Triclinium Parvum | Iantaculum

  • Zwar wurde die junge Dame, die sich gerade eine Traube in den Mund schob, durch Durus nicht falsch eingeschätzt. Ein gewisses, übergroßes Selbstvertrauen hatte sie schon. Auch den Sklaven hatte sie auf Grund dieses Selbstvertrauens gekauft. Aber die tieferen Gründe wurden dann doch falsch eingeschätzt. Er ist Germane, ein scheinbar rebellischer Germane. Und hier sah sie die Möglichkeit, ein wenig Selbstgeltung zu üben, sich selbst zu beweisen, indem sie diesen Wilden bändigte. Diesen Wilden aus den Gestaden, wo sie ihren Vater verlor. Rachegefühle? Gut möglich.


    "Nein, das ist nicht nötig. Erstmal nicht. Was hältst du davon, wenn du ihn dir einmal anschaust? Erstmal habe ich ihm die Anweisung gegeben, in seiner Kammer zu bleiben. Aber morgen würde es sich vielleicht schon anbieten." erklärte sie mit fast fröhlicher Stimme. So ganz unzufrieden war sie mit ihrem Kauf durchaus nicht. Er war sehr kräftig und scheinbar auch loyal. Nur an seiner Intelligenz zweifelte sie noch etwas. Aber sie war sich sicher, dass Durus Gefallen an ihm finden könnte, trotz des mangelnden Intellektes.
    Ihr entgleisten die Gesichtszüge allerdings beinahe - nur beinahe - als Durus sie nach dem Haushalt fragte. Sie dachte nicht im geringsten daran, den Haushalt zu machen, wenn es doch dafür Sklaven gab. Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr, während sie noch überlegte, was sie antwortete. Abfällig wirkte seine Frage jedenfalls nicht und ebenso wenig wollte sie nun abfällig antworten. "N...Nein. Dafür gibt's doch Sklaven. Natürlich hab ich auf Ordnung geachtet, aber die Arbeit verrichtet habe ich nicht." Obwohl sie versuchte, es zu verhindern, sah man ihr die Verblüffung doch recht deutlich an. Noch nie hatte sie etwas im Hause machen müssen und es fiele ihr nicht im Traum ein, das zu ändern!

  • Durus lachte kurz auf. Offensichtlich hatte sie ihn völlig missverstanden.


    "Das hätte mich auch gewundert. Ich meinte, ihn geführt!"


    Er betonte das 'geführt' überdeutlich.


    "Sklaven überwacht - delegieren, kontrollieren, schikanieren eben!"


    erklärte er noch einmal genauer. Es kam ihm auch fast komisch vor, wenn er sich vorstellte, wie Minervina mit einem Reisigbesen das Atrium kehrte. So etwas war doch nichts für ein junges Mädchen - zumindest nicht für ein freies!

  • Es war überdeutlich anzusehen, dass sie von einer Welle voller Erleichterung überflutet wurde. Sie hatte schon dunkle Zeiten auf sich zukommen sehen. Nun war das Lächeln auf ihren Lippen sogar einmal vollauf echt. "Ja, das habe ich. Gemeinsam mit Albina." Da überlegte sie einen kurzen Moment. Was war eigentlich mit ihr? Zog sie wieder mit Vitamalacus gen Mantua? Sie hörte auf zu essen und stellte den Teller vor sich auf den Tisch. "Sag, was ist eigentlich mit ihr? Geht sie wieder mit nach Mantua?" erkundigte sie sich, während sie nach der Karaffe griff und sich ein wenig Wasser einschenkte. Mit einer knappen Geste deutete sie die Frage an, ob er auch wollte.

  • Durus überlegte. Albina war nun tatsächlich überhaupt nicht sein Zuständigkeitsbereich. Er hatte gedacht, Minervina wüsste bescheid...


    "Das weiß ich auch nicht...
    Aber wenn du schonmal hier bist, wäre ich dir sehr dankbar, wenn du mal ein Auge auf den Maiordomus wirfst. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er so rechtschaffen wirtschaftet, wie man denkt..."


    Genaugenommen vertraute Durus dem Maiordomus schon einigermaßen und er ging auch nicht davon aus, dass Minervina die Ein- und Ausgänge der Familienkasse völlig überblicken würde, aber zumindest würde sie so beschäftigt sein...

  • Sie nickte nur, leicht enttäuscht, dass er ihr auch nichts zu Albina sagen konnte. Sie kannte die junge Tiberia eigentlich auch nicht allzu gut, mochte sie aber recht gern. Vor Allem wenn man betrachtete, dass sie ihr auch geholfen hatte, als sie diese Hilfe wirklich brauchte. Nur ungern erinnerte sie sich an ihre Ohnmacht zurück, die eintrat, als sie von Claudias Tod benachrichtigt wurde.
    Als Durus dann auf den Maiordomus zu sprechen kam, nickte sie. "Ja, das kann ich gern tun. Ich denke allerdings nicht, dass ich damit allzu erfolgreich sein werde. Einfacher wäre es, unangebrachtes Vermögen anderer Sklaven aufzudecken, was diese während der Zeit angehortet haben. Aber solche Arbeit ist mühsam." meinte sie und wog den Kopf nachdenklich hin und her. Sie mochte den Maiordomus nicht. Er war ihr zu grobschlächtig und zugleich zu wissend. Sie hatte es lieber, wenn Sklaven dumm gehalten wurden und nicht allzu tief in die Familie einblicken konnten.
    "Da du gerade von Geld sprichst!" hub sie an und sah Durus beinahe erregt an. Ihr fiel wieder die Erbschaftssache ein. "Man will mir Claudias Erbe verweigern." brachte sie erbost hervor, ohne dabei auf die näheren Umstände einzugehen.

  • Durus nickte. So dumm war sie scheinbar nicht - sie schätzte die Dinge gut ein - aber sie war ja auch eine Tiberia (im Herzen zumindest)!
    Die nächste Bemerkung rief hingegen Verwunderung bei ihm hervor, sodass er etwas ungläubig schaute.


    "Das Erbe verweigern? Mit welcher Begründung?"

  • In der Tat war sie gewitzt, wenn nicht sogar etwas verschlagen. Sie dachte sehr viel nach, besonders über ihre Vor- und Nachteile, die sie sich bei manchen Leuten besorgen konnte, wenn sie dieses oder jenes Lächeln aufsetzte. Immer war das nicht so gewesen, aber mittlerweile hatte sie es sich angewöhnt. Vielleicht durch die Erziehung durch Tante Claudia. Gewiss jedenfalls nicht nur das Blut ihres Vaters, Tiberius Maximus, der ja schließlich weniger berechnend war.
    "Naja, weil ich nicht verheiratet bin. Meine Verwandtschaft zu Claudia ist wohl nicht ausreichend." erklärte sie und trank einen weiteren, größeren Zug des Wassers. Es schmeckte ihr richtig gut, vor Allem, da sie eine ziemlich trockene Kehle hatte.

  • Durus musste einen Moment überlegen. War es in dieser neumodischen Welt nicht gelungen, Frauen nahezu völlig zu emanzipieren? Eigentlich fand er es richtig, dass Väter und Ehemänner für ihre Töchter und Frauen entschieden, aber im Augenblick war das wohl nicht der Trend...


    "Hm, das halte ich für juristisch stark angreifbar, muss ich sagen...Erstens bist du testamentarisch als Erbe eingesetzt und zweitens stehst du unter keiner Patria Potestas, da sowohl dein Vater, als auch der Großvater tot sind. Folglich bist du sui iuris und damit voll geschäftsfähig."


    Er trank ebenfalls einen weiteren Schluck und schnappte sich noch ein weiteres Stück Käse.

  • Sie ließ ein leises Seufzen hören und trank einen weiteren Schluck Wasser, ehe sie den Becher wieder auf den Tisch stellte. Immer wenn sie eine Antwort etwas hinausschieben wollte, trank sie. Die Geste war zu offensichtlich, sie musste sie ablegen. "Es geht gar nicht darum, dass ich unter keiner patria potestas stehe. Wäre ich nach einer Hochzeit möglicherweise auch. Aber sie gestehen mir das Erbe nur zu, wenn ich alsbald heirate. Und so schnell wäre das... etwas unüberlegt." erklärte sie und wandte den Blick wieder zu Durus, den sie, während sie sprach, nicht angesehen hatte. "Ich soll erst den Willen zeigen, dem Staat weitere Kinder zuzusichern, darum geht es wohl. Ich habe mich jetzt gefragt, denn in der kurzen Zeit schaffe ich keine Hochzeit, ob ich das Erbe wohl dir zufallen lassen könnte?"

  • Durus musste einen Augenblick überlegen - er sollte das Erbe an ihrer statt übernehmen? Zwar sah er eigentlich keinen triftigen Grund dafür, aber andererseits fühlte er sich durchaus gerecht und umsichtig genug, um das Erbe von Minervina zu verwalten, bis sie heiratete.


    "Hm, das wäre kein Problem - ich verwalte es gern für dich, bis du es antreten kannst."

  • Sie lächelte nun leicht. Da blieb nur die Frage offen... "Jetzt bleibt nur offen, ob ich dich überhaupt ersatzweise als Erben einsetzen darf. Ich kenn mich mit dem Erbrecht und überhaupt mit den kleineren Paragraphen leider gar nicht aus." Sie legte ihre Hände ineinander. Sie empfand es als eine kleine Frechheit, dass sie das Erbe nicht antreten durfte. Es ging ihr nicht um den Betrag, denn der lag ja nicht einmal besonders hoch. Es ging ihr vielmehr ums Prinzip. Ihre geliebte Tante hinterließ ihr Erbe und sie durfte es nicht annehmen. Es konnte das letzte sein, was ihr blieb. Sie seufzte leise.

  • "Es ist doch durchaus Usus, einen Vormund für Nicht-Erbberechtigte einzusetzen."


    Er überlegte. Vor Jahren hatte er als junger Schüler das Zwölftafelgesetz auswendig lernen müssen, wie so viele Jungen. Die genaueren Erbgesetze waren ihm kaum präsent...Erbrecht hatte ihm noch nie gefallen!


    "Quibus testamento ... tutor datus non sit, iis ex lege XII [tabularum] agnati sunt tutores*."


    rezitierte er schließlich. Es kam wieder: 5. Tafel, furchtbar.


    "Offiziell gehörst du zu den Redivivern. Und wer wäre da dein nächster Verwandter? Ansonsten bin ich mir nicht mehr sicher...das müsste ich nachsehen."


    Juristische Fragen waren doch ein überaus interessantes Feld und langsam ging er richtig auf - sein Metier!


    Sim-Off:

    *Für diejenigen, welchen im Testament ein Vormund nicht bestellt sein sollte, sind Vormünder die Agnaten gemäß dem Zwölftafelgesetz.

  • Eines anderen Tages trugen erneut Sklaven allerlei Reste vom Vorabend - kalten Braten - , aber auch extra bereitetes Brot, Eier, Früchte...eben alles, was man für ein gutes, reichhaltiges Frühstück brauchte.


    Nicht mehr lange würde es dauern, dann würden die Familienmitglieder zum Essen erscheinen.


    Sim-Off:

    an die gesamte Familia: Kommet zuhauf und beteiligt euch!

  • In eine frische weiße, mit orangefarbenen Mustern an den Rändern bestickte Tunika gekleidet begab sich Caius in den Garten, um das leichte morgendliche Mahl zu genießen. Von einem der Sklaven ließ er sich einen Korbsessel bereitstellen, setzte sich hin und griff nach einer Olive, an der er genüßlich kaute, während er seinen Blick durch den Garten schweifen ließ.

  • Auch Durus tauchte nun auf. Da heute eine Senats-Sitzung anstand, hatte er bereits die weiße Tunika mit dem breiten Purpurstreifen gewählt. Übrigens war dieser dreimal gefärbt und gehörte somit zum wertvollsten, was man so als Senator in der Curia tragen konnte.


    Nun grüßte er Valens


    "Salve, Valens!"


    und legte sich auf die Kline neben ihn. Dass dieser in einem Sessel Platz nahm, verwunderte ihn etwas. Andererseits hatte man im Korbsessel einen besseren Überblick...


    "Warst du bereits bei der Schola?"

  • So bequem die Kline auch sein mochte, ruinierte sie doch den Sitz der morgendlich fein und sauber angelegten Kleidung, oder brachte zumindest ungewollte Falten rein. Von daher hatte Caius es vorgezogen, sich mit einem der nicht weniger bequemen Korbsessel zu begnügen.


    >Salve, Durus.<


    Er erblickte Durus in dessen voller Amtstracht und hatte sich kurz erhoben, als dieser näher kam. Trotz des privaten Umfeld, einen Senator Roms in voller Amtstracht begrüßte man nicht mal eben so beiläufig im Sitzen. Zumindest Caius tat dies nicht. Anschließend setzte er sich und griff nach einer weiteren Olive. Er litt an einem Appetitmangel an diesem Morgen. Auch seine Stimme klang etwas niedergeschlagen, als er die Frage beantwortete.


    >Ich bin gestern auf direktem Weg hingeeilt. Leider ohne großen Erfolg. Offenbar hat man einfach vergessen, eine Bekanntmachung auszuhängen, die den Interessierten mitteilt, dass der Cursus Iuris derzeit nicht gehalten wird. Oder ich habe sie einfach übersehen. Wie auch immer. Von Erfolg war mein Besuch wahrlich nicht gekrönt<

  • Zunächst unbemerkt betrat Albina das Triclinium. Es war eher selten, dass die Familie zusammen frühstückte, doch nun, da Vitamalacus fort war und sie wieder zurück aus Mantua in Rom wurde es höchste Zeit, dass sie sich näher mit dem Rest der Familie beschäftigte. Vor allem gerade jetzt, wo es doch so viele ihr noch unbekannte Tiberier nach Rom verschlagen hatte.
    Sie betrachtete ihren Vetter Durus und einen andern Mann, der ihr bisher noch nicht begegnet war. Vermutlich also einer der ihr unbekannten Familienmitglieder.


    "Salve Durus." machte sie sich dann mit einem leichten Lächen bemerkbar.


    "Und auch dir, der mir leider noch nicht bekannt ist, Salve. Ich bin Tiberia Albina. "

  • Durus lauschte den Worten und sah ihn mitleidig an. Dass man den Cursus Iuris nicht mehr abhielt, war doch auf für ihn eine Neuigkeit - sogar eine sehr überraschende!


    Doch bevor er etwas dazu sagen konnte, erschien Albina, die wieder einmal zauberhaft aussah.


    "Salve, das ist Caius Tiberius Valens - der Sohn von Tiberius Germanus."


    stellte er rasch den jungen Mann vor, dann deutete er auf die Kline neben sich.


    "Nimm doch Platz - oder auch dort, wenn es dir lieber ist."


    Er winkte einen Sklaven heran, der sofort verstand und den zweiten Korbsessel, der in der Ecke gestanden hatte, herbeiholte.

  • Und da sagte man auf dem Lande, die Frauen in Rom seien allesamt unansehnlich. Caius wurde hier durch das plötzliche Erscheinen dieser mit einem entzückenden Äußeren gesegneten jungen Dame eines Besseren belehrt. Er wartete ab, bis Durus ihn der Verwandten vorgestellt hatte und grüßte dann freundlich zurück. Da man sich gerade mal einige Augenblicke lang kannte, ersparrte Caius der Venustas eine ihr womöglich unangenehme Begrüßung eines 'Fremden' mit einem Kuss, wie sie in ihren Kreisen üblich war und beließ es bei Worten.


    >Salve et tu, Albina. Ich bin hoch erfreut, deine Bekanntschaft zu machen<

  • "Tiberius Valens also, es freut mich ebenso." lächelte sie und ließ sich elegant, wie es ihrem Wesen entsprach, auf der Kline neben ihrem Vetter nieder. Auf einen Wink hin ließ sie sich von einem der Sklaven einen Becher Wasser bringen.


    "Ahh, Tiberius Germanus. Ich habe schon von ihm gehört. Was verschlägt dich denn nach Rom, wenn ich fragen darf?" fragte sie freundlich und interessiert.

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