• Noch stand mir die Frage schier ins Gesicht geschrieben. An eine Einladung an den Palast hatte ich wirklich nicht gedacht. Als der Iulier dann pfiff, grinste ich leicht verlegen und hob ein wenig die Schultern an. Dabei gab ich ein leises “Na..ja..,“ von mir. Wie ich es geschafft hatte war mir selbst ja noch ein Rätsel. “Ich war zur Feier des Flavius Scato anwesend, die er anlässlich seiner Wahl zum Aedil gegeben hat,“ erklärte ich dann. Was ich besser nicht erwähnen sollte war, dass ich mit meinem Sklaven dort war, dessen Magen es nicht wohl erging und der infolgedessen schändlich und ebenso heimlich eines der Blumenbeete in der Flavier schönen Garten entweiht hatte. Das würde kein besonders gutes Licht auf die Nebenereignisse zu einer der größten Begegnungen meines Lebens werfen. Aber immerhin. Nun warf ich mich doch ein wenig in die Brust. “Und dort war auch die Kaiserin zugegen, wobei ich die Ehre hatte, mich mit ihr unterhalten und von meinen Plänen berichten zu dürfen.“ Meine Stimme geriet schon wieder ins Schwärmen. “Sie ist eine wundervolle Person. So verständnisvoll und freundlich und sie hat mich selbst eingeladen, ihrer Klientel beizutreten. Nachdem sie meinte, dass mir gewiss alles wohl gelingen würde.“ Mein Herzschlag beschleunigte sich wieder, als ich daran dachte und ich seufzte daraufhin tief. Als ob sämtliche Emotionen dieses Moment wieder in mir empor kamen, spürte ich ein weiteres Mal die Erhabenheit dieser Begegnung, welche nur durch die Anwesenheit einer scheinbaren Legion von Praetorianern um uns herum geschmälert worden war. Lächelnd und tief entzückt sah ich Caesonius entgegen, ehe mein Lächeln wieder schwand, während er mir darlegte, wie man eine Einladung handhaben oder eben nicht handhaben konnte.


    Allein wenn ich mir vorstellte, dass die Kaiserin die Casca Decima betrat… diese musste natürlich geschmückt und gewienert werden. Blumenranken überall und die besten und erlesensten Speisen und wahrscheinlich würde über die Ankunft der Augusta der Grund des Festes wohl vergessen werden. Meine Hochzeit. Aber keine Einladung auszusprechen war ebenso wenig eine Option, denn immerhin hatte ich der Kaiserin ja auch vieles zu verdanken. Mir vorzustellen, wie die Augen Roms auf mein privates, kleines Glück hinunterschauten, war dazu auch ein wenig beunruhigend. Also seufzte ich noch mal und ließ die Schultern nunmehr hängen. Irgendwie hatte ich das Gefühl in der Falle zu sitzen. Eine Falle aus Ehre, Verehrung, Kaisertteue und dem Wunsch einfach nur mit meiner Valentina einen Bund vor den Göttern einzugehen. Außerdem war es auch ein Kostenpunkt, der bei aller Vorfreude noch immer geklärt war. “Vielleicht hast du recht,“ sagte ich also. “Eine Einladung auszusprechen wäre sicherlich eine Sache, die in Bezug auf eine Profilierung eindeutig postiv zu bewerten wäre.“ Ich kratzte mich am Kopf.
    “Vielleicht wird sie ja auch gar nicht kommen,“ meinte ich gleich danach. “Die Augusta ist ja auch sehr beschäftigt...“ Mit was genau, darüber hatte ich mir noch nie wirklich Gedanken gemacht, doch war ihr Tag bestimmt reich gefüllt mit diversen Aktivitäten. “Doch wäre es sicher auch ehrlos den Patron zu übergehen. Zumal sie so warme Worte zu mir gesprochen hat.“ Nachdenklich beschaute ich mir die Tischplatte und zuckte dann mit den Schultern. “Nun denn. Es hat ja auch noch ein wenig Zeit.“ Nun lächelte ich wieder. “Aber du scheinst auch ambitioniert zu sein,“ stellte ich dann fest. “Mir hatte damals immer ein Weg in die Legion vorgeschwebt,“ gestand ich. “Doch es hatte nicht sein sollen. Was treibt dich in die Politik?“, wollte ich dann wissen.

  • Caesoninus war ein ums andere mal wieder erstaunt. "Und bei hohen Senatoren gehst du auch noch ein und aus! Decimus Casca, du bist wahrlich immer wieder für eine Überraschung gut!" musste er ohne Neid feststellen. Er war schon gespannt welche verborgenen Abgründe Casca noch so besaß. Vielleicht war er ja noch mit dem Praefectus Urbi verwandt, oder gut Freund mit dem Princeps Senatus? Inzwischen hielt Caesoninus für alles möglich, wenn es um den Decimer ging. Doch es freute ihn, dass er so gute Kontakte hatte. Wer weiß, vielleicht war Casca ja ein wichtiger Mann, auch wenn er bislang einen sehr bescheidenen Eindruck an den Tag gelegt hatte, dass konnte Caesoninus aber ja auch unmöglich wissen wie sich das jetzt genau verhielt, wo er ihn doch heute erst kennengelernt hatte. Doch es ließ sich gut plaudern mit ihm, das gab er gerne zu.


    Dann lauschte er seinen laut gedachten Gedanken, ehe Casca seinerseits eine Frage an Caesoninus stellte. Dieser klopfte sich stolz vor die Brust. "Meine Ehre als Römer, für meine Familie und für das Imperium!" Eine Antwort, die zu Iulius Caesars Zeiten wohl so ziemlich jeder ambitionierte Politiker von sich gegeben hätte, wie das heute in den Zeiten des Principats so war mit seiner gläsernen Decke nach oben hin, wusste er leider nicht genau, doch zumindest für Caesoninus war die Sache klar, was er in der Politik zu suchen hatte. "Ich will Rom dienen und meine persönliche Macht und die Macht meiner Familie vergrößern, auf dass der Name der Gens Iulia noch mehr Gewicht erhält und sie eines Tages zu den größten Geschlechtern des Reiches gezählt werden kann. Was ich dafür bislang getan habe, hast du ja schon in einem ganz kurzen Abriss erahnen dürfen. Die Armee übt auch auf mich eine große Faszination aus, wie ich zugeben muss, doch als einfacher Legionär wäre ich dort am falschen Platz. Ich werde im Zuge des Cursus Honorum als Tribunus Laticlavius in den Legionen kämpfen und Truppen befehligen. Dafür nehme ich schon seit längerem militärischen Unterricht bei einem Centurio der Urbaner und mein Lehrmeister meines Tirocinium Foris, Purgitius Macer, gilt auch als militärisches Genie im Senat. Ich denke also ich werde nicht allzu viel Unehre verursachen auf diesem Posten." grinste er.

  • Meine Erzählung ließ den Iulier offenbar staunen. Für mich selbst war es ja auch eine Überraschung gewesen, dass mich das Leben nun doch leidlich auf die Straße der Bekanntheit geführt hatte. Vielleicht hätte meine Mutter einmal gesagt, dass mir seit meinem Unfall die Dinge mehr oder weniger in den Schoß fielen, was sie für eine Art Entschuldigung der Götter angesehen hatte. Natürlich für mein Missgeschick und Leid in der Kindheit. Als ich daran dachte, streckte ich unwillkürlich mein Knie aus, um es ein wenig zu dehnen und nebenbei zu massieren. “Flavius Gracchus ist soetwas wie ein Mentor für mich gewesen,“ gab ich dann zu. “Und da habe ich gedacht, dass ich einer solchen Feierlichkeit in seinem Hause natürlich nicht fernbleiben konnte.“ Wahrscheinlich hätte Caesonius, der sich nun vor die Brust klopfte und von römischer Ehre sprach, es sich auch nicht nehmen lassen, bei den Hohen Roms ein und auszugehen, denn immerhin verfügte er wohl über mehr Ehrgeiz als ich. Ich lauschte seinen Worten und nickte dann und wann dazu. Es war sehr löblich, das Ansehen der eigenen Gens mehren zu wollen und offenbar wollte er auch hoch hinaus.


    “Du hast dir viel vorgenommen,“ stellte ich noch einmal vernehmlich fest. Auch ein anerkennendes Nicken ließ ich folgen. “Ich bin Purgitius Macer nur einmal bei einem Rennen begegnet,“ erklärte ich. “Ich denke, mein Vetter Serapio kannte ihn besser. Er ist… war… der Praefectus Praetorio bei den Cohortes Praetoriae… Nun ja…,“ winkte ich dann ab. “Ich wünsche dir auf jeden Fall das Allerbeste für den Aufstieg in den Senat!“ Ich grinste leicht. “Mit deinem Fleiß wirst du es sicherlich weit bringen.“ Vielleicht sollte ich Caesonius auch für die Gästeliste bei der Hochzeit vormerken und gedanklich machte ich mir dazu auch schon eine Notiz. “Vielleicht wird mit dir gemeinsam unsere altehrwürdige Societas auch wieder aufsteigen.“ Unter diesen Worten deutete ich auf das Schriftstück, welches der Iulier soeben angefertigt hatte. “Bestimmt sind dort auch noch andere ambitionierte Männer dabei.“ So hoffte ich zumindest.

  • Oh, hatte Decimus Casca gerade Flavius Gracchus erwähnt? Kurz war sich Caesoninus nicht sicher, da er gedanklich noch voll und ganz auf den Namen Flavius Scato eingestellt war, was ihr Gespräch anging, doch nein, er hatte sich vermutlich nicht geirrt, Casca musste den Senator und Pontifex Manius Flavius Gracchus gemeint haben! Aber den kannte er doch ebenfalls! "Ich denke das ist eine weitere Gemeinsamkeit die wir teilen, auch ich kenne Pontifex Flavius Gracchus!" begann er als Einleitung.
    "Ich war in kultischen Belangen zwar niemals discipulus, da ich sowieso vieles davon mitbekommen habe im Haus des Auguren Iulius Centho, meines Vetters, jedoch war Flavius Gracchus zugegen, als der Cultus deorum damals mein Prüfungsopfer als Aedittus abgenommen hatte. Er war einer der Prüfer und ganz beeindruckt von meinem Opfer. Jetzt aktuell habe ich auch wieder mit ihm zu tun, da ich beim ehrenwerten Pontifex eine Art kultisches Tirocinium Fori absolviere. Das kann man sich als eine Art Privatunterricht in kultischen Belangen vorstellen, damit ich später vielleicht einmal auch höhere Weihen im Dienste der Götter empfangen kann, du weißt ja wie das läuft." sagte er und lächelte, ehe er mit einem riesen Schluck seinen Becher leerte. "Kann ich vielleicht noch etwas Wein haben?"


    Während Caesoninus auf seinen Weinnachschub wartete, nahm er sich die Zeit auch auf das restliche gesagte Cascas einzugehen. "Danke für deine Glückwünsche! Die kann man immer gut gebrauchen bei einem so rohen Pflaster wie Rom!" Er lachte, "Aber wenn du karrieremäßig weiterkommen willst, wäre eine nähere Bekanntschaft mit Senator Purgitius bestimmt nicht verkehrt. Er hat einen großen Namen im Senat."
    Die weiteren Worte schmeichelten Caesoninus etwas. "Ach was, ich habe ja noch gar nichts geleistet! Viel mehr gebührt der Dank der Societas eher dir, wo du ja alles hier am laufen hälst! Das ist viel mehr wert!"

  • Ich horchte auf, als mir mein Gegenüber nun erklärte, dass auch ein kultisches Tirocinium absolvierte. Und das bei niemand anderem als ebenfalls bei dem Pontifex. Ich nickte. “Ja, ich weiß, was das bedeutet,“ erklärte ich lächelnd und dachte dabei ein wenig an die Zeit zurück. “Auch habe ein derartiges absolviert.“ Als der Iulier dann nach Wein verlangte, gab ich Muckel ein Zeichen. Mein Sklave hatte sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten. Nun kam er wieder daraus hervor und griff nach dem Krug, um Caesoninus frisch einzuschenken. Auf meinen Becher deutete ich danach ebenfalls, wobei ich meinte, im Gesicht des Sklaven etwas Mahnendes zu entdecken. Meine Lust am edlen Tropfen war ihm wohlbekannt und auch die ein oder andere Unbill, die mich darüber am nächsten Morgen heimgesucht hatte.


    “Nun ja, ich bin ja nicht alleine in der Societas,“ sagte ich ein wenig verlegen, als ich das Lob vernahm. Auf die Sache mit der Karriereleiter wollte ich allerdings nicht unbedingt eingehen, denn eigentlich hatte mich in dem Leben, das ich führte recht gut eingerichtet, doch über kurz oder lang würde ich mir wohl darüber nähere Gedanken machen müssen. Schließlich würde ich heiraten und somit auch bald einer Familie vorstehen. Vor dem inneren Auge sah ich ja bereits des Öfteren meine Valentina und mich, umringt von einer Schar von Kinder, welche unser unvergeleichliches Glück verkörperten. Natürlich mussten auch diese gut versorgt und mit dem besten Start in ihr eigenes verantwortungsvolles Leben gesegnet werden. “Vielleicht werde ich den Senator einmal anschreiben,“ sagte ich also. Vielleicht etwas ausweichend, nur um danach sogleich das Thema zu wechseln. “Überhaupt scheint die Politik in unserem Rom im Moment recht gesegnet zu sein,“ stellte ich in den Raum. “Manchmal zumindest meine ich, dass die Straßen schon viel sicherer geworden sind.“ Das allerdings konnte auch an meinem Sklaven Ulcus liegen, den ich in der letzten Zeit des Öfteren im Gefolge mitführte.

  • Nach diesem überaus fruchtbaren Gespräch und der erfüllten Absicht, wegen der Caesoninus überhaupt hergekommen war, fand er es nun schön langsam an der Zeit, dass er weiterzog, um Casca nicht unnötig länger bei Arbeit zu stören, die es eventuell noch für ihn zu erledigen galt. So leerte er seinen zweiten Becher Wein und stand dann auf, während er die beschriebene Wachstafel zusammenklappte.
    "Nun gut, Cnaeus Decimus, es wird schön langsam Zeit für mich, dass ich wieder gehe. Es war wirklich toll dich kennenzulernen und danke nochmal, dass du mich aufgenommen hast. Ich hoffe du hast heute nicht mehr allzu viel zu erledigen?"


    Danach gab er ihm noch einmal zum Abschied die Hand "Ich werde heute Abend noch alle nötigen Leute für die Versammlung anschreiben. Na dann, einen schönen Tag noch! Vale bene!" und verließ das Vereinshaus der Societas Claudiana et Iuliana.

  • Allmählich bemerkte ich an meinem Gegenüber, dass an einem Aufbruch interessiert war. Also nickte ich, als Caesoninus meinte, dass es nun Zeit wurde zu gehen. Im Grunde genommen war ja auch alles Wichtige geklärt, die Urkunde unterschrieben und die Namen der Mitglieder vermerkt. “Allzu viel liegt hier heute nicht mehr an,“ sagte ich rasch und erhob mich von meinem Sitz, wobei ich die dargebotene Hand annahm und diese kräftig schüttelte. “Dann können wir nur hoffen, dass sie auch in Scharen zusammenströmen werden,“ erklärte ich, als der Iulier meinte, nun die Mitglieder anschreiben zu wollen. Innerlich war ich sehr dankbar, dass er diese Aufgabe übernahm und die Verwaltung somit ein wenig entlastete. Mit einem Lächeln im Gesicht ließ ich dann ebenfalls ein “Vale bene!“ folgen und meinte noch. “Dann werde wir uns bestimmt bald wiedersehen!“ Mein Muckel war so umsichtig und war schon einmal zur Tür gegangen um sie dem Iulier aufzuhalten. Als er gegangen war seufzte ich schwer und trank den Rest von meinem Becher Wein im Stehen. Vielleicht würde ich noch ein wenig die Briefe ordnen, die die Societas im Laufe der letzten Woche erhalten hatte, um sie dann auf dem Schreibtisch des Magisters abzulegen. Dort türmte sich mittlerweile ein riesiger Berg auf, doch war es nicht zu ändern. Ein Stellvertreter musste in der Tat dringend ernannt werden. “Darf ich?“, wollte mein Sklave wissen und deutete auf einen Apfel. Neuerlich seufzend nickte ich und begab mich wieder an die Arbeit, während mein Sklave mir dabei etwas vorkaute.

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