Am Stadttor - Wer nach Rom will soll sich Zeit für die ordentliche Durchsuchung und Befragung nehmen!

  • "Na, wenn du dich da mal nicht täuscht!"


    antwortete Crispus mit einem wissenden Lächeln - er war ja schon einmal hier gewesen und hatte erinnerte sich noch gut, wie er damals kaum hatte schlafen können, weil die Straßen Roms nachts von den Lieferanten, aber auch jeder Menge Nachtschwärmern bevölkert wurden. Es hatte ja sicherlich einen Grund, warum die Vigiles nicht nur für den Brandschutz, sondern auch für die Nachtwache in den Straßen und Gassen zuständig waren!


    "Naja, du wirst's gleich sehen!"


    Er drehte sich zu Haakon, der ein wenig weiter hinten ritt.


    "Jetzt wirst du gleich sehen, was Rom für eine Stadt is' - wohl die einzige Stadt der Welt, die es fertig bringt, so ein Imperium aufzubauen! Wenn man die Bewohner der Stadt alle zusammen in Legionen stecken würde, könnte man wahrscheinlich Germania bis zum Albis ausdehnen - ohne Probleme!"


    Gerüchten zufolge hatte Augustus das vor hundert Jahren sogar einmal versucht - war dann aber doch am Rhenus geblieben, nachdem Varus seine Schlacht verloren hatte...

  • Wie üblich war der Andrang abends, kurz vor Sonnenuntergang, groß... und die Milites, die Wache hielten, freuten sich darüber, dass sie wenigstens noch etwas Pause hatten, bevor der allabendliche Ansturm losging. Nur hin und wieder drängte sich jemand durch die wartenden Menschen mit ihren Karren hindurch, und wenn das der Fall war, waren diese in der Regel schnell abgefertigt. Als mal wieder zwischen den Karren hervorkamen in Richtung des Tors, waren allerdings auch wieder die Milites schnell genug bei der Sache und musterten die Männer eingehend, die da in die Stadt wollten... da ihnen aber nichts Verdächtiges auffiel, hielten sie sich zurück. Die Arbeit würde ja noch kommen, sobald die Sonne unterging, so lang die Männer hier keine Fragen hatten und nicht noch sonst wie Aufmerksamkeit auf sich zogen, musste man sie nicht unbedingt rausziehen und befragen.




  • Der Kommentar des Alten war dummerweise wirklich einleuchtend - während sie schweigend weitertrotteten, wurde Lucius nämlich plötzlich klar, dass seine Antwort ganz schön naiv war: um sie herum standen tausende Wägen, die alle in die Stadt wollten - daraus ließ sich logisch ja ganz klar ableiten, dass es nicht ruhig sein würde, wenn sie in der Stadt waren! So vorgeführt worden zu sein ärgerte den jungen Petronier und er hielt den Mund. Sollte doch Haakon sich die Story vom Pferd über diese Stadt erzählen lassen...


    Innerlich war Lucius allerdings tatsächlich immer beeindruckter - je näher sie dem Tor kamen, desto deutlicher wurde nämlich auch, dass sich bereits kurz dahinter riesige Mietskasernen türmten. An sich war auch das nicht das erste Mal, dass der junge Petronier solche Gebäude sah, aber die Menge und Höhe übertraf doch das, was er bisher gesehen hatte. Wenn man berechnete, dass in einer Insula mit einer Breite von 30 Passus pro Stockwerk, 15 Wohnungen pro Etage und sieben Etagen lagen - wenn er die Insula direkt vor sich ansah, dürfte es etwa so viel sein - , dann lebten dort bei einer durchschnittlichen Plebs-Familie von zwei Erwachsenen und zwei Kindern 60 Menschen pro Stockwerk, insgesamt also 420 Personen pro Insula. Und vor ihm schienen hunderte dieser Massenquartiere zu sein - allein das war ein Beweis, dass Rom gewaltig war!

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Als sie zum Tor gelangten, standen dort - ähnlich wie in Mogontiacum und überall sonst auch - gelangweilte Wachen. Die hier gehörten allerdings zu den Cohortes Urbanae, die damals bei den Adlern als geradezu elitär gegolten hatte. Vielleicht nicht so elitär wie die Prätorianer, aber immerhin...


    Da Crispus außerdem gehört hatte, dass sie auch den Aedilen assistierten und Duccius Vala ein Aedil gewesen war, beschloss er, den Wachhabenden nach dem Weg zu fragen:


    "Du da, kannst du mir sagen, wo der Aedil Duccius Vala wohnt?"


    sprach er den Wachsoldaten mit seinem alten, aber doch bewahrten Kasernenhofton an.

  • Was vor ihnen lag:


    Die gewaltige Stadt Rom, die Metropole des Imperiums, die sich viel weiter zu erstrecken schien, als das menschliche Auge jemals hätte fassen können. Hinter der Stadtmauer erhoben sich neben dem Kolosseum die sieben Hügel empor, schon aus der Ferne konnte man Palast des Kaisers auf dem Palatin erkennen.


    Was sie erwarten würde:


    In erster Linie Gestank und Gedrängel.


    Für Lentidia bot sich hier aus der Ferne noch der ihrer Meinung nach endlich verdiente Augenschmauß, den sie sehnlichst erwartet hatte. Das sich ihre Stimmung, die just in diesem Moment von tief kritisch-rot auf erfreut-grün umschlug, hinter der Stadtmauer erneut umschlagen würde, ahnte die Aurelia noch nicht. Die Zeit, die sie länger in Mantua aufgrund einer lästigen Erkältung verbrachte, hatte ihre Geduld bis aufs Blut ausgereizt. Wäre sie nicht vor ein paar Tagen aufgebrochen, hätte sie mit ihrer endlosen Wut noch den ganzen Haushalt explodieren lassen, den sie eh schon während ihres längeren Aufenthaltes dort tyrannisiert hatte.
    Ihr Gefolge, was aus einer Hand voll Sklaven, unter denen sich auch ihr Custos Corporis Alexandrinus und ihre Leibsklavin Mila befanden, und ein paar Soldaten als Eskorte bestand, schien ebenfalls erleichtert beim Anblick Roms. Das Temperament der jungen Frau strapazierte alle Nerven.



    Am Stadttor angekommen kündigte einer der Soldaten sie an:


    "Wir eskortieren Aurelia Lentidia. Wir kommen aus Mantua. Sie möchte zur Villa Aurelia." Der Soldat hatte keine Ahnung, ob der nervige Tripp hier für sie enden würde, da vielleicht die Soldaten der Stadtwache das Gefolge den letzten Rest der Strecke eskortieren würde, oder ob sie auch noch mit dem Gestand und Gedränge der Stadt bestraft werden würden.

  • „Der, eh...“ Aedil Duccius Vala. Der angesprochene Soldat sah sich hilfesuchend nach seinen Kameraden um, ob da vielleicht jemand die Antwort wusste, und tatsächlich trat nach ein paar weiteren Momenten einer hervor: „Ich weiß, wo der wohnt. Is aba nich mehr Aedil, vor kurzem warn wieder Wahln.“ Er räusperte sich kurz und spuckte auf dem Boden aus – gerade so weit genug weg von den Ankömmlingen, dass die das in seinen Augen nicht als Beleidigung auffassen konnten –, und fuhr fort: „Der wohnt in der Casa Accia, auf dem Esquilin. Erst ma müsst ihr hier rein...“ kam das Offensichtliche, und was folgte war eine ziemlich verschwurbelte, mit an dem Bäcker vorbei, der hat übrigens lecker Gebäck, Obacht, die Gasse solltet ihr meiden, da sin die Färber und ähnlichen Hinweisen gespickte Beschreibung, wie sie zur besagten Casa finden konnten. Das hieß: wenn sie denn schlau wurden aus der Wegbeschreibung, woran der Soldat allerdings nicht den mindesten Zweifel zu haben schien, gemessen an dem freundlichen, etwas zahnlückigen Grinsen, mit dem er die Männer bedachte.




  • Ein freundliches Nicken bekamen die Soldaten, als diese auftauchten, im Schlepptau einen Reisekarren. „Kann sie gern, Kollege“, erwiderte einer der Milites, die am Stadttor Wache hatten. „Aber nicht mit dem Ding da. Entweder sie geht zu Fuß, oder irgendwer muss ne Sänfte auftreiben, aber der Karren muss warten bis es Abend ist.“




  • Zitat

    Original von Miles
    „Der, eh...“ Aedil Duccius Vala. Der angesprochene Soldat sah sich hilfesuchend nach seinen Kameraden um, ob da vielleicht jemand die Antwort wusste, und tatsächlich trat nach ein paar weiteren Momenten einer hervor: „Ich weiß, wo der wohnt. Is aba nich mehr Aedil, vor kurzem warn wieder Wahln.“ Er räusperte sich kurz und spuckte auf dem Boden aus – gerade so weit genug weg von den Ankömmlingen, dass die das in seinen Augen nicht als Beleidigung auffassen konnten –, und fuhr fort: „Der wohnt in der Casa Accia, auf dem Esquilin. Erst ma müsst ihr hier rein...“ kam das Offensichtliche, und was folgte war eine ziemlich verschwurbelte, mit an dem Bäcker vorbei, der hat übrigens lecker Gebäck, Obacht, die Gasse solltet ihr meiden, da sin die Färber und ähnlichen Hinweisen gespickte Beschreibung, wie sie zur besagten Casa finden konnten. Das hieß: wenn sie denn schlau wurden aus der Wegbeschreibung, woran der Soldat allerdings nicht den mindesten Zweifel zu haben schien, gemessen an dem freundlichen, etwas zahnlückigen Grinsen, mit dem er die Männer bedachte.


    Dass Vala nicht mehr Aedil war, hatte ihm schon der Hafenmeister in Ostia verraten - er hatte es nur möglichst unkompliziert ausdrücken wollen. Die Erfahrung sagte ihm, dass das bei einfachen Soldaten die beste Taktik war. Und tatsächlich bekam er ja auch eine Antwort - wenn auch nicht das, was er erhofft hatte. Das letzte Mal war er vor viiiielen Jahren gewesen und er hätte nicht einmal vom Forum Romanum aus mehr genau sagen können, wo das Haus seines Onkels gelegen hatte - damals war er nur einen Tag lang hier gewesen für die Sponsalia seines Onkels und da hatte er in der Casa Decima übernachtet. Somit konnte er auch mit der langen und breiten Antwort des Soldaten nichts anfangen, weshalb er nur nickte - es schien ja so viel los zu sein auf der Straße, dass sie sich auch so zurechtfanden...


    "Danke, Soldat!"


    sagte er deshalb nur und trabte weiter.

  • Nach einem kurzen und erleichterten Lächeln rutschten die Mundwinkel wieder Richtung Boden. Eigentlich dachten die Soldaten, dass hier ihr Eskortjob hier an dieser Stelle beendet sei und sie sich in die nächste Taverne setzen könnten, um sich vor dem Rrückweg mit Fleisch und Wein zu stärken. Jetzt allerdings mussten sie der jungen Aurelia beibringen, dass sie mit dem "Karren" nicht die Stadt passieren durfte.


    Mit Händen und Füßen versuchte der Soldat alles, um die Situation zu retten.


    "Eine Sänfte? Wo sollen wir die denn jetzt auftreiben.. Jungs, könnt ihr uns dabei nicht behilflich sein? Wenn ich Aurelia verklickern muss, dass sie noch länger warten oder sogar laufen muss, dann wird sie förmlich explodieren! Sie ist unerträglich störrisch und arrogant.."

  • Die Soldaten tauschten einen vielsagenden Blick. Keiner von ihnen hatte Lust, sich jetzt um irgendwas zu kümmern. Warum auch? Wenn sie hier anfingen jeden Einzelwunsch zu erfüllen, hatten sie nicht mehr viel Zeit sich um das Tor zu kümmern... Überhaupt begriff keiner der Anwesenden so recht, warum ausgerechnet Legionäre die Frau begleiteten. „Naja...“ machte der Sprecher gedehnt. „Gegen ne kleine Entschädigung von der Dame könnten wir ihr vielleicht ne Sondergenehmigung ausstellen...“ Warum da nun Soldaten die Frau begleiteten, war letztlich egal – aber die Kerle würden genauso gut wissen wie jeder andere Miles auch, wie so was lief.

  • Die Sonne neigt sich dem Horizont zu, droht schon bald in den aufziehenden abendlichen Wolken zu versinken.
    Mit gesenkten Köpfen zockeln die Ochsen vor den Karren die Strasse entlang, wirbeln die schlurfenden Füsse der Menschen trägen Staub auf, der sich rasch wieder auf die tiefen Spuren der Karren legt.
    Lang war die Reise, lang und mühselig.
    Der Fahrer des ersten Karrens erspäht als Erster das ersehnte Ziel, ein erleichtertes Lächeln erhellt seine Miene.
    "Wir sind da... dort vorn. Rom"
    Wie ein Funken springt die Hoffnung von einem zum Anderen, lässt Erleichterung in den Augen aufkeimen, sich müde Glieder strecken.
    Nein, weit ist es nicht mehr, wird hier mal über den Stoff geklopft, um wenigstens ansatzweise etwas Dreck zu entfernen, wird dort eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht geschoben... mehr und mehr streift die Gruppe die Lethargie der Reise ab, liegt bald ein erwartungsfrohes Summen über den Reisenden.
    Nur eine lässt sich von der Vorfreude nicht anstecken, ganz im Gegenteil.
    Grimmig ziehen sich die geschwungenen Augenbrauen zusammen, düster wird der Blick des Mädchens.
    Trotzig schiebt sie das Kinn vor, während auf dem jugendlichen Gesicht ein trotziger Ausdruck erscheint.
    Rom. Wie sie diese Stadt hasst.
    Ihr neues zu Hause. Ein abfälliges Schnauben folgt dem Gedanken. Abgeschoben, das hatte man sie.
    Kerzengerade richtet sich Flaminina auf ihrem Pferd auf, die Ohren der schwarzen schlanken Stute zucken, spürt sie die Unruhe ihrer Herrin.
    Wie alle ist sie von der Reise staubig, die schulterlangen braunen Locken strähnig, die kurze Tunkia bedeckt gerade die Hälfte des Oberschenkels, damit sie sie beim Reiten nicht behindert.
    "Domina?" fragt eine Sklavin mit graumeliertem Haar vorsichtig. "Willst du nicht lieber im Karren weiterfahren?"
    "Nein" knapp kommt die Antwort, die der Sklavin nur ein resigniertes Nicken entlockt.
    So wenig wie sie sich während der Reise in einen Karren hat sperren lassen, so wenig würde sie sich von ihrer Familie verbiegen lassen. Die würden schon sehen.
    Die Schultern leicht durchgedrückt, wappnet sie sich.
    Inzwischen hat sich der Trupp den Stadttoren genähert, wo sich schon andere eingefunden haben und man reiht sich ein, kennt der Führer der Gruppe die Gepflogenheiten.
    Nur das Mädchen treibt ihr Pferd weiter. Unruhig zucken die Ohren der Stute, die Nüstern zu einem schnobern geweitet. Den Hals zu einem Bogen gewölbt, tritt sie an, setzt rasch Huf vor Huf, drängt dazu, vor den ungewohnten Gerüche zu flüchten.
    Die geübte Hand der Reiterin hält sie zurück, sacht täschelt sie den glänzenden Hals und murmelt beruhigendes, während sie weiter anmutig auf dem nervösen Pferd sitzt.
    Am Tor angekommen grüsst sie ruhig.
    "Salve. Ich muss in die Stadt, zur Casa Iulia."

  • Bis vor kurzem war es noch ein ruhiger Abend, viele der Bauern kannte man bereits vom sehen und ließ sie meist ohne große Kontrolle passieren damit sie nicht unnötig vom schlafen abgehalten wurden... Doch kündigte sich bereits von weitem eine größere Gruppe Reisender an, die Staubwolke war kaum zu übersehen "Wollen wir uns noch ein spaß zum Ende unserer Schicht machen?" fragte Ahenobarbus seinen Kollegen, doch dieser war schon recht müde, deshalb meinte er "Muss das sein?... Mach einfach das nötigste und lass sie dann rein.".
    Sobald die Gruppe anhielt und die Herrin sich zu Wort meldete antwortete Ahenobarbus "Salve! Habt ihr Waffen bei euch?"

  • Die eigentliche Gruppe hat ein Stück entfernt gehalten, nur die junge Frau stand direkt vor Ahenobarbus.
    Anschätzend schaut Flaminina ihn an, ihre Stimme klingt ein wenig belustig, als sie an sich herabschaut. Unter diesem bisschen Stoff konnte sie wahrlich nichtmal ein Messer verbergen.
    "Nein, wo sollte ich die wohl versteckt haben?"
    Mit einer fliessenden Bewegung gleitet sie vom Pferderücken herab, dummerweise muss sie nun zu ihm aufsehen.
    "Aber vermutlich taucht hier gleich eine der Wachen auf, die mir Onkel Iulius Potitus mitgeschickt hat."
    Mit einem unvebindlichen Lächeln blinzelt sie zu ihm auf.

  • Auch wenn Die Iulierin es scheinbar lustig fand, so kam es auch vor das Frauen Waffen einschmuggelten, seien sie noch so leicht bekleidet.
    "Die Wachen müssen ihre Waffen abgeben, innerhalb der Mauern ist es nur den Stadtkohorten erlaubt diese zu tragen." sagte Ahenobarbus möglichst unbeeindruckt von dem Anblick und wartete darauf den Wachen ihre Waffen abzunehmen.

  • Janus sei Dank war Rom offensichtlich auch nur eine Stadt. Ohne Zweifel das gewaltigste Mauergebirge, das Antias je gesehen hatte, aber am Ende nur eine Stadt. Auf seiner Reise vom Rhenus an den Tiberis war ihm allmählich die Bedeutung der Begriffe abhanden gekommen. Groß! Groß war Mogontiacum ihm als Kind erschienen, verglichen mit den Vororten und Dörfern des Umlandes. Bereits Augusta Vindelicum hatte Mogontiacum schrumpfen lassen und als er über Tridentum Verona erreicht hatte, war Größe ihm nur noch ein leeres Wort geworden.


    Bonona, Florentia, Arretium - je weiter er sich südwärts durch Italia bewegte, desto höhnischer spotteten die Städte seinen Vorstellungen von Göße. Weit! Hoch! Fern! Alles nur laue Fürze im Ostwind. Die Auen am Rhenus sollten weit sein? Weit war die dunstige grünblaue Ebene gewesen, die sich vor ihm aufgetan hatte, als er die Claudia Augusta herunterkommen war. Hoch? Die Laubkronen der endlosen germanischen Wälder jenseits des Flusses? Pah! Er hatte ein Bergmassiv überquert, das auch in den Wolken noch kein Ende fand und ihn bei jedem Schritt hatte schaudern lassen, als hätte sich der Orcus durch die Erdkrume ans Licht gebohrt.


    Fern waren ihm schließlich seine Pläne und Ziele geworden, sich von Rom aus einen respektierten Platz in einem ehrenvollen Leben zu schaffen. Was bei allen Göttern ließ sich von einem Mann allein bewegen? Die bunten Ströme von Reisenden waren immer noch dichter und die Städte immer noch mächtiger geworden, je näher er der Mutter aller Metropolen kam. Rom - begann er zu glauben - konnte kein Ort sein, sondern eine Art wabernde Sonne, die die Welt und alles darin einsaugte und ausspie. Roma Aeterna selbst musste dort im Süden auf ihn warten, um ihn zu prüfen und schließlich zu verschlingen.


    Aber es war nur eine Stadt, vor deren Toren er nun stand, ein von Menschen geschaffenes Wunder aus Stein, Holz und Eisen. Nicht bewacht durch ganze Legionen von Preatoriani, wie er gedacht hatte, sondern nur durch eine verstärkte Einheit von Torwächtern, nicht anders als in anderen Städten.


    Trotzdem kostete es Antias Überwindung, sein Bündel wieder zu schultern und das letzte Stadium der Flaminia hinter sich zu bringen. Als er schließlich den Torwächtern gegenüberstand kam ihm ein Ausspruch seines Vaters in den Sinn: 'Neu in Rom fühlst du dich wie ein Wurm im Arsch eines Zugochsen.'

  • Und wieder setzten zwei Sänften, darin ein Ehepaar, ihren Weg nach Roma fort, direkt hinein ins Zentrum dieser Welt.


    "Ey, hast du die Schnecke da geseh'n?", fragte einer der Wachhabenden einen anderen.
    "Junge, nicht so laut! Die hör'n dich sonst noch!", mahnte sein Kamerad.
    "Du meinst, ihr Stecher hört mich sonst noch...", machte sich der erste lustig.
    "Alter, du hast keinen Anstand, oder? Wie der letzte Barbar!", schüttelte der zweite den Kopf.
    "Voorsicht, ja?! Wen nennst du hier einen Barbar, du..." - "Maul zu, da kommt Kundschaft!"


    Widerwillig richteten nun beide Wachsoldaten ihre Aufmerksamkeit auf den offenkundig Einreisewilligen:
    "Wer bist du und was willst du?" - "Und vor allem: Hast du Waffen dabei?", ergänzte der eine genervt den anderen Miles.

  • Den Ton kannte Antias bereits aus dem heimischen Tross der Legio II Germanica. Gelangweilte schlecht bezahlte Soldaten wie sein Vater einer gewesen war. Ob Metropole oder Legionslager, den Wachsoldaten lag offenbar immer das Herz auf der Zunge, und der Bauch, und der Sack.


    "Salve Soldat. Ich bin Titus Germanicus Antias, komme aus Germania Superior und möchte in der Stadt Angehörige meiner Familie finden. Darüber hinaus wäre ich dir für eine Auskunft dankbar"

  • Der offenbar unbeachtet gebliebene Miles trat auf den Eintrittswilligen zu und versuchte sich damit die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen.


    "Germanicus hin oder her, bevor du hier irgendwelche Auskünfte bekommst, stellen wir die Fragen!", legte er nun schon einen etwas harscheren Tonfall an den Tag.
    "Wenn er uns nicht sagen will, ob er Waffen mit sich führt, dann sind wir wohl zu einer kompletten Durchsuchung gezwungen...", gab der zweite Soldat seinem Kameraden verbale Rückendeckung.
    "Also: Einmal Taschen leeren, deinen Beutel zu mir und die Beine schulterbreit auseinander, bitte.", wurde der Germanicer freundlich aber ernst aufgefordert.

  • Antias nahm behutsam den Stock von der Schulter an dessem Ende er seine Habseligkeiten in einem Militätmantel verschnürrt befestigt hatte.
    "Meint ihr so was hier?" fragte er die zweite Wache und zog mit einem Ruck am Bündel. Darunter kam schimmernd die Spitze eines Pilum zu Vorschein. Noch bevor sich das Erstaunen der Wachen in Bewegung umsetzen konnte, rammte Antias den abgesägten Wurfspeer zwischen die Straßenquader und blickte die erste Wache entschuldigend an.
    "Wenn man sie kürzt, taugen sich nicht mehr zum Wurf, aber für Straßenräuber reicht's noch allemal. Entschuldie Soldat. Das ist alles an Waffen, ihr könnt mich gerne durchsuchen"

  • Den grimmigen Gesichtern der Miles konnte Antias ansehen, dass ihr Bedarf an unerwarteten Späßen für den heutigen Tag offenbar bereits gedeckt war. Gehorsam reichte er daher seinen Beutel der Wache und stellte sich wie ihm geheißen an den Straßenrand.
    Während der offensichtliche Wortführer ihm knurrend an der Tunika nestelte, öffnete dessen Kamerad Antias' Gepäck und breitete den Inhalt auf dem Holztisch der Wacheinheit aus: Brot, Trockenobst, einige Schriftrollen mit den Militärpapieren seines Vaters, eine Strigiles, einen Ring, eine zweite Tunika und einen Lederbeutel mit ein paar Assen darin.

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