Tablinum

    Meridius hatte sich in das Tablinum zurückgezogen und saß nun an einem der klassischen Meisterwerke seiner Zeit. Am heutigen Nachmittag hatte er sich frei genommen, Iulia schwirrte irgendwo im Haus herum, im eigenen Arbeitszimmer wartete nur Arbeit, draussen war das Wetter nicht ganz so gut, was blieb also anderes übrig als das Tablinum, sonst Ort der Besprechungen, Zusammenkünfte, des Entspannens und Ausklingenlassens.


    Er steuerte einen Korbsessel an und ließ sich nieder.
    Dann rollte er die Schriftrolle auf...

    Und nicht nur sonst war das Tablinum Ort der Besprechungen, sondern auch heute. Es tat Varus leid, dass er den Legaten bei seiner Nachmittaglektüre stören musste, aber in seinem Officium hatte er ihn nicht angetroffen und man hatte ihm gesagt, der Legatus befinde sich in seinem Refugium. Also suchte der Quaestor den Senator und fand ihn alsbald auch im Tablinum.


    Varus trat auf die Schwelle und klopfte zweimal an den Holzrahmen der Tür, ging dann weiter auf den Senator zu und grüßte.
    "Salve Legatus, verzeih dass ich dich störe, aber ich möchte gern eine wichtige Sache mit dir besprechen. Hast du einen Moment?"

    Meridius blickte auf.


    "Ja, sicher. Nimm einfach Platz."


    Er rollte seine Mittagslektüre zusammen und legte sie auf ein kleines Tischchen. Dann griff er nach einem Glas Wein und nippte daran.


    "Möchtest Du auch was?
    Greif einfach zu."


    Gläser standen genügend herum.

    Varus nickte dankbar und schenkte sich einen halben Becher unverdünnt ein. Auch folgte er der Einladung und setzte sich gemütlic.


    "Nun", begann er.
    "Bald stehen die Spiele auf dem Plan, doch zuvor finden in Rom die Wahlen statt. Ich würde gern den einmal eingeschlagenen Weg weiterführen und das Aedilat an mein jetziges Amt anknüpfen. Um es einfach zu machen, ich möchte erneut kandidieren und ersuche dich um eine Freistellung hierfür. Zu den Spielen wäre ich selbstverständlich wieder zurück."

    Meridius überlegte. Er wollte dem Mann keine Steine in den Weg legen. Allerdings war eine Reise über die Alpen und zurück schon eine Tortour, selbst für einen geübten Reiter der Legion, der Ala oder des Cursus Publicus.


    "Nun, Du hast eine gute Arbeit geleistet und ich bin mir sicher, dass Du als Aedil in Rom gute Spiele wirst ausrichten können. Ich werde Dir keine Steine in den Weg legen, erwarte jedoch, dass die Spiele hier in Mogontiacum ein voller Erfolg werden. Gerade in Hinblick auf Deine Kandidatur werden viele an diesen Spielen hier den Maßstab anlegen, weil sie als Indiz für Deine zukünftige Arbeit gelten können..."

    "Das ist mir durchaus bewusst, Legatus. Doch nicht nur deshalb liegt es mir sehr am Herzen, dass die Spiele erfolgreich verlaufen werden. Auch hoffe ich, dass die Veneta diesmal einen besseren Platz als bei den letzten Rennen belegen kann... Ah, es freut dich sicher zu hören, dass alle Factiones zwei Gespanne gemeldet haben. Lediglich die Albata hat noch nichts von sich verlauten lassen", verlor Varus sich selbst wieder einmal im Rennfieber. ;)

    "Es ist schön, dass so viele Rennställe Wagen gemeldet haben. Wer wird nochmals alles von der Aurata antreten? Habe ich Quintus Arius schon gemeldet, oder werden es die beiden anderen Gespanne sein?"


    Er konnte sich im Moment nicht erinnern.


    "Das mit der Albata ist allerdings ein Problem. Ich habe dem Pater Factionis schon früher angeboten, ihm helfend unter die Arme zu greifen, doch anscheinend möchte man das nicht."

    "Das waren zwei Griechen. Patroklos und Helios, soweit ich weiß beide aus Italien", antwortete Varus.
    "Ich habe den Principii Factiones jeweils gesonderte Schreiben zukommen lassen und auch in der Acta die Bekanntmachung veröffentlicht - er weiß sicher Bescheid. Vielleicht gibt es interne Probleme, er hat kein Interesse oder es gab Umstände, die eine Teilnahme der Albata verhindern" , mutmaßte Varus und nahm einen Schluck Wein.



    Sim-Off:

    Ich habe Florus auch im ICQ kontaktiert, da er weniger online zu sein scheint - mal sehen, ob er antwortet. :)

    Meridius nickte. Italien hatte also wieder beide Wagen gemeldet. Sollte er nun Quintus Arius den dritten Mann aussetzen lassen, oder wieder einen der beiden italischen Wagen nach Hause schicken? Es war die Crux mit dieser Aurata. Sie hatten drei Gespanne und erst keines, welches siegen würde. Egal, welchen man teilnehmen lies, am Ende hatte man immer das Gefühl, dass der welcher zu Hause geblieben war, wohl doch die besser Wahl hätte sein können.


    "Es kann jede Factio nur zwei Wagen melden, oder?
    Oder können auch drei antreten?"


    Er sah den Petronier fragend an.

    "Es sind zwei Gespanne pro Factio vorgesehen", sprach Varus.
    "Die besseren Fahrer werden im Finallauf mit den beiden Siegern das Vorllaufs wetteifern. Warum fragst du, hast du ein drittes Gespann parat? Auch die Praesina erkundigte sich nach der Anzahl der zulässigen Gespanne. Ihnen habe ich bereits mitgeteilt, dass sich diese Zahl auf zwei beläuft."

    Da war das Problem also wieder.


    "Ja, ich habe ein drittes Gespann. Soweit ich weiß ist es sogar noch in Germanien. Quintus Arius, so heißt der Lenker..."


    Er dachte nach.


    "Nun, die Wagen in Italien kommen bisher öfters zum Einsatz. Ich möchte, dass Quintus Arius fährt. Einer der beiden anderen wird also nur Reserve sein, falls ein anderer ausfällt."

    "Quintus Arius? Hm...den Namen habe ich schon gehört. Ist es DER Quintus Arius?" fragte Varus nach.
    "Und welcher Wagen sollte dann der Ersatz sein? Immerhin bist du der Princips und kannst es aussuchen."

    Meridius schmunzelte.


    "Es ist einer der vielen Arius der Familie. Diese Leute sind schon in der dritten Generation Wagenlenker und irgendwie mit dem ehemaligen Consul verwandt. Ich habe mich mal erkundigt, also der erste Quintus Arius war Consul und hatte ein Flottenkommando, er adoptierte einen Hebräaer, dieser war Wagenlenker, dessen Sohn war Wagenlenker und auch dessen Sohn, also der jetzige Quintus Arius der Jüngere, geht ebenfalls dieser Passion nach. Allerdings mit weniger Erfolg. Sei es drum, der Name alleine zieht schon Leute an, und wenn er nur ein Hauch von Talent seines Großvaters hat, wird er eines Tages gewinnen."

    Varus hörte interessiert zu. Daher kannte er also den Namen.
    "Da hast du sicher recht. Gerade den Jüngeren sollte man stets eine Möglichkeit geben, ihr Können unter Beweis zu stellen. Ah, und wo wir gerade von Jüngeren reden: Ich habe vor kurzem deinen Sohn spätabends in der Küche angetroffen. Er hielt mich für einen Einbrecher, also kannst du beruhigt sein, wenn er die diesbezüglich etwas berichtet. Es war kein Dieb, nur ich."
    Varus grinste spitzbübisch.
    "Ein netter junger Mann, wenngleich etwas betrübt derzeit. Aber das legt sich wieder. Du kannst stolz auf ihn sein."

    "Ja, ich hoffe, dass sich die Flausen im Kopf langsam legen."


    Meridius schmunzelte nun ebenfalls.


    "Wann wirst Du nach Rom reisen?"


    Er fragte den Petronier, da er sich darauf einstellen musste und es wohl sicher das eine oder andere zu erledigen gab, was dann von anderen Verwaltungsbeamten übernommen werden musste.

    Varus schmunzelte noch mit, dann wurde er wieder ernst und entgegnete:
    "So bald wie möglich. Die Wahlen sind ja schon bald und die Frist zur Kandidatur läuft ab. Ich bin auch gern bereit, den Teil der Arbeit nach meiner Rückkehr zu übernehmen, der liegen bleibt."

    Meridius nickte.


    "Gut, dann machen wir es so."


    Nachdenklich blickte er auf sein Weinglas.


    "Die Unterbringung im Gästezimmer war zu Deiner Zufriedenheit?"

    "Auf jeden Fall", entgegnete Varus.
    "Ich möchte dir noch einmal herzlich danken, Legatus. Das war nicht selbstverständlich und ich möchte dir im Gegenzug meine bescheidene Hilfe anbieten, solltest du sie dereinst brauchen."
    Varus schmunzelte und fügte hinzu:
    "Und wenn es nur eine Reservierung der Apicia ist."

    Ja, die Taverna Apicia. Er hatte dort in seiner früheren Zeit so manche gesellige und amüsante Stunde erlebt. Die Brautentführung von Adria war dabei sicher die Sternstunde gewesen.


    "Ich danke Dir. Ich werde sicher darauf zurückkommen, wenn ich wieder in Rom bin. Allerdings gehe ich davon aus, dass dies nicht all zu früh der Fall sein wird."


    Blieb die Frage, wie er seine Lektüre fortsetzen konnte, ohne den Quaestor jetzt aus dem Tablinum zu schmeißen... ;)

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