[Cubiculum] Decima Valeria

  • "Bei der nächsten Wehe müsst ihr fest pressen" erklärte Fannia und lies zu, dass Valeria ihre Hand so fest drückte, dass sie beinahe blau Anlief. Es war faszinierend, wieviel Kraft ein Mensch entwickeln konnte, wenn er unter Schmerzen litt.


    "Wir schaffen das, bald habt ihr es hinter euch..." versuchte die Sklavin ihre Herrin zu ermuntern.

  • Auch Fabia gab keinen Mucks von sich, obwohl Valeria deren Hand mindestens ebenso sehr drückte wie die Fannias. Gespannt beobachtete Fabia das Geschehen. Es war aufregend und es machte ihr Angst und irgendwie schwor sie sich, das sie selbst niemals ein Kind haben wollte. Es musste furchtbar schmerzhaft sein. Wieder strich sie sanft über Valerias Hand.

  • Valeria nickte abgehackt und dachte Worte, die Maximian beschrieben....die lieber ungenannt bleiben. Dann fing das neuerliche Ziehen an. Valeria atmete tief ein und aus, bereitete sich auf den Schmerz vor....und prompt kam er. Sie warf den Kopf in den Nacken und drückte mit aller Kraft. Passierte da etwas? Sie konnte nichts sehen und nichts hören, das Blut rauschte in ihren Ohren und der rote Nebel des Schmerzes verwischte ihre Sinne. Sie merkte nur, dass da etwas passierte....was auch immer. Und dann tat es ziemlich weh und etwas riss. Der Damm... Und doch war noch immer kein Kopf in Sicht, als die Wehe verebbte.

  • Langsam machte sich Fannia sorgen um die Gesundheit von Valeria und auch um die des Kindes. Dauerte die Geburt zu lange, war es möglich, dass bei dem Kind ein Schaden bleiben würde.


    "Gut so" lobte die Sklavin trotzdem und beschwor Valeria bei der nächsten Wehe erneut zu pressen um dem Kind auf die Welt zu helfen.

  • Fabia tauschte einen Blick mit Fannia. Man sah der Sklavin an, das sie sich Sorgen machte. Und auch Fabia begann sich mehr und mehr Sorgen zu machen. Obwohl sie nicht viel tat, standen leichte Schweißperlen auf der Stirn des jungen Mädchens.
    Es war anstrengend und viel zu aufregend, all das hier zu erleben und immer wieder bewegten sich ihre Lippen, Diana und Iuno um Hilfe und Beistand anflehend.

  • Valeria sah Fannia flehend an. Sie murmelte etwas, das selbst sie nicht verstand, das aber nach der Bitte um einen Schlussstrich klang. Dann kam die nächste Wehe. Diesmal tat sich etwas. Wie lange lag sie nun schon hier? Eine Stunde? Zwei? Valeria presste, so fest sie konnte, drückte, was das Zeug hielt. Sie hatte das Gefühl, dass sie gleich auseinanderspringen würde - und dann hörte man ein glitschiges Geräusch und der Schmerz nahm wieder ab. Valeria sah verwundert die beiden Frauen an, die sich so rührend um sie kümmerten, atmete gezwungen tief ein und aus. Ein Stück des Kopfes war zu sehen.

  • Ein Glück, dass es endlich so weit war und das Köpfchen zu sehen war, noch ein letztes Mal der Anstrengung und das Kind würde endlich geboren sein.


    Dass aber das Köpfchen des Kindes blau angeloffen war, viel noch nicht recht auf, das es von Blut völlig verschmiert war. "Haltet durch, bald habt ihr es geschafft und die Schmerzen weichen der Freude."

  • Fabia blickte immer wieder angespannt zu Fannia, versuchte aber gleichzeitig auch, Valeria zu zeigen, das sie da war und das alles gutgehen würde. Doch das ungute Gefühl, das sie zu Beginn gehabt hatte, hatte sich in der Zeit in Valerias Cubiculum noch verstärkt. Etwas würde passieren.. und es war nichts Gutes, das ahnte Fabia.

  • Valeria wollte Fannia ja glauben, wollte endlich, dass es aufhörte und wollte, dass das Kind endlich da war... Aber sie nickte nur wieder abgehackt und machte sich auf den nächsten Schmerz gefasst, der sich bereits wieder ankündigte. Tränen rannen über ihr rotes Gesicht, vermischten sich mit dem Schweiß und rannen in die Laken. Valeria griff erneut zu, als die Wehe kam. Sie spannte alle Muskeln an, presste und drückte.


    "..............AAAAAAAAAAAAAAAAAaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhh......." schrie sie, ehe sie anfing zu wimmern und sich langsam wieder entspannte. Das Holzstück war aus dem Mund gerutscht, sie fühlte sich unendlich ausgelaugt und wund. Der Kopf war draußen.....

  • Mit dem Kopf waren auch das Genick und die Schultern zu erreichen und das Kind konnte endlich geboren werden. Es war ein harter Kampf für Valeria gewesen, doch sie hatte es endlich überstanden.


    Nachdem Fannia das Kind in ihren Händen hielt, merkte sie, dass es nicht zu atmen begann. Sie wischte es mit einem feuten Tuch ab und sah nun, dass der Kopf blau angeloffen war. Das Kind war tot...


    Sie konnte nicht fassen, was gesehen war und begann am ganzen Leib zu zittern. Wie sollte sie das Valeria nur beibringen? Hilflos sah sie zu Fabia, die sah, was geschehen war.

  • Fabia, ohnehin schon käsebleich, hielt sich für einen Moment an der Wand fest und verlor nun vollends alle Farbe. Sie starrt Fannia ebenso schockiert an, wie diese sie ansah. Sie konnte nicht zu Valeria sehen. Wie nur sollte man der Priesterin das beibringen? Fabia schluckte hart. Ihr Mund fühlte sich seltsam trocken an, so als ob sie gerade einen Wüstenmarsch ohne Wasser hinter sich hätte. Sie zitterte am ganzen Leib - das sie nicht einfach umkippte, war wohl noch Glück zu nennen.
    Irgendwie schien sich der gesamte Raum auf einmal um sie zu drehen. Was für ein Glück, das da noch die Wand zum Abstützen war.

  • Valeria seufzte erschöpft und hob die Hand. Sie merkte, wie sich Fannia irgendwie an ihr zu schaffen machte, es einige eklige Geräusche gab und dann alle still waren. Sie wandte den Kopf und sah zuerst Fabia, dann Fannia mit verklärtem Blick an. Musste das Kind nicht schreien?
    "Was....was ist es...Fannia....ist es vorbei? Ich....ich möchte es halten...." stammelte Valeria.

  • Was sollte sie nun sagen? Was sollte sie tun? Valeria wollte ihr Kind sehen, es in den Armen halten, liebkosen und herzen, doch das Kind war tot. "Es war ein Junge" antwortete Fannia mit zittriger Stimme und hoffte, dass Valeria verstand.


    Wie sollte sie nur erklären was geschehen war? Es war doch nicht ihre Schuld, dass der Junge gestorben war, oder?

  • Fabia konnte nicht mehr. Mit aller Wucht brach der Schock und die Trauer über das junge Mädchen herein und so taumelte sie rückwärts zur Tür.


    Sie warf Fannia einen entschuldigenden Blick zu, Valeria blickte sie traurig an und dann verschwand sie aus dem Raum. Tränenblind lief sie den Weg zurück den sie vor einiger Zeit gekommen war, zurück zum Eingang, um das Haus wieder zu verlassen.

  • Irgendetwas an Fannias Gesichtsausdruck störte Valeria. Sie bekam eine Gänsehaut, obwohl ihr heiß war und der Schweiß noch immer an ihr herunter lief. Dann erst registrierte sie den Ton und auch, was Fannia da eigentlich sagte. War ein Junge gewesen? WAR? Valeria begann, unkontrolliert zu zittern. Angst und Verzweiflung stand in ihre Augen geschrieben und sie begann, zuerst langsam und dann schnell, den Kopf zu schütteln und zu weinen.


    "Nein," schluchzte sie. "Nein, nein! Nein!! Das glaube ich nicht! Das darf nicht sein...Fannia..."
    Sie setzte sich auf und sah den kleinen, blutverschmierten Körper, wie er blau angelaufen und leblos in Fannias Armen lag. Plötzlich hatte sie einen Kloß im Hals. Sie hatte alles getan für das Kind, alles! Und nun enttäuschten die Götter sie so? Valerias Arme schnellten vor und griffen das Kind aus Fannias Armen, pressten es fest an ihre Brust, während sie schon aufstand und in die hinterste Ecke des Raumes wankte, wo sie laut aufschluchzend zu Boden glitt, sich selbst mit dem toten Kind in ihren Armen hin und her wiegend.


    "Mein Kleiner, mein Engelchen... Mein Schatz...bitte...." weinte sie. Fannia nahm sie gar nicht mehr wahr.

  • Diese machte sich jedoch die allergrößten Sorgen über ihre Herrin und lief ihr nach, kniete sich zu ihr und legte den Arm um sie. "Bitte Herrin, reißt euch zusammen. Es ist ein schwerer Schlag für euch, das kann ich verstehn, aber ihr dürft euch jetzt nicht aufgeben! Ihr werdet wieder ein Kind bekommen und es wird gesund und munter sein." versuchte die junge Sklavin Valeria zu beruhigen. Was sollte sie jetzt nur tun? Der Herr Livianus war auch nicht im Haus...

  • "Raus!" brüllte Valeria abwesend.
    "Lass mich allein!"


    Sie kauerte sich noch enger zusammen. Zwischen der nackten Haut und den kalten Steinfliesen war nichts weiter als die dünne, nasse und verdreckte Tunika. Valeria wollte ihren Schmerz nicht teilen, wollte allein sein und einfach nur dasitzen und die Götter in Frage stellen. Dass Fannia nichts mit dem Kindstod zutun hatte, wusste sie natürlich, aber sie war zu aufgewühlt und niedergeschlagen, um groß nach Worten zu suchen. Sie sah Fannia auch nicht an, sondern zog die Beine noch fester um den Körper und zitterte. Tränen liefen ihr in Strömen über die Wangen und für einen Moment wünschte sie sich sogar, dem Kleinen zu folgen. Was hatte sie nur falsch gemacht? Warum zürnten ihr die Götter so sehr? Was hatte das zu bedeuten? Wollten sie sie auf die Probe stellen? Wollten sie sie testen, ihren Glauben testen? Valeria wimmerte und wiegte sich sacht vor und zurück. Wenn sie sich einen Menschen herbeigewünscht wäre, es wäre ihre Mutter gewesen.

  • Fannia wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Sie wollte Valeria nicht allein lassen, nicht in diesem Zustand! Aber was sollte sie tun? Sollte sie jemanden zu Hilfe holen?


    Da Valeria nur noch abweisender zu ihr wurde und sie fast eine Stunde verzweifelt versuchte sie aufzumuntern, diese sich jedoch immer mehr verschanzte, beschloss sie nun doch zu Livianus' Büro zu gehen und es dort zu versuchen. Vielleicht hatte sie glück und er war dort.


    Eilig stand sie auf und verlies das Zimmer.

  • Valeria hatte nichts mehr gesagt, sondern sich nur noch weiter verkrochen, das tote Neugeborene fest an sich gepresst. Sie wollte es nicht hergeben. Es war doch ihr Sohn! Sie herzte und drückte den leblosen Körper und fand keine Zeit, etwas anderes zu tun. Das Cubiculum roch schlecht und war dreckig, überall waren Blutspuren auf dem Boden und dieses grünliche Etwas, das muffig roch und glitschig war. Valeria kümmerte es nicht. Sie hockte da in der Ecke und wiegte sich apathisch hin und her.

  • Kurze Zeit später war Livianus auch schon im Praetorium eingetroffen. Mit Fannia hinter sich, ging er direkt zu Valerias Zimmer und öffnete vorsichtig die Türe. Doch mit dem was er dort vorfand hatte er nicht gerechnet und brauchte einen kurzen Moment um die Fassung wieder zu gewinnen. Der Raum war völlig mit Blut und Dreck verschmiert und es roch fürchterlich. Als er Valeria in der Ecke sitzen sah, riss er schockiert die Augen auf. Sofort ging er auf sie zu und kniete sich neben sie. Vorsichtig legte er seine Hand auf ihre Schulter, während er sie leise ansprach.


    “Valeria?“

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