An einem See

Sein Kuss kam wie aus heiterem Himmel, ich habe fast keine Luft bekommen,
es war aber schön...dann lächelte ich ihn an und fragte:

"Gaius, wenn es Dein Erster Kuss ist, wie wird es dann Dein Zweiter?"

Das Mädl schien keine Zeit zu verlieren und verlangte auch schon nach Kuss Numero 2 und prompt kam er auch schon. Während er sie küsste bewegte sich seine Hand unaufhaltsam in Richtung ihrer Brüste und schlüpfte unter der Tunika.

"Deine Küsse sind ...süss, mein Gaius..."

sagte ich leise, zog seine Hand aus meiner Tunika und legte seinen Arm
um mich, dann lehnte ich mich an seine Brust und hörte eine Weile den Schlag seines Herzens...

"Unsere Herzen schlagen zusammen, in einem Rhythmus, das ist ein schönes Gefühl,
aber ich trage immer noch die Trauer in mir und bitte Dich
das zu verstehen... gib mir einfach etwas Zeit..."

Trauer? Da hatte wohl Raeticus was verpasst oder es einfach überhört.

"Ach komm Schnuggihäschen trauern kannst du morgen immer noch."

Nebenbei drückte er sie ganz fest an sich.

"Aber, Gaius, wenn ich traue, kann ich Dir nicht
gehören... ich kann das einfach nicht..."

murmelte ich, dabei fühlte ich mich in seiner festen Umarmung wohl
und geborgen...

Der Mond ging gerade auf und ich sah Raeticus an:

"In zwei Wochen ist meine Trauer vorbei, dann...dann... "

mehr konnte ich nicht sagen und verbarg mein Gesicht in seiner Brust

Es schien ihr wirklich ernst zu sein und Raeticus ließ locker.

"Na dann, tschüss ich geh dann wieder in Richtung Castellum."

Enttäuscht löste er ihre Umarmung.

"Ich wusste, dass Du es verstehen wirst, Gaius, bring mich dann nach Hause..."

Ich merkte, dass Raeticus enttäuscht war, und es tat mir leid...

"Wir werden uns bestimmt wiedersehen, es war trotz allem ein schöner Tag,

komm lass uns gehen..."

Raeticus hatte sich etwas beruhigt und ohne weiter zu zögern nahm er ihre Hand und brachte sie nach Hause, nach Mogontiacum zur domus duccia.

Hoch und blau steht der Himmel über mir, wölbt seinen gewaltigen Bogen über die herbstlichen, roten Wälder.
Ein Tag, für einen Ausritt wie geschaffen.
Ich reite meine schwarze Stute "Nocta" dem Wald entgegen. Leicht drücke ich die Fersen in die Flanken
der Stute und sie gallopiert so schnell davon, dass ich alle meine Kraft zusammen fassen musste um mich
festzuhalten. Meine langen Haare lösten sich und flattern heftig im Wind. Ich fühle mich wie eine Amazone, die
Troja zu Hilfe eilt... Ein Hochgefühl erfasst meinen ganzen Körper. In der Erregung des Ritts sind alle Sorgen,
Kummer und Trauer vergessen, mit dem Wind einfach davon geflogen...

Erst als wir den Wald erreichen, setzte ich "Nocta" in Trab. Nach einer Weile erreichen wir den Waldsee,
der wie eine blaue, kostbare Perle von uns liegt. War ich schon mal hier, aber wann...? Ich lächelte und
sprang vom Pferd, führte es zum Wasser und liess die Zügel fallen.
"Nocta" trank und ich wusch mein Gesicht in kühlem Wasser. Dann setzte ich mich auf einen Stein,
genoß die letzten Sonnenstrahlen und versank in meinen Träumen...

Schon sehr lange war es her, als Reatinus hier an diesem See war. Er war selbst Probatus, als er hier das Schwimmen von seinem Vorgesetzten lernte. Heute war er Centurio. Demnach also selbst Vorgesetzter und musste nun seiner Rekrutengruppe das Schwimmen beibringen. Mit den ganzen Probati im Schlepptau erreichte Reatinus den Fluss, an genau der gleichen Stelle, wo er selbst damals stand. Es hatte sich nichts geändert, in diesen Jahren.

Doch es war keine Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen!

"Hier sind wir, Probati! Runter mit der Kleidung und ab uns Wasser! Wer in fünf Sekunden nicht im Wasser ist, hat die Ehre, Latrinen zu putzen!".

"Optio, pass mir auf, dass niemand ertrinkt!".

So hagelte es Befehle, die auf ihre Ausführung warteten.

Wie immer am Ende der Kolonne erreichte auch der Optio jenen sagenumwobenen See. Interessiert blickte der Iulier sich um. Ein ganz netter See, auf jedenfall gemütlicher und ansprechender als die reißenden kalten Fluten des Rhenus in welchem Drusus und seine Kameraden unter der Leitung des alten Petroniers, welcher nun der erste Speer der Legio II Germanica Fidelis Constans geschwommen waren. Viel Zeit war seit damals vergangen und der Iulier war nun Optio! Diesmal stand er auf der anderen Seite, nun war er einer der Ausbilder...

Schließlich wurde der Nachwuchsschreihals von dem echten Schreihals aus seinen Gedanken gerissen. Er sollte also darauf achten, dass keiner ertrinken würde. "In Ordnung, Centurio!", bestätigte er den Erhalt des Befehl. Währenddessen suchte Drusus schon nach einer guten Position um die hoffentlich bald schwimmenden Probati alle überblicken zu können. Schließlich suchte er sich einen sehr nahe beim Ufer stehenden Baum aus, welcher sich auf einem kleinen Hügel befand. Von dort würde er alles überblicken können...

Latrinen putzen? Nein Danke! Da sputeten sich die Männer um aus ihren Rüstungen zu springen,...jedoch bekam Lupus ein leicht mulmiges Gefühl bei den Gedanken an die Latrinen...sie erinnerten ihn auf seltsame Weise an seinen toten Kameraden Severus. Irgendwie bildete sich ein Kloß in seinem Hals, der jedoch durch das eisige Wasser des Sees umgehend wieder verschwand,...er war sich, sein Gemächt würde nach dieser Trainingseinheit seinem Namen keinerlei Ehre mehr machen. Was soll´s dachte er sich und sprang Kopfüber in den See. Noch nie in seinem Leben hatte er so kalt gehabt...und würde er sich nicht sofort bewegen, dann wäre das sein Ende...

Zufreiden beobachtete der Nachwuchsschreihals von seinem Beobachtungsposten aus wei die ersten Probati bereits ins Wasser sprangen. Manche, wie Lupus den Drusus ausgemacht hatte sprangen einfach Kopf über in das kalte Nass, andere jedoch näherten sich den tieferen Bereichen des Sees eher vorsichtig und wieder anderen standen noch unschlüssig am Ufer. Die letzteren schienen die Nichtschwimmer zu sein, welche es auch bei jeder Gruppe von Probati gab. Drusus erinnerte sich noch gut an die, welche in seiner Ausbildungsgruppe noch nie geschwommen waren. Für jene war das bei weitem keine angenehme Erfahrung...

"Los! Schneller, Probati!", trieb auch Drusus die Auszubildenden, welche noch immer nicht im Wasser waren an. "Oder wollt ihr etwa mit den Latrinen Bekanntschaft machen?"

Der Schock war inzwischen einer langsamen Starre gewichen. Lupus begann einfach im näheren Umkreis mit kräftigen Zügen zu schwimmen. Freistil,...dieses Brustschwimmen hatte er nie gelernt,...er empfand es im übrigen als weibisch.
Sein Blut begann wieder zu zirkulieren, er sah zum Ufer und bemerkte, daß einige Unentschlosssene immer noch nicht ins Wasser gegangen waren,...ob da die Aufforderung der beiden Ausbilder ausreichte?
Eines war jedoch sicher,...es sollte möglichst bald losgehen,...ein paar Kameraden hatten schon bläuliche Lippen.

Der Optio übernahm jetzt das aufpassen auf die Probati, sodass der Centurio sich zunächst einmal zurücklehnen konnte. Bis die angehenden Legionäre zurück waren, blieb noch ein wenig Zeit. Aufmerksam sah er in die Ferne, wo sich die Probati schon recht gut im Schwimmen machten... für Anfänger zumindest! Die nächste Übung jedoch war ein wenig anspruchsvoller.

Nur weigerten sich einige immernoch hartnäckig, ins Wasser zu gehen. Auch dafür kannten die Offiziere ihre Tricks... auch wenn diese nicht gerade fair waren, aber welcher Offizier war schon fair?
Langsam pirschte Reatinus sich an die zimperlichen Rekruten heran. Bald schon stand er direkt hinter einen von den Wenigen, um ihn mit Wucht in das eiskalte Wasser zu schubsen. Jetzt konnte er zumindest schwimmen lernen. Und die anderen, die die Methoden des Centurios sahen, hatten nun mehr Angst vor ihm, als vor dem Wasser. "Ich sagte: Schwimmen!".

Leicht grinsend beobachtete Drusus von seinem Standpunkt aus wie der Schreihals einen der noch zögernden Probati einfach in das kalte Wasser stieß. Sicher fair war das nicht unbedingt, aber die Auszubildenden mussten lernen dass das Leben bei der Legion nicht immer fair war und dass das Wasser ihnen nicht weh tat. Zumindest nicht wenn sie sich eifrig bewegten.

Der Nachwuchsschreihals verfolgte das weitere Treiben des Centurios mit größter Aufmerksamkeit. Immerhin galt es auch für ihn etwas von seinem Vorgesetzten zu leben. Und Drusus war schon sehr gespannt was für eine Übung der Artorier den Probati aufbrummen würde.

Lupus schwamm und hielt sich so warm,...einige Kameraden taten es ihm nach. Als der Centurio die Zögerer ins Wasser stieß hatte das etwas tragikomisches,...er begann auf´s Ufer zuzuschwimmen.
Es waren jetzt alle im Wasser, sicher gab es jetzt neue Befehle.

Warscheinlich waren Reatinus´ Befehle zu ungenau, denn er sah, dass seine Probati planlos im Wasser plantschten. Dann fasste er sich eben genauer, und das in einer Stimme, die selbst die Götter da oben gehört haben mussten. "Ich will euch nicht baden sehen, schwimmt, sonst komme ich persönlich zu euch ins Wasser! Glaubt mir, das tut euch nicht gut! Los, zwei Mal zum Ende des Sees und wieder zurück! Danach meldet ihr euch hier!". So, das waren ja mal Worte, die mehr als deutlich genug waren. Die Ironie wollte es so, dass Reatinus auf einmal Halsschmerzen hatte. Natürlich ließ man sich das als Centurio nicht anmerken.

Lupus bedurfte keiner weiteren Herausforderung, obwohl er es sicher sehr amüsant befunden hätte, wenn der Centurio tatsächlich ins Wasser gekommen wäre. So zog er denn seine Bahn, in einem Takt schlugen seine Arme ins Wasser und trieben seinen Körper vorwärts,...die Kälte wich einer wohligen Taubheit. Am Ufer angekommen machte er sofort kehrt und schwamm etwas außerhalb der Route der Kameraden wieder zurück. Bald schon kam er wieder bei den Ausbildern an und schwamm ohne weiteren Befehl zurück, da die meisten ohnehin nioch nicht am Ziel waren.Ruhig zog er seine Bahn, den Takt langsam erhöhend traf er am jenseitigen Ufer ein, drehte sich und schwamm, diesmal zügig zurück, sodaß er mit den letzten der ersten Tour am Ziel eintraf.
Viel länger durfte es jetzt aber auch nicht mehr dauern,...seine Lippen waren inzwischen trotz der Anstrengung blau geworden.

Inzwischen konnte jeder schon schwimmen, wie Reatinus befriedigt feststellte. Die Grundlagen waren also da. Und die wollten ausgebaut werden! Geduldig und mit verschränkten Armen wartete der Centurio auf die Gruppe, ehe er weitere Befehle gab. Diesmal würde es ein wenig schwerer werden. Schwimmen mit Tunikae... vollgesogene Tunikae dürften ein zusätzliches Gewicht bedeuten, und die Probati mussten lernen, auch mit diesem zu schwimmen. Nebenbei war es auch ein gutes Krafttraining.

"Probati, jetzt habt ihr ja schon eine Grundlage für´s Schwimmen!", zumindest ist ja niemand ertrunken, "Jetzt will ich euch etwas anstrengen! Zieht jetzt eure Tunikae an und schwimmt zwei weitere Male!"