Auf einem Feld vor Tarraco

  • Arria trat aus der Stadt und schon bald fand sie, was sie suchte: Ein Feld mit einer von Büschen geschützten Stelle. Sie hatte sich extra eine nicht übermäßig feine Tunika angezogen und ließ sich jetzt in diesem Eckchen auf dem Boden nieder. Sie musste nachdenken. Nachdenken über das, was geschehen war. Und am besten konnte sie das bei Ceres. Doch da Tarraco (noch) keinen Ceres-Tempel hatte, musste sie Ersatz suchen - und für die Erdgöttin war Erde wohl der beste Ersatz. Fast glaubte sie, die Umarmung wieder zu fühlen, die im templum cerealis in Rom um sie gewesen war.


    Still saß Arria eine Weile da und dachte nichts. Sie genoss nur die Sonne und den kühlen Boden, es war gerade Mittag gewesen und die Sonne stand hoch am Himmel.


    So viel war in den letzten Tagen geschehen, worüber sie nachdenken musste, jetzt, da Imperiosus wieder weg war. Da war Valeria, ihre Mitschülerin. Sie hatte ein viel schweres Los und war doch so voller Lebensfreude. Schwanger von ihrem scheinbaren Cousin, den sie liebte und den sie dennoch nicht lieben durfte. Und dennoch sah sie voller Hoffnung in die Zukunft, auch wenn es keine solche gab, wie sie es wollte. Er wollte sie heiraten, obwohl die Familie annahm, dass sie eine Decima war? Dass sie seine Cousine war? Wie stellten sie sich das vor? Es würde nicht weniger Schande über sie bringen... Vor allem: Wie sollte der Sohn eines Senators und der zukünftige Pater Familias der Decimer eine Frau mit unehelichem Kind heiraten? Warum war das Leben so ungerecht zu Valeria? Sie hatte doch ein so liebes Wesen und so viele Hoffnungen. Konnte sie da nicht einfach auch ein glückliches Leben führen?


    Arria seufzte. Es brachte wohl nichts, groß darüber nachzudenken. Sie konnte nicht wirklich helfen, denn von ihrem Vater - fand sie ihn denn - wollte sie ja nicht adoptiert werden, um nicht aus dem Einfluss der Decimer zu geraten oder ihnen Schande zu bringen, weil sie sich angeblich ja bereichern wollte. Nunja... Helfen würde sie ja gerne, aber sie konnte wohl nicht mehr machen, als für die junge Frau da zu sein und ihr zuzuhören.

  • Es war ein windiger Tag, an dem ich beschlossen hatte, einen kleinen Spaziergang zu machen. Ich trug mein Haar offen und war einmal völlig ungeschminkt. So fühlte ich mich mit Abstand am Besten. Doch der Himmel schickte weder Regen noch Schnee, wodurch es mir völlig ausreichte warm angezogen zu sein. Die Stille war wunderschön, wenn man sich den ganzen Tag das Geschrei von Kindern anhören durfte.



    Edit: Ja, die Sanftheit des Himmels...

  • Arria hörte plötzlich Schritte, die auf dem Weg knirschten und blickte sich um, sah ihre Lehrerin. Schnell richtete sie sich auf und trat auf die Frau zu.


    "Salve, Helena! Welch eine Freude, dich hier zu treffen", begrüßte sie sie.

  • Als ich Arria aufmerksam auf mich zukommen sah, befürchtete ich schon das Schlimmste, doch sie bewahrte mich freundlicherweise vor einem "Pontifex". Sie nannte mich Helena weshalb ich ihr ein äusserst dankbares Lächeln schenkte.


    "Salve Arria! Ich sollte verwundert sein, doch ich nehme an dich kann ich aufgrund des Feldes hier antreffen? Bist du wegen Ceres hier?"

  • Arria nickte leicht und lächelte.


    "Ja, in der Tat ich bin wegen Ceres hier. Was könnte auch bei Ermangelung eines Tempels ein besserer Ort zur Verehrung der Erdgöttin sein als ein Feld", zwinkerte Arria und lächelte einigermaßen fröhlich. "Imperiosus ist heute früh abgereist, ohne sich zu verabschieden."

  • Ich sah sie etwas verdattert an. Da schien ich ja gerade Recht zu sein. War sie auf dem Feld um einigermaßen wieder zu sich selbst zu finden? Das war ja nicht besonders nett von Imperiosus. Ich versuchte wieder optimistisch zu wirken.


    "Vielleicht wollte er es dir ja nicht noch schwerer machen."


    ich legte meine Hand sanft auf ihre Shulter.

  • Arria lächelte leicht und zuckte mit den Schultern.


    "Wenn ich seinem Brief glauben schenken darf, dann war es so. Seine Worte, die er auf das Pergament geschrieben hat, sind wirklich unglaublich lieb und einfühlsam. Ich glaube, er ist einfach so gegangen, weil er sonst nicht losgekommen wäre", erzählte Arria und grinste leicht. "Ich kann wohl sehr überzeugend sein, wenn ich will."

  • "Na, gut dass er dich durchschaut hat!"


    lachte ich und schüttelte den Kopf.


    "Ich denke aber, dass du seinen Worten wirklich Glauben schenken solltest. Wenn er es sogar gesagt hat... In der Hinsicht reden Männer meist ohnehin nicht und wenn er das gesteht... Dann stimmt es sicher!"


    Ich sah kurz über das Feld und lächelte. Dann blickte ich Arria wieder an.


    "Möchtest du ein wenig mit mir des Weges gehen?"

  • "Ich glaube es ihm ja. Ich bin nicht hier, um ihn zu verfluchen", zwinkerte Arria und nickte dann zu Helenas Angebot. "Ich begleite dich gerne ein Stück. Ich bin nur hier, um nachzudenken und Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Ceres hat mir dabei bisher immer sehr geholfen", erklärte sie.

  • "So, hat sie das."


    murmelte ich lächelnd.


    "Ich bin ebenfalls hier um wieder ein wenig zur Ruhe zu kommen. Für gewöhnlich würde ich ja ausreiten, aber momentan ist es mir etwas zu gefährlich, mich allzuweit allein von der Stadt zu entfernen."


    Ich setzte mich in Bewegung und sah auf den Boden vor mir, ehe ich mich zu Arria wandte.


    "Sag, hast du eigentlich schon weiter gedacht? Also mit dir und dem Iulius Imperiosus?"

  • "Ich reite auch sehr gerne, aber du hast recht, es ist nicht sicher in diesen Tagen", antwortete Arria und zuckte dann leicht mit den Schultenr. "Inwiefern weiter gedacht? Ob wir heiraten wollen? Vater und Imperiosus haben darüber geredet... Und Vater will sich mit dem Pater Familias von Imperiosu treffen", gab sie Auskunft. Ob sie damit das getroffen hatte, was Helena hören wollte, wusste sie allerdings nicht.

  • Ich schmunzelte.. Es war eine seltsame Sache. Bei mir würde sich wohl weder der Pater der Matinia noch mein zukünftiger Pater gegen eine Hochzeit stellen. Vermutlich, weil es nicht die erste wäre. In deren Augen war ich schon eine reife Frau, ich hatte Kinder und war Pontifex.


    "Ja, bei mir war das damals auch ein ganz schönes Durcheinander. Zu damaligen Zeiten waren die Factiones noch politisch und ich in der Aurata. Heiraten wollte ich jemanden aus der Praesina und beide Seiten waren nicht besonders friedlich miteinander. Und da mein Vater damals ohnehin eine Glucke war..."


    Ich musste bei der Erinnerung an Anton lächeln.


    "Und du? Wie denkst du über die Hochzeit?"

  • Arria wiegte leicht mit dem Kopf hin und her.


    "Das kommt darauf an. Ich will nicht nur mit Imperiosus verheiratet werden, weil er Iulier ist und damit einer einflussreichen Gens angehört. Aber ich liebe ihn und würde gerne seine Frau sein. Aber eben nicht nur, um das Ansehen der Gens zu steigern oder etwas dergleichen. Und... Was wäre, wenn ich noch vor der Heirat ein Kind bekäme? Wäre ich dann nicht die Schande schlecht hin für die Gens? Würde mich die Gens Iulia dann noch aufnehmen oder sich doch lieber jemand anderen für Imperiosus suchen? Es gibt so viele Ungewissheiten, die sich nicht lösen und die ich am liebsten aus dem Weg geräumt haben möchte. Aber mir fehlt die Macht dazu."

  • "Nun, vor Allem deinem Ansehen als ehrbare Frau würde eine vorzeitige Schwangerschaft einiges abtun. Aber ich schätze, dadurch dass die Iulia so bedeutend ist, wird es auch sie nicht sonderlich begeistern, sie tragen viel Verantwortung auf ihren Schultern, denn viele sehen zu ihn auf. Doch wenn Imperiosus dich liebt, können sie niemand anderen für ihn suchen. Es ist seine Entscheidung, wen er heiratet. Der Pater Familias hat nicht dies zu entscheiden, sondern nur ob er die Heirat absegnet."


    Ich sog tief die Luft ein, es tat gut einmal aus Tarraco herauszukommen, ohne die Anstrengungen des Reitens in Kauf zu nehmen.


    "Du hast seinen Pater doch sicherlich kennengelernt. Wie kommt ihr miteinander aus?"


    Warum sie auf die Idee der Schwangerschaft kam, fragte ich besser noch nicht...

  • "Und wenn er sie nicht absegnet? Dann kann Imperiosus auch nichts machen", gab Arria zu bedenken. Zumindest glaubte sie, dass es so war. Auf Helenas weitere Frage hin zuckte sie mit den Schultern. "Ich habe noch nicht viel mit ihm geredet, aber er scheint sehr nett zu sein und war äußerst freundlich zu mir. Was er für einen Eindruck von mir hat, weiß ich allerdings nicht, nachdem ich nebenher mit Imperiosus diskutiert habe, warum er nicht in Tarraco bleiben kann, da es hier ja auch einen Merkur-Tempel gibt."

  • "Ja, das würde mich auch interessieren! Du hast also mit ihm darüber gesprochen. Warum möchte er denn unbedingt nach Rom? Er könnte Mercurius hier ebenfalls sehr gut dienen, vor Allem da dies ja Provinz ist, für welche Mercurius wie auch Ceres sehr wichtig sind."


    Ich sah sie fragend an.

  • Arria zuckte hilflos mit den Schultern.


    "Er hat mir nicht wirklich eine zufriedenstellende Antwort gegeben. Er meinte, Rom sei das Zentrum des Cultus Deorum und er hätte dort etwas zu erledigen. Aber sonst weiß ich nichts", antwortete sie und seufzte. "Dabei ist Rom so hässlich, Zentrum hin oder her."

  • Ich musste grinsen.


    "Ich schätze, da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich glaube weniger, dass es ist, weil dort das Zentrum ist, sondern weil er dort bessere Aufstiegschancen hat.. Ab Saerdos wäre hier für ihn Schluss, oder auch als Sacerdos Maior. Viele gehen nur nach Rom, weil dort noch die Collegien vertreten sind. Und manche auch nur in den Cultus Deorum, weil man nicht schlecht verdient. Das glaube ich jetzt nicht von Imperiosus, aber leider ist es eine Tatsache, dass viele gar nicht wegen den Göttern zu uns stoßen. Dabei sollte man den Priester nicht als Karriereleiter betrachten, auch wenn er sehr angesehen ist."


    Je länger ich sprach, je ernster wurde mein Gesichtsausdruck, denn zur Schande der Menschen war es tatsächlich so.

  • Arria lächelte leicht und nickte.


    "Ich habe erst beschlossen, den Cultus beizutreten, nachdem ich Imperiosus schon kannte. Als ich ihm davon erzählte, war er völlig entsetzt, weil er dachte, ich würde es nur seinetwegen machen und er wollte es mir sogar ausreden", erzählte sie und rückte damit Imperiosus wieder ins rechte Licht.

  • "Das ehrt ihn. Ich hätte es im ersten Moment auch beinahe gedacht, doch rasch erkannte ich, dass Imperiosus und der Cultus für dich zwei völlig verschiedene Dinge sind, die dir aber beide sehr am Herzen liegen. Das finde ich schön."


    Mein Blick schweifte über die Felder.


    "Erzähl mir von Imperiosus. Wie ist er?"

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