"Dein Pferd ist ziemlich klug," erwiederte die Iulierin und bemühte sich. nicht zu laut mit den Zähnen zu klappern, als ein jäher Windstoß unter die Klippe fuhr und ihr bewusst machte, dass sie nur ihr Unterzeug, eine sehr durchnässte Stola und eine noch viel nassere Palla trug und beides nicht gerade dazu angetan waren, sie vor dem Wind zu schützen. Wo war denn plötzlich der viele Regen hergekommen? Sie wagte es kaum, vor die Klippe zu sehen, denn dort rauschte nach wie vor das Wasser herunter, als müsste es den Strand auch noch dem Meer einverleiben. Es sah so düster aus, als sei die ganze Welt plötzlich in einen ausgesprochen nassen Hades abgetaucht. Wieso war nur Iuppiter so plötzlich zornig geworden? Einmal mehr wurden die beiden Gesichter unter die Klippe geduckten Römer von einem fernen Blitzeinschlag erhellt, und jetzt fiel ihr auch auf, dass er sie anblickte, wie sie an die kalte Steinwand gekauert da saß, von dem nassen Stoff eher schlecht als recht verhüllt und zitternd.
"So einen Regen gab es in Syria nie," sagte sie und bemühte sich um ein tapferes Lächeln, doch das Zittern ließ sich nicht so ganz unterdrücken, wie sie es gern gehabt hätte - an Kälte irgendeiner Art war sie einfach nicht mehr gewöhnt, seit sie mehr als fünf Jahre im tiefsten nahen Osten verbracht hatte. Dann allerdings schob sich ein weiteres Gefühl vor das der Kälte, denn ihr wurde sehr schnell bewusst, warum er sie so anblicken musste - der Stoff klebte eng an ihrer Haut und ließ keinen Raum mehr für Spekulationen offen, enthüllte ihre Gestalt als das, was sie war - die einer Frau, die zweimal Mutter geworden war und ihre weiblichen Formen sehr wohl behalten hatte. Und genauso war auch seine Kleidung nur noch Staffage, keineswegs mehr fähig, die Gestalt des Soldaten zu verbergen, was sie für einige Momente lang hörbar schwerer atmen ließ.
"Äh ... das glaubt uns keiner," presste sie unsicher hervor und blickte ihm direkt in die Augen, um nicht seinen Körper anstarren zu müssen.