Varro blickte von seiner traurigen Brühe auf und winkte den Wirt heran. Er setzte eine betrübliche Miene auf und schaffte es trotz seiner sitzenden Position auf den Wirt herab zu blicken.
Wortlos nahm dieser den Napf mit und trollte sich. Derweil tupfte Varro vielsagend den Mund mit einem Tuch ab und lächelte Gisco an.Er kann unmöglich glauben ich bezahle für diese Plörre,... Varro setzte sich ein wenig bequemer hin und betrachtete unverhohlen Giscos Puggio.
Korsisch, ...nun,...interessant, ich habe allerdings den Eindruck ich kenne die Insignien auf dem Puggio, und wenn ich dich so betrachte so glaube ich nicht, daß du ein Korse bist. Er konnte es nicht lassen.
[Taverna] Zum Sonnenuntergang
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Seltsamer Kerl...dachte sich Gisco und lehnte sich zurück, nahm seinen Puggio und legte ihn auf den Tisch.
Das einzige Zeugnis seines Vaters. Er fragte sich ob das reichen würde um seine Ansprüche, sollte es welche geben, geltend zu machen.
Der Puggio glänzte, dank Gisco´s sorgfältiger Pflege im Sonnenlicht des Frühlingstages. Für sein Alter war er in einem hervorragendem Zustand. Mit dem zeigefinger der rechten Hand folgte er den Linien des Monogramms, ...GTP...warum nicht dachte er sich, er hatte nichts zu verlieren wie er glaubte.
Du hast recht,...ich bin Korse mütterlicherseits,...mein Vater war Römer. Fast andächtig schob er die Klinge zurück in die Scheide. Dabei fiel ihm die Inschrift auf der Klinge ein, er zog die Klinge wieder heraus und hielt sie so, daß der Germanicer ihn sehen konnte. Dabei machte er klar, daß er die Klinge nicht aus den Hände geben würde.
Ala Num Sec. DCCCLX A.U.C. hoffnungsvoll sah er den Germanicer an, vielleicht würde dieser mehr wissen. -
Natürlich,... murmelte Varro in seinen nicht vorhandenen Bart. Sein Blick fiel auf die Schneide ds Puggio, auf die eingravierten Zahlen. Sein Hirn begann quasi zu rotieren, von überall her strömten Bilder, Gedanken, Sätze..
Die eingravierte Einheit ist die Ala Numidia Secunda, seinerzeit stationiert in Confluentes, Germania,...das Monogramm steht für den Träger dieses Puggio, der recht aufwändig gearbeitet ist, ...darf ich kurz? Entwaffnend lächelte er den Seebär an und hielt die Hand auf... Vielleicht doch ein Beutestück, gar Diebesgut?! Verfluchte Piraten! wirbelte es durch sein Hirn, wobei er das freundliche Lächeln vorbehielt, ebenso wie das Veto dieser unschönen Gedanken. -
Unschlüssig seine einzige Waffe einem Fremden auszuhändigen sah er von Varro zur Klinge und kurz darauf wieder zu Varro. Er beschloss dem Germanicer zu vertrauen und reichte diesem die Waffe.
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Varro nickte lächelnd und taxierte mit einem geübtem Blick die hochwertige Schmiedearbeit. Entgegen der üblichen Fertigungsmethode waren hier Einlagen, Gold, Silber und verschiedene Edelsteine. Fast zu schade für den eigentlichen Zweck.
Er sah Gisco an, da durchfuhr es ihn. Ihm fiel ein wo dieses Gesichts bereits seinen Weg gekreuzt hatte. Ich würde mal sagen du hast eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Büste, die ich einmal gesehen hatte. Sie zeigt, zwar idealisiert, aber durchaus realistsisch den Präfectus der Ala II Numidia, Er gab die Waffe zurück und deutete mit dem Finger auf die Gravierung.
Gaius Terentius Primus,... Er betrachtete die Mimik seines Gegenüber,...gespannt über die Reaktion. -
Ein kalter Hauch überzog Gisco´s Haut als er den Namen hörte. Er bemühte sich um Contenance. Ließ sich nichts anmerken. Vorsichtig nahm er die Waffe wieder an sich strich mit Zeige- und Mittelfinger über die Gravur. Dann steckte er den Puggio wieder zurück in die Scheide. Ernst sah er Varro an und meinte nach sichtbarem Zögern.
Gaius Terentius Primus war mein Vater,...ich habe ihn jedoch nie kennengelernt, weil meine Mutter mit mir nach Corsica zurück ging und mich dort gebahr. Er schütte sich und Varro den Rest des Vinum ein und faltete die Hände bis er fortfuhr.
Meine Mutter starb bei einem Überfall und ich wurde von einer Familie aufgenommen und großgezogen. Meine Familie bewahrte den Dolch und den Mantel auf und gab sie mir als ich reif dafür war...ich machte mich auf um nach Roma zu kommen und blieb stattdessen fast 10 Jahre auf See... Fast schon verlegen sah er Varro an und zog die Schultern hoch. Jetzt gehe ich nach Roma, such die Terentier auf und dann sehe ich weiter... Wieder besseren Wissens hatte er einem völlig Fremden seine Pläne, seine Herkunft und seine Waffe offeriert. Nun hoffte er, daß er dies nicht bereuen würde. -
Varro bekam die Lebensbeichte des Terentiers nicht wirklich mit. Für ihn war sie schmückendes Beiwerk. Wieder einmal hatte sich sein Gespür als richtig erwiesen. Beiläufig nickend lauschtze er den epischen Ausführungen seine Gegenüber und nickte zuweilen um seine Bestürzung zu signalisieren.
Rastlos wie er war, suchte er bereits eine neue Herausforderung.
Ja, das Leben ist eine Cloake, glaube es mir,...so...
Er warf einen Blick auf die große Sonnenuhr an der Markthalle und berappelte sich. Umständlich stand er auf, schob den Schemel zurück und klopfte dem Terentier auf die Schultern.
Kleiner Ratschlag, bleib´bei Gisco, der Name Terentius hat in Roma keinen allzugroßen Klang, da gab es einmal einen Praetorianerpraefecten,...dein vater ist auch unter misteriösen Umständen...na egal,war eine schlimme Zeit damals...ich wünsche dir alles Gute, such´dir einen potenten Patron und geh´es langsam an...ich muss jetzt,...tempus fugit.
Sprach´s und verschwand just in dem Moment um die Ecke als der Wirt mit einer neuen Schüssel Fischeintopf erschien. -
Gisco war nicht minder überrascht wie der Wirt. Er konnte auf den halb fragenden, halb erzürnten Blick des Wirts auch nur die Schultern hochziehen und während er sein Essen und den Vinum bezahlte nur entgegnen,
...ich kenne den Mann nicht, habe ihn hier bei dir erlebt,... mit gespielten Zorn schloß er, ...er hat den Großteil meines Vinum und die Hälfte meines Eintopfs vertilgt. Er stand auf und schob den Schemel an den Tisch. Lächelnd meinte er, Was ich jedoch hatte war köstlich. Dann ließ er den Wirt stehen und verkramte ein Stück Brot in seinem Beutel.
Wider des Rates des seltsamen Germanicers würde er nach Roma gehen um doch nach seiner Gens zu suchen. -
"Ich mag Oliven", sagte Triaria, griff nach einer der kleinen, grünen Früchte und verschlang sie beherzt. Vielleicht nicht so schicklich, wie es einer römischen Dame geziemte, doch mit unübersehbarem Genuss. Da niemand sie kannte - noch nicht jedenfalls - spielte es auch keine Rolle, welche Gedanken den anderen Gästen der Taverna 'Zum Sonnenuntergang' durch den Kopf gingen; - nicht, dass sie überhaupt jemand beachtete. Zwar verriet Triarias blassrotes Kleid einen gewissen Wohlstand, wie eine Königin sah sie nun aber nicht aus. "Es ist mir nicht entgangen, Domina", erwiderte Kednes, der Triaria gegenüber am Tisch saß und ein Stück Brot in Händen hielt. Warmes Brot. Bestreut mit Gewürzen. Rustikal, aber die junge Römerin mochte die Kombination aus warmem Brot mit Oliven. Wussten die Götter, wo sie diese Neigung entwickelt hatte. Zu behaupten, Triaria fröne dem spartanischen Lebenstil, wäre aber gelogen. Dem Luxus war sie keinesfalls abgeneigt.
Auf der Stirn der jungen Römerin zeigten sich einige Falten. Es kam selten vor, dass Kednes sie mit 'Domina' ansprach. Früher hatte er das getan, wenn er sie auf Geheiß ihrer Tante tadelte. Und so verband Triaria mit dem Wort instinktiv einen Ausdruck der Mahnung. Kednes Gesichtszüge verrieten indes keine besondere Regung. Man musste hinzufügen: Das taten sie überhaupt fast nie. "Was geschieht mit dir, wenn wir Rom und die Domus Iulia erreicht haben?", fragte sie ihren treuen Begleiter und lehnte sich zurück. Die Blätter einer die Wand hinter ihr empor kriechenden Ranke kitzelten dabei ihren Nacken. "Hat meine Tante Anweisungen erteilt?" Kednes hielt inne und ließ sich mit seiner Antwort auffällig viel Zeit. Beiläufig strich er sich mit der Hand über den haarlosen Schädel. "Nicht direkt", sagte er schließlich. "Sie ließ mir die Wahl, an deiner Seite zu bleiben." Dass eine Wahl weitere Optionen implizierte, verschwieg er geflissentlich und Triaria schien dies - wie er mit einer gewissen Erleichterung feststellte - auch nicht zu bemerken. Vielmehr glänzten ihre Augen und sie nickte eifrig. "Sehr gut! Ich wäre untröstlich, müsstest du zurück nach Griechenland." 'Das glaube ich dir, mein Mädchen', dachte Kednes und nickte huldvoll."Ich habe vernommen, ihr wollt in die ewige Stadt?" Die singende Stimme gehörte einem kleinen, untersetzten Mann. Römer, wie es schien und sein Latein verriet. Kednes war sofort auf den Beinen, wobei seine Hand verdächtig nahe dem Brotmesser lag. Der Mann schrak zurück, schon im Begriff, die Flucht zu ergreifen, doch Triarias gehobene Finger ließen beide lange genug zögern. "Du hast uns belauscht?", fragte sie den Fremden und starrte ihn vorwurfsvoll an. Eilig schüttelte er den Kopf. "Niemals! Meine Ohren sind nur geschult, das Wort Rom in einer jeden Unterhaltung aufzuschnappen. Dies schwöre ich, denn meine Aufgabe ist es, Reisende in das Herz des Imperiums zu kutschieren. Gegen eine bescheidene Aufwandsentschädigung." Die Muskeln an Kednes Armen entspannten sich nur langsam und die Hand nahe des Brotmessers blieb liegen. "Welch Zufall", erwiderte Triaria nicht frei von Sarkasmus und ihr ägyptischer Sklave jubilierte im Geiste, dass sein Schützling dem Fremden nicht sofort ihr Vertrauen entgegen brachte. "Wie dem auch sei, wir benötigen tatsächlich eine Möglichkeit, nach Rom zu gelangen. So dein Preis akzeptabel ist. Wann könnten wir aufbrechen?" "Sofort, sofort!", bekräftigte der Fremde und stellte sich vor: "Areus, mein Name. Und es wird mir eine Freude sein, euch meine Dienste anzubieten."
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Nachdem sie - persönlich - gezahlt und dem Wirt versprochen hatte, seine Gaststätte bei passender Gelegenheit zu empfehlen, verließ Iulia Triaria die Taverna 'Zum Sonnenuntergang'. Ihre Vorräte aus Athen waren nun vollends aufgebraucht. Zusammen mit den Oliven und dem warmen Brot aber hatten sie ein üppiges Mahl ergeben. Gleichwohl hoffte sie, der nächste Tisch würde etwas festlicher gedeckt sein; - oder anspruchsvoller. Ja, 'anspruchsvoll' war das richtige Wort.
Die Straße vor der Taverna war so belebt wie zuvor. Schnellen Schrittes folgten Triaria und ihr Sklave Kednes ihrer neuen Bekanntschaft, dem Transportunternehmer - so bezeichnete er sich selbst - mit Namen Areus. Nur kurz ging es durch eine schmale Nebengasse, bis sie einen kleinen, grob gezimmerten Stall hinter der Taverna erreichten. Und dort stand das Gefährt. Voller Stolz, die Mundwinkel zu einem strahlenden Lächeln erhoben, breitete Areus seine Arme aus und wies auf den Karren, in dessen Deichsel ein Maultier eingespannt war. Mit Sicherheit handelte es sich um das älteste Maultier, das Triaria jemals erblickt hatte. Vermutlich mochte es gar das älteste Maultier aller Zeiten sein. Fell und Schweif waren so grau wie der Horizont bei Regen. Mit größter Sorgfalt zog das Tier einige Halme aus dem Strohhaufen vor sich und nahm dabei von den Menschen keinerlei Notiz. Fraglich war, ob das Maultier sie überhaupt sehen konnte, denn der Blick seiner runden Augen war grünlich trüb.
Kednes hob die Augenbrauen. In seinem Gesicht präsentierten sich Überraschung und Zorn gleichermaßen. "Ist das ein Scherz? Dieses Ding wird kaum die Stadtgrenze erreichen und schon zusammenbrechen!" Areus schien die Worte des Ägypters als persönliche Beleidigung aufzufassen. "Hermes!", rief er aus, "ist weiter gereist als mancher Feldherr und der Pfad nach Rom keine Herausforderung für ihn!" Triaria starrte das Maultier noch immer an. Gut genährt war es, keine Frage. Aber auch sie hegte ernsthafte Zweifel ob seiner Leistungsfähigkeit, trotzdem sie von Zugtieren zugegeben keine Ahnung hatte. Andererseits war der Preis für die Fahrt nach Rom erschwinglich; - wenn auch erst durch Verhandlung. Triaria seufzte und gewiss hätte sie eine andere Möglichkeit gefunden, nach Rom zu gelangen. Nur fühlte sie keinen Antrieb, eine solche Alternative zu suchen. Zudem würde sie eine Geschichte zu erzählen haben, wie sie mit dem ältesten existierenden Maultier eine Reise unternommen hatte. "Nun gut, Kednes, verlade das Gepäck. Um deines Friedens willen hoffe ich, dein Gefährt hält, was du versprichst, Areus." Während Kednes zunächst protestieren wollte, fiel ihm der "Transportunternehmer" ins Wort und bot Triaria die Hand, um ihr beim Einstieg in den Karren behilflich zu sein. "Wir werden in Rom sein, bevor du des Anblicks von Italias Landschaft überdrüssig wirst", beschwor er feierlich.
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