[Officium II] Princeps Praetorii

  • Zitat

    Er möchte dich sehen.


    Ich packte meine tabulae in ein leeres Regal. Jetzt sah ich, dass Fabius Vibulanus penibel aufgräumt hatte. Nichts, aber auch gar nichts hatte er zurückgelassen ... Doch dahinten lag noch ein Fetzen Papyrus. Neugierig ging ich hin und schaute drauf. Ein paar Worte zur leidigen causa Confluentis, sonst nichts.


    Da kam Alvitus rein und sagte, dass ich zum Legaten kommen solle.

  • Ein namenloser Sklave der Regia klopfte, schlüpfte ins Officum herein und überreichte dem Princeps Praetorii eine Notiz. Dann verschwand er wieder still und heimlich.


    Ad Valgiso, Princ. Praet.



    Valgiso, finde dich auf Weisung des Legatus Augusti Pro Praetore morgen bei Arbeitsbeginn zum Gespräch im Besprechungszimmer der Regia ein. Die Umsetzung der Provinzreform soll in die Wege geleitet werden.




    gez. I. QVINT. SERMO

  • Als ich in mein officium zurückkam, ging Apullunius auf und ab. Ich sagte: "Na, setz dich doch erst mal". Und nahm mir selbst einen Stuhl. Er schien sich in den Gepflogenheiten noch nicht so recht auszukennen, sonst wäre er nicht in unsere Besprechung geplatzt. Ich erinnerte mich aber noch gut daran, wie ich auf Arbeitssuche in Confluentes herumgetappt war und auch ohne Aufforderung einfach in das eine oder andere Büro hineinmarschiert war. Wenn man Arbeit sucht, muss man eben Klinken putzen, es geht nicht anders.


    "Ich meine das schon ernst mit Confluentes, da funktioniert im Augenblick wirklich nichts. Ich hoffe, dass sich das bald ändert. Aber jetzt ist es so wie es ist, Apullunius. Deshalb ist es wirklich besser, wenn du dir hier in Mogontiacum eine Stelle suchst. Muss ja nicht für ewig sein."


    Und nach einer kurzen Pause: "Welche Arbeit hat dir denn vorgeschwebt, als du dort nach einer Stelle gesucht hast? Es wäre auch gut, wenn du mir sagst, was du kannst, was du gelernt hast und welche Arbeit du schon gemacht hast".

  • Dankbar sank Apullunius in den Stuhl. Er war sichtlich erschöft von der tagelangen Sucherei. Nun aber endlich einen kompetenten Ansprechpartner zu haben motivierte ihn nocheinmal....


    Nun. Grundsätzlich hatte ich vor in der Stadtverwaltung tätig zu werden. Das reizt mich am meisten. Mit dem Militär habe ich nicht all zu viel zu schaffen. Mit diesem täglichen Drill komme ich nicht zurecht. Zur Not würde ich auch im Tempel arbeiten. Die Theorie der Probatio rerum sacrarum I habe ich bereits abgelegt. Der praktische Teil ist nur noch Formsache. :app:


    Apullunius holte kurz Luft.



    Aber wie gesagt. Am liebsten in der zivilen Verwaltung.

  • Zitat

    Apullunius: "Zur Not würde ich auch im Tempel arbeiten. Die Theorie der Probatio rerum sacrarum I habe ich bereits abgelegt"... "Aber wie gesagt. Am liebsten in der zivilen Verwaltung".


    Ich beugte mich vor: "Die Probatio rerum sacrarum I ? Bona dea, da könntest du ja hier beim Tempel als Aedituus arbeiten. Soviel ich weiß, ist da eine Stelle frei und das bringt, warte mal, hm, ich glaube 50 Sesterzen die Woche. Nicht schlecht für's erste. Aber", ich wedelte mit einer Wachstafel herum, "wenn es dich unwiderstehlich in die zivile Verwaltung zieht, dann kannst als Schreiber bei der Stadt nur 20 Sesterzen oder hier in der Regia als Scriba Provincialis 30 Sesterzen verdienen".


    "Vorausgesetzt", sagte ich mit erhobener Stimme, "vorausgesetzt, du kannst fehlerfrei schreiben. Und vor allem: lesbar".


    "Überleg es dir".

  • Apullunius überlegte einen Moment. 50Sz ist eine Menge Geld aber ewig diesen geheuchelten Götterkult?? Nein.


    Ich würde schon sehr viel lieber in die Verwaltugslaufbahn einsteigen, auch wenn die Bezahlung etwas schlechter ist.


    Das war ohnehin deutlich mehr als das, was er in Italien als Tagelöhner verdient hat.


    Besteht denn dort die Möglichkeit irgendwann weiter aufzusteigen??


    Wollte Apullunius wissen.

  • Zitat

    Apullunius: "Besteht denn dort die Möglichkeit, irgendwann weiter aufzusteigen?"


    Er schien große Pläne zu haben, dieser Peregrinus. Na ja, auch nicht schlecht. Mit einem Lächeln sagte ich zu ihm: "Du bist Peregrinus. Das heißt, dass du bei der Provincia kein höheres Amt als eben Scriba einnehmen kannst. Alle höheren Positionen sind römischen Bürgern vorbehalten. Ich weiß, das sieht sehr ungerecht aus. Aber du kannst ja auch - irgendwann - das römische Bürgerrecht erwerben. Dann hast du erst mal für eine Weile freie Fahrt".


    Ich wollte ihm nicht gleich den Mut nehmen, aber er sollte ruhig wissen, dass es nicht leicht war als Peregrinus.


    "Wenn du erst mal eine Stelle hast, bekommst du regelmäßig Geld. Das ist deine Basis. Leg etwas zurück und mach einen Betrieb auf, eventuell mit einem Kredit. Wenn du geschickt bist, kannst du damit einen guten Zuerwerb aufbauen. Dann gehst du in Kommunalpolitik und verdienst dir ein paar Meriten. Und damit ist das Bürgerrecht schon erheblich näher gerückt. Oder du kannst dich nach einer besser bezahlten Stelle bei der Civitas umschauen oder du machst dich als Scriba unentbehrlich und so weiter. Ist so eine Art Ochsentour, aber geht, ich hab's auch so ähnlich gemacht".

  • Das Überzeugte Apullunius.


    Wenn das so ist, würde ich gerne die Stelle des Scribas wahr nehmen. Das heißt, wenn du glaubst, dass ich für diesen Posten geeignet bin.


    Apullunius hoffte es. Er war es leid durch das Land zu ziehen und immer nur Tagelöhnertätigkeiten wahr zu nehmen. Konnte er doch viel mehr...

  • Zitat

    Apullunius: "Wenn das so ist, würde ich gerne die Stelle des Scribas wahr nehmen. Das heißt, wenn du glaubst, dass ich für diesen Posten geeignet bin".


    Natürlich konnte ich in diesem Gespräch nur zum Teil herausfinden, ob Apullunius für den Posten geeignet war. Neben Lesen und Schreiben gehörte dazu ja auch, dass er schnell erfassen konnte, um was es ging, dass er flexibel auf Überraschendes reagieren konnte, dass er Besuchern höflich gegenübertrat, dass ... dass ... dass ...


    Aber die wesentlichen Fähigkeiten konnte ich sehr wohl prüfen. Ich schob ihm eine tabula und einen Griffel hin.


    "Du wirst Briefe auf Diktat schreiben müssen. Das können Wort-für-Wort-Diktate sein oder Kurz-Diktate, die du dann noch ausformulieren musst. Wir machen mal zur Probe ein Kurz-Diktat. Nimm bitte den Griffel und die tabula und mach dir Notizen. Also: schreib einen Brief an V. Opuntius Crispus in Bingium, leider, bla, bla, wir können ihm seinen Steinbruch nicht genehmigen, weil dafür die Civitas Bingium zuständig ist. Er soll sich an die wenden. Bla, bla, Grüße, Unterschrift. Ich unterschreibe. Hast du's?"


    Ich nahm mir einen Packen Post. "Während ich die Post durchlese, kannst du das an diesem Schreibpult hier fertigmachen. Papyrus, Tinte und Feder findest du dort".


    Sim-Off:

    technische Anleitung für 'Brief' bekommst du per PN

  • Apullunius zögerte nicht lange und schritt zur Tat.



    V. Opuntius Crispus
    Bingium


    Edler V. Opuntius Crispus,


    hiermit gibt die Provinzverwaltung von Germania Superior bekannt,
    dass durch uns keine Genehmigung für die Eröffnung eines Steinbruches
    erteilt werden kann, da dieses Anliegen nicht in unseren Verantwortungsbereich fällt. Ein solcher Antrag muß bei der Civitas von
    Bingium eingereicht werden.


    Vale,
    F. Domitius Massula


    Als Apullunius den Text fertig geschrieben hatte, schob er ihn erwatungsvoll zurück....
    Fertig Princeps

  • Apullunius schob mir seinen Briefentwurf vor die Nase und ich schaute drüber. "Na ja, man merkt, dass du noch nie in einer Verwaltung gearbeitet hast. Aber schon ganz brauchbar. Den Feinschliff musst du halt noch lernen. Also, fangen wir mal an: Die richtige Adresse ist wichtig: da schreiben wir: 'Ad V. Opuntius Crispus, Bingium, Germania Superior'. Immer untereinander".


    Ich konnte ein leises Grinsen nicht unterdrücken, als ich zur Anrede kam. "Bei der Anrede hast du ziemlich tief in den Eimer gelangt. Der Crispus ist kein Adliger, sondern vermutlich ein stinknormaler Bürger. Hier genügt es, wenn man schreibt: 'Salve' oder 'Salve, Opuntius Crispus'. Wenn man es ganz nach römischer Manier machen will, schreibt man 'F. Domitius Massula Opuntio Crispo s. d.' Das bedeutet: 'F. Domitius Massula grüßt Opuntius Crispus'. Wenn der Empfänger einen Titel hat, schreibt man diesen oben in die Adresse".


    Immer noch lächelnd kam ich zum eigentlichen Text: "Ein wirklich schönes Beamtenlatein hast du da geschrieben, exakt so, wie sich Quintus Normalverbraucher unsere Amtssprache vorstellt. Du wirst es mir nicht glauben, aber wir schreiben das durchaus etwas freundlicher, etwa so: 'Zu unserem Bedauern können wir dir die Eröffnung eines Steinbruchs nicht genehmigen, weil solche Genehmigungen nur von den Civitates erteilt werden können. Wende dich also an die Civitas Bingium, am besten an den dortigen Duumvir'. Und dann noch 'Ave', das wäre alles".


    Ich lehnte mich zurück: "Meinst du, dass du das hinkriegen kannst?"

  • Das war wohl doch nicht so gut wie ich es erwartet habe, dachte sich Apullunius. Aber egal, Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut, und außerdem macht Übung ja bekanntlich den Meister.


    Ja! Ich Bekomme das hin. Nach ein wenig Übung wird der nächste Brief schon besser aussehen.


    Antwortete Apullunius selbstbewußt.

  • Zitat

    Apullunius: "Ja! Ich Bekomme das hin".


    Immerhin war er von seinen Fähigkeiten offenbar überzeugt. Hatte Selbstbewusstsein. Das brauchte er auch. Schließlich hat ein Scriba auch noch andere Aufgaben.


    "Als Schreiber musst du auch Botengänge durchführen, Informationen sammeln und zu Berichten zusammenstellen und du musst auch dafür sorgen, dass nur die Besucher, die einen Termin bei mir oder bei dem Legatus Augusti haben, vorgelassen werden. Die anderen musst du aufhalten und dafür sorgen, dass sie einen Termin bekommen". Ich machte eine kurze Pause.


    "Nehmen wir einmal an, es kommt ein hohes Tier in dein Büro gestürzt, sagen wir, ein Tribunus Laticlavus. Er ist offenbar wütend und verlangt, sofort mit dem Legatus Augusti zu sprechen. Was sagst du zu ihm?"

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    "Salve, er möchte, dass ich dich dabei unterstütze die Militärbesprechung vorzubereiten."


    erklärte Alvitus lakonisch wie immer, nachdem er das Officium des Princeps Praetorii betreten hatte. Es war nicht mehr lange hin und einige Dinge, nicht zuletzt der Raum für die Besprechung selbst mussten vorbereitet werden. Schließlich konnte man nicht erwarten, dass die wichtigsten Kommandeure der Provinz sich auf irgendwelche Rübenkisten setzten. Und auch das notwendige Kartenmaterial und andere Dokumente mussten vorhanden sein und kopiert werden, damit für jeden ein Exemplar vorhanden war. Es gab also genug zu tun.



  • Zitat

    Alvitus: "Salve, er möchte, dass ich dich dabei unterstütze die Militärbesprechung vorzubereiten."


    Ich schaute von meinen Papyri auf. Es war Alvitus. Er hatte immerhin elf Worte gemacht. Das hieß, dass es sich um eine ziemlich wichtige Sache handelte. "Salve Alvitus, danke für das Angebot. Hm, Militärbesprechung. Lass mich mal überlegen ... Aber setz dich doch erst Mal".


    Ich stützte meinen Kopf in die Hand, griff mir eine tabula und sagte zu Alvitus: "Wir haben drei Legionskommandeure und drei Alenpräfekten eingeladen. Die werden wahrscheinlich noch jemand aus ihrem Stab und vielleicht einen Schreiber mitbringen. Rechnen wir mal mit einem guten Dutzend bis zwanzig Personen. Falls der Legatus Augusti eine Arbeitsbesprechung im Sinn hat, können wir das Officium Rutilum als Besprechungsraum nehmen. Falls er es etwas glanzvoller haben will, müssen wir auf die Aula zurückgreifen. Das solltest du noch mit dem Legatus Augusti klären". Ich machte mir eine Notiz. "Der Raum ist mit einer entsprechenden Anzahl von Sesseln, Beistelltischen und Schreibpulten auszustatten. Ein großer Tisch in die Mitte zum Ausbreiten von Papyri. Und Getränke, ein paar Kleinigkeiten zum Essen".


    "Für alle, die einen langen Anreiseweg haben, müssen wir Räumlichkeiten zum Übernachten vorhalten. Die entsprechenden Räume in der Regia sind dafür mit allem Notwendigen auszustatten, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass mancher der Haudegen aus daffke vielleicht doch lieber im Castellum nächtigen möchte. Das kann man aber erfragen, wenn sie eingetroffen sind. Ferner sind Unterstellmöglichkeiten für Reittiere, Reisewagen und Zugtiere bereitzustellen. Für diese Vorbereitungen kannst du auf das Hilfspersonal der Regia zurückgreifen. Wenn's irgendwo klemmt, sag mir Bescheid".


    "Das wäre dein Part. Ich kümmere mich um die notwendigen Dokumente und den anderen Kram. Noch Fragen, Alvitus?"

  • [Blockierte Grafik: http://dl.dropbox.com/u/16275162/Alvitus.png]



    "Nun das Officium Rutilum allein könnte knapp werden. Es lassen sich auch zwei Räume für einen großen Besprechungsraum zusammenlegen. Durch die Provinzreform sollte ja nun Platz vorhanden sein. Die Aula ist keine Option. Die Besprechung muss vertraulich sein."


    führte Alvitus in seiner gewohnt trockenen Art aus. Dass der Domitier sich um die Papiere kümmern wollte war auch sinnvoller. Er arbeitete schon länger hier und kannte die Ablage hier. Auch verfügte er über die notwendigen Schreiber, um Abschriften zu fertigen. Alvitus wusste, dass sein Herr schon länger einen richtigen festgelegten Besprechungsraum wünschte, aber bisher hatte es immer wichtigeres gegeben.



  • Zitat

    Alvitus: "Durch die Provinzreform sollte ja nun Platz vorhanden sein. Die Aula ist keine Option. Die Besprechung muss vertraulich sein."


    Ich griff mir einen Papyrus aus einem Regal. "Verdammte Axt, ich bin noch nicht dazu gekommen, die neue Raumbelegung zu Ende zu bringen. Also machen wir's auf die schnelle Tour. Alles, was mit der ehemaligen Regio zu tun hat, und das ist jetzt nur noch eine Kleinigkeit, das geht in die zweite Etage. Tut mir leid für Quintilius Sermo, der geht halt auch eins tiefer. Hier oben muss ich noch vier officia freihalten für höhere Beamte, die der Kaiser uns noch schicken könnte. Das sind die IV, V, VI und VII".


    Ich nahm eine Feder und kreuzte die vier offcia an. Ebenso die I, II und III. "Bleibt das Rutilum und das officium des Centurio Statorum. Diese beiden officia, den Göttern sei Dank, liegen nebeneinander. Und den Centurio Statorum brauchen wir nicht mehr".


    Ich überlegte mir kurz, auf wieviele Worte Alvitus meine Überlegungen wohl eindampfen könnte, gab es dann aber auf und lehnte mich zurück.


    "Wenn wir die Wand zwischen beiden officia rausreißen, haben wir einen prächtigen Besprechungsraum ganz in der Nähe vom officium des Legatus. Schnapp dir ein paar Baufritzen aus dem Haus und bleue ihnen ein, dass sie die Wand ohne eine Spur von ihrer Arbeit zu hinterlassen, uncia für uncia herausnehmen. Wir haben nicht mehr viel Zeit".

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