Der Cursus Publicus auf Inspektion

  • Syrus kam mit dem Segeltuch zur Regulus zurück. Er gab es einem Besatzungsmitglied und ging dannach zum Kapitän. Ihm erzählte Syrus das er seinen Onkel unterwegs getroffen hatte der gerade auf Reisen war und er wegen familiären Angelegenheiten nach Rome müsse. Der Kapitän bedauerte dies sehr da Syrus einer von ihnen sprich der Mannschaft geworden war, doch er konnte und wollte ihn nicht aufhalten.
    Syrus versprach dem Kapitän noch so lange zu bleiben bis die Ausbesserungsarbeiten an der Regulus halbwegs abgeschlosssen waren dann machte er sich an die Arbeit.


    Nach vier Tagen hatten sie die Regulus soweit wieder in Schuß so das Syrus beruhigt und ohne schlechtes Gewissen haben zu müssen nun weiter nach Roma reisen konnte. Der Kaptän gab ihm das Geld wieder das Syrus für die Überfahrt gekauft hatte und noch einiges drauf. Syrus dankte ihm und verabschiedete sich von ihm und der Mannschaft.


    Nun suchte er ein Schiff das nach Italia fuhr und ihn mitnehmen konnte das er auch sogleich fand. Das Ziel des Schiffes war Ostia...

  • Am Abend stoßen Avarus und Lucilla bei einem leichten Mahl auf den erfolgreichen Ausgang des Gerichtsverfahrens an. "Dann können wir also doch zurück nach Rom, nachdem wir unsere Reise beendet haben." scherzt Lucilla, ohne zu Wissen, dass sich in Rom bereits erneut Unmut über das Gerichtsurteil im speziellen und Avarus im allgemeinen regt. Doch ihre Reise würde ohnehin noch eine ganze Weile dauern, bis dahin würde nicht nur in Rom viel geschehen und bis dahin würden auch beunruhigende Nachrichten aus Rom bis Africa schwappen.


    Der nächste Tag bietet den Mitarbeitern des Cursus Publicus nochmals Erholung, denn ein Besuch der Thermen steht auf dem Plan. Sogar Ambrosius wird Erholung gewährt, denn nachdem er während der Reise unausstehlich ist, gewährt ihm Lucilla einen freien Tag, ganz zu seiner Verfügung. Ein Verwalter der Mansio in Hadrumetum sorgt unterdessen für ein Schiff, welches die Gruppe sicher nach Leptis Magna übersetzen würde.


    Während am hierauf folgenden Tag die Karawane auf das Schiff verladen wird, kümmern sich Avarus und Lucilla um die Inspektion der Mansio. Der dortige Vorsteher, Titus Varus, ist voller Ideen und scheint sein Leben lang nur darauf gewaretet zu haben, dass der Legatus Augusti cursu publico endlich einmal den Weg zu ihm findet. Kaum sitzen Avarus und Lucilla in seinem Officium beginnen die Vorschläge nur so aus ihm herauszusprudeln. Sie reichen von einer totalen Reform des Cursus Publicus samt einer Neugliederung der Zuständigkeitsbereiche über die Umstrukturierung der Personalstruktur bis zur Änderung der Versandtabellen. Lucilla muss an diesem Tag ihre Ansichten bezüglich der Provinzverwaltung Hispanias revidieren. Denn bisher hat sie geglaubt, dass dort die größten Bürokraten des Imperiums hervorgebracht werden, doch all die Beamten, welche sie in ihrem Leben kennengelernt hat, sind nichts gegen Titus Varus. In seinem Officium stapelt sich nicht einfach die Post, nein, sie ist in einem komplexen System nach endlosen Kriterien sortiert. Die Regale an den Wänden sind in viele Fächer unterteilt und unter jedem hängt ein kleines Schildchen. Je länger Lucilla diese Beschriftung studiert, desto faszinierender erschließt sich ihr das dahinterliegende System, welches aus einer Art rollierender Sortierung mit Prioritätsbeachtung besteht. Zwar fragt sie sich auch, ob der Mann neben dem Sortieren überhautp noch zum Arbeiten kommt, doch die penibel genau und dazu überflüssig detailliert geführten Versandlisten beantworten diese Frage schnell. Wahrscheinlich liegt diese Sortierwut einfach daran, dass nur wenig Post aus Hadrumetum verschickt wird und er sonst nicht genug zu tun hat. Nach einem Mittagshappen beginnt dann die eigentliche Inspektion. Schnell versinken Avarus und Lucilla in Wachstafeln und Papyrus, in Listen, Aufstellungen, Rechnungen, Belegen, Quittungen und Wertkarten, jede einzelne mit einem ausführlichen Kommentar von Titus Varus versehen.


    Als sie am Abend das Büro mit einem Stapel Wachstafeln - neben den üblichen Notizen auch die schriftlichen Vorschläge des Titus Varus - verlassen, kann Lucillla ein langgezogenes Gähnen nicht verhindern. "Bin ich froh, dass diese übermotivierten Mitarbeiter nur in den Provinzen auftauchen. Nichts gegen Eifer, aber das ist nicht mehr normal... Es soll schon Leute gegeben haben, die sich todorganisiert haben." Sie schüttelt sich und tritt aus dem Gebäude hinaus in die warme Abendsonne. Die drückende Hitze des Tages wird langsam von einem angenehm kühlen Wind vertrieben, der Lärm der Geschäftemacher wird von den heiteren Stimmen der Müßiggänger abgelöst. Etwas wehmütig blickt Lucilla die Straße hinab. "Ob in Rom wohl noch alles in Ordnung ist? Hoffentlich schafft Rufus das so lange mit der Post. Wir sollten schauen, ob wir irgendwo eine aktuelle Ausgabe der Acta Diurna finden. Nicht, dass ich glaube, dass sie darüber berichten würden, wenn mein Officium im Chaos versinkt, aber über alles Wichtige wird ja doch berichtet."

  • Ein Leben lag könnte der Senator so weiter reisen und von einer Stadt zur Nächsten tingeln. In Hadrumetum fand er das Leben vor, was geschäftigen Römern so lag. Ein riesiger Marktplatz lockte mit seinen Angeboten aus aller Welt. Lucilla hatte diesen bereits erobert, während Avarus dies den Sklaven überlassen würde. Am Rande der Stadt bauten sich die handwerklichen Zentren auf, die aus den Rohstoffen der Erde edle Waren für den Transport nach Rom machten. Er nahm sich an einem Nachmittag die Zeit eben dort einen Blick darauf zu werfen, doch versanken seine Füße zu schnell im Dreck und so ließ er es dabei bewenden. Die Handwerker waren schon ein ärmliches Völkchen, die ihr Leben der Kunst von Metall, Glas, Mamor, Bimsstein und nachwachsenden Ressorcen wie Holz oder Elfenbein widmeten. Weit mehr als es so manchem Römer im Gedächtnis war, kam aus diesen Werkstätten in die ewige Stadt und noch weit tiefer wurden diese Familien bedacht, als sie es verdienten. Doch für Avarus war das egal, solange er ein üppiges geschäft machen konnte. Dazu suchte er dann doch lieber die Läden in der Stadt auf und bekam trotzdem einen guten Einblick auf Qualität und Preise. Am Ende des Tages war er sich sicher, das er in Aegyptus weit bessere Waren bekommen könnte als hier....



    So ließ er sich von seinen Beinen zurück in die Mansio tragen und ließ Paulus mit Badetuch und Duftwässerchen antreten. Dann suchte er mehr als nötig eine der größeren Thermen der Stadt auf, um sich zu reinigen und etwas Entspannung zu suchen.


    Mit einem gemeinsammen Abendmahl und etwas besinnlicher Kultur verlief sich der Abend in der Nacht. Wie so oft in den letzten Wochen. Genau das war wohl der hauptsächliche Grund, warum er, Avarus so gerne das Ende der Reise in ewiger Ferne sah. Er konnte sich den Tag einteilen wie er wollte. Weder wurde er in den Senat gerufen, noch mußte er seinen Klienten den Hof offen halten. Auch die Curien waren fern und die Arbeit die ihm gewisse Induvidien machten, konnte links liegen gelassen werden.


    ...



    Mit einem frischen Morgen begann die zweite Seereise dieser Erkundungstour durch den Süden. Die Sklaven hatten das Gepäck auf den Maultieren zum Hafen transportiert, wo es von den erfahrenen Seemännern zu Schiffe getragen wurde und im Frachtraum seinen Platz fand.


    Lucilla und Avarus hatten ein gutes und reichhaltiges Frühstück zusammen eingenommen und die nachfolgende Route besprochen. Auf einer Wachstafel notierte ein Schreiber die Änderungen. So wurde nichts weg gestrichen, aber dafür einige wirtschaftliche Zentren hinzu gefügt. Vorallem nach einem besseren Glasproduzenten wollte sich Avarus in Aegyptus umsehen. Dazu kamen noch einige Rohstoffminen und Sklavenmärkte.


    Mit dem ersten Volgelflug einer Möwe lief das Schiff aus dem Hafen aus. Die beiden wichtigsten Passagiere saßen auf dem Deck unter einem Sonnensegel und blickten der Stadt Hadrumetum nach, die immer kleiner wurde und schließlich gänzlich verschwand.


    Am Himmel tummelten sich hindes einige kleinere Wölkchen, die jedoch nach dem erfahrenen Worten des Kapitäns keine Wettertrübung beinhalteten. Das Schiff biss sich durch die Wellen und das Segel flatterte in der Briese. Man nahm einen engen Kurs zum Land, um Gefahren der offenen See zu entgehen.


    Nachdem sie so einige Stunden gesegelt waren, tauchte am Ufer ein kleines Fischerdorf auf. Die Hütten versprachen wenig Einkommen, aber auf einem kleinen Markt schien es gute Warenangebote zu geben, denn er war überfüllt. Trotzdem entschieden sie sich weiter zu fahren, keiner konnte abschätzen, wie arme nubische Fischer auf Römer reagierten, die Datteln und Falerner zum Essen nahmen, statt Wasser und Brotbrei.


    Mit den vergehenden Stunden kamen die Langeweilen. Zwar gab es immer wieder etwas am nahen Land zu sehen, doch glichen die Landschaften der nächsten Biege schon bald der vergangenen und so ließ der Senator seinen Kopf auf der Kline zurück gleiten und lauschte dem unabreißenden Worten von Lucilla. Ab und an antwortete er leise und warf eine Gegenfrage ein. Doch irgendwann mußte er eingeschlafen sein, denn als er seine Augen wieder öffnete lag er allein unter dem Segel, es war tiefe Nacht und das Schiff ankerte an einer kleinen Landzunge.


    Paulus hob den Schädel, als er sah das sein Herr erwachte und blickte fragend drein. Doch war die Nacht lau und trocken, sodas Avarus auf dem Deck weiter schlief. Und Paulus seinen Wachposten nicht verlassen mußte....

  • Er warf sich den Umhang über den Latz um die kühle Nacht zu kompensieren und schritt so leise wie möglich über das Deck. In weiter Ferne sah man ein Lagerfeuer iin den Himmel lodern und Paulus wünschte sich nichts sehnlicheres gerade als einen Platz daneben zu bekommen.


    Doch war er gefangen, nicht nur im Dienste seines Herren verpflichtet, sondern auch von salzigen Wellen und tiefen Wassern umgeben. Traurig blickte er dem Schein zu, um sich dann wieder auf eine Holzkiste zu setzen. Erst am Morgen, wenn der Anker gelichtet, die Segel gespannt und das Schiff Fahrt aufnehmen würde, konnte er sich zum Schlafen hin legen. Eine lange Nacht stand da noch dazwischen. Gähnend schaute er nach oben und in den unendlichen Sternenhimmel hinein.

  • Mit den ersten Sonnenauftrieb begann das emsige Treiben an Bord. Der Kapitän hatte sich eine lange Passage vorgenommen und so wurden die Befehle an die Männer in hartem, schneidenden Ton über das Deck gebrüllt. Zum Lohne dessen zog man die Ankerkette früh heraus und nahm Fahrt auf. Sie würden heute die kleine Syrte durchfahren, eine Bucht, die ein reichliches Maß an kleinen Inseln beinhaltete. Hier war die größte Gefahr in eine Falle zu gelangen, doch war der Schiffsführer erfahren genug gewisse Vorzeichen zu erkennen.


    Das Schiff lag gut am Wind und so war es auf dem Deck recht ungemütlich, trotz des klaren und sonnigen Wetters. Avarus hatte sich also zu einigen Schriftrollen zurückgezogen und las auch den Brief aus Rom nocheinmal genau. In ihrem Zielhafen würde er antworten müssen und noch immer ging ihm durch den Kopf, woher der Tabellarii genau wußte, wo er und die Karawane sein würden und sie auch nicht verfehlte. Er hatte sich diese Reise sicherer vorgestellt.


    Mit einigen Trauben aus Hadrumetum lehnte er sich zurück und starrte auf dei Holzplanken, die durch den Druck von Außen ächzend knarrten.



    ...


    Als der Senator wieder bei Sinnen war, reckte er sich, stand auf und betrat das Deck. Zu seiner Verwunderung stand Lucilla dort oben und ließ ihre Haare im Wind tanzen. Mit einem Lächeln in dne Mundwinkeln kämpfte er sich zu ihr, der Wind war sehr agressiv und stark und so hielt er sich an einem gespannten Deckseil fest.


    "Du genießt den Wind mehr, als ich." sagte er und blickte hinaus aufs Meer. Die Wellen schlugen derweil an den Bug und spritzen Gischt auf. "In Sabratha werden wir frische Trauben, Wein und Brot laden. Die Mansio dort verwaltet vornehmlich die nähere Umgebung nur Quadratkilometer. Wir werden also schon ein zwei Tage danach nach Leptis Magna weiter segeln können." Von der Seite blickte er seine zukünftige Frau an und glaubte ein Nicken zu erkennen. "Ich geh wieder runter auch du solltest an deinen armen Sklaven denken, seine Künste sind nicht unbegrenzt..." er grinste sie an und verschwand zurück unter Deck. Auf seinem Weg in die kleine Kabine ließ er den Blick über die Waren gleiten. Ettliche Kisten besten Elfenbeins warteten da auf den Markt in Leptis Magna. Warum der Händler sie nicht selbst nach Rom schaffte, um dort den zehnfachen Preis zu scheffeln wollte Avarus nicht einleuchten.


    Dann zurück in der Kabine ließ er sich auf eine Kline sinken und nahm wieder Schriftrollen zur Hand. Er hatte selten Zeit in Rom sich dem Studium zu widmen. Hier auf dem Schiff wo die Aktivitäten zwischen Schlafen, Essen, Lesen mehr als eingeschränkt waren, sei Zeit dafür und die Lust würde schon noch kommen.... wenn nicht, dann war es der Schlaf.

  • Gepeinigt von Langeweile eröffnet sich ein glücklicher Schein auf dem gesicht des Senators, als in absehbarer Ferne die Stadt Sabratha vor dem Bug auftaucht. Ihre Richtungsfeuer weisen ihnen den Weg und so sind sie nicht angehalten eine weitere Nacht auf See zu ankern. Der Himmel indes hatte sich in ein dunkeles Etwas verwandelt. Mit Sicherheit sollte es diese Nacht einen Wolkenbruch geben. Avarus war also ganz froh, diesen nicht auf dieser Nussschale erleben zu müssen.


    Die Wellen stiegen an, als sie sich den Weg zum Hafenbecken bahnten und nur kurz vor knapp fuhr der Kapitän an den Pier, machte das Schiff fest und begab sich in die Hafenmeisterei. Die Bediensteten des Cursus Publicus hingegen eilten zur Mansio, um trocken zu bleiben. Es gelang einfach nicht. Wie ein Schlund öffnete sich der Himmel und es traten dicke, prasselnde Tropfen aus ihm hervor. Durchgeweicht erreichten sie schließlich die Poststation, wo sie überaus herzlich empfangen wurden.


    Nachdem die Kliedung getauscht, der Körper trocken geruppelt war, traten sie zu einem Empfangsmahl in einen größeren Saal. Die Wände waren mit Holz vertäfelt. Eine Bauart, die man eher im Norden vermutete, als im Baumarmen Africa Proconsularis. Wahrscheinlich wußte auch der Praefect davon und drückte so seinen Wohlstand aus.


    Der hagere Mann war etwa Mitte fünfzig, hatte schütteres Haar und eine ausgeblichene Tunika an, trotzdem versteckte er sich nicht hinter seinem Luxus und gab ersteinmal eine gute geschlagene Stunde damit an, bevor es zum eigentlichen Mahl kam.


    Aus der kurzen Überprüfung würde wohl nichts werden, denn die Aufgabe der Stationsverwaltung hatte dieser Lucius Parcus seinen Scribae vermacht, während er sich selbst um die Züchtung von Bienenstämmen und die Förderung des edlen Kupfererzes kümmerte. Völlig ohne das es ihm dämmerte, berichtete er selbst von seinem Versagen und freute sich wie ein Schneekönig über den ersten Besuch seines Legaten. Was er nicht wußte, es würde auch der Letzte sein, denn bereits am nächsten Morgen wurde dieser Mann entlassen.


    Stattdessen brauchte Avarus nicht lange nach einem Nachfolger suchen, denn die Station hatte einen durchaus perfekten Koordinator, der nun seinem Treiben auch gerecht bezahlt würde und ohne zu pausieren die unvollständigen Listen hervor brachte.


    Mit geübten Blicken und gut gemeinten Worten wühlten sie sich durch die Dokumente, während sich der neue Praefectus hier und da Notizen auf einem Wachstäfelchen machte und sich nicht scheute nachzufragen, wo es nötig wurde.


    So blieben sie dann doch zwei Tage länger in dieser Stadt Sabratha und genossen einen Weiteren als freien Tag. Am nächsten Morgen jedoch setzte das Schiff die Segel Richtung Leptis Magna. Einer Metropole in der wahrscheinlich noch mehr Arbeit auf sie wartete.

  • Die Reise war in ihrer Abwechslung genauso zäh wie all die letzten Schifffahrten, die sie im Auftrag des CP unternommen hatten. Nach einigen Tagen erreichten sie also die Metropole Leptis Magna. Eine Handelsstadt mit enormen ausmaßen, deren Wirtschaftszweige weit hin sichtbar waren und deren Handwerker auch des Nachts nicht ruhten.


    Wie in jedem Hafen standen ersteinmal die Formalitäten an. Doch darum mußte sich das Paar nicht kümmern. Sondern man machte sich sogleich in den Sänften auf die Mansio aufzusuchen. Der Tag war noch nicht vorüber. Der Nachmittag würde ihnen also noch genügend Zeit zu einem Bummel durch die Straßen und über die Märkte geben. Avarus wußte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, das er am Nachmittag nach einem gänzlich aus Fisch bestehenden Mahl danieder liegen würde.


    Und so kam es dann.


    Sie waren noch nicht lange aufgestanden, als es ihm schon im Magen drückte. So zog er sich auf Anraten von Lucillas besorgten Worten in den Garten zurück, um auf einer Kline den Schlaf zu suchen und mit einem kühlen Tuch auf der Stirn zu dösen.


    Mit den letzten wachenden Worten hatte er seinen Sklaven angewiesen in die Stadt zu gehen und einige frischen Waren einzukaufen. Trauben und Oliven natürlich, doch auch jene Früchte, die man in Rom als Datteln bezeichnete und wie sollte es anders sein eine gute Amphore Falerner Wein.


    Zurückgezogen in seinen Traum döste er also dahin während das Leben um ihn herum in seinen Bahnen weiter lief. Doch hier in Leptis Magna waren diese nicht geordnet...

  • Mit einem Schreibtäfelchen unter dem Arm und einem Leinensack in der Hand machte sich Paulus auf die Wünsche für seinen Herren zu erfüllen. Er nahm dabei den kurzen Weg, um dieser Gluthitze zu entgehen. Mit Freude hatte er die regnerischen Tage auf dem Meer an Bord und Deck genossen. Sie gaben ihm etwas Abkühlung.


    Schon damals in Germanien als man ihn Gefangen setzte, hatte er sich einen dort wohnenden Herren gewünscht. Den bekam er auch mit dem Senator Germanicus Avarus. Zumindest ersteinmal denn zusehens zog es diesen nach Süden und damit immer tiefer in die Glut hinein.


    Er seufzte bei dem Gedanken daran wie es einst in Germanien war und lief die enge Gasse hinunter. Schon bald traf er auf eine Baustelle, die die Gasse förmlich gänzlich einnahm. Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß die Hirokliven auf einem Schild am Eingang der Gasse etwas Wichtiges zu sagen hatten, doch er scherte sich wenig darum, sondern hob erst das eine, dann das andere Bein, um einige Stabel Baumaterialien zu überqueren.


    Bald sah er einen Weg aus der Misserie und bog unter ein Gerüst ab, mit dem linken Arm streifte er dabei ein Seil, daß sich hastig begann zu lösen. So stiefelte er missmutig vorwärts und ging dabei einen ganzen Haufen arabischer Bauarbeiter in seinem germanisch-lateinischen Geschwätz an.


    Paulus hatte die Baustelle fast hinter sich gebracht, als er einen starken Luftzug hinter dem Rücken vernahm und sich instinktiv umdrehte. Mit geweiteten Pupillen starrte er zurück und erkannte etwas, das das Letzte sein sollte, was seine urgermanischen Augen sehen sollten: ein Stempel, tief als Brandmahl eingedrückt in einen Balken, der wohl in der Heimat geschlagen wurde.


    Ullr hatte die Erlösung gesandt. Spät aber so waren sie die Nornen.


    Zeit für einen Aufschrei blieb ihm nicht mehr. Der Augenblick war auch zu kurz um auszuweichen. Paulus würde Germanien schon bald wiedersehen. :]

  • Als sich der Senator am nächsten Morgen von der Kline erhob, waren die Bediensteten des Hauses schon lange auf den Beinen. Irgendeine Unruhe scheuchte sie umher. Avarus schloss sich dieser vorerst nicht an, sondern wusch sich das Gesicht und kleidete den Körper in einen frischen Stoff. Der lange Schlaf hatte ihm gut getan und seinem Magen dünkte es nach frischen Trauben. Als er jedoch ins Atrium trat, sah er weder die bereit gestellten Leckerein noch seinen Sklaven, der auch durch lautes Rufen nicht erschien.


    Fragend blickte er sich um, die Augenpaare einiger waren auf ihn gerichtet. Wußten sie etwas, das er nicht kannte? Es schien so, doch lange konnte Germanicus Avarus nicht nachdenken, denn der Leiter der Mansio kam mit bedrückter Miene auf ihn zu.


    Die Worte waren kühl und doch brennend. Sie schnitten sich in seine Gedanken ein und ließen Avarus schaudern, bis er ein gequältes: "Wo ist er nun" heraus brachte.


    Zu seiner Verwunderung sollte man ihn noch nicht von der Stelle gerührt haben, erst am frühen Morgen hatte man den Besitzer ausfindig gemacht. Eine durchaus bemerkenswerte Leistung in einer Stadt wie Leptis Magna.


    Vor der Tür wurde schließlich der Senator von einem Stadtpraefecten erwartet, der wohl die Ermittlungen uafgenommen hatte und Germanicus Avarus zur Unglücksstelle führte. Die Straßen kamen auch ihm düster vor, ganz so als wollte er zur Höllenpforte schreiten. Während dessen ließ der Mann neben ihm nicht davon ab sein bedauern auszudrücken und ihn darauf hin zuweisen, das es in der Stadt einen üppigen Sklavenmarkt gäbe und die Stadt zusehens bemüht sei ihm den Schaden an seinem Eigentum zu ersetzen.


    Was dieser Beamte jedoch nicht wußte, war die Meinung des Avarus, das man einen germanischen Sklaven niemals mit einem Araber gleichzusetzen vermag und das es ein ganzes Dutzend bedürfte, um einen Nordmann zu ersetzen.


    Am Unglücksort angekommen machte er sich ein Bild von diesem unschönen Szenario. Ihm wurde eindringlich der Tathergang erklärt, doch keiner konnte ihm sagen, wie sich das Seil hatte gelöst. Er blickte seinen Sklaven, oder die Reste von ihm genau an, dann empor von wo der Balken ihn hatte anvisiert und zurück zur bereits dunkelrot getrockneten Blutlache.


    Hier konnte er nichts mehr tun. Es war an der Zeit Paulus auf den letzten Weg zu geben und seinen Körper rein zu waschen. Mit wenigen Gesten ließ er den Sklaven auf eine Trage laden und in die Mansio schaffen. Dort würde man ihn reinigen und mit dem nächsten Fährmann in die Heimat schicken. Avarus hingegen brauchte jetzt frische Luft und einen guten Wein.


    Er setzte sich also in Bewegung nicht ohne dem Praefecten zu versichern ihn am späten Abend erneut aufzusuchen und die Formalitäten zu klären. Sein Weg führte ihn in eine etwas abgelegenere Gegend, die mit einer Taverna gut bestückt war. Auf deren Terrasse fand er ein Wind und Sonnen geschützes Plätzchen und dachte nach. Zukunft und Vergangenheit mit einem Schlag war alles anders. So einen wie Paulus würde er nicht so schnell wieder finden, doch wer machte jetzt die Arbeit auf der Reise? Dieser Ambrosius? Nein der würde nach dem dritten Tag vor Jammern zerbrechen. Der Senator müßte sich doch nach neuen Arbeitssklaven umsehen. Die Sicherheit hingegen sollten ein zwei Söldner übernehmen. Die Kosten.... oh nein... er würde sie dem Cursus Publicus unterjubeln müssen. Es wird schon irgendwie gehen.


    Nachdenklich zog er am Nachmittag zurück ins Quartier. Paulus war bereits gereinigt, hatte seine Salbung empfangen und wartete nurnoch auf zwei Münzen, die Germanicus Avarus ihm auflegte. Dann brachte man ihn hinaus.
    Die Sonne war bereits am Untergehen, als der Schein der Flammen Paulus ins Heimatland überführte.


    Der Tag endete genaus traurig, wie er begann und Senator Germanicus Avarus ging nach einem nur kleinen, kargen Mahl früh zu Bett. Seine Träume sollten nicht die Besten sein...

  • Mit dem ersten Hahnenschrei verließ Avarus das Bett und eilte in eine saubere Tunika gehüllt nach unten. Seine Träume hatten die Gedanken mächtig durchgewirbelt und es blieb kaum Zeit sie zu ordnen. Was er jetzt benötigte war eine Ablenkung von den Geschehnissen der vergangenen Tage und was er neben seiner rbeit als Praefectus tun mußte, war ein Opfer darbringen, um die Blutlinie zu stoppen, bevor sie zu einem reißenden Strom würde. So wie damals in Germanien, als die Gens sich wie von Geisterhand bemüht ausdünnte.


    Er ließ eine Sänfte satteln und begab sich in die recht pompös angelegte Tempelanlage der Stadt. Hier trafen viele Kulturen aufeinander, die Römische zu finden war trotzdem nicht schwer. Mit dem benötigten Weihrauch einem noch lebenden reinweißen Lamm und einer Schatulle begab er sich nach vorn und ließ den Opferführer die Zeremonie durchführen.


    ...


    Als er danach in die Poststation zurückkehrte, war Lucilla noch immer nicht aufgestanden. So begab er sich in die Schreibhalle und grüßte den dortigen Beamtenschwarm mit einem sehr trockenen "Salve".


    Mit einem Griffel bewaffnet, setzte Senator Avarus sich an ein Schreibpult und ließ sich von den Beamten die erforderlichen Listen, Bücher und Wachstäfelchen bringen, um seine Überprüfung durchzuführen. Eine Menge Arbeit das war ihm sehr bald klar, denn der Turm an zu bearbeitenden Pergament wuchs rassant in die Höhe.


    Genau das Richtige um Ereignisse zu verdrängen und so wurde Avarus nirgends anders den ganzen langen Tag gesehen.

  • Lucilla erwacht erst spät am Morgen, die Nacht war ihr endlos und leer erschienen. Der vergangene Tag erscheint ihr nur noch wie ein Schatten seines selbst, so seltsam war er verlaufen. Der Tod von Paulus liegt wie ein dunkles Tuch über die Inspektionsgruppe gebreitet und in Lucilla hat er eine Menge Gefühle auf- und durcheinander geworfen.


    Gemeisam mit Avarus hatte sie der Verbrennung des Körpers beigewohnt und war froh gewesen, dass ein Schleier ihre Augen verbarg, denn ein paar Tränen fanden schon dort ihren Weg. Sie hatte Paulus nicht wirklich gekannt, doch er war immer freundlich zu ihr und seinem Herrn treu ergeben gewesen. Er hatte zu der Kategorie bedingunglos treuer Sklaven gehört, von welchen man vielleicht zwei, höchsens drei in seinem gesamten Leben besaß. Doch es war nicht der Umstand, dass Paulus gestorben war, der Lucilla so sehr verstörte, es war der Umstand, dass er gestorben war.


    Die Arbeit, das pralle Leben in Rom lässt einem kaum Zeit, viel über Dinge wie die Sterblichkeit nachzudenken und auch nicht immer, um Verstorbene ausführlich genug zu trauern. Doch hier in Africa, wo in den Stundengläsern Honig zu fließen scheint der die Minuten zäh dahinfließen lässt, die Stunden dehnt und die Tage zieht, hier findet Lucilla auf einmal viel zu viel Gelegenheit.


    Avarus hatte kaum gezeigt, was in ihm vorging, doch sein Schweigen und sein Blick ließen ihn so weit weg erscheinen, dass Lucilla nicht gewagt hatte, ihm am Abend nach der Bestattung in sein Quartier zu folgen. Sie war in ihr eigenes Zimmer zurückgekehrt und hatte sogar Ambrosius fort geschickt. Sie wünschte sich, bei ihrem Verlobten sein zu können, ihn festzuhalten, seine Umarmung zu spüren, nur bei ihm zu sein, um ihn zu trösten und um selbst nicht zu fallen. Doch er war noch immer nur ihr Verlobter und die Distanz zwischen ihnen hätte an diesem Abend nicht größer sein können. So fiel sie allein, nur wenige Türen von Avarus entfernt, fiel tief in ihre eigene Trauer. Hemmunglos ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Es waren Tränen, die sie über den Tod ihres Bruders Flaccus vergoss, bei dessen Bestattung sie nicht einmal anwesend gewesen war. Und es waren Tränen um den viel zu frühen Tod Aemilias, die ihr so schnell ans Herz gewachsen war, die Livianus so glücklich gemacht und am Ende so weit entfernt in Britannia ins Elysium gegangen war. Es war der Lauf der Dinge, doch kein Tod macht es einfacher, den nächsten zu verkraften, kein noch so schöner Gedanke ans Elysium kann dafür sorgen, den Verstorbenen nicht hier und jetzt im Leben zu vermissen, nicht beim Gedanken daran zu verzweifeln, ihn für den Rest dieser Existenz nie wieder zu sehen, nie wieder mit ihm zu Lachen, nie wieder einen Tag, eine Stunde oder Minute nur mit ihm zu teilen. Lucilla weinte sich lange in den Schlaf, der sie erst weit nach Mitternacht gnädig umfing.


    Daher ist es kein Wunder, dass sie am Morgen nicht früh erwacht, erst recht nicht, da niemand sie weckt. Auch danach dauert es noch lange, bis sie sich hinaus wagt, denn Ambrosius hat zuvor noch einiges an Arbeit zu leisten, damit man nicht gleich die geröteten Augen und die dunklen Ränder bemerkt. Zuerst verpasst er Lucilla ein Schnellprogramm, so dass sie sich zumindest bis in die Thermen wagen kann, wo das Intensivprogramm auf sie wartet. Der Sklave mit seiner gewohnten Hektik und Wuselei schaft es, Lucilla die Gedanken auszutreiben, bei der Massage unter seinen Händen knetet er ihren Körper so lange, bis nichts mehr in ihrem Hirn ist, außer erschöpfende Entspannung. Einige Plaudereien in den Wasserbecken mit Frauen aus Leptis Magna über Händler und Sonderangebote tun ihr Übriges, um sie abzulenken, und so vergeht der eh nur noch kurze Tag schneller, als Lucilla darauf achten kann.


    Als sie am frühen Abend mit einem schlechten Gewissen in die Poststation zurückkehrt, berichtet Draba, dass Avarus die Inspektion der Station am Tag allein durchgeführt hat. Lucilla findet ihren Verlobten im Atrium auf einer Kline, das Essen scheint nur noch auf sie zu warten.


    "Salve." Sie versucht ein Lächeln, setzt sich vor Avarus auf die Kline und bleibt vorerst sitzen. Ihre Hand streicht über seinen Nacken. "Es tut mir Leid, dass ich nicht hier war, ich... es war eine furchtbare Nacht." Sie blickt kurz zu Boden, dann Avarus an. "Wie geht es dir?"

  • Er hatte auf sie gewartet. Nicht am Tag, denn da während der Arbeit war es gut allein zu sein. So fiel kaum jemanden auf, das er mit den Gedanken ganz wo anders war und so kleine Versäumnisse übersah. Aber es war nicht wichtig. Die Station ansich recht gut geführt und die emsigen Schreiberlinge taten den Rest, das diese Überprüfung zu einem Erfolg wurde.


    Avarus hatte die Schreibstube schon am frühen Abend verlassen können und nutzte die einsame Zeit dazu sich mit einem Pferd der Mansio in Richtung Wüste zu begeben. Doch auch hier bei Leptis Magna
    war sie fern. Einzigst einige Geröllketten luden ihm zum Verweilen ein und er ließ das Pferd am Fuße zurück, während er sich den steilen Grat hinauf hangelte. Ab und an löste sich ein Steinchen, doch regelrechte Gefahr bestand nie. Entlohnt wurde der Senator mit einem bomastischen Ausblick über die Ebene, die Meeresbucht und den Plantagen im Schatten der Stadtmauern. Er verweilte bis zur anfangenden Dämmerung dort und ließ sich schöne wie aufregende Momente durch den Kopf gehen. Avarus wog die guten, wie die schlechten Eigenschaften seines Sklaven ab und kam zu dem einschneidenden Ergebnis, das sowohl ihm als auch der Gens damit ein wichtiger Diener fehlen würde.


    Zu schade war es, als die Sonne begann hinter den Klippenzipfeln zu verschwinden und Germanicus Avarus sich aufmachen mußte zurück in die Stadt.


    Noch rechtzeitig betrat er diese und konnte auf dem Pferd bis zur Mansio reiten. Ein Luxus, der in Rom seit langem verboten war und den er sichtlich genoss. Als das Abendmahl aufgetragen wurde, hatte er bereits eine kurze Wäsche hinter sich. Den Staub des Sandes abgebürstet und eine Kline belegt. Kurz bevor Lucilla die Bühne betrat.


    Betröpfelt blickte er auf zu ihr und genoss es sichtlich, als sie seine Nähe suchte. Mit einem Ein- bzw. Ausatmen versuchte er die Last abzuwerfen, war sich jedoch im Klaren, das dies wohl erst in einigen Wochen gelingen würde.


    "Danke es geht, ich habe heute versucht meinen Kopf frei zu bekommen, als ich die Arbeiten in der Mansio erledigte und vielleicht war es nichteinmal schlecht, das du nicht dabei warst. Ich habe dadurch einiges verarbeiten können. Heute Nachmittag habe ich mich dann etwas außerhalb der Mauern rumgetrieben. Ein guter Ausritt und eine wunderschöne Welt haben mich dort erwartet. Manchmal frage ich mich in den letzten Tagen, ob wir jemals nach Rom zurück müssen, wo uns hier eine so lebenswerte wie hoffnungsvolle Welt erwartet."


    Er gab dem Sklaven einen Wink und ließ Trauben, frisches Obst, verdünnten Wein, gekühltes Wasser und einige Datteln auftragen, um in der Abendhitze den eh gesättigten Magen nicht überzustrapazieren.


    Mit einem Becher Wasser in der Hand blickte er dann lange Lucilla an und sagte leise:


    "Paulus hat mich mein halbes Leben begleitet. Zu gern hätte ich ihm die Freiheit geschenkt, bevor er das Elysim betritt. Doch wer konnte ahnen, das es ihn einmal so tragisch erwischen würde. Ich sollte den Göttern mehr Aufmerksamkeit widmen, ich fürchte, das diese Einsicht zu spät kommt. Aber vielleicht verhindere ich trotzdem somit den Einen oder Anderen Unglücksfall und finde etwas mehr Ruhe in meinen Gedanken."

  • "Keine Einsicht kommt zu spät." entgegnet ihm Lucilla leise und schwermütig. Sie senkt ihren Blick und ihre Stimme wird zu einem tonlosen Flüstern. "Manchmal bezweifle ich, dass es überhaupt Götter gibt." Als sie ihren Blick wieder hebt und Avarus anschaut, hängt eine einzelne Träne auf ihrer Wange. "Der Tod von Paulus... ich musste an meinen Bruder Flaccus denken, an Aemilia, an meinen Bruder Praetorianus und meinen Cousin Proximus. Sie alle waren so jung und keiner von ihnen hat die Götter verachtet, im Gegenteil, Aemilia war mit ganzem Herzen Priesterin. Und trotzdem hat sie das nicht davor bewahrt, dass ihr Schicksal sie eingeholt hat. Nein, Medicus," sie schüttelt traurig den Kopf, "auch die Götter sind gegen das Schicksal machtlos."


    In ihrer Verzweiflung greift Lucilla nach einer Traube und lässt sie in ihrem Mund verschwinden. Dann zieht sie ihre Beine hoch auf die Kline und legt sich neben Avarus, etwas näher vielleicht, als in den letzten Tagen und etwas näher, als es eigentlich ziemlich ist. Sie seufzt und nimmt sich noch eine weitere Traube.


    "Die Aussicht hier zu bleiben ist verlockend, für den Moment zumindest. Aber ich fürchte, ich würde es bald nicht mehr aushalten. Viele Menschen behaupten Rom wäre dreckig, schmutzig und würde von April bis September in Gestank versinken. Mag sein, dass es auch dieses Rom gibt, aber das ist nicht mein Rom. Ich liebe Rom und ich könnte mir keinen schöneren Ort zum Leben vorstellen, zumindest noch nicht. Alles was in Rom fehlt ist das Meer, aber das vergesse ich ganz schnell, wenn ich dort bin, denn es gibt dort zuviel, was mich das Meer vergessen lässt. Ich fürchte, hier in der Provinz würde mir schnell langweilig werden." Nachdenklich schaut Lucilla auf die Traubenschale und dabei zu, wie diese immer leerer wird, geleert von ihrer eigenen Hand. "Aber lass uns noch ein paar Tage hier in Leptis Magna bleiben. Auch wenn du hier keinen gleichwertigen Ersatz für Paulus bekommst, wir sollten uns trotzdem nach einem neuen Sklaven umsehen." Daneben würde die große Stadt noch eher Ablenkung von trüben Gedanken bieten als das, was sie als nächstes für längere Zeit auf der Reise erwarten würde: Sand, Wüste, Steine und Wind.


    Der Abend tröpfelt dahin, durchbrochen von wehmütigen Gedanken und Erinnerungen an Personen, an Orte und Begebenheiten und findet ein frühes Ende. Noch erschöpft von der vorherigen Nacht fällt Lucilla an diesem Tag früh in den Schlaf.

  • Zitat

    Original von Decima Lucilla
    "Ich fürchte, hier in der Provinz würde mir schnell langweilig werden."


    Würde? WÜRDE? -.^ Hier ist nichts! Gar nichts! Nur Sand, Wüste, Steine und Wind! X( Keine Kultur, zumindest keine nennenswerte in meinen Augen, wenig Einkaufsmöglichkeiten, zumindest stinkt hier die Gegend voll ab gegen Tarraco oder Rom, und es ist so heiss hier... bäh. :motz:


    "Ich will zurück nach Rom..." :(

  • Auch Lucilla beginnen die Tage in Africa langsam auf ihr Gemüt zu schlagen, nicht nur wegen Paulus Tod, die Hitze hat das Land in ihrem eisernen Griff und raubt einem den Mittag über jeden Atem. Natürlich ist Lucilla von Tarraco die Sonne gewöhnt, doch wie die meisten Hispanier verbringt auch sie den Höchststand der Sonne meist im kühlen Schatten. Doch Africa liegt ein ganzes Stück weiter südlich als Tarraco und Rom und selbst der Schatten scheint heißer, als die Sonne anderswo. Aus diesem Grund treibt es Lucilla schon gegen Mittag wieder von irgendwoher zurück zur Mansio, nachdem sie den Morgen irgendwie verbracht hat. Hinter ihr geht ein Packsklave, der einen ganzen Stapel Papyrusrollen balanciert.


    "Ich habe eine Abschrift von der Acta bekommen! Unverschämt teuer, dafür aber die allerneuste Ausgabe!" Sie lässt sich neben Avarus auf eine Kline sinken und sucht sich gleich die erste Seite raus. "Oh, es waren anscheinend schon wieder Wahlen. So lange sind wir doch noch gar nicht unterwegs, oder doch? Herrje. Ah, Prudentius Commodus wurde zum Praetor gewählt." Lucilla überlegt sich, wie lange das schon her ist, dass sie als Scriba in Tarraco angefangen hatte, als Commodus noch Duumvir dort war. "Herrje." rutscht es ihr nochmal heraus, bevor sie weiterliest. "Mhm, scheint eine wilde Wahl gewesen zu sein."


    Sie murmelt die Namen der nichtgewählten und gewählten Aedile, des Volkstribuns und dann der Quaestoren, bis sie am letzten Namen hängen bleibt. "Petronius Varus ist Quästor?" Verwundert schaut sie zu Avarus. "Wer sorgt dann in Hispania für den Cursus Publicus? Naja, Hungi wird schon alles im Griff haben." Augenblicklich schießt ihr etwas Röte ins Gesicht. "Ich meine natürlich Hungaricus... ähm... hier, ich bin fertig." Sie reicht die Papyrusrolle an ihren Verlobten weiter und nimmt die nächste zur Hand.


    Durch die Politik liest sie sich wortlos, die Kleinanzeigen dagegen bringen sie zum Schmunzeln. Die religiösen Feste interssieren sie nur dahingehend, dass sie weiß, was sie verpasst hat und die Expedition nach Zyprus nur um zu wissen, dass sie noch immer läuft, die Ludi Plebei quittiert sie mit einem tiefen Seufzen. Ein Teil der politischen Seite aus Rom rutscht ihr in die Finger und das großes Stühlewechseln zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich. "Oha, Crassus wurde zum Praefectus Praetorio ernannt. Caecilius Crassus." Der Crassus, den sie fast geheiratet hätte. "Und Hungi... will gehen? Aber... Jössas, und dein Sohn wurde als Präfekt zu den Vigilen versetzt. Der Kaiser steckt wohl gerade im Sommerloch und hat Langeweile..." Da Lucilla momentan nicht darüber nachdenken möchte, was diese ganzen Umbesetzungen alles bedeuten, nimmt sie den Klatsch und Tratsch zur Hand, bei dem sie nicht ganz mitkommt.


    Auf einmal jedoch zieht sie scharf die Luft ein. "Meridius hat geheiratet!" Sie schaut Avarus entrüstet und sprachlos zugleich an. "Er hat geheiratet! Ohne mich! Ohne seine Schwester!" Die Entrüstung geht über in Entäuschung und sie lässt das Papyrus sinken. "Er hat mich noch nichteinmal eingeladen..." Ihr Verhältnis ist wohl doch angeschlagener, als Lucilla gedacht hat. "Na wenn er meint... er ist ja alt genug, um es zu wissen... mir soll es egal sein..." Ihre Stimme spricht deutlich anderes. Wie lange hat sie darauf gewartet, dass Meridius seine riesige, pompöse Feier gibt? Zugegeben, sie hatten sich in Rom nicht gerade in geschwisterlicher Liebe getrennt, aber immerhin hatte er sogar ein Geschenk zu ihrer Verlobung geschickt. "Vielleicht hat er mich nur vergessen... bei so vielen Einladungen kann das bestimmt passieren." Seufzend überfliegt sie den weiteren Text und ihre Schultern sinken noch weiter herab. "Und Alessa ist verlobt... zur gleichen Zeit? Merkwürig." Wieder seufzt sie. "... so weit ist Africa doch auch nicht weg, nicht weiter als Tarraco von Rom..."


    Lucilla legt die Schriftrollen vor Avarus hin und widmet sich nur noch mäßig interessiert den durchaus interessanten Beiträgen der Kultur und Leben-Seite. Bei den Spenden springt ihr wieder fett der Name ihres Bruders ins Auge und die restliche politische Seite Roms hätte sie beinahe nur überflogen, wenn nicht Avarus Name dick darauf prangern würde. "Oh." Sie sagt vorerst nichts, denn ihr ist klar, dass sobald sie die Überschrift vorlesen würde, das Papyrus nicht mehr in ihren Händen wäre. Mit einem flauen Gefühl im Magen liest sie den Artikel. "Didius Albinus, wer soll das denn sein? Heute kommt auch jeder Wichtigtuer in die Acta. Hier," sie reicht Avarus das Papyrus. "Lies das. Besser wir bleiben noch eine Weile in Africa." Schon wieder seufzt sie. Sie hätte besser keine Zeitung gekauft.


    Doch gekauft ist gekauft und so nimmt sie sich lustlos auch noch die Meldungen vor. Doch es dauert nicht lange, bis sie schon wieder die Augen aufreißt. "Nein! Ach herrje! Deine Casa!" stammelt sie. "Ein Einbruch..." So schnell wie Lucilla die Texte weiterreicht, kann Avarus kaum lesen. "Ist denn noch jemand in Rom? Irgendein Germanicus? Hast du einen Verwalter?" Wieder sinken ihre Schultern herab. "Ach jeh, ich hätte mir besser neue Schuhe für das Geld gekauft, statt diese Schreckensnachrichten. Was machen wir denn jetzt?" Ratlos sucht sie Avarus Blick, am liebsten würde sie sich einfach in Luft auflösen und all die restlichen Provinzen einfach aus ihrem Gedächtnis streichen.

  • Während des Morgens hatte Avarus sich durch die Stadt getrieben und hier und da etliche Bauwerke bewundernd betrachtet. Als er dann den Markt streifte, ließ er sich dabei erwischen wie er einige Geldsäckchen verteilte. Als Mann ist man einen solch stressigen Forumsalltag natürlich nur begrenzt gewachsen und so hatte der Senator sich mit einem Kissen bewaffnet auf die Kline im Garten zurückgezogen.


    Die gut zweiunddreißig Fuß hohen Palmen spendenten einen demsigen Schatten, den auch der Wedelsklave nur bedingt aufzuwerten vermochte. Er döste alo dahin, als Lucilla von ihrem Bummel zurück kehrte. Der Blick an ihr vorbei, auf die Packsklaven verriet ihm, das auch sie heut nicht sparsam unterwegs war. Doch wozu auch...


    Mit einem leichten Lächeln begrüßte er Lucilla an der Kline und blickte überrascht, das der Auflagebereich der Acta bis nach Africa Proconsularis ausreichte. Natürlich war auch er gespannt über die Meldungen und lunzte vorerst immer wieder von der Seite auf die erste Rolle. Das war schon bald nicht mehr nötig, denn seine Verlobte packte ihn mit vielen Rollen zu. So kalt war es aber nicht...


    Er überflog die Berichte und seuftze ab und an. Prudentius Commodus als Praetor? Hatte dieser sich nicht schon vor Monaten auf sein Altenteil zurückgezogen..., war das Rosenzüchten in Germanien ein unsägliches Unterfangen, waren ihm die Nachbarn zu laut? Wer wußte das schon. Trotzdem durfte Avarus sich darüber wundern. Er schüttelte den Kopf und blickte tiefer in den Zeilen. Die anderen Kandidaten waren ihm überwiegend unbekannt und er bemerkte, das Rom in einer neuen -nicht unbedingt besseren- Zeit regiert wurde. Avarus liest stumm weiter...


    Mit den Worten "Petronius Varus, ah ja Quästor." kommentiert er nur kurz diese Begebenheit und blickt auf, als sich Luci versappelt. "Senator Hungaricus meinst du sicher." Er grient sie an und kommt sogleich zum nächsten Pergament, das auf seinem Bauch landete. Als er zur Würfelseite kam, verdunkelte sich sein Gesicht. Seine Miemik veränderte er jedoch schlagartig, als er bei den positiven Aspekten ankam. "Pah mein Sohn, als müßte er sich auf den Namen seiner Väter berufen...., ihr solltet besser recharchieren da in der Acta." Mahnend hatte er den Finger gehoben, versenkte den Blick aber sogleich wieder in den Zeilen und schreckt ein bischen auf, als Lucilla den Namen ihres Bruders über die Lippen bringt.


    Er legt die seinigen Blätter auf die Terazzoplatten und verschränkt die Hände auf dem Bauch. "Dein Bruder hatte es wohl eilig, aber vielleicht sendete er eine Einladung zu seiner Beruhigung nach Rom, wohlweislich im Wissen, das du da nicht anzutreffen warst. Naja wir werden heute Abend fein dinieren gehen und versuchen nicht zu schmollen..." Er hatte ihre Hand genommen und einen Sanften Kuss darauf gehaucht. Es war jetzt nicht die Zeit darüber zu debattieren, was, wie, wo und wann im Sinne der Beziehung Germanica-Decima schief gelaufen war und nebenbei war sich Avarus sicher, dazu jetzt keine Lust zu haben. Also ließ er sich den nächsten Stabel geben und überflog weiter die Buchstaben.


    Sie spricht einen Namen aus. Avarus wiederholt diesen: " Didius Albinus, wer soll das denn sein? Die Gosse hat wiedermal einen Propheten ausgespuckt und wir waren nicht dabei. Ihr schreibt aber auch jedwedes auf und veröffentlicht es.... hauptsache das Blatt wird voll." Er verdreht die Augen, um sich dann über das Thema der Themen zu belustigen. Avarus schiebt die Seite weg und nimmt einen Schluck verdünnten Wein.


    "Oi... Einbruch in mein Haus? Was ist mit Syrus? Der sollte doch eigentlich bereits in Rom sein. Na hoffentlich ist ihm nichts passiert, aber wenn dem so wäre, hätte die Acta das sicher mehr ausgeschlachtet und auf die erste Seite gebracht." Germanicus Avarus schaut ob Lucillas Frage auf, doch er grübelt nur.


    "Wenn wir das Pyramidengucken auf nach unsere Hochzeit verschieben, könnten wir unsere Reise in 'Catabathmus maior' beenden und vorzeitig nach Rom zurückkehren. Das schließt dann allerdings ein weiteres Verbleiben aus. Aber vielleicht ist es auch besser zu unterbrechen, als weitere Prolloneuigkeiten aus der Acta lesen zu müssen."


    Er schnappt sich die letzte Wintraube aus Lucillas Schüssel und steckt sie in den Mund. Fragend aber auch erschöpft vom Lesen blickt er sie lange an, um dann abzuwinken. "Entscheide du, mir ist es gleich. Die Pyramiden reißen nicht aus und die östlichen Mansios kann ich auch in einer weiteren Reise abklappern oder Crassus hinschicken." Das Grinsen kann er sich nun nicht verkneifen und auch das Lachen nicht, was darauf folgt.... "Crassus als Praefectus Praetorie.... da haben sie den Bock zum Gärtner gemacht...."

  • Lucilla würde so gern die Pyramiden sehen und Alexandria besuchen, die Stadt, von der ihr Onkel immer so sehr geschwärmt hatte. Allerdings hatte sie während der vergangenen Reise schon so viel gesehen, dass es fast für ein ganzes Leben reicht, immerhin war es fast mehr, als sie bisher in ihrem gesamten vorherigen Leben gesehen hatte. Nun, da sie genauer darüber nachdenkt und sich die letzte Zeit in Erinnerung ruft, fällt ihr tatsächlich auf, dass sie schon ziemlich lange unterwegs sind. Zwar hat Rufus noch keinen Hilferuf aus Rom geschickt, doch wer weiß, wie es in ihrem Officium aussehen würde. Dass ihre Abwesenheit in der Acta schon auffällt, merkt man ja daran, was alles schon in die Zeitung aufgenommen wird, wahrscheinlich steckt Livia über beide Ohren in Arbeit. Zusätzlich würde sich einiges im Cursus Publicus ändern, ob und in wieweit sich Crassus in den Cursus Publicus einmischen würde, bleibt abzuwarten, doch Hungis Rücktritt würde sicher nicht ohne Auswirkung bleiben.


    Seufzend lehnt sich Lucilla auf der Kline zurück. "Ich denke, wir sollten nach der Inspektion der Mansio von Catabathmus maior nach Rom zurückkehren." Sie lächelt leicht. "Wenn es stimmt, was man über die Pyramiden erzählt, dann können wir uns getrost noch tausende von Jahren Zeit lassen, um sie zu besichtigen, auch wenn ich sie schon gerne gesehen hätte. Aber vielleicht sind wir schon fast zu lange unterwegs. Wenn ich mir vorstelle, was am Ende schon alles passiert sein könnte." Bedauernd schaut sie in die leere Schüssel, eine weitere Schüssel voll Trauben wäre aber auf jeden Fall zuviel.


    Ihr kommt ein neuer Gedanke und sie grinst verschmitzt. "Außerdem wird eine weitere Reise nach der Hochzeit sicher noch viel schöner. Es ist so furchtbar, die ganze Zeit so viel Zeit mit und die Abende so nah bei dir zu verbringen, aber trotzdem am Ende des Abends ein anderes Cubiculum aufzusuchen. Ich würde gerne..." Lucilla senkt ihren Blick und merkt, wie ihre Wangen heiß werden. "... du weißt schon... noch mehr Zeit... noch näher..." Wieso gibt es nur nie Trauben, wenn man wirklich dringend eine braucht? Aus Verzweiflung greift Lucilla eilig zu ihrem Becher und trinkt überhastet einen Schluck von dem verdünnten Wein.

  • Er läßt durch einen Sklaven die Traubenschüssel neu auffüllen und auch an anderen Obstlern wie Datteln und Grantäpfeln fehlt es nicht. Avarus denkt nach, bevor er ihr antwortet. Natürlich hatte er Lucillas Verlegenheit bemerkt.


    "Die Pyramiden laufen nicht weg, wohl war. Doch werden wir sie bald anschauen. Ob als Hochzeitsreise oder ein kleiner privater Ausflug sei dahin gestellt, auf jeden Fall werden wir sie ansehen und das gemeinsam." Er verzeiht das Gesicht zu einem tiefgründigen Lächeln und fährt fort: "Aber du magst Recht haben, vielleicht haben wir die Weite der Landschaft auch unterschätzt. Wir sind sehr lange unterwegs und sollten uns um etliches in Rom kümmern. Auch meine beiden Verteidiger warten sicher sehnsüchtig auf eine Gabe. Ich bin nicht gewillt sie zu verstimmen. Zumal sie ihre Sache äußerst gut gemacht haben."


    Senator Avarus nippt am Wein und läßt sichtlich die letzten Wochen an sich vorbei schweben. Die Rechnung für den Cursus Publicus würde exorbitant sein, doch hatten sie sich diese kleine Ausfahrt auch mal verdient.

  • Die Stadt Leptis Magna war noch genau zwei Tage ihre Herberge, in denen sie mehr denn je ihre Beziehung pflegten, als dem amtlichen Prozedere nach gingen. Natürlich wurden die Sklaven eingeteilt Proviant, Ausrüstung und Reittiere zu fassen, auch die üblichen Wägen wurden bereit gestellt und beladen, doch gingen diese Arbeiten mittlerweile wie von selbst von statten. In diesem Sinne war es gut so lange auf Reisen zu sein.


    Als sie sich am dritten Tage von den Klinen erhoben und das Frühstück damit verließen, war ihr Ziel bereits abgeklärt. Nach den üblichen Verabschiedungsfloskeln begab man sich auf die Zimmer, um die Stadtkleidung gegen jene der Reise zu tauschen und ein letztes Mal irgendwelche Listen durch zu gehen, um zu sehen, ob denn alles dabei war.


    Avarus war etwas schneller am Wagen, setzte sich jedoch auf ein Kamel, das ihm lieb geworden war. Während er so wartend tronte, sinnierte er über eine Zucht in Italien, die er aber als Schwachsinn sogleich wieder verwarf. Günstigerweise erschien dann auch Lucilla, um ihn auf keine weiteren dummen Gedanken zu bringen. Sie reiste im Wagen, wie die ganzen anderen Landfahrten und bekam genügend Nervennahrung gereicht.


    Die Stadt verschwand zusehens im Dunst des Horizonts und Avarus hatte aufgehört sich umzudrehen. Er blickte nach vorn, schon bald würde die blühende Landschaft im Geröll, Sand und Dünenmeer versinken. Ihr Führer leitete sie eine der ältesten Straßen hier entlang, die trotz dessen in einem ordentlichen Zustand war. Der Senator konnte sich nur schwer vorstellen, wie sie von den Sandstürmen herbei geschafften Kieseln frei gehalten wurde. Die örtliche Legion mußte imens viel damit zu tun haben.


    Zu ihrer Linken verlief ein Aquadukt, das nicht besonders hoch gebaut, jedoch auf der Röhrenebene mit Steinplatten abgedeckt war. Es führte wohl aus einer nahe gelegenen Oase in die Stadt Leptis Magna, die durch ihre enorme Bevölkerungsdichte nicht selten am Wassernotstand zu leiden hatte. Im tiefsten Sommer war es dort sicher nicht auszuhalten, die Thermen trocken gelegt, die Brunnen versiegt und die Wasserkarawanen manchmal die letzte Hoffnung.


    Schon zum Mittag hatte die Wüste die kleine Karawane umhüllt. Die Sonne brahlte vom Himmel und prasselte auf sie herab. Am Abend sollten sie eine Oase erreichen, die für die erste Etappe sehr weit weg von der Stadt lag und somit keine Siesta erlaubte. Später dann war der Weg besser gesäumt von jenen Orten, an denen es Wasser, Nahrung und ein schattiges Dach gab. Hier jedoch konnte man von einer Durststrecke sprechen.


    Ansich hätten sie auch das Meer nehmen können, um nach Berenice zu gelangen, doch wollte Avarus den innerländischen Postbetrieb ebenfalls stichprobenartig überprüfen. So wagten sie sich also bis nach Digdiga vor, um dort die Stationen und Ausrüstungen zu überprüfen, um sich dann weiter nach Osten in die besagte Stadt Berenice aufzumachen. Und es war gut, der Stadt Digdiga einen Besuch abzustatten, denn die Mansio war in einem misserablen Zustand. Nicht nur die Listen waren dies, sondern auch das gemäuer versprach demnächst einzustürzen. Der Stationarii war ein alter klappriger Mann, der seinen Nachfolger vergebens suchte, denn er hatte die Blindheit fast gänzlich gefunden. Die Abhilfe konnte die kleine Expedition um den Legaten Avarus auch nicht schaffen, aber sie waren informiert und könnten es von der Ferne in die Wege leiten. In Rom zum Beispiel gab es immer einen emsigen Schreiberling, der nur auf eine Chance wartete eine Mansio zu leiten.


    Sie richteten sich also nach Berenice zu Ross, Kamel und auf dem Wagen und nahmen so eben auch jene kleine Hürde der 'großen Syrte' , wo es von Piraten nur so wimmeln sollte. Über zweieinhalb Wochen reisten sie so und bekamen kaum einen Weiler zu gesicht, in denen sie sich abspühlen konnten. Sie mußten bereits wie echte Araber stinken, als endlich die Mauern der Stadt Berenice in der Ferne auftronten...

  • "Berenice!" Sogar Draba, der neben Lucilla auf einem Kamel reitet, ist die Erleichterung anzuhören, als die Stadt zu sehen ist. Wie eine funkelnde Perle leuchtet sie in der Ferne auf und verspricht neben Wasser auch eine kühle Unterkunft.
    "Ich hoffe, da gibt es Thermen." lächelt Lucilla und kneift die Augen zusammen um genauer sehen zu können. "Wie weit meinst du ist es noch?"
    "Es dauert sicher noch bis zum Abend, bis wir dort eintreffen."
    Lucilla schaut den Tabellarius entgeistert an. "Bis heute Abend? Aber wir kommen doch gut voran auf dem Weg!"
    "Du unterschätzt noch immer die Entfernungen in diesem Land. Dadurch, dass hier alles flach ist und die Landschaft so karg, kann man leicht glauben, dass die Wege kürzer sind als sie es tatsächlich sind. In der Wüste im Landesinneren ist das noch viel schlimmer, schon so manch einer ist aus diesem Grund auf der Strecke geblieben. Aber keine Sorge, bis zum Abend schaffen wir es sicher."


    Lucilla seufzt. "Hauptsache es gibt eine Gelegenheit, den ganzen Staub abzuwaschen. Ambrosius wird Stunden brauchen, bis er mich unter dieser Schmutzschicht wiedergefunden hat."
    Der Tabellarius grinst. "Es gibt Thermen, nicht ganz so groß wie in Leptis Magna, aber zum Baden sollten sie auf jeden Fall reichen. Immerhin fühlten sich schon die Hesperiden an diesem Ort wohl."
    Lucilla horcht auf. Die Geschichten des Tabellarius sind während der zunehmend langweiligen Reise immer eine willkommene Ablenkung, vor allem, nachdem der Wagenlenker zunehmens schweigsamer geworden ist, da er sich in dieser Gegend nicht mehr auskennt. "Ach? Die Hesperiden waren auch schon da?"
    "Oh ja, der Name, den die Griechen der Stadt gaben war Euhesperides wegen der Gärten der Hesperiden. Ob sie tatsächlich hier ihre Quelle hatten ist natürlich nicht sicher, du weißt ja, die Griechen hatten keine Ahnung von ihrer Welt. Ich war auch schon mal in einem Ort in Arkadia, welcher die Quelle der Hesperiden für sich beansprucht." Draba zuckt lachend mit den Schultern. "Griechen eben. Auf jeden Fall rühmen sich die Einwohner Berenices damit, dass Herakles irgendwo vor ihrer Stadt die goldenen Äpfel aus den Gärten der Nymphen geholt hat, auch wenn das heutige Berenice nicht mehr viel mit dem alten Euhesperides gemein haben dürfte. Und viel davon haben tun sie auch nicht. Die Stadt ist nicht wirklich wohlhabend, die Versorgung eher schlecht als recht. Aber was will man von einer Stadt in dieser Lage schon erwarten. Es gibt kaum Rohstoffe in der Umgebung, welche sich exportieren ließen, daher ist auch der Hafen nur mäßig belebt und es kommen nur selten Waren aus den übrigen Provinzen."
    "Das hört sich nicht so an, als müssten wir dort lange bleiben. Was ist die nächste große Stadt?"
    Draba legt den Kopf schief. "Cyrene. Doch wir sollten besser in Berenice ausruhen, und dann über Ptolemais und Cyrene die Stadt Apollonia anstreben. Cyrene ist voll mit Griechen und Juden, die sich gegenseitig hassen und ständig aneinander geraten. Es ist besser, nicht länger als nötig dort zu bleiben. Die Stadt ist schon seit Jahrhunderten ein Unruheherd, Licinius Lucullus wurde mal hierher entsendet, um Ruhe zu bringen. Gebracht hat es aber nichts, ebensowenig wie die Tatsache, dass as Land römische Provinz wurde, die Situation ist dauerhaft angespannt. Womöglich wäre es vielleicht sogar besser, wenn die Karawane mit dem Gepäck direkt von Ptolemais nach Apollonia weiterzieht und nur eine kleine Abordnung Cyrene besucht."


    Lucilla blickt nachdenklich auf die ferne Stadt Berenice. Sie würde lieber dort ausgiebig in den Thermen baden, denn wenn Draba es irgendwo für nicht sicher hält, dann ist das meist auch so, er ist nicht gerade als Schwarzmaler bekannt. Je näher sie der Stadt kommen, desto mehr malt sich Lucilla die Thermen und ein üppiges Abendessen aus, und je länger es dauert, desto weniger kann sie es erwarten, bis sie endlich die ersten Häuser passieren. Ein Stück vor der Stadt schon spurtet Draba auf seinem Kamel los, um der Karawane vorauszueilen und ihre Ankunft anzukündigen.


    Als sie die Mansio am frühen Abend erreichen steht schon der zuständige Stationarii davor und begrüßt die Inspektoren ausgiebig. Er bedauert gegenüber dem Legatus Augusti zutiefst, dass an diesem Tag die öffentlichen Thermen den Frauen der Stadt vorbehalten sind, denn sie sind nicht sehr groß und werden daher immer im Wechsel für die Geschlechter geöffnet. Für ihn hat man jedoch das Bad in der Mansio vorbereitet, welches zu seiner freien Verfügung steht.


    Da sie in ihrem Zustand nichts zu Essen hinunterbekommen und ein kleiner Zwischenhappen in den Thermen fürs erste ausreichen würde, verabschiedet sich Lucilla mit einem strahlenden Lächeln von Avarus. "Wir sehen uns dann später zum Essen. Ich werde mich bemühen, nicht allzu lange zu brauchen. Und mach dir nichts draus, ich werde die Thermen für uns beide genießen." :]

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