Ein Bote der Casa Decima gab folgende Briefe ab:
An T. Decimus Verus, Casa Decima – Mercator, Roma, Italia
Salve Decimus Verus, Onkel,
Es ist fremd und ungewohnt, zu wissen, dass da noch ein Blutsverwandter existiert. Vater hat mir nie von dir erzählt. Warum er es mir verschwiegen hat, ebenso meine Mutter werde ich nie erfahren. Dich habe ich anhand unseres Stammbaumes gefunden. Ein Decimus Cursor ist ebenfalls verzeichnet, gesehen habe ich ihn noch nicht. Es heißt er sei auch hier. Als einfacher Legionär geht man da unter. Das wird es sein, was bis jetzt ein Treffen, mit ihm verhindert hat. Dafür habe ich Decimus Serapio kennengelernt. Er stammt aus der anderen Linie unserer Familie, aber ich kann sagen, dass wir uns trotzdem sehr gut verstehen. Das er Tribun ist, ist für mich kein Grund nicht selber etwas zu tun. Ich schaffe es alleine. Meine Feuertaufe habe ich hinter mir. Dabei habe mich meine erste bittere Erfahrung machen müssen. Schluss endlich haben wir den Wüstenreitern gezeigt, dass mit Rom nicht zu spaßen ist.
Der Dienst in der Legion, ist für mich der Dienst an Rom. Haben wir dieses Pack endgültig zerschlagen geht es zurück nach Alexandria. Dort werde ich mir dann Gedanken über meine Zukunft in der Legion machen. Gewisse Ziele habe ich mir jetzt schon gesetzt. Es wird seine Zeit brauchen, so wie bei jedem anderen Legionär, da gebe ich mich keiner Illusion hin. Ich habe die nächsten Jahre ausreichend Zeit.
Wegen der fremden Liebschaften musst du dir keine Gedanken machen. Hier in der Wüste herrscht da eher Mangel an Frauen. Es hat sich schon Wochen keine blicken lassen. Danach sehne ich mich hier nicht wirklich, eher nach einem Bad in einer Therme. Zu trinken haben wir genug, aber für ein Bad reicht es eben nicht. In Rom soll es gute Thermen geben. Außer dir, wäre das für mich ein zweiter Grund nach Rom zu kommen. Aber du weißt, als junger Legionär wird es vorerst nur ein Wunsch bleiben. Das soll es vorerst gewesen sein. Mars wird mit uns sein und wir bald wieder in Alexandria.
Vale Onkel mögen die Götter dich beschützen
A. Decimus Massa
Titus Decimus Verus
Casa Germanica
Roma
Salve Verus,
ich schreibe dir heute aus zwei Gründen. Lass mich zuerst Bezug nehmen auf das Gespräch, das wir kürzlich in der Casa Decima geführt haben. Ich danke dir für die Zusendung deines Berichts. Allerdings muss ich gestehen, dass deine Worte in mir die Vorstellung einer anderen Art von Schlacht geweckt haben. Ich möchte mitnichten die Taten der Soldaten der Classis schmälern. Dennoch sind Piraten ein wohlbekanntes Übel, so wie Räuber es zu Land sind. Römische Soldaten bekämpfen – und besiegen – derlei Gesindel regelmäßig. Nach einigen Recherchen, die ich bezüglich der Schlacht, die du ansprichst, angestellt habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass eben jener Kampf nicht ungewöhnlicher war als jeder andere auch, den unsere Soldaten gegen dieses Gesindel führen.
Dem gegenüber stehen nun jedoch die wahrhaft außergewöhnlichen Schlachten, die unsere Soldaten zu schlagen haben. Sieh dir unsere eigene Familie an: Serapio, mein Bruder und Livianus, mein Onkel haben im Feldzug gegen Parthia gekämpft und dort weit mehr als nur eine Schlacht geschlagen, und das nicht gegen einen einzelnen Piraten und seine Männer, sondern gegen das gesamte parthische Heer. Livianus geriet sogar in Feindeshand und hat monatelang in parthischer Gefangenschaft gelitten. Es würde ihr Andenken und das ihrer Kameraden, der noch lebenden wie auch der gefallenen, schmälern, würde ich in der Acta einen Bericht wie den deinen veröffentlichen, der eine – verzeih mir die offenen Worte – einfache Schlacht gegen Piraten derart hochstilisiert, dass sie überragender wirkt als jede Schlacht, die unsere Legionen im fernen Parthien – oder anderen Ländern – geschlagen haben.
Nun zu dem zweiten Grund, aus dem ich dir schreibe. Als du mir sagtest, du hieltest nicht viel von der Politik und sähest dich außerhalb dieser Angelegenheiten – als du mir sagtest, dass du um etwas so Flüchtiges wie der Liebe willen bereit seist, deine Familie vor den Kopf zu stoßen, nur um diese Octavia ehelichen zu können –, da hielt ich deine Worte und die Gefühle, die dich offenbar so sprechen ließen, zwar für naiv, gar dumm, aber nichtsdestotrotz für aufrichtig. Was um alles in der Welt jedoch hat dich nun dazu gebracht, ein Patronat des Vescularius anzunehmen? Ausgerechnet dieses Mannes?
So sehr außerhalb des politischen Ränkespiels stehst du ganz offenbar nicht – mehr noch, mir drängt sich mehr und mehr die Gewissheit auf, dass deine Worte mir gegenüber nur dahin gesagt waren, um zu verschleiern, dass du tiefer in diesem Ränkespiel steckst als so manch anderer. Ich muss dich kaum daran erinnern, wie unsere Familie zu dem Vescularius steht. Wie insbesondere Livianus zu ihm steht. Der Mann ist der Praefectus Urbi, ich verstehe durchaus, dass man ihn nicht einfach vor den Kopf stoßen kann, erst recht nicht, wenn man wie du für die kaiserliche Kanzlei tätig ist. Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen einem politisch vorsichtigen Vorgehen, und dem offenen Beziehen einer, noch dazu devoten, Position, wie du es tust.
Kurz: Ich begreife nicht, wie du deiner eigenen Familie derart den Rücken kehren konntest. Aber sei versichert, dass aus diesem Affront zumindest ich meine Konsequenzen für die Zukunft ziehen werde.
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