Auf einem Feld vor Tarraco

  • Arria lächelte sie an und blickte leicht in den Himmel.


    "Also erstmal sein Aussehen... Er hat so ... halblange Haare, fast blond, aber nicht richtig, eigentlich doch ein wenig bräunlich... Schwer zu sagen. Und dadurch, dass er lange in Griechenland gelebt hat, ist er gebräunt und... ach, er sieht einfach wunderbar aus", schwärmte sie und wurde dann rot. "Nunja - zumindest aus meiner Sicht", fügte sie relativierend


    "Und wie er ist... er ist sehr freundlich und fürsorglich, sehr liebevoll aber auch selbstbewusst."

  • Genauso hatte ich ihre Beschreibung von dem Liebsten erwartet: Er schien völlig ohne Schwächen zu sein. Doch wie würde ich von Metellus sprechen? Vermutlich kaum anders.


    "Ich habe ihn damals auf der Sponsalia gesehen. Wahrlich gut schaut er aus."


    lächelte ich.


    "Es tut mir leid, wenn ich dich zu sehr ausfragen sollte... Aber magst du mir noch ein wenig über dein Leben erzählen?"

  • Arria lachte leise und schüttelte den Kopf. "Das macht doch nichts", versichert sie und überlegt dann.


    "Was gibt es über mich zu erzählen... Ich wurde vor 21 Jahren in Rom von meiner Mutter, Petronia Sabina, geboren. Sie war Priesterin der Ceres, doch nach meiner Geburt starb sie wenig später am Kindbettfieber. Vater zog mich mit Hilfe einer Amme alleine auf. Oft war ich böse auf ihn, weil ich nicht verstand, warum er etwas auf diese und keine andere Art und Weise regelte, aber ich liebe ihn. Er ist der beste Vater, den ich mir vorstellen kann und er hat mir nie eine neue Mutter aufgezwungen, bis heute nicht", erzählte sie leise von sich.

  • "Ja, es war sicherlich auch schwer für ihn, eine Frau heranzuziehen. Ein Freund von mir hat ähnliches mit einem adoptierten Kind gemacht, deren Eltern in den Flammen verstorben. Ihr hattet es beide sicher nicht leicht, denn eine Mutter fehlt eigentlich stets. Doch wie es sich für mich anhört möchtest du auch gar keine Mutter?"


    ich musste schmunzeln.

  • "Ich hätte gerne jemanden, mit dem ich über all die Dinge reden könnte, die man mit seinem Vater nicht bereden kann als Mädchen, aber eine Mutter, nein, die will ich wahrlich nicht. Es käme mir heuchlerisch und falsch vor, vor allem, weil Vater meine Mutter all die Jahre hindurch aus tiefstem Herzen geliebt hat, auch wenn er sich ab und an mit anderen Frauen vergnügt hat", antwortete sie ruhig und ernst.

  • Ich nickte verständnisvoll.


    "Ja, das kann ich gut verstehen. Bevor ich aber lang ausschweife, was ich beinahe getan hätte, möchte ich dir etwas sagen. Ich bin nur wenige Jahre älter als du und ich bin eigentlich sehr jung für mein Amt, doch trotzdem schätze ich, habe ich durch Heirat und Kinder etwas mehr Lebenserfahrung. Du kannst dich mit all deinen Fragen gerne an mich als Freundin wenden."


    Ich legte kurz meine Hand auf ihre Schulter und lächelte, ehe ich sie wieder herunternahm und über das Land sah.


    "Ich kenne dein Problem nämlich, denn auch ich hatte nie eine Mutter, sie verstarb allzu früh. Jene Frau, von der ich zumindest dachte sie wäre meine Mutter."

  • Arria lächelte dankbar.


    "Ich werde mich daran zurückerinnern", antwortete sie und drückte kurz die Hand auf ihrer Schulter, ehe sie nickte. "Wie bist du aufgewachsen? Nur bei deinem Vater oder hattest du jemanden anderen, der sich um dich gekümmert hat?", fragte sie noch nach, wurde dann jedoch rot. "Du musst es mir natürlich nicht erzählen, wenn du nicht willst."

  • "Ach, hör auf. Natürlich erzähle ich dir davon. Ich möchte dich allerdings noch bitten: Wenn wir nicht im Unterricht sind, bin ich deine Freundin, nicht deine Lehrerin. Und gerade als Solche brauchst du dich für deine Worte nicht zu entschuldigen!"


    Ich schüttelte grinsend den Kopf.. Sicher, eigentlich sollte ich auf Respelt bestehen, doch das würde noch kommen. Jetzt wollte ich ihr einfach das Gefühl geben, dass ich sie nicht ausquetschte, sondern sie ebenfalls Antwort auf ihre Fragen erhielt.


    "Nun, mein 'Vater' war der Senator et Censor Cicero Octavius Anton, einer der größten Römer unserer Zeit. Bis zu meinem sechsten Lebensjahr blieb ich bei ihm, doch dann trennte er mich und meine Zwillingsschwester. Ich wurde nach Achaia gesandt und lebte dort bei meinem Onkel, was mich also in die gleiche missliche Lage brachte in der du jetzt bist. Meine Mutter starb als ich noch klein war, im Kindbett und sie nahm die vierte Tochter mit sich ins Elysium. So dachte ich bisher immer, wie mein Leben aussah."


    Mein Blick wurde ernster als ich an die letzten Tage zurückdachte.


    "Doch schon in wenigen Tagen werde ich den Namen Rediviva. Mein scheinbar wirklicher Bruder tauchte auf und verkündete mir, dass die Octavia einst mich nur adoptierte. Bald kommt es soweit, dass ich durch meine eigene Verwandtschaft nicht mehr durchblicke."


    Ich seufzte und lächelte sie leicht resigniert an.

  • Arria hörte ihr aufmerksam zu und zuckte schließlich mit den Schultern.


    "Ist es wichtig, von welchem Blut du bist? Was zählt, ist doch, welche Familie für dich die deinige ist. Mag sein, dass er dein Bruder ist, aber du hast ihn so lange nicht gesehen, wusstest bisher nicht einmal, dass er existiert und nun sollst du ihn wie ein Familiemitglied behandeln? Die Octavia und wohl auch die Matinia sind deine Familie geworden, selbst wenn du nur adoptiert wurdest", antwortete sie nach einer Weile nachdenklich. Das Freundschaftsangebot nahm sie still entgegen und ließ es unerwidert. Auf ein solches Angebot antwortete man nicht, man freute sich darüber.

  • "Nein, ich nehme ihn gerne als meinen Bruder an. Seit mein... Vater au der Octavia verstarb und mein Lieblingsbruder erstochen aufgefunden wurde, hält mich dort nicht viel. Mein Onkel war für mich meine Familie, bis ich nach Rom zurückkehrte und dort wurde es Anton. Nichts ist mehr dort, nur mein Cousin. Doch er und ich kommen uns auch erst jetzt näher. Die Matinia... Nunja. Sie adoptierten mich als mein Mann verschollen war, denn ich brauchte Hifle und war hier beinahe allein."


    antwortete ich.

  • Arria nickte verständnisvoll und lief langsam neben ihr her, schwieg eine Weile. "Sind dir die Matinia wenigstens wirklich eine Familie geworden? Und was ist mit deinem Mann? Hat man ihn inzwischen gefunden? Wie habt ihr euch kennengelernt?", fragte sie neugierig und hätte sich fast wieder entschuldigt, erinnerte sich aber an die Worte Helenas.

  • "Ja, Maximus..."


    lächelte ich leise, doch ein Hauch von Trauer schwang in meiner Stimme mit. Es würde mir noch immer nicht leicht fallen, von ihm zu sprechen, doch vielleicht half es. Sie war die erste, die nach ihm fragte.


    "Nun, Publius Tiberius Maximus habe ich damals in Mogontiacum kennengelernt. Ich war wegen meiner Ausbildung des Cultus Deorums in Germania und nun... Wir sind uns das erste Mal auf den Stufen des Marstempels begegnet, wo ich meine Ausbildung begonnen hatte. Er wollte dem Mars opfern, da er gerade in der Legio II eingestiegen war. Da er etwas zulange seinen Ausgang genossen hatte, kam er in den Genuss die Latrinen zu säubern."


    Ich musste lächeln, zu einem Grinsen war ich nicht ganz fähig.

  • "Weniger wie man sich als Plebejer vielleicht einen Patrizier vorstellt. Er hatte durchaus seinen Stolz, nahm aber das Standesdenken nicht allzu ernst Ihm liegen eher die alten römischen Traditionen und gute Sitten am Herzen. In der Legio stand er selbst als Offizier noch immer ganz vorne, was ihm vermutlich dieses Mal zu großen Schaden gebracht hat."


    Letzten Satz fügte ich nur sehr leise an, denn er war ebenfalls sehr wichtig um seinem Charakter noch klarere Züge zu verleihen.


    "Zu mir war er immer sehr liebevoll und stets darauf bedacht, mir gutes zu tun. Seine Verwandte Tiberia Claudia, mir eine sehr gute Freundin, war in dieser Hinsicht ähnlich. Sie ist die Patrizierin schlechthin, wie man sie sich vorstellt, aber doch ein guter Mensch wie wenige."

  • Arria nickte verständnisvoll. "Ich habe Tiberia Claudia kennengelernt. Sie kam mir ein wenig... kurz angebunden und unfreundlich vor. Aber dazu habe ich sicher auch meinen eigenen Teil zu beigetragen", antwortete Arria nachdenklich.

  • "Ach, Claudia ist vielbeschäftigt und schon immer ein wenig ruppig gegenüber vollkommen Fremden gewesen. Ich hoffe ich besitze ihre Freundschaft noch immer, denn wir haben uns wahrlich lange nicht mehr gesehen. Wie geht es ihr?"


    Ja, wahrlich hatte ich sie eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen, Sie war einer der wenigen Gründe, weshalb ich gern nach Rom reisen würde.

  • "Sie sah gut aus, aber wie es ihr wirklich geht, kann ich dir nicht sagen", antwortete Arria mit einem Schulterzucken. "Ich habe nur kurz mit ihr Gesprochen, um in den Cultus aufgenommen zu werden und habe sie wohl etwas enttäuscht. Ich war so furchtbar nervös, dass ich anfangs ganz vergessen habe, ihr zu sagen, dass ich nach Tarraco ziehen musste."

  • "Ich glaube kaum. Ich habe manchmal das Gefühl, dass sie immer so bös dreinschaut um sich Respekt zu verschaffen. Wer sie wirklich gut kennt durchschaut sie irgendwann. Aber den Meisten lässt sie wohl auch gar nicht die Möglichkeit es zu erkennen."


    Ich lächelte.


    "Mach dir keine Gedanken, sie ist nicht nachtragend. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da sie meine Schülerin war."

  • "Ja, das glaube ich dir. Damals als sie nach Tarraco kam war ich schon Pontifex und Matrone der gens Tiberia. Ich habe ihr den Cultus Deorum ans Herz gelegt und sie trat bei. Ich habe sie bis auf eine kurzweilige Unterbrechung im Cursus Honorum gelehrt, doch da war sie nahezu schon Sacerdos. Dann lag ich lange krank und habe mich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen. Und kaum dass ich wieder antrat, mit einem nahezu neuen Leben, reiste sie nach Rom ab um als Flaminca Minervae zu agieren."


    lächelte ich.

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