Spurius Purgitius Macer, Kommandeur der Academia Militaris und Legat der LEGIO I, betritt in Begleitung seines Adjutanten das Auditorium der Academia. Zufrieden lässt er seinen Blick über die anwesenden "Studenten" gleiten und lächelt. Es ist eine beachtliche Zusammenstellung von Offizieren aus allen Teilen des Imperiums, die sich versammelt haben, um die erste Vorlesung im neuen Lehrplan der Academia zu besuchen.
Macer begrüßt alle freundlich und lässt seinen Adjutanten die üblichen Formalitäten durchführen. Dann beginnt er mit seinem Vortrag:
"Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind, um an der ersten Vorlesung der Academia Militaris seit langer Zeit teilzunehmen. Es ist mir eine große Ehre diese Vorlesung halten zu dürfen.
Bevor wir uns unserem Thema, dem Aufbau von Standlagern widmen, möchte ich kurz einige organisatorische Dinge klären. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist dies hier eine leichter Cursus, der mit dem Examen Secundum abschließt. Ich werde Ihnen also zwei Wochen lang in (vermutlich sechs) Vorlesungseinheiten das Thema vorstellen und ihnen Gelegenheit geben, Fragen zu stellen. Danach werde ich eine Prüfung mit 10 Fragen stellen, von denen 8 richtig und vollständig zu beantworten sind. Dafür ist eine Woche Zeit. Das Ergennis werde ich spätestens eine Woche nach Abgabeschluß bekannt geben. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass von Ihnen zu hohe Leistungen erwartet werden - bei einem Examen Secundum sind alle Prüfungsfrage aus den Inhalten der Vorlesung geraus vollständig zu beantworten. Die Lektüre zusätzlicher Materialien ist wünschenswert, aber für einen erfolgreichen Abschluß nicht erforderlich.
Gibt es dazu Fragen?"
"Dann möchten ich nun mit dem Thema beginnen und Ihnen den Aufbau von Standlagern der römischen Armee näher bringen. Wie erwähnt, werde ich sechs Vorlesungseinheiten halten, die sich wie folgt aufteilen:
1. Einführung; grundsätzliche Betrachtungen
2. Lagerplatz, Lagergrundriss
3. Unterkünfte
4. Stabsgebäude
5. Versorgungsgebäude
6. Verteidigungsanlagen; Zusammenfassung
Während Marschlager (errichtet aus Zelten, Wagen und provisorischen Pallisaden) seit je her zum Erscheinungsbild einer Armee gehören, wurden Standlager erst mit der Einrichtung einer Berufsarmee in der späten Republik nötig. Erst wurden sie als Winterlager bei mehrjährigen offensiven Operatioenn eingeführt; in der frühen Kaiserzeit dann mit der Entwicklung der Defensivstrategie als dauerhafte Einrichtung. Die Lager erfüllen dabei eine ganze Reihen von Funktionen:
- Sie sind Wohnstatt für die Soldaten, die nun nicht mehr nach dem Feldzug entlassen werden und zu ihren Höfen o.ä. zurückkehren.
- Sie erfüllen strategische Funktionen als ständige Sicherung gefährdeter Positionen.
- Sie sind die Knotenpunkte im logistischen Netz der Armee.
Darauf ergeben sich eine ganze Reihe von Anforderungen, die ein Standlager zu erfüllen hat:
- eine einfache Zuwegung, die einen schnellen Transport von Mensch und Material ermöglicht;
- dauerhafte Verteidigungsanlagen, die einer Belagerung standhalten können;
- ausreichende Fläche, die ein Zusammenleben von über 5000 Mann in hygienischen Verhältnissen ermöglicht;
- Gebäude für die Erledigung aller anfallenden Aufgaben von der Waffenherstellung bis zur Verwaltung;
- Gebäude zur Lagerung von Vorräten, die die gesamte Truppe über einen längeren Zeitraum kampffähig halten können;
- solide Bauweise aller Gebäude, die die dauerhafte Nutzung über einen langen Zeitraum auch im Winter ermöglicht;
- im Umland ausreichend Fläche zur Ernährung der Tiere und zur Durchführung des täglichen Drills;
Schon allein die Tatsache, dass ein Soldat möglicherweise die Hälfte seines Lebens in einem solchen Standlager oder dessen unmittelbaren Umfeld verbringen wird, unterstreicht die immense Bedeutung, die der sorgfältigen Anlage eines Standlagers zukommt.
Wie die einzelnen Anforderungen erfüllt werden, welche Massnahmen dazu notwendig sind und welche bewährten Strukturen sich bisher ergeben haben, werde ich Ihnen in den nächsten Vorlesungen darlegen."