Dimensionen des Krieges

  • Caesar eroberte aber mit nur 20.000 Soldaten Gallien und stand dabei ca. 200.000 gallischen Kriegern gegenüber.
    Alexander der Große eroberte mit nur 40.000 Mann ganz Asien und schlug das Heer des Dareios, obwohl dessen Stärke bei 250.000 Mann gelegen haben soll.
    Pompeius führte erfolgreich Krieg gegen Mithridates, der 156.000 Soldaten gegen ihn ins Feld führte. Bei der Vesper von Ephesos waren vorher 80.000 Italiker umgekommen.
    Sind diese antiken Zahlen realistisch oder handelt es sich um nachträgliche Glorifizierung der Geschichtsschreiber? Ich weiß zwar nicht wo damals die Bevölkerungsdichte lag, aber selbst für heutige Verhältnisse sind das große Dimensionen, zumal wenn man bedenkt dass alle diese Leute an einem Ort ernährt werden wollten.
    Nach den punischen Kriegen oder den Bürgerkriegen musste die Bevökerung doch erheblich dezimiert sein, so dass es Jahre brauchte bis der alte Bevölkerungstand wieder erreicht und neue Kriege geführt werden konnten.

  • Zitat

    Original von Marcus Petronius Cotta
    selbst für heutige Verhältnisse sind das große Dimensionen


    Würde ich nicht sagen - da hat eine große Uni heute aber mehr Studenten als Caesar Soldaten in seinem Heer hatte. Und letztes Jahr kamen zum Weltjugendtag 1.000.000 Pilger auf dem Marienfeld zusammen, was sind da schon 200.000 Krieger verteilt auf ganz Gallien?
    Sicher, dieser Vergleich hinkt angesichts moderner Logistik, aber dennoch halte ich 200.000 oder 250.000 Mann für das Heer eines ganzen Volkes nicht für zu groß.


    Dass man den antiken Geschichtsschreibern trotzdem bei ihren Zahlenangaben nicht immer glauben muss und die eine oder anderen Zahl mal auf ihre Plausibilität prüfen sollte, denke ich allerdings auch.

  • Die Gefallenenzahlen sind oftmals überhöht, allerdings besigte Caesar die Gallier wirklich mit einer wesentlich kleienren Truppe und die Griechen besiegten die Perser ebenfalls:aus militärisch anderen Gründen.


    Caesar z.B. schaffte es die gallischen Streitigkeiten untereinander für seine Zwecke auszunutzen und im Kampf schlugen sich seine Truppen besser als die undisziplinierten Gallier. Um es kurz zu machen: seinen Sieg verdankte Caesar, einer Mischung aus Glück, Politik und militärischer Disziplin.


    Die Perser wiederum wurden zu Lande nicht besiegt und die Niederlage ist der Schlacht von Salmais zuuzschreiben, in deren folge die persiche Flotte quasi versenkt wurde.

  • Nun in der Antike muss man bei solchen Zahlen immer differenzieren. Angreifer dürften meist mit Berufssoldaten anrücken, bei den Verteidigern werden häufig alle Männer zusammengezogen, die ein Schwert halten können. Also vom Jugendalter bist zum gesegneten Vorruhestand, falls es sowas in der Antike gab. Die "Heere" werden damit automatisch größer.


    Hinzu kommt, dass die Berichte immer etwas fraglich sind. Die eigenen Zahlen kann man leicht angeben, schließlich hat man Truppenbücher und weiß, wie viele Männer in den eigenen Einheiten dienen. Bei der Einschätzung des Gegners ist das jedoch schwierig. Wer zählt die Toten auf den Schlachtfeldern? Die Gefangenen? Die Geflohenen? Wer zählt die Männer der feindlichen Armeen? Und wie soll man es bei den unzähligen Truppenbewegungen einschätzen? Cesar ist mit Sicherheit kein Zentralarchiv mit den Soldlisten in die Hände gefallen.


    Glorifizierung? Kann manchmal zutreffen. Auf der anderen Seite gibt es kein statistisches Bundesamt und auch kein Personalausweis. Selbst im Irakkrieg tun sich die Amerikaner schwer, die Verluste der Iraker genau einzuschätzen. Die Schwankungen dort gehen weit auseinander und wir sind immerhin im 21. Jahrhundert.


    Zu guter letzt noch die taktische Anmerkung, dass Dir 250.000 Mann gegen 40.000 nichts bringen, wenn Du nicht die ganze massive Power zeit- und punktgleich am richtigen Abschnitt zum Einsatz bringst.


    Alexander hat nicht gewonnen, weil die Griechen so viel besser waren, sondern weil er die Schwächen des Gegners ausnutze, bzw. zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtige Entscheidung fällte, oder aber einer seiner Offiziere das tat, oder aber auch das Glück hinzukam.


    Last but not least: Was die römischen Legionen der Kaiserzeit betrifft waren sie vor allem deswegen den meisten Gegnern von der Kampfkraft überlegen, weil sie durch ihre Disziplin und ihr geschlossenes Auftreten eben in der Summe an Schlagkraft auf Raum und Zeit begrenzt überlegen waren. Im Einzelkampf wären vielleicht einige Germanen, oder wer auch immer überlegen gewesen, doch auf dem Schlachtfeld der Antike gibt es keine Duelle.

  • Zitat

    Original von Marcus Petronius Cotta
    Alexander der Große eroberte mit nur 40.000 Mann ganz Asien und schlug das Heer des Dareios, obwohl dessen Stärke bei 250.000 Mann gelegen haben soll.


    Also ich weiß nicht, ich bin nicht DER Geschichtskenner, aber ich muss doch mal meinen Senf dazu geben -.^


    Eigentlich sind es ja nur Fragen:


    Stimmt, es dass Dareios Heer aus Söldnern bestand und als dieser die Flucht aufnahm, auch die Söldner flohen?


    Es kann also sein, dass eben auch Taktik und bessere Soldaten "Schuld" daran waren.


    Sicher es ist doch schwer vorstellbar: Eine "kleine" Armee Athener bei Marathon gegen ein riesen Heer der Perser.


    Anonsten kann ich ja eigentlich nur das sagen, was schon gesagt wurde (oder habe ich das hier mit gesagt? -.^ :D )

  • Dareios, Vercingetorix und Mithridates kämpften jeweils mit Heimvorteil d.h. sie diktierten dem Gegner die Bedingungen. Gut, die Dauer der Mithridatischen Kriege und der Einsatz dreier Feldherren (Sulla, Lucullus, Pompeius) zeigt, dass Mithridates diesen Vorteil durchaus zu nutzen wusste (letztlich begang er Selbstmord), Caesar verstärkte die Kampfkraft seiner Truppen durch starke Wallanlagen und Vercingetorix war in Alesia eingeschlossen, aber Dareios? Er hatte das Schlachtfeld von Steinen freiräumen lassen, damit seine Sichelwagen zum vollen Einsatz kamen, an den Flanken verhinderte er die Umklammerung durch Errichten künstlicher Hindernisse und 250.000 Mann inklusive persischer Bogenschützen und Kriegselefanten dürften wohl zum Sieg ausreichen. Alexander lenkte die persische Reiterei auf den Rechten Flügel, riskierte dadurch den Linken und stieß ins Zentrum gegen Dareios vor (die Kriegselefanten umging er geschickt). Dieser floh bekanntlich und provozierte damit die Niederlage. Auf dem linken Flügel waren die persischen Truppen inzwischen tatsächlich durchgebrochen und hatten aus Disziplinlosigkeit das griechische Lager geplündert. Generell ließe sich auch noch der Vorteil schwer gepanzerter Hopliten mit 6 m langen Sarissen gegen normale persische Infanterie erwähnen. Aber eine Niederlage wäre nicht zwingend gewesen, bei zahlenmäßiger Übermacht sollte es ein Leichtes sein den Gegner zum umschließen.

  • Ganz unrealistisch sind große Streitkräfte in der Antike nicht.


    Ein Beispiel dafür sind die Organisationsstrukturen einzelner Einheiten (Legionen, Lochoi und Speira) die auf Größe angelegt sind.


    Xenophon in seiner Anabasis führt regelrecht Buch über die Anzahl der Söldner und seine 10.000 Krieger waren nur ein kleiner Teil der Streitmacht von Kyros.


    Ein Zensus vor dem 2ten punischen Krieg ergab, das Rom mit Allierten ungefähr 700.000 Mann im Kriegsfall anmustern konnte.


    In der Kaiserzeit sind ungefähr 300.000 Mann nachgewiesen.


    Ganz anders sah es im Mittelalter aus, wo schon ein Anführer mit ein paar hundert Männern als mächtiger Kriegsherr galt.

  • Was man aber auch beachten sollte:


    Die Römische Armee war eine Berufsarmee mit funktionierender Logistik.
    Caesar konnte mit seinen Legionen einen Jahrelangen Krieg führen einfach weil er einen gesicherten Nachschub für seine Leute hatte.


    Ein Keltischer (oder germanischer oder was auch immer) Fürst konnte seine Leute nach der Saat für 10-12 Wochen in den Krieg schicken, musste aber auf jeden Fall zur Ernte wieder zuhause sein weil es sonst im Winter nichts zu essen gab.


    IMO war die Stärke der Legion weniger die tatsächliche Kampfkraft des einzelnen Legionärs sondern einfach die Organisation und insbesondere die Logistik die dahinter stand.


    Zu den Zahlen:
    Meines Wissens nach hatte das Römische Reich zur Zeit von Augustus etwa 60 Millionen Einwohner (Deutschland heute 80 Millionen).
    Allein daher kommen im verhältnis zu heute kleinere Zahlen.
    Mal abgesehen davon das die Logistik für 200k Legionäre rein mit Flusschiffen, Ochsenkarren und Maultieren etwas anderes ist als heute mit LKW's, Kühlhäusern und Konservendosen.

  • Zitat

    Original von Marcus Decimus Mattiacus
    Ganz anders sah es im Mittelalter aus, wo schon ein Anführer mit ein paar hundert Männern als mächtiger Kriegsherr galt.


    Das gibs doch nicht! -.^ Wie kommt ihr immer auf so unsinnige Annahmen. Schlachten und Kriege bei denen zigtausende Männer im Einsatz waren, gab es auch im Mittelalter oft. Und mächtige Kriegsherren konnten riesige Armeen im Mittelalter ausheben. Sie hatten zwar nicht unbedingt ein stehendes Heer, aber dieser handvoll Männleinmythos muss nicht immer wiederholt werden 8o

  • Zitat

    Original von Marcus Petronius Cotta
    Caesar eroberte aber mit nur 20.000 Soldaten Gallien (....)


    Deine Angabe ist falsch!


    Caesar führte mit offiziell 10 Legionen Krieg, hatte aber noch ca. 15 Kohorten zusätzlich in der Ausbildung oder in Reserve.


    Das heisst vor Alesia, wo er ja gegen die von Dir benannten 200 - 250T Gallier kämpfte ( in der Summe müsste man nach dem Gallischen Krieg ja auch noch die 80.000 eingeschlossenen dazurechen .. also um die 300T ) hatte er etwa 45.000 - 50.000 Soldaten unter Waffen.


    Wirkliche Verluste hatte er 52 kaum gehabt.... er hatte vor Gergovia 700 Mann verloren ( Die siegreichen Gallier mind. 10x soviel), also kann man schon von voller Truppenstärke ausgehen.

  • Zitat

    Original von Apollonius von Samothrake


    Das gibs doch nicht! -.^ Wie kommt ihr immer auf so unsinnige Annahmen. Schlachten und Kriege bei denen zigtausende Männer im Einsatz waren, gab es auch im Mittelalter oft. Und mächtige Kriegsherren konnten riesige Armeen im Mittelalter ausheben. Sie hatten zwar nicht unbedingt ein stehendes Heer, aber dieser handvoll Männleinmythos muss nicht immer wiederholt werden 8o


    Die Aussage ist durchaus nicht unsinnig. Allerdings muß man differenzieren. Im Frühmittelalter konnte man durchaus noch ein Heer aufstellen, das zahlenmäßig dem der Antike nahekam. Spätestens ab 10. Jahrhundert aber, mit Aufkommen der Spezialisierung und der fortschreitenden Technologie bei den Rüstungen, waren große Heere kaum mehr möglich, wie auch, zum Kriegsdienst waren vornehmlich die Reichen verpflichtet, die sich Schlachtroß, Rüstung, Waffen und die dementsprechende Ausbildung leisten konnten. Eine Handvoll Männlein würd ich das nicht nennen wollen, immerhin kann eine Schar von 300-500 bestausgebildeter und ausgerüsteter Männer mehr Zerstörung anrichten, als ein Zehnfaches an Gelegenheitskriegern mit nur einem Schwert.

  • Für das Mittelalter sollte man aber schon unterscheiden, wer wann und warum Krieg führte.


    Durch die Zersplitterung gab es häufig Fehden der Adligen untereinander. Das hier nun nicht tausende ins Feld geführt werden konnte, liegt doch auf der Hand.
    Im Gegensatz dazu konnten der Krieg gegen andere Reiche bzw. bei einem Feldzug des Königs/Kaisers gegen aufmüpfige Adlige schon Tausende auf beiden Seiten mobilisiert werden.


    Ergo war die Größe des Heeres eine Frage der eigenen Machtdemonstration gegenüber dem Gegner und das Aufwand/Nutzen Verhältnis sollte man auch beachten.

  • @Hungi: Genau meine Rede.


    Zu solchen Maßenunternehmungen wie den Kreuzzügen kamen schon 10.000 bis 15.000 Mann zusammen, keine Frage, aber die meisten Kriege im Mittelalter wurden mit weniger Männern geführt: So viele Adelige, die auch kriegstüchtig waren gab es auch wiedernicht und professionelle Söldner waren teuer, die konnte sich nicht jeder leisten.

  • Ja, differenzieren muss man durchaus. Die Aussage von Mattiacus war zu verallgemeinernd und sollte deswegen nicht so dahingestellt bleiben, da es nur ein Vorurteil ist.


    Aber es sollte genauso für die Antike differenziert werden. Es gab da auch nur zu bestimmten Gelegenheiten so große Schlachten, wie ihr zitiert. Ich kann genauso viele und genauso große Schlachten auch für das Mittelalter anbringen. Und das übrigens auch nach dem 10. Jahrhundert -.^ :]


    @Hadrianus: Das stimmt wohl :)

  • Nur so nebenbei, wie definieren wir hier eigentlich 'Mittelalter'? :)


    So 800-1500? oder eher 1066-1300? :)


    Offensichtlich meinen wir wenn wir 'Mittelalter' sagen dann auch 'Europa im Mittelalter'? :)


    Ansonsten: Eine stehende Berufsarmee im Umfang der römischen Legionen hat Europa erst wieder in Napolionischer Zeit gesehen.

  • Ein stehendes Heer hatte z.B. Karl VII nach dem Hudertjährigem Krieg geschaffen. Auch nach dem 30jährigem Krieg schufen sich viele Landesherren stehende Heere und Machiavelli aus dem 15. Jahrhundert erkannte, daß eine Macht, die auf Söldnerheeren beruhte nichts wert war. ;)


    Napoleon selber hatte keine "Berufsarmee", sondern führte die allgemeine Wehrpflicht ein.

  • Zitat

    Original von Publius Aelius Hadrianus
    Napoleon selber hatte keine "Berufsarmee", sondern führte die allgemeine Wehrpflicht ein.


    Er sagte ja auch: "in Napolionischer Zeit". Er spielt damit auf Preußen an, würde ich vermuten..

  • Zitat

    Original von Marcus Tiberius Germanus
    Nur so nebenbei, wie definieren wir hier eigentlich 'Mittelalter'? :)
    So 800-1500? oder eher 1066-1300? :)


    Puh, das Mittelalter erst mit 800 beginnen lassen? Naja... ;)


    Also Jahreszahlen zu verwenden ist sowieso bei den Epochen eine ungute Geschichte, Geschichtsstudenten und interessierten Laien sagt sicher der Begriff der "Sattelzeit" etwas (für die anderen: gemeint ist damit quasi ein fließender Übergang zwischen den Epochen). Einige meiner Professoren mögen aber nicht einmal diesen Begriff, sondern treffen eine Unterscheidung je nach Aspekt und Ort, setzen also zB die Neuzeit in Italien bei der Kultur- und Geistesgeschichte früher an als im deutschsprachigen Raum.


    Ganz grob und mit akademischem Bauchweh kann man sagen, daß das Mittelalter von etwa 500 bis etwa 1500 dauert.

  • Zitat

    Original von Publius Decimus Lucidus


    Er sagte ja auch: "in Napolionischer Zeit". Er spielt damit auf Preußen an, würde ich vermuten..


    Soweit ich weiß hatte Preußen auch die Wehrpflicht, wenn ich mich nicht irre hatte im 19. Jahrhundert praktisch jedes Europäisches Land die Wehrpflicht

  • Zitat

    Original von Appius Terentius Cyprianus
    Soweit ich weiß hatte Preußen auch die Wehrpflicht, wenn ich mich nicht irre hatte im 19. Jahrhundert praktisch jedes Europäisches Land die Wehrpflicht


    Da findet man aber allerhand Anderslautendes wenn man ein bisschen sucht. Aber ich kenn mich nicht wirklich mit der Materie aus und widme mich lieber wieder Rom.. ;)

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