich nicht der erste, der von ihr angetan war. Noch dazu hatte ich mir vorgenommen, meine Leichtlebigkeit in Alexandria zurückzulassen. Ein kurzer Blick auf den reizlosen Aktenstapel vor meinen Augen genügte, um mir jedwedes unprofessionelle Gedankenspiel schnellstmöglich wieder auszutreiben. "Salve, Iunia", grüßte ich sodann nüchtern zurück und wies ihr mit einem Handzeichen den Platz direkt an der anderen Seite meines Schreibtisches zu. "Ich freue mich dich kennen zu lernen." Nun gut, eigentlich hatte ich nicht mehr mit einem persönlichen Kennenlernen gerechnet, nachdem ich mit der Erhebung in den Ritterstand auch alles bekommen hatte, was ich mir von der Beziehung zu ihr und Pompeius erwünscht hatte. Noch dazu wusste ich nichts genaues um ihre Rolle bei den damaligen Empfehlungen, konnte ihr als direkter Kontakt meines Patrons aber zumindest einen gewissen Einfluss zugute halten. "Falls du dich fragst, wer ich überhaupt bin: Dein Mann Pompeius war einst mein Vorgesetzter in der Kanzlei, vor dem Bürgerkrieg und vor meiner Erhebung in den Ritterstand", stellte ich zunächst meine Verbindung zu ihr klar. Sie machte immerhin nicht den Eindruck, als wüsste sie, mit wem genau sie es zu tun hatte. "Kann ich dir etwas verdünnten Wein anbieten?" Wohl kaum würde ich dies in Zukunft jedem meiner Besucher offerieren, hier stellte ich mich allerdings auf ein längeres Gespräch ein.

  • Nicht einmal ein kleiner Blick? Trotz der Mühen? Einer der Pluspunkte wurde soeben infrage gestellt. Aber gut, Axilla war auch nicht hier, um einen neuen Liebhaber zu finden, sondern um ihre Chancen zu besprechen, in den Ritterstand zu kommen. (Trotzdem... ein kleiner Blick und ein wenig aufblitzendes Verlangen... nur ein bisschen... war doch nicht zuviel verlangt...)
    Gerne nahm Axilla auf dem angebotenen Stuhl platz und schlug gekonnt die Beine übereinander. Dieses Kleid lies das einwandfrei zu. Außerdem gab sie so ganz die Hoffnung nicht auf, doch noch eine kleine Reaktion zu bekommen. Vielleicht stand der Procurator ja mehr auf Beine? Eine Frau hatte schließlich viele Waffen.
    “Oh, nein, lieber nur Wasser, oder falls du da hast, Posca. Wein und ich sind keine Freunde. Und wir wollen doch nicht riskieren, dass ich noch anfange, auf deinem Schreibtisch zu tanzen“ scherzte Axilla lachend. Auch wenn es wahr war. Jedes Mal, wenn sie auch nur ein bisschen zuviel Wein getrunken hatte, war irgendwas schreckliches oder furchtbar peinliches passiert. Gut, auch ein paar ganz wunderbare Dinge, aber doch meistens eher peinliche.
    “Und daher kenne ich also deinen Namen! Ich hatte mich schon die letzten Tage gefragt, wo ich den Namen Cnaeus Fabius Torquatus schon einmal gehört habe. Vermutlich hat mein Mann früher einmal von dir erzählt im Zuge seiner Arbeit. Rom ist halt manchmal doch ein Dorf, wie es scheint.“ So ganz wusste Axilla nicht, ob das jetzt gut oder schlecht war, dass ihr Noch-Ehemann und der Fabier sich kannten. Imperiosus konnte sowohl liebenswürdig als auch ziemlich niederträchtig sein, je nachdem, ob er einen leiden mochte oder nicht. Axilla hatte die besten, aber auch die schlimmsten Seiten dieses Mannes kennen gelernt und hatte keine Ahnung, welche Seite er dem Fabier gezeigt hatte. Aber das würde sich sicher herausfinden lassen.

  • Natürlich blieb ich beim Anblick der Iunia nicht völlig desinteressiert, ich erachtete es aber seit jeher als meine große Stärke meine Gefühle und Gedanken nicht nach außen zu kehren. Gerade jetzt, da ich die provinzielle Freizügigkeit hinter mir lassen und Professionalität leben wollte. In Alexandria hatte ich immerhin mehr die Freuden des Lebens genossen als meinen Dienst getan, aber das musste hier ja niemand wissen. Und so mimte ich also den unbedarften Schreibtischtäter, wenngleich ich mir einen kurzen Blick bei Axillas Beinüberschlag nicht versagen konnte. Ich war eben doch nur ein Mann und kein Eunuch. Recht zügig begab ich mich aber wieder auf Augenhöhe und widmete mich ihren Worten. Ohnehin ging ich davon aus, dass die Iunia um ihre Wirkung wusste, sodass ich mich bemühte mich nicht auf diese Weise beeinflussen zu lassen - obgleich die Mittel einer Frau auch bei mir schon des öfteren Wirkung gezeigt hatten. "Ich kann dir alternativ nur Wasser anbieten, da ich das Officium gerade erst bezogen habe", bemerkte ich, während ich mich zu einem kleinen Abstelltisch an der Seite begab, Wasser in einen Becher schenkte und ihn ihr reichte. Gedanklich hatte ich mir bereits notiert, einem Bediensteten der Kanzlei die Aufbesserung meines Getränkeangebots anzutragen. Auf ihre Bemerkung hin lächelte ich dann etwas zurückhaltend und hatte sogleich ein fantasievolles Bild vor Augen, während ich wieder Platz nahm. "Keinesfalls, ich will dich nicht in Verlegenheit bringen." "Natürlich will ich sehen, wie du auf meinem Schreibtisch tanzt" hätte ich eher sagen wollen, aber das behielt ich besser für mich.


    "Apropos, wie geht es Pompeius?", versuchte ich schnell meine Gedanken von diesem Bild weg zu bewegen. Er war ein enger Vertrauter Salinators gewesen und hatte wohl jetzt kaum noch Chancen auf eine große Karriere. Wie präsent er im Moment aber tatsächlich war, konnte ich schwer einschätzen, immerhin war ich selbst lange fort von Rom gewesen. Ich wusste nur, dass sein Sohn ebenfalls ein Klient von Senator Purgitius war. Umso interessierter wartete ich nun eine Antwort ab, seinen Posten in der Kanzlei hatte er auf jeden Fall verloren.

  • Ah, also Beine! Der Pluspunkt wurde bekräftigt, Axillas Lächeln verstärkte sich und sie begann, leicht rhythmisch mit dem freien Fuß zu wippen. Soviel Ablenkung musste der Procurator über sich ergehen lassen, als Strafe, Axilla so lange zappeln zu lassen. Oh, was hatte Axilla dieses kleine Spiel doch vermisst!
    Sie nahm also das Wasser, nippte einmal höflich daran und stellte es dann beiseite. Gerade rechtzeitig, um mit dem Wippen ihres Fußes kurz aus dem Takt zu geraten, als Torquatus sich nach ihrem Mann erkundigte. Nun, die Frage war ja zu erwarten gewesen, aber wie antworten? “Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, ging es ihm gut. Er wollte nur für ein paar Tage die Stadt verlassen, bis sich die Wogen gänzlich geglättet hätten, und war sehr glücklich, seinem jüngsten Spross noch rechtzeitig einen Namen gegeben zu haben. Allerdings wird Cossus im Frühjahr zehn Jahre alt, und mir sind es nun zuviele Tage, noch weiter darauf zu warten, dass er doch zurückkommt.“
    Das kam vielleicht etwas schnippischer rüber, als Axilla es eigentlich gedacht hatte. Aber sie hatte mit ihrem Mann nur drei wundervolle, drei sehr turbulente und zehn schreckliche Jahre Ehe gehabt, da war ihr das wohl doch hoffentlich nachzusehen. “Meine letzte Information ist, dass er nach wie vor in Griechenland ist und irgendwie versucht, sich zu rekonstruieren, anstatt einfach nach Rom zu kommen und sich um seine Familie zu kümmern. Und bevor ich noch gänzlich in den Status einer Vestalin verfalle, habe ich beschlossen, der ganzen Farce nun ein Ende zu bereiten. Allerdings wohlüberlegt und geplant. Deshalb bin ich hier.“
    Axilla beobachtete die Reaktion des Fabius, um ihr weiteres Vorgehen abschätzen zu können. Aber das war gar nicht so einfach, in seinen Zügen zu lesen. Vorsichtig tastete sie sich also weiter. “Du verstehst, noch bin ich jung genug, um als Ehefrau oder Geliebte in Betracht zu kommen. Allerdings möchte ich da bei meiner Suche nicht eingeschränkt sein, um einen Statusverlust zu vermeiden. Und am einfachsten geht das, indem ich meinen Status zementiere. Dann habe ich mehr zu bieten als mein Vermögen und das hier.“ Bei diesem Wort lehnte sie sich leicht zurück und führte ihre Hand in einer zeigenden Geste ihren Körper entlang. “Aber ich bin mir noch nicht ganz klar, wie ich eben dieses Ziel bewerkstelligen könnte.“

  • Axillas Ablenkung nahm ich nicht wirklich wahr, denn für den Moment war die Geschichte über Pompeius das einzige, was mich in den Bann zog. "Zehn Jahre?", fragte ich ungläubig. Natürlich nicht, weil die Zeit für mich in Alexandria langsamer vergangen wäre, sondern vielmehr, weil ich kaum glauben konnte dass der ehemals so ambitionierte Ziehsohn Salinators für so lange Zeit der Hauptstadt fern geblieben war. Andererseits war auch ich ambitioniert gewesen, als ich Rom verlassen hatte und lange nicht zurück gekehrt. Der Pompeier hatte zwar keinesfalls zu meinem favorisierten Personenkreis gezählt, aber das Streben nach Macht und Einfluss hatten wir sicher gemein. Und wer wusste schon, vielleicht hätte ich mich in seiner Position damals ebenfalls an Salinator gebunden.


    Etwas verwundert war ich darüber, dass mir die Iunia so offen über ihn erzählte. Immerhin hätte sie mir genauso gut eine Lüge über eine Krankheit auftischen können und ich wäre gezwungen gewesen es zu glauben. So hatte ich noch nicht vollständig durchdrungen, was genau ihre Absichten waren. Sie wollte den Ritterstand, so viel war bereits ihrem Brief zu entnehmen gewesen und so trug sie es auch jetzt vor. Aber das war wohl kaum alles.


    Das Wort "Geliebte" und ihre darauffolgende recht eindeutige Geste entlang ihres Körpers brachten mich dann doch kurz aus der Ruhe. Ich bewegte meinen Kopf leicht hin und her, als würde ich mir dadurch erhoffen jeglichen unsäglichen Gedanken von mir abzuschütteln und nahm einen kräftigen Schluck Wein, natürlich nicht verdünnt. Dachte ich zuvor noch, ich wäre auf dieses Gespräch hinreichend vorbereitet gewesen, erlebte ich nun doch eine gewaltige - in gewisser Hinsicht auch angenehme - Überraschung. Die Iunia scheute sich nicht sonderlich in die Offensive zu gehen und ich konnte solchen Spielchen durchaus etwas abgewinnen. Zudem war ich recht firm in der Kunst der Improvisation. "Nun gut, dann bist du bei mir sicher genau richtig. Ich könnte deinen Namen bei den nächsten Standeserhebungen vorbringen, wie es dein Mann - oder Ex-Mann, wie auch immer - vor Jahren für mich getan hat. Manch anderer würde sagen, ich bin einen Gefallen schuldig", begann ich zunächst vielversprechend, nachdem ich mich wieder gesammelt hatte. "Andererseits ist das lange her. Dein Mann ist fort, sein ältester Sohn ohne Einfluss und Amt und du..." Kurz blickte ich auf eine Tabula, die ich vorbereitet hatte. "...bist gebildet, hast das ius liberorum und eine frühere Tätigkeit bei der Acta Diurna vorzuweisen. Und außerdem noch einen recht stattlichen Landbesitz", stellte ich für ihre Haben-Seite fest. "Dennoch, ich kann mich nicht gänzlich mit dem Gedanken anfreunden, hier nur als kleines Rädchen in einer größeren Geschichte zu fungieren, wenn du verstehst was ich meine", eröffnete ich recht ergebnisoffen die Debatte über ihre Soll-Seite und lehnte mich leicht zurück.

  • “Ex. Definitiv Ex. Direkt nach unserem Gespräch wollte ich es in der Regia auch offiziell eintragen lassen“, merkte Axilla an passender Stelle an, als der Fabier kurz bei dieser Stelle zögerte, und hörte dann weiter zu. Er konnte sie also einfach vorschlagen und dann ginge das seinen Gang? So einfach? Und er war da noch diesen Gefallen schuldig? Axilla wusste zwar nicht, ob es ein Gefallen für Imperiosus wirklich war, ihr den Ritterstand zu ermöglichen, aber sie nahm ihn trotzdem sehr gerne an.


    Als Torquatus ihre Errungenschaften auflistete, nickte Axilla zustimmend bei jeder einzelnen mit dem Kopf. “Und davor war ich die rechte Hand des Gymnasiarchos von Alexandria und Epistates tou Museion Nikolaos Kerikes“, vervollständigte sie die Liste. Damals war sie zwar noch jung gewesen und hatte eigentlich keinen nennenswerten Einfluss gehabt, aber retrospektiv hatte sie damals viel darüber gelernt, wie Diplomatie und die höhere Gesellschaft funktionierte. Sowohl Nikolaos als auch Urgulania waren hervorragende Lehrer gewesen, die sie beide in ihrem Leben noch immer schmerzlich vermisste.
    Die Anspielung danach war aber wohl etwas zu subtil für Axilla, denn sie verstand nicht, worauf genau er hinaus wollte. Er wollte also lieber ein großes Rädchen sein? Axilla schlug noch einmal langsam die Beine andersherum übereinander. “Und mit welcher Rolle würdest du dich eher anfreunden?“ fragte sie mit kokette, Augenaufschlag betont unschuldig. Sie hatte zwar wirklich keine Ahnung, aber so klang es zumindest so, als wisse sie es genau, und wolle nur spielen.

  • Ich streichelte mir leicht über das Kinn, nachdem die Iunia noch mit ihren weiteren Tätigkeiten in Alexandria argumentiert, das Ende ihrer Ehe verkündet hatte und nun recht offen nach meiner gewünschten Rolle fragte. So recht konnte ich im Moment noch nicht sagen, was bei der Iunia für mich zu holen war, aber da wollte ich mich auch auf die Kreativität der anderen Seite verlassen. Immerhin war ich dieses Mal nicht der Bittsteller. "Manus manum lavat", "eine Hand wäscht die andere", begann ich zunächst recht offen. "Welche Rolle wärst du denn bereit mir zu geben?", fragte ich weiter. Immerhin wollte ich mich mit irgendwelchen voreiligen Forderungen nicht schlechter stellen, als in dieser Situation möglich war.


    Ich nahm einen Schluck Wein und wollte sodann auch noch den familiären Hintergrund erforschen. "Wie steht es um deine Verwandtschaft? Gibt es Ritter in deiner Familie? Abgesehen von deinem Ex-Mann, dessen Status dir wohl kaum mehr ein gewichtiges Argument liefern kann." Natürlich hatte ich mich vor dem Gespräch auch über ihre Verwandtschaft informiert und welche Ämter sie im Moment besetzte. Nichtsdestotrotz würde es sich für mich wohl als aufschlussreicher erweisen, wenn die Iunia selbst über sie berichtete.

  • Axilla nahm noch einen Schluck Wasser und drehte danach ihren Becher leicht mit den Fingern ein wenig in der Hand. Der Fabier sagte nicht, was er von ihr wollte, was ihrer Erfahrung nach zwei Dinge bedeuten konnte: Entweder, er wusste es selbst nicht, oder aber, er wusste es sehr genau, traute sich aber nicht, es zu sagen und wollte von ihr erst eindeutige Signale haben. Letzteres war aber wirklich schwer, da sie bei allen Fähigkeiten, die sie hatte, die des Gedankenlesens allerdings vermisste. Daher stand – oder besser saß – sie nun da und wusste nicht wirklich, in welche Richtung das Ganze hier gehen sollte.
    Glücklicherweise stellte der Fabius aber auch noch eine weitere Frage, deren Beantwortung weitaus einfacher fiel, da es hier ganz klar richtige Antworten gab. “Meine Familie ist eine der ältesten von ganz Rom, ist doch unser Ahn Iunius dereinst mit Aeneas von Troja hierher gesegelt. Daher haben wir natürlich eine sehr lange Geschichte an Männern und Frauen, die Rom gedient haben. Wenn wir uns aber auf noch lebende Iunii beschränken wollen, wären da Lucius Iunius Silanus, der es bis zum Procurator ab Epistulis unter Kaiser Valerianus gebracht hat. Dann noch meinen Vetter Aulus Iunius Avianus, der zuletzt Tribunus angusticlavus bei den Cohortes Urbanae war, und meinen Vetter Aulus Iunius Seneca, momentan Praefectus der Ala in Germania Superior. An Rittern mangelt es meiner Verwandtschaft definitiv nicht“ , lächelte Axilla den Procurator gewinnend an.


    Blieb also nur noch die unbeantwortete Frage von zuvor übrig. Welche Rolle wollte Axilla dem Fabius gewähren? Was dachte sie, was er von ihr wollte? Er war selber Ritter, daher wäre Geld vermutlich kaum ein geeignetes Mittel, wenngleich sie davon einiges hatte. Doch da Axilla ziemlich genau wusste, was ein Procurator der kaiserlichen Kanzlei verdiente, würde sein Vermögen das ihre vermutlich bald eingeholt haben, da sie im Gegensatz zu ihm ihres nur aus ihrer Geschäftstätigkeit zog. Was zwar durchaus sehr erfolgreich und üppig war, dennoch kein Festgehalt.
    Was also dann? Land war völlig indiskutabel. Ein Stück Land im Rahmen eines Ehevertrages als Dos abzugeben, wäre denkbar, aber ansonsten würde sich Axilla nur dann von Land trennen, wenn es ihrer Verwandtschaft den Ritterstand sicherte. Ganz sicher würde sie niemanden damit bestechen.
    Nun, aber was konnte der Fabius von ihr wollen? Sie betrachtete ihn einmal ausgiebig. Er war groß, schlank, sein Haar wohl nicht mehr so voll, wie es in seiner Jugend war, aber durchaus ausreichend. Er war nun kein Adonis, aber durchaus ganz ansehnlich. Warum nicht?
    Axilla erhob sich, stellte den Becher leicht auf dem Tisch ab und schlenderte am Tisch entlang, eine Hand dabei leicht mit den Fingerspitzen über das Holz fahrend. “Ist dir bekannt, wie ich zu meinem ersten Ehemann kam? Nicht Imperiosus, ich meine Aelius Archias.“ Damals, vor fast zwanzig Jahren, war es ein Thema für wilde Spekulationen in Rom gewesen. Allerdings war es wirklich, wirklich lange her, seitdem war weitaus spannenderes passiert, und Axilla hatte keine Ahnung, ob der Fabius in seiner Jugend den Klatsch verfolgt und ihn sich gar gemerkt hatte, oder ob er damals auch nur in Rom war.

  • Interessiert hörte ich mir Axillas Ausführungen zu ihrer Familie an und wurde letzlich in dem Wissen bestätigt, das ich mir zuvor schon in der Vorbereitung auf dieses Gespräch angeeignet hatte. Da war vor allem Iunius Silanus, der mir durch seine Karriere am Kaiserhof schon zuvor ein Name gewesen war, über dessen Stellung ich im Moment allerdings nichts genaues sagen konnte. Ein allzu wichtiges Amt besetzte er auf jeden Fall nicht. Die anderen beiden Genannten kannte ich nicht, verfügte vor allem der eine mit seiner Präfektur in Germania Superior hier in Rom kaum über hohen Einfluss. Die Ferne zu Rom hatte immerhin auch mich selbst während meiner Zeit in Aegyptus eingeschränkt, wenngleich gewisse andere Vorzüge nicht zu leugnen waren. "Deine Familie hat gewiss eine lange und ehrenwerte Tradition, daran besteht kein Zweifel", stimmte ich den Ausführungen der Iunia zu. Im Vergleich zu meiner eigenen Familie hatte sie sicher die weitaus größeren Namen hervorgebracht, vor allem da es meinem eigenen Familienzweig an einer langen Geschichte mangelte. Allerdings war ich fest entschlossen, eine solche zu begründen und mich dafür auch in eine entsprechende Position zu bringen.


    Gerade als ich fortsetzen wollte, erhob sich Axilla und schlenderte am Tisch entlang. Instinktiv wich ich mit dem Kopf etwas zurück, auch wenn von ihr keinerlei Gefahr für mich ausging. Es war wohl mehr die Überraschung darüber, was sie nun hier an Ort und Stelle einzuleiten versuchte. Ich faltete meine Hände vor meinem Bauch, als wäre ich in freudiger Erwartung eines Spektakels und beobachtete erst ihre Finger, dann musterte ich sie in Gänze. Zu behaupten, ich wäre nicht von ihr angetan, wäre eine glatte Lüge gewesen. Dennoch versuchte ich Contenance zu wahren und mich nicht überschnell einlullen zu lassen. Ich räusperte mich leicht und ging dann auf ihre Bemerkung ein: "Aelius Archias? Noch nie gehört." Die Aelier waren einst eine privilegierte Familie gewesen, bevor Valerianus verstarb und Salinator an die Macht kam. Auch dieser Einfluss gehörte aber wohl mittlerweile vergangenen Tagen an. So wartete ich also geduldig, dass mich Axilla über dieses Kennenlernen ins Bilde setzte.

  • Kurz zuckte Axillas Mund in einem leicht wehmütigen Lächeln. Ja, das alles von damals war wirklich schon sehr lange her, es war geradezu eine andere Zeit gewesen. Die großen Namen von damals, die Helden und die Schurken, wer kannte die heute noch? Wer wäre heute noch beeindruckt, wenn sie ihm erzählte, wie sie einem Terentius Cyprianus die Stirn geboten hatte? Wer würde sich heute noch darüber wundern, warum Flavia Celerina Selbstmord begangen hatte? Wer konnte sich heute wohl vorstellen, dass sie einen Duccius Vala aus dem Tiber gefischt hatte? So viele Namen, so viele Gegebenheiten, alles nur noch eine Geschichte, kaum mehr als ein Gerücht, flüchtig wie ein Lufthauch. Aelius Archias bildete da keine Ausnahme.
    “Caius Aelius Archias war der Großneffe des Imperators Ulpius Valerianus und Neffe des vierfachen Consuls Aelius Quarto. Natürlich war er mit dem Kaiser nach dessen Adoption durch Iulianus nicht mehr wirklich mit ihm verwandt, aber wie nah das Verhältnis doch noch ging, kann man schon daran sehen, dass die Aelier ihr Domus hier auf dem Palastgelände hatten. Er war 32, Ritter, recht gutaussehend... zu dieser Zeit wohl Roms begehrtester Junggeselle.“ Axilla wollte mit Archias nicht angeben, dies war nicht ihre Intention. Aber es stimmte durchaus, dass er wohl mit die beste Partie in Rom zu jener Zeit war. “Und verlobt war er mit Decima Seiana, 25 Jahre alt, durch und durch das Ebenbild einer ehrenwerten Matrone mit allen Tugenden, und Nichte des Praetorius und Kriegshelds Decimus Livianus, der ein Klient des Aelius Quarto war und den alle Welt schon als nächsten Consul handelte.
    Kurz gesagt, die beiden waren wohl die Traumvorstellung eines angehenden Paares, ein Gewinn an Prestige und Einfluss für beide Familien, eine durch und durch gewinnbringende Verbindung.“

    Axilla war nun schon halb um den Tisch herumgeschlendert und näherte sich nun betont langsam dem Fabier, dem sie einen besonders bedeutungsschwangeren Blick unter langen Wimpern zuwarf.
    “Ich war 16 Jahre alt, mein Vetter Silanus der einzige meiner Familie mit etwas Einfluss, und ich hatte kein Geld, kein Land, keinen Einfluss... Dennoch hat sich Aelius Archias vor den Augen der gesamten, besseren Gesellschaft wegen mir zum Affen gemacht, weil er eifersüchtig war, nur weil ich einen anderen Mann zu einem Fest begleitete, mehr nicht. Und er löste diese so gewinnbringende Verbindung, um mich zu heiraten.“
    Axilla war mittlerweile ganz um den Tisch herum auf der Seite des Fabiers und blickte ihn unumwunden von oben nach unten abschätzend an und lächelte ihn anschließend vielsagend an, ganz so, als gefalle ihr, was sie sehe. Leicht lehnte sie sich nach hinten gegen den Tisch und setzte sich ganz leicht darauf, ihre Hände als leichte Stütze links und rechts neben sich an der Tischkante. “Denk einmal darüber nach, wie ich wohl das bewerkstelligt habe. Und bedenke, dass ich heute mehr weiß, als damals. Und ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du mir den Ritterstand verschaffen könntest.“
    Der ihm nähere Fuß berührte wie zufällig kurz und schmeichelnd sein Bein. Jetzt lag es am Fabius, ob ihm dieses unausgesprochene Angebot gefiel, und was er damit zu tun gedachte.

  • Genüsslich lauschte ich den Erzählungen der Iunia und verfiel geradezu in eine Trance, als sie sich dabei näher und näher zu mir bewegte. Mein Puls steigerte sich und mir gefiel die Richtung, in die sich das Gespräch zu entwickeln schien. Alle Einzelheiten ihrer Ausführungen konnte ich dabei nicht mehr erfassen, da mich die Person, die direkt vor mir stand, weitaus mehr interessierte als die Geschichten vergangener Tage. Als sie sich dann gegen meinen Tisch lehnte und ich ihren Fuß an meinem Bein spüren konnte, war ich der Versuchung fast verfallen. "Ich...", stotterte ich knapp heraus, ohne überhaupt zu wissen, was genau ich darauf antworten sollte. Die Versuchung war unendlich groß und ich war gewillt aufzuspringen, um mich an Ort und Stelle auf dieses kurze Vergnügen einzulassen. Unzählige Gedanken schossen mir dabei durch den Kopf: 'Wer würde bei dieser Frau nicht schwach werden?', 'Du musst die Gelegenheit nutzen'...Doch gleichzeitig hörte ich meine eigene mahnende Stimme, die mir recht deutlich vor Augen führte, dass es eben doch nur ein kurzes Vergnügen war. Vor meiner Rückkehr hätte ich keine Sekunde widerstanden, doch ich musste meine eigenen Ziele im Auge behalten. Es dauerte einen ganzen Moment, der sich wie Minuten anfühlte, ehe ich ich ihren Fuß griff und ihn sanft zur Seite bewegte. "Es scheint so, als wären dir alle Mittel recht, um deine Ziele zu erreichen. Dahingehend sind wir uns sogar ähnlich", entgegnete ich, nachdem ich die Fähigkeit zu sprechen wiedergewonnen hatte.


    Eilig sprang ich dann von meinem Stuhl auf und bewegte mich zum kleinen Tisch an der Seite des Raumes, um mir Wein nachzuschenken. Es war offensichtlich, dass ich nur räumliche Distanz zur Iunia herstellen wollte, da ich die Spannung kaum ertragen konnte. Ich leerte einen ganzen Becher Wein auf ex, holte tief Luft und wandte mich dann wieder zu meinem Gast. "Es fällt mir schwer dein Angebot auszuschlagen...offensichtlich. Aber ich bin kein Jungspund mehr und muss zum Wohle meiner Familie auch andere Dinge im Kopf behalten. Auch wenn deine Argumentation sehr überzeugend ist", erklärte ich und lächelte dabei schmeichelnd. "Deine Familie hat einen großen Namen, aber im Moment wenig Einfluss. Meine Familie hat keinen Namen, aber ich habe eine aussichtsreiche Position. So wie es aussieht bist du deine vergangenen Beziehungen kaum nur aus romantischen Idealvorstellungen eingegangen, sondern weil du weiter kommen willst. Und ich bin ebenfalls kein Romantiker und will weiter kommen.". Ich pausierte kurz und bewegte mich nun selbst in ihre Richtung am Tisch. "Meine Frau ist lange tot, aber für einen Mann meines Standes ziemt es sich nicht, für alle Zeit als Witwer zu leben." Meine verstorbene Frau Calvia wäre aktuell auch unter meinem Wert gewesen und ich hätte sie in meiner heutigen Situation kaum geehelicht, aber das war eine andere Geschichte. "Daher schlage ich eine eheliche Verbindung vor. Werde meine Frau und ich werde dir den Ritterstand verschaffen...und außerdem auch alles dafür tun, dass deine Söhne ihre Ziele erreichen", sprach ich dann offen heraus, während ich unmittelbar vor ihr stand. Wohl kaum war eine derartige Situation, wie sie sich hier gerade abspielte, gewöhnlich, schon gar nicht in einem Officium bei einem ersten Treffen. Aber ich war eben auch kein gewöhnlicher Mann und glaubte auch nicht, dass die Iunia eine gewöhnliche Frau war. Außerdem konnte sie, befreit von der Geschlechtsvormundschaft, ihre eigenen Entscheidungen treffen.

  • Axilla konnte es in Torquatus Augen sehen, dass er sie begehrte. Sie konnte hören, wie sein Atem stockte, um dann wieder schneller zu werden, konnte sehen, wie er schluckte, wie seine Pupillen sich weiteten und auf ihrem Körper ruhten. Und doch rührte er sich nicht. Einen Augenblick, zwei... Als er schließlich Axillas Fuß nahm und zur Seite bewegte – zur falschen Seite! - war sie doch verunsichert. Hatte sie sich getäuscht? Oder hatte sie in ihrem Alter nicht mehr die Ausstrahlung, die sie in ihrer Jugend gehabt hatte? War sie zu alt und machte sich nur noch lächerlich?
    Tapfer blieb sie sitzen und zwang die zweifelnden Gedanken beiseite. Und hörte zu, als der Fabier seinen Becher geleert hatte und zu einer kleinen Erklärung seinerseits ansetzte. Er bekräftigte auch gleich zu Beginn sein Interesse an ihrem Angebot, was Axilla durchaus dankbar aufnahm. Die Zweifel rückten noch weiter zurück und machten einer vorsichtigen Neugierde Platz. Er wollte also etwas anderes von ihr als ein kurzes Vergnügen. Soweit so verständlich.
    Was aber dann folgte, hätte Axilla beinahe mit einem hysterischen Lachen beantwortet. Ihre Überraschung war ihr wohl anzusehen, so gut hatte sie sich dann doch nicht unter Kontrolle, aber zumindest konnte sie das Lachen vollständig unterdrücken. Die Situation hatte aber auch eine geradezu unschlagbare Komik! Da war sie gekommen, um den Ritterstand zu erlangen, um danach sich einen Ehemann suchen zu können, und ging anscheinend mit einem Ehemann, um danach den Ritterstand zu bekommen. Es war offenbar ihr Schicksal, mit dem jeweils amtierenden Procurator a memoria verheiratet zu sein, anders war das wohl nicht zu erklären, dass nun bereits der dritte Ritter auf diesem Posten sie zur Frau wollte.
    Axillas Lächeln wurde breiter, schelmischer, befreiter. Sie war sich der Nähe des Fabiers im Moment durchaus sehr bewusst, und ihr Körper sehnte sich nach dem, was sie zuvor schon erwartet hatte und was nun schon so lange aufgeschoben worden war. Zehn Jahre war Imperiosus weg gewesen! Ausgehungert beschrieb noch nicht einmal annähernd Axillas Zustand. Dennoch widerstand sie dem Drang, ihn nun einfach an sich zu ziehen und die Spannung, die zwischen ihnen herrschte, endlich zu einem Ziel zu führen. “Welche Bedingungen für den Ehevertrag schweben dir vor?“, gurrte sie ihm entgegen und bewegte ihren Oberkörper leicht in seine Richtung. Sie wollte doch gar nicht warten! Sie wollte auch nicht, dass er wartete! Sie wollte... nunja, wenn er nicht blind war, wusste er es längst.
    Dennoch zwang sie sich, noch einen Augenblick zu warten. Ihre rechte Hand verließ die Tischplatte und fuhr nur ganz leicht, ihn kaum berührend, am Stoff seiner Tunika entlang. Doch wollte sie nicht die Katze im Sack kaufen. Selbst, wenn es so eine verführerische Raubkatze war.

  • Axillas Überraschung über meine recht forsche Offerte blieb mir nicht verborgen, aber damit hatte ich auch gerechnet. Immerhin hatte sie vor dem Betreten dieses Officiums wohl erwartet einen gelangweilten Bürokraten vorzufinden, der spätestens ihrem eindeutigen Angebot eines schnellen Vergnügens erliegen würde. Andererseits hatte ich mich - zumindest in dieser Hinsicht - nicht auf das Gespräch vorbereitet. Immerhin konnte ich ja nicht wissen, dass der Pompeier bereits geschlagene zehn Jahre auf der Flucht war und seine Familie in Rom zurückgelassen hatte! Ohnehin war ich verwundert, wie eine Frau für so lange Zeit selbst für sich sorgen konnte, wenngleich ich mich noch an eine Andeutung meines Patrons im Hinblick auf Axillas geschäftliche Aktivitäten erinnern konnte. All das spielte für den Moment allerdings keine Rolle mehr, denn mein Eheangebot war ausgesprochen und machte für mich in meiner Situation durchaus Sinn. Im Gegensatz zu meiner alten Frau Calvia war die Iunia eine Schönheit, offensichtlich nicht auf den Kopf gefallen und hatte Ambitionen. Noch dazu entstammte sie einer ehrbaren Familie mit einer gewissen Bekanntheit. Und zuletzt forderte sie mich auf ihre Art und Weise heraus - und das reizte mich außerordentlich.


    Dass Axilla meinen Ausführungen dann nur eine Gegenfrage entgegenbrachte, war zumindest ein Indiz, dass sie der Sache nicht gänzlich abgeneigt war. Natürlich hätte ich eine etwaige Abneigung auch nicht nachvollziehen können, wenn ihre Ambitionen nicht nur gespielt waren. Immerhin war ich ein Eques Roms, sprach jeden Tag mit dem Kaiser und hatte einen Consular als Fürsprecher. "Nun, die üblichen beidseitigen Pflichten...du behältst dein Vermögen, deine Freiheit...", sprach ich nun leiser und bewegte dabei meinen Kopf weiter in ihre Richtung, nachdem mir ihr Näherkommen und ihre rechte Hand an meiner Tunika nicht verborgen geblieben waren. "...und ich erhalte eine dos, um die Ehe öffentlich zu bezeugen und vom Konkubinat abzugrenzen", fügte ich noch hinzu, während auch meine Hand langsam zu ihr glitt und ich sodann langsam ihrem rechten Arm entlang streichelte. "Aber willst du die Einzelheiten nicht später besprechen?", flüsterte ich nun schon fast, während mein Kopf dem ihren nun bedrohlich nahe war, näher als sich zwei fremde Menschen je kommen würden. Dass das Verlangen an dieser Stelle nicht einseitig war, war auch für mich offensichtlich und ich wollte natürlich nichts unversucht lassen, wenn ich sowohl das kurze Vergnügen als auch die Ehe haben konnte. Immerhin sehnte ich mich immer nach allem und drängte immer nach mehr.

  • Nun, seine Ansprüche an die Ehe klangen nicht überzogen. Eigentlich alles ganz gewöhnlich, einfach ein Vertrag zum beidseitigen Nutzen. Axilla war durchaus dem ganzen nicht abgeneigt. Natürlich konnte das alles auch eine Falle sein, um jetzt schon etwas zu bekommen und später erst die wahren Absichten zu offenbaren. Aber selbst, wenn dem so war, könnte man an dieser Stelle wohl vortrefflich darüber streiten, wer von ihnen beiden gerade wen für ein kurzes Vergnügen ausnutzen würde. Axilla war also mehr als bereit, Fabius Torquatus so viel Vorschussvertrauen zu gewähren – und selbst auf ihre Kosten zu kommen.
    Seine Berührung verursachte einen wohligen Schauer. Axilla konnte fühlen, wie ihr Körper noch weiter erwachte und dem seinen entgegenstrebte. Ihre Hand glitt an an seiner Brust entlang nach unten. “Wieso?“ kokettierte sie unschuldig lächelnd. “Fühlst du dich etwa... abgelenkt?“ Bei dem letzten Wort umschloss ihre Hand seinen Gürtel und zog ihn zu sich, so dass ihre Körper sich nun erstmals wirklich berührten. Ganz leicht schmiegte sie sich auch noch an ihn, atmete tief seinen Geruch ein, ließ die Phantasie schon einmal vorauseilen zu dem, was folgen mochte. Ihr Kopf reckte sich seinem entgegen, bereit zum Kuss, aber wie bei jedem guten Kuss war es an ihm, das letzte Stück zu überwinden. Ein guter Küsser ging nie über die volle Distanz, sondern ließ noch soviel Abstand, dass dem anderen die Möglichkeit blieb, auszuweichen – und wenn er es nicht tat, es ihm wie eine magische Anziehungskraft vorkam. Und seine Lippen hatten auf Axilla eine wirklich große, magische Anziehungskraft im Moment. "Einverstanden" hauchte sie ihm entgegen und überließ es dabei seiner Vorstellung, ob sich ihr Einverständnis auf das jetzt folgende oder auf seinen Antrag bezog.
    Ihr Hand glitt noch ein wenig tiefer. Und dann tat Axilla ihr bestes, Fabius Torquatus von der Richtigkeit seiner Entscheidung zu überzeugen und sich ihrerseits ein ausführliches Bild seiner ehelichen Qualitäten zu machen.

  • Als sie mich am Gürtel zu ihr zog, wollte ich nicht mehr sprechen, sondern sie nur noch haben. Ich hatte viele Feste in Alexandria gefeiert und hatte viele schöne Frauen gehabt, aber kaum eine hatte ich so begehrt wie die, die gerade auf meinem Schreibtisch saß. Nach ihrem Einverständnis - auf was nun genau bezogen war mir sichtlich egal, denn ich kommentierte es nur mit einem verschmitzten Lächeln - näherte ich mich langsam und stetig, die Distanz wurde geringer und ich musste mich mit beiden Händen am Tisch abstützen, als sich unsere Lippen letztlich berührten. Ich küsste sie langsam und zurückhaltend, ließ meine Hände dabei an ihre Hüfte gleiten und packte sie dann von beiden Seiten etwas fester, während ich auch ihre Hände an meinem Körper spürte. Dann wurde ich schneller, gieriger und löste den Gürtel meiner Tunica, derer ich mich sogleich kopfüber entledigte. Ich wollte nicht länger warten. Nun konnte man gut erkennen, dass ich noch in Form war, auch wenn ich in Alexandria durchaus genussvoll und ausschweifend gelebt hatte. Auf meinen Körper hatte ich aber stets geachtet, denn dazu hatte ich mehr als genug Zeit gehabt.


    Nachdem ich mich meiner Tunica entledigt hatte, schmiegte ich mich nun ganz nah an sie, meine Küsse wurden forscher und ich übernahm die Kontrolle. Mit beiden Händen schob ich ihr Kleid nach oben, das mich mit seinem körperbetonten Schnitt so lange um den Verstand gebracht hatte und schob sie an ihren nackten Hüften zu mir. Und dann...dann genoss ich das Liebesspiel, während diesem sich unsere Körper vereinigten. Erst langsam, dann schneller und intensiver, aber stets rhythmisch, als würde in meinem Kopf ein Metronom beständig den Takt vorgeben. Und dabei dachte ich weder an irgendeine Hochzeit, an den Ritterstand, oder daran, dass uns die Kollegen in den engen Gängen der Administratio hören konnten, sondern nur an den Moment und ließ mich voll und ganz auf Axilla ein.

  • Sein langsames Vorgehen machte Axilla beinahe wahnsinnig. Seine Lippen schmeckten nach Wein, und es verlangte sie nach mehr. Sein Körper war schön, gepflegt, roch nach Mann, und Axilla wollte mehr. Als er sie endlich packte, entrang sich Axilla ein Stöhnen. Und sie wollte mehr! Und Torquatus gab ihr mehr, so unendlich viel mehr.
    Sehr schnell war Axilla der Rest an Kleid zu warm, und ohne die Bewegung zu unterbrechen öffnete sie einhändig die Fibeln an ihren Schultern, während die jeweils andere Hand sich wahlweise am Tisch oder an Torquatus festhielt. Das Kleid rutschte herunter und lag nun in seiner Gänze um ihre Hüften, während Axilla ihre freigelegten Reize nur zu gern dem Fabius präsentierte und sich einfach nur noch dem Genuss und der Begierde hingab.


    Als es irgendwann vorbei war – Axilla hatte jegliches Zeitgefühl verloren – schmiegte sie sich eng an ihn und lauschte einfach nur ihrem Herzen. Oder vielleicht auch seinem, wer mochte das in solch einem Augenblick schon sagen? Ihr Körper zuckte noch hin und wieder vor Verzückung, wie ein kleines Nachbeben nach einem – oder eigentlich mehreren, wenn sie sich recht erinnerte – großen Erdbeben. Sanft küsste sie die Schulter, in die sie zu einer dieser Gelegenheiten gebissen hatte, und streichelte über seinen Rücken, der wohl den ein oder anderen Kratzer davongetragen haben dürfte.
    Vielleicht wäre es besser gewesen, sie hätte mehr Initiative übernommen. Axilla hätte den Fabius auf seinen Stuhl drängen und dort festhalten können. Oder ihm kokett ihre Kehrseite zeigen sollen. Oder ein paar akrobatischere Übungen einbringen sollen. Aber diese Gedanken waren eher rein akademisch, denn auch ohne dies war sie sich recht sicher, dass es Torquatus gefallen hatte, und vor allem, dass ihm gefallen hatte, wie sehr das alles ihr gefallen hatte.
    Sie schmiegte sich noch einmal eng an ihn. Dass er verschwitzt war, störte sie nicht weiter. Im Gegenteil, so fand sie ihn noch männlicher. Und musste dann doch kichern. Zuletzt hatte sie etwas ähnlich unvernünftiges getan... sie wusste es nicht mehr. “Ich nehme an, den Primicerii da draußen wird ganz schön warm jetzt sein“, scherzte sie befreit, um die Stille dann doch zu brechen.

  • Ich hielt Axilla noch eine ganze Weile in den Händen, spürte meinen Puls, der sich langsam beruhigte und fand allmählich wieder zu einem geregelten Atem. Mein Rücken brannte leicht und ich spürte den Biss an meiner Schulter, doch ich fühlte dies nicht als Schmerz. Vielmehr fühlte ich eine tiefe Zufriedenheit, die meiner Erregung gefolgt war. Diese Zufriedenheit präsentierte ich nach außen hin mit einem Lächeln und ich war mir auch sicher, dass Axilla das alles genossen hatte, was mich nur umso besser stimmte. Ich hielt meine neue Bekanntschaft noch eine ganze Weile in den Armen, bis auch ihr Körper sich beruhigte und sie die intime Ruhe scherzend durchbrach. "Ganz sicher...", entgegnete ich lächelnd und störte mich an diesem Gedanken in keinster Weise. Selbst wenn einer der Beamten in den Raum geplatzt wäre, hätte ich unsere Zweisamkeit nicht unterbrochen, denn dafür hatte ich alles viel zu sehr genossen. Außerdem war ich Procurator und hatte mich allein schon deshalb kaum vor den einfachen Primicerii und Notarii darüber zu rechtfertigen, wie ich meine Gäste behandelte und wie viel Aufmerksamkeit ich ihnen schenkte. Wenngleich die Aufmerksamkeit, die ich Axilla geschenkt hatte, kaum einem anderen Gast zuteil werden würde.


    Einen Moment später ließ ich langsam von ihr ab, griff meine Tunica am Boden und zog sie mir wieder über, ehe ich sie mit meinem Gürtel fixierte. Dann schenkte ich dieses Mal nicht nur mir, sondern auch ihr einen Becher Wein ein und reichte ihn ihr zum Tisch. Die Gefahr, dass sie letztlich doch noch auf meinem Tisch tanzen würde, war nach all dem was passiert war wohl kaum mehr als Risiko zu betrachten. Erschöpft ließ ich mich dann wieder auf meinem Platz nieder und nahm einen großen Schluck Wein, während ich sie weiter eindringlich musterte. "Willst du jetzt über unseren Ehevertrag sprechen?", fragte ich amüsiert.

  • Axilla blieb noch weiter auf dem Tisch sitzen, wo sie war. Vom Wein nahm sie einen nicht allzu großen Schluck und sah sich nach ihrem Wasserbecher um. Dessen Inhalt verteilte sich etwas ungünstig über den Tisch und tropfte zu Boden. Offenbar hatte ihr Liebesspiel ihn sein Gleichgewicht gekostet. Dann eben doch Wein. “Dein Officium bietet nicht zufällig den Luxus eines Handtuchs?“ fragte sie recht praktisch denkend einmal nach. Sie wollte keine Flecken auf der teuren Seide ihres Kleides. Während Fabius... nein, das klang nach dem Sex irgendwie falsch. Nachdem Torquatus es sich auf seinem Stuhl wieder bequem gemacht hatte und sie halb scherzhaft auf den Ehevertrag wieder ansprach, nestelte sie mit den Fibeln die obere Hälfte ihres Kleides wieder zurecht.
    “Wenn du dich darauf nun konzentrieren kannst“, neckte sie ihn scherzhaft zurück und legte den Kopf leicht schief. “Aber bevor wir anfangen, würde ich gerne noch ein wenig mehr von dir wissen. Also ich weiß, dass du eine gute Position hast, gut aussiehst und weißt, wie du mich zum stöhnen bringst. Aber sonst noch recht wenig. Ich könnte natürlich auch meine Spione auf dich ansetzen und so alles herausfinden, aber wenn ich schonmal hier bin und wir so ehrlich miteinander sein wollen, frag ich dich einfach: Wo wohnst du, und wer wohnt dort noch? Irgendwelche bucklige Verwandtschaft, auf die ich mich einstellen müsste? Hast du Kinder aus vorherigen Ehen? Oder auch Spurii?“ Das waren durchaus Dinge, die es zu wissen galt, ehe sie über den Preis dieser Verbindung verhandeln wollten. Axilla war es zu lange gewohnt, ihre eigene Herrin zu sein, da wollte sie ungern mit der Erbtante aneinander geraten.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!