Officium für Rechtsfragen

  • Begleitet von Archias, einem Freigelassenen, hatte Avitus die Hallen der Schola Atheniensis betreten, auf der Suche nach Decimus Mattiacus. Er ging davon aus, den Ankläger des Kaisers am ehesten hier anzutreffen und da er ohnehin in der Stadt gewesen war, kam er ohne ein schriftliches Vorgeplänkel direkt vorbei. Avitus schickte Archias voraus, um ihn anzumelden.
    "Salve..."
    grüßte Archias im Officium für Rechtsfragen.
    "Mein Herr, der ehrenwerte tribunus cohortis praetoriae Artorius, ist auf der Suche nach dem ehrenwerten procurator a cognitionibus, Decimus Mattiacus"
    Oh, ihr Götter, wie Archias es hasste, diese elendlangen Amtsbezeichnungen der "ehrenwerten" Römer runterzubeten...

  • Avitus schritt rein.
    "Ich grüße dich, Decimus"
    begrüßte er den entfernten Verwandten seiner Frau und erlaubte Archias mit einem angedeuteten Nicken, dass er sich zurückziehen durfte, was dieser auch diskret tat.
    "Es freut, dass du Zeit findest für ein kurzes Gespräch. Ich habe zwei Fragen. Die erste interessiert mich als Juristen und Praetorianer. Bei der Durchsicht der Archive in der castra praetoria [simoff: Privatforen] fiel mir auf, dass der ehemalige praefectus Vinicius sich unter anderem damit beschäftigte, die Praetorianer auf dem Stand zu halten über die Entwicklungen des codex iuridicales. So findet man zum Beispiel Kommentare und Erläuterungen zu den Gesetzestexten, was eine gute Sache ist und zumindest für Offiziere auch nicht unnütz"
    sprach er.
    "Der langen Rede kurzer Sinn ist, dass mir da eine gewisse Unstimmugkeit in dem Gesetzestext hinsichtlich der advocatio imperialis auffiel, was natürlich Fragen aufwirft und für eine gewisse Verwirrung sorgt"
    Avitus blickte fragend zu Mattiacus.

  • "Ich grüße dich, Artorius."


    Er nahm die entsprechende Gesetzesrolle hervor und lass sie.


    "Was möchtest du genau wissen?" fragte Mattiacus. "Aber ich kann mir vielleicht denken, was du gerne fragen möchtest, ob dieser Teil des CodIur noch gilt?"

  • "Ganz genau"
    setzte Avitus genau dort ein.
    "Dass er für ungültig erklärt wurde, habe ich entweder deswegen nicht mitbekommen, weil ich es vernachlässig habe, mich auf dem laufenden Stand zu halten..."
    das wäre etwas peinlich, aber bei jemandem, der bisher nicht in Rom stationiert war, wohl noch verzeihlich
    "... oder weil es bisher einfach nicht geschah"
    erklärte er.
    "Was also ist die Rechtslage diesbezüglich?"

  • "Dieser Teil des CodIur wurde bisher, soweit mir bekannt ist, nicht abgeschafft und ist somit immernoch, rein formell gesehen, in Kraft. Wie du vielleicht weißt, wurde die kaiserliche Kanzlei reformiert wurde. Das Amt des Advocatus Imperialis, welches bisher bekleidet hatte, gibt es dem Namen nach nicht mehr. Das Nachfolge Amt ist nun der procurator a cognitionibus. Und so wie ich das sehe und auch mein Amt verstehe, sind die Vorschriften für den Advocatus imperialis auch auf jetziges Amt übertragbar, erfüllen die beiden doch von ihrem Sinn und Zweck her die gleichen Aufgaben, nämlich den Kaiser vor Gericht als Ankläger zu vertreten."


    Mattiacus machte eine kleine Pause, damit sich das Gesagte setzte.


    "Daher würde ich mir keine so großen Gedanken darum machen. Ersetze einfach Advocatus imperials durch procurator a cognitionibus. Ich muss zugeben, es ist vielleicht auf den ersten Blick etwas verwirrend. Ich muss den Kaiser einmal darauf aufmerksam machen, dass der Wortlaut geändert werden sollte."

  • Avitus lächelte.
    "Nun, versteh mich nicht falsch, Decimus. Es ist nicht so, dass er mir schlaflose Nächte bereitet, dieser Umstand. Mir ist es, wie erwähnt, bei der Durchsicht der Archive und einem begleitenden Blick in den Gesetzestext aufgefallen und es würde mich nicht wundern, wenn ich nur einer von vielen bin, die mit dieser Frage hier aufkreuzen"
    sagte er.
    "Jedoch wäre es in der Tat nicht verkehrt, wenn man die betroffenen Passagen abändert. Denn nicht nur wurde die Bezeichnung des Amtes geändert, auch dessen Eingliederung in den ritterlichen cursus honorum, als eine Stufe in der Laufbahn sozusagen, stellt zum Beispiel eine durchaus beachtliche Änderung gegenüber der früheren Rechtslage dar. Die einhergehenden Regelungen bezüglich der Berufung zum advocatus imperialis sind damit ebenfalls irreführend bzw. obsolet"
    Dann, als Mattiacus sagte, dass er den Kaiser darauf ansprechen würde, tat Avitus so, als überlegte er kurz, fuhr mit den Fingerspitzen über das stoppelige Kinn - und merkte nebenbei, dass mal wieder eine Rasur fällig war.
    "So weit ich mich erinnern kann, ist die Zuständigkeit des Kaisers nur für die Aufnahme neuer Passagen ausdrücklich geregelt"
    Natürlich hatte er einen Blick ins Gesetzt geworfen, bevor er sich auf den Weg zu Mattiacus gemacht hatte.
    "Naja... vielleicht solltest du dem Kaiser empfehlen, auch hierbei eine etwas andere Formulierung zu wählen. Seine Kompetenz, neue Bestandteile abzuändern oder abzuschaffen, dürfte eine Art Annexkompetenz zu der ausdrücklich geregelten sein, aber je klarer die Formulierung, umso weniger Raum für Mißverständnisse und Fragen"
    Dann schlug er etwas vor.
    "Übrigens... ich sehe den Kaiser jeden zehnten Tag..."
    wenn Avitus von diesem persönlich die Parole empfing
    "... und kann ihn, wenn du willst, darauf ansprechen"

  • "Das kannst du gerne machen. Ich werde nämlich in den nächsten Zeit nicht in Rom verweilen. Wie du vielleicht mitbekommen hast, werde ich meinen Cousin Meridius nach Parthia begleiten, um nach meinem Bruder Livianus zu suchen."


    Mattiacus dachte noch einmal kurz über das nach, was Avitus gesagt hatte.


    "Vielleicht sollte der Wortlaut doch nicht geändert werden. Ich für meinen Teil würde eher von einer Gesamtanalogie sprechen, das nämlich die Vorschriften für den AI für mein Amt entsprechend angewendet werden. Du kannst ja sicher den Grundsatz unseres römischen Rechtssystems: Abgeschafft wird nichts. Vielleicht beliebt es ja dem Kaiser, demnächst einen neuen Advocatus zu bennen."

  • Livianus... Avitus' Patron. Wie klein die Welt doch war. Dass Mattiacus sein Bruder war, wusste der Artorier gar nicht. Aber die Gens Decima war nicht gerade überschauber.
    "Meridius will ihn also persönlich suchen...?"
    Das war eher laut gedacht, denn wirklich gefragt. Angesichts dieser Umstände verzichtete Avitus auf seine zweite Frage. Sie war weder dringend noch besonders wichtig.


    Avitus ahnte, dass Meridius - und vor allem Calvia - ihm noch schwere Vorwürfe machen würden, dass er nicht genug getan habe, um Livianus zu finden. Zum Teil würden sie vielleicht sogar recht haben. Sich aber ausgerechnet von Meridius Vorwürfe anhören zu müssen - er gehörte immerhin dendenjenigen Personen, für die Avitus großen Respekt entgegenbrachte - wäre wirklich eine bittere Pille.
    "Livianus war mein Legat, musst du wissen"
    Eigentlich fand Avitus, dass Meridius' und Mattiacus' Mühe aller Wahrscheinlichkeit nach umsonst sein würde. Livianus war mit Sicherheit längst tot. Warum sonst unternahm selbst Crassus, sein einflußreichster Klient, nichts? Oder wusste Avitus nur nicht, dass etwas unternommen wurde? Er beschloss, den Praefekten darauf direkt anzusprechen.
    "Und mein Patron. Wenn ihr etwas braucht, und sei es nur das, was ich über seinen Verbleib..."
    seinen 'Tod' konnte er ja wohl schlecht sagen
    "... weiß, stehe ich euch mit dem, was in meiner Macht steht, zur Verfügung"

  • "Das letzte mal gesehen haben wir Livianus bei Edessa"
    begann Avitus.
    "Er unternahm einen Ausritt, um die Umgebung der Stadt, die kurz zuvor kapitulierte, zu erkunden. An sich kein ungewöhnliches Verhalten, auch, wenn man sich nun im nachhinein natürlich fragen kann, warum ihm die Berichte der Kundschafter nicht ausreichten"
    Da müssen wohl die Götter ihre Hände im Spiel gehabt haben.
    "Ich selbst wurde informiert, dass eine wichtige Besprechung im Zelt des damaligen tribunus und jetzigen legatus Tiberius stattfinden sollte. Im Rahmen dieser wurde uns mitgeteilt, dass Livianus mit seiner Eskorte eben jenen Erkundungsritt unternahm. Er teilte seine Truppe und schickte einige von ihnen als Vorhut voraus, blieb selbst mit dem rest und dem decurio der equites..."
    Favonius war ein Freund von Avitus gewesen
    "... zurück. Was genau passiert ist, vermag niemand zu sagen, da es keine Zeugen gibt"
    was hieß, dass man die Equites tot aufgefunden hatte.
    "Den Pfeilen und den Pferdespuren nach zu urteilen, handelte es sich um Parther. Die Schwerter der meisten equites waren nicht gezogen, was den Rückschluss erlaubt, dass sie aus dem Hinterhalt heraus angegriffen sein müssen. Von Livianus fehlt seit dem jede Spur. Zumindest dem zufolge, was mir bekannt ist. Es wurde nach ihm gesucht, selbst speculatores wurden damit beauftragt, aber angesichts der Umstände..."
    Er schüttelte den Kopf. Wie sollte er das sagen, dass es nicht abwertend klang? Vielleicht würde Mattiacus auch so verstehen, dass sie damals nunmal auf einem Feldzug waren. Das Schicksal Einzelner - ob des Livianus oder sonst jemand außer dem Kaiser - war unwichtig gewesen.

  • Mattiacus notierte Alles auf einer Wachstafel.


    "Mhm, Mhm." murmelte er immerwieder dabei. Dass was Avitus ihm sagte, gefiel Mattiacus gar nicht. Eine kleine Möglichkeit musste es doch geben.


    "Haben die Parther versucht, deswegen Kontakt aufzunehmen. Haben Unterhändler Andeutungen gemacht oder gab es vielleicht Gerüchte aus dem parthischen Lager wegen eines bedeutenden Gefangenen. Wie du sicher weißt, spricht sich die Gefangennahme eines so bedeutenden Römers, wie Livianus einer ist, in einem Feldlager rum."

  • "Das ist es eben, was mich bis heute an dieser Sache juckt"
    sagte Avitus.
    "Meines Wissens wurde die Entführung nicht zum Thema etwaiger Gespräche mit den Parthern gemacht. Und das ungeachtet dessen, dass in den Kerkern der Prima nach wie vor ein ranghoher parthischer General schmort, der die schwere Kavallerie bei Edessa befehligt hatte. Das solltet ihr wissen, falls Meridius und du verhandeln müsst. So habt ihr außer Geld, Versprechungen von Handelsbeziehungen und Drohungen vielleicht ein weiteres Mittel und steht wenigstens nicht schlechter da, als die Parther"
    Vorausgesetzt, der General war den Parthern etwas wert.



    edit:
    "Ich werde Caecilius Crassus vorschlagen, eine Überstellung des Gefangenen nach Rom in die Wege zu leiten. Vielleicht, natürlich nur, wenn dem stattgegeben wird, kann euch dieser dann Informationen vor eurem Aufbruch liefern, die euch von Nutzen sein werden"
    fügte er noch hinzu.


    Sim-Off:

    Der General wird vom Narrator gespielt

  • Mattiacus notierte eifrig.


    "Mmmm, ja, das ist wirklich interessant und könnte uns sehr weiterhelfen. Ich weiß, dass die Parther ja auf ihre schweren Reiter sehr stolz sind. Vielleicht ist ein General der Reiterei im Rang mit Livianus gleich. Da hätten wir was in der Hand." sagte Mattiacus.


    "Es ist nicht nötig, dass der Gefangene nach Rom kommt. Meridius und ich hatten sowieso vor, nach Mantua zu reisen, um nach Livianus zu fragen."

  • Der Winter kündete mit eisigem Wind sich allmählich an, welcher über die Hügel Roms hinweg zog und durch die Täler sich schlich, seinen Weg zwischen den mit weiträumigen Gärten umgebenen Villen ebenso wie den eng an eng stehenden Häuser der Stadt hindurch sich suchte. Eine Sänfte war in diesen Tagen mehr Nachteil denn Vorzug, hielt doch Bewegung den Körper warm, das untätige Liegen jedoch kühlte ihn nurmehr aus. Erst vor dem Officium für Rechtsfragen darob überreichte Gracchus den Mantel seinem Sklaven, ehedem dieser anklopfte, und beide nach Aufforderung aus dem Inneren den Raum betraten, der Sklave selbstredend nach seinem Herren.
    "Salve",
    grüßte Gracchus.
    "Mein Name ist Flavius Gracchus, i'h würde gern den Cursus iuris ablegen."
    Auf die Nennung von Titel und Amt verzichtete er, da er noch immer bemüht war, sich kurz zu halten, dass seine defizitäre Sprache nicht allzu sehr mochte auffallen. Zwar hatte sich die Insuffizienz merklich gebessert während der letzen Zeit und es waren nurmehr wenige Buchstaben, welche ihm verlustig gingen, doch bis nicht jeglicher Makel war beseitigt, war es für Gracchus noch immer zu viel.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • "Salve, Gracchus. Da bist du hier genau richtig." sagte Mattiacus. Er ging zum Regal herüber und nahm die Rolle mit den Fragen heraus.


    Er wies mit seiner Hand zum Schreibtisch in der Ecke des Raumes.


    "Bitte schön, wenn du magst, kannst du sofort damit hier beginnen."



    Er händigte ihm die Unterlagen aus und setzte sich dann wieder an seinen eigenen Schreibtisch.


    Sim-Off:

    Test per PN, Abgabe in 2 Wochen 16.11.

  • Dies musste nun das richtige Officium sein – hoffte Marcus zumindest. An der Türe war ein Schild angebracht. Officium für Rechtsfragen. Das war durchaus schon einmal vielversprechend. Auf den Weg hier her hatte sich Marcus überlegt, was einem Mann mit Mattiacus Rang dazu veranlasste hier in der Academia einen solchen Cursus abzuhalten. Natürlich war er als Procurator a cognitionibus die höchste Autorität was das betrifft, aber dennoch war es nicht selbstverständlich, dass sich ein so hochrangiger Beamter des Kaiserhofes zu einer solchen Arbeit überreden ließ. Schließlich war er angekommen und klopfte an.

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