Cubiculum | Caius Flavius Aquilius

  • Ich war sehr erleichtet, als er mir zunickte. Er hatte also doch verstanden, was ich ihm mitteilen wollte. Was dann geschah, verwunderte mich am meisten! Mit seiner Hand, die ich bereitwillig auf meinen Körper gelegt hatte, strich er mir über meine Wange, so wie mann es mit einem Kind tun würde, das getröstet werden mußte.
    Zum Glück hatte ich die Wogen wieder geglättet. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können! Ich hoffte darauf, daß mir das Glück weiterhin gewogen bleiben würde und sich nicht nur auf den heutigen Morgen beschränken würde.
    Er richtete dann noch einige beruhigende Worte an mich, deren Bedeutung ich nur erahnen konnte. Er nannte dabei meinen Namen. So langsam klappte es mit der richtigen Betonung meines Namens. Daran müßte er wohl noch etwas arbeiten :D.


    Aquilius hatte sich zwischenzeitlich ganz entspannt auf den Rücken rollen lassen. Ich allerdings verharrte immer noch in der seitlichen Liegestellung und ließ meinen Blick über ihn schweifen. Zu sehr war ich noch mit dem soeben Geschehenen beschäftigt. War zu sehr aufgeputscht, als daß ich einfachso die Augen schließen konnte und wieder einen Weg in den Schlaf finden konnte.
    Das war schon eine seltsame Situation.

  • Nachdem ich meine zerrisseneTunika übergestreift, meine Sandalen angezogen, Severus noch einen Kuß zum Abschied gegeben hatte und mich unterwegs an einem Kübel Wasser etwas frisch gemacht hatte, schlich ich auf leisen Sohlen, geschmeidig, wie eine Katze durch die Gänge der Villa. Schließlich erreichte ich die Tür zum cubiculum meines Herrn. Ganz sachte und vor allen Dingen, ohne ein Geräusch zu verursachen, öffnete ich die Tür einen Spalt, um nachzusehen, ob er noch schlief. Das tat er wohl noch, denn er lag ganz ruhig da und atmete gleichmäßig. Daraufhin huschte ich in den Raum hinein und versuchte dabei so leise wie möglich zu sein.
    Sicher würde er mich zur Rede stellen wollen, warum ich gestern Abend nicht zur Stelle war, als er zu Bett gegangen war. Doch für diesen Fall hatte ich schon eine passende Ausrede parat!
    Leise begann ich damit, meine Kleider und die Sandalen wieder auszuziehen. Vielleicht sollte ich ja wirklich Glück haben, daß er nicht dahinter kommen würde, was tatsächlich heute Nacht geschehen war. Das einzige, was jetzt noch an diese grandiose Liebesnacht erinnerte, war ein gewisses rotblaues Mal an meinem Hals, dessen ich aber bislang noch nicht gewahr geworden war.

  • Sie war entgegen meinem Befehl, sich abends in meinem Bett einzufinden, am vorherigen Abend nicht erschienen - so hatte ich diesen mit meinen Schriftrollen verbracht und auch einige im Bett liegengelassen, als ich schließlich über der Lektüre eingeschlafen war - was für die am frühen Morgen hereinschleichende Bridhe wohl auch noch sichtbar sein mochte. Im tiefen Schlaf liegend, bemerkte ich nicht, dass sie sich ins Bett gleiten ließ, und auch nicht, wann sie kam, denn schlief ich erst einmal, weckte mich wenig vor dem Augenblick, an dem mich Morpheus wieder aus seinen Armen entließ.


    So blieb ich liegen, eine Schriftrolle halb auf meinem Oberkörper, auf dem Rücken selbst liegen, und regte mich nicht, selbst als sie neben mich schlüpfte und sich zudeckte, als sei nichts geschehen. Die Zeit verging, und bis ich erwachte, war es heller Morgen geworden - vor dem Schlaf zu lesen hatte mir bisher immer eine ruhige Nacht beschert, wie auch in dieser. Das einzig erstaunliche beim Aufwachen war, dass ich nicht mehr alleine im Bett war, und die Schriftrolle nun halb zerdrückt an die Wand gequetscht lag. Langsam blinzelnd, sah ich an die gegenüberliegende Wand und ließ die Gedanken schweifen, in die Fernen, die einem nur am frühen Morgen zu betreten gestattet war. Gleichzeitig beschloss ich, so bald nicht mehr Caesars Schriften über den gallischen Krieg vor dem Einschlafen zu lesen, meine Träume waren von den barbarischen Galliern und Kämpfen gegen sie geradezu angefüllt gewesen. Seufzend streckte ich mich und stieß unbeabsichtigt auch mit dem Bein gegen das Bridhes, die im Schlaf wieder einmal ausgesprochen friedlich aussah.

  • Er hatte wohl den Abend mit lesen verbracht, denn überall lagen Schriftrollen herum. Irgendwann mußte er wohl darüber eingeschlafen sein.


    Als ich mich meiner Kleider entledigt hatte, warf ich die Tunika achtlos in die Ecke und ohne ihn aufzuwecken, stieg ich zu ihm ins Bett. Plötzlich kam mir da ein glänzender Gedanke, der mir ein listiges Lächeln ins Gesicht zauberte.
    Ich stellte mich schlafend, auf dem Bauch liegend, mein Gesicht zu ihm gewandt.


    Irgendwann begann er sich neben mir zu regen, ein Zeichen für mich, daß er nun erwacht war.
    So, Bridhe! Auf in den Kampf! Angriff ist die beste Verteidigung!, dachte ich.


    Langsam, mich streckend, drehte ich mich zu ihm hin, lachelte ihn mit meinem süßesten Lächeln an und setzte mich anschließend auf.
    Dann beugte ich mich über ihn, umschlang ihn mit meinen Armen, küßte ihn leidenschaftlich und hauchte ihm einige Worte des Dankes in sein Ohr.


    Oh, dominus! Danke für diese unbeschreibliche Nacht!


    So, als ob es völlig normal gewesen wäre, legte ich meinen Kopf auf seinen Oberkörper und hielt ihn immer noch mit meinen Armen umschlungen.

  • Meine Augen öffneten sich abrupt zur Gänze und ich muss sie einigermaßen verdaddert angesehen haben, denn so war ich wirklich schon sehr lange nicht mehr geweckt worden. Ausserdem - in einer Sache war ich mir ziemlich sicher - ich hatte die letzte Nacht nicht bei ihr gelegen, sondern bei Caesars unsterblichen Worten über den Krieg gegen die Gallier. Da sie nicht wie Vercingetorix aussah und auch keinen langen Bart hatte, war sicherlich nichts passiert, ich war auch noch nie so betrunken gewesen, dass ich mich danach nicht mehr an amouröse Erlebnisse erinnert hätte - ab einem gewissen Maß Alkohol konnte man als Mann schlichtweg keinen Speer mehr heben. Aber dann, angesichts der Tatsache, dass sie mich ganz offensichtlich narren wollte, gedachte ich, ihr das im gleichen Maß zurückzugeben, wie sie es verdient hatte.
    So legte ich meinerseits den Arm um sie, lächelte erfreut und meinte dann in zufriedenem Ton: "Es freut mich, dass Du so viel Vergnügen dabei gehabt hast, Bridhe, denn dann können wir das gleich wiederholen, was hältst Du davon?" Dazu lächelte ich so unschuldig, wie nur ein römischer Patrizier lächeln kann ...

  • Da steckte ich ja in einer ganz schönen dummen Zwickmühle! Hatte er heute Nacht wirklich derlei Träume gehabt, oder wollte er mich einfach nur linken?
    Na ja, es gab zwei Möglichkeiten. Entweder ich spielte sein Spiel mit, was Bedeuten würde, ich müßte mich ihm hier auf der Stelle hingeben oder ich würde mein Gesicht verlieren, alles gestehen und zu dann auch noch dafür bestraft werden.
    Lange zu überlegen hatte ich nicht, denn er begann schon damit, mich ebenfals in den Arm zu nehmen.
    Also, entschied ich mich für die weitaus schmerzfreiere Variante eins.


    Mit einem lüsternen Blick hauchte ich ihm meine Worte entgegen.


    Oh, dominus, willst du mir wirklich noch einmal diese Ehre erweisen? Aber weiß du, ich habe solche Kopfschmerzen. :P


    Auch mein Lächeln war nicht weniger unschuldig.

  • Tatsächlich, sie war dumm genug, ihre Lüge nicht aufzudecken. War ich enttäuscht? Nicht einmal, die meisten Frauen gebärdeten sich wie wilde Stuten, wenn sie erst einmal Witterung aufgenommen hatten, und es würde mich nicht einmal wundern, hätte ich Severus als den Schuldigen für die Lügen Bridhes identifizieren können ... nur dass sie mich anlog, und glaubte, sie käme damit davon, war irgendwie enttäuschend. Für wie beschränkt musste sie mich halten?


    "Kopfschmerzen, natürlich," sagte ich und richtete mich langsam, gemächlich auf, bis ich sie losgelassen hatte und auf die liegende Bridhe hinunterblickte. Schön war sie, keine Frage, und leider genauso berechnend und naiv wie die meisten ihrer Geschlechtsgenossinnen. Mit einer harten, knappen Bewegung meiner Hand schlug ich sie mitten ins Gesicht, wohl darauf ausgerichtet, Schmerz zu verursachen und sie gleichzeitig erschrecken zu lassen.
    "Scher dich in die Küche, Bridhe, wer mich anlügt, hat in meinem Bett nichts mehr verloren. Du hättest es leicht haben können, jetzt wirst Du arbeiten." Meine Stimme klang nun eisig, und ich hatte meine Entscheidung getroffen.

  • Zugegebenermaßen hatte ich mich sehr weit hinausgelehnt. Zu weit, wie sich nun heraus stellte. Nachdem er sich langsam aufsetzte und mich wieder los ließ, fing ich, ganz plötzlich und unerwartet, eine schmerzhafte Ohrfeige, die mir die Tränen in die Augen schießen ließ.
    Meine schmerzende Wange haltend, zog sich mein Körper zusammen, so als wolle er sich vor weiteren Schlägen schützen.
    Mit seiner eisig klingenden Stimme wollte er mich in die Küche verbannen.
    Unverzüglich und ohne einen Laut von mir zu geben, stand ich auf und machte mich auf die Suche nach meinen Kleidern.
    Es war wirklich erstaunlich, wieviel tausend Sachen mir in diesen wenigen Minuten durch den Kopf gingen. Vor allem waren mir wieder die Worte von Sciurus present, die er mir am Abend zuvor gesagt hatte. Auch fielen mir die bemitleidenswerten Gestalten ein, die in der Küche schuften mußten. Ich scheute zwar keine schwere Arbeit, doch nein, so wollte ich nicht enden! Außerdem, wollte ich Sciurus nicht die Genugtuung geben, daß er doch recht haben sollte.
    Ich ließ meine eingesammelten Kleider wieder fallen und trat an Aquilius´ Bett heran. Das war vielleicht meine letzte Chance und die wollte ich nutzen, koste es was es wolle.
    Mit gesenktem Blick, fing ich an zu beichten und ich hoffte inständig, er würde mich wenigstens noch anhören. Völlig emotionslos begann ich zu sprechen.


    Ja, ich habe gelogen und bin deiner Anordnung nicht nachgekommen, dominus! Ich habe gelogen um einer Bestrafung zu entgehen. Das tut mir sehr leid!
    Ich bin erst am frühen morgen zu dir gekommen. Die Nacht habe ich mit einem anderen Mann verbracht, den ich von ganzem Herzen liebe. Für meine Gefühle kann ich nichts.


    Dann kniete ich mich vor ihm hin.


    Bitte dominus, bitte, bitte schick mich nicht fort! Schlag mich noch mehr, wenn du mußt, doch bitte schick micht weg. Bitte, ich möchte bei dir bleiben und alles tun, was du willst!


    Meine Backe, die den Schlag abbekommen hatte, färbte sich ganz rot. Ich spürte das Pochen in ihr. Doch noch mehr schmerzte es in mir. Ich hatte mich ganz nach unten begeben, gebettelt, verharrte so und hoffte, er würde seine Entscheidung noch einmal überdenken und mir noch einmal eine letzte Chance geben.

  • Warum war ich nicht erstaunt? Hatte ich wirklich geglaubt, in ihr etwas zu finden, was ich mit Nefertiri verloren hatte? Schätzungsweise war dies ein Fehler, den ich nicht mehr begehen würde. Nicht, dass sie wirklich gelogen hatte und mir dies nun durch ihre Worte bestätigte, nein, es ging dabei auch noch um Gefühle - ich war wirklich sehr kurz davor, sie wieder an der Hand zu packen und mein Rückgaberecht beim Sklavenhändler einzufordern.
    "Schlimmer als willentlich einer Anordnung nicht nachzukommen ist es, diese genau zu kennen, sie nicht zu befolgen und dann noch zu glauben, sie mit einer Lüge überdecken zu können. Was Du in den Stunden machst, die ich Dir als freie Zeit überlasse, ist mir gleich, solange es nicht meinem Ansehen oder dem Ansehen der gens Flavia schadet. Aber in allen anderen Stunden erwarte ich, dass meine Anordnungen befolgt werden, und das sofort, ohne irgendwelche Spielchen sonstiger Art!" spie ich ihr die Worte entgegen, und es fiel mir schwer, den Abscheu, der mich in diesem Moment überkam, in irgendeiner Form zurückzuhalten.


    "Für Deine Gefühle kannst Du wahrlich nichts, wohl aber dafür, wie Du damit umgehst. Du verweigerst Dich mir, um dann bei einem anderen zu liegen wie eine läufige Hündin? Nein, Bridhe, Du wirst für die nächsten fünf Tage in der Küche arbeiten und dabei darüber nachdenken, was Du getan hast und ob es sich lohnt, ein weiteres Mal gegen meine Anordnungen zu verstoßen. Und lass Dir eines gesagt sein: Es ist mir durchaus erlaubt, Dir zu verbieten, den Mann zu sehen, bei dem Du liegst, denn meine Entscheidungen sind für Dich maßgeblich, nichts sonst!" Mit einer knappen Handbewegung bedeutete ich ihr den Weg zur Türe und fügte noch an: "Und glaube nicht, Du könntest Dich um diese Strafe herummogeln, der vilicus wird gleich von mir erfahren, welche Aufgaben Du in den nächsten Tagen zu erfüllen hast."

  • Reumütig, mit gesenktem Blick, saß ich da und hörte die Worte, die er mir entgegen schmetterte.
    Erst als er über meine Gefühle sprach, schaute ich auf. Hörte ich da etwa ein Fünkchen Eifersucht heraus? Wurmte es ihn derart, daß ich ihm einem anderen vorzog? Sagte er nicht einmal, es wäre meine eigenen Entscheidung, ob ich mich ihm hingeben wolle oder nicht? Natürlich, er konnte es einfach nicht ertragen! Ich hatte da wohl einen wunden Punkt bei ihm getroffen.
    Liebe kann man nicht befehlen, man muß sie sich verdienen! Der, den ich liebte, hatte das getan. Nicht durch eine besondere Leistung, denn durch aufrichtige Zuneigung und Fürsorge. So etwas hätte ich von ihm niemals zu erwarten.
    In den letzten Jahren, seit meine Mutter gestorben war und sich mein Leben von Grund auf geändert hatte, hatte ich gelernt, als erstes das Positive in den Dingen zu erkennen. Diese Einstellung hatte mir auch bei der Bewerkstelligung der schwierigsten Situationen geholfen.
    So empfand ich die fünf Tage, die ich in der Küche arbeiten sollte, als weitaus weniger schlimm. Auch wenn ich dort Sciurus ausgeliefert sein würde.
    Wieder einmal hatten Brigid und Dagda ihre schützenden Hände über mich gehalten. Ich beschloß, bei der nächsten Gelegenheit, die sich mir bieten würde, der Göttin und dem Gott ein Opfer darzubringen.
    Dann wies er mir mit seiner Hand den Weg zur Tür.
    Ich stand auf, zog mich an. Wortlos und ohne ihn eines Blickes zu würdigen, verlies ich das Zimmer.

  • Nur noch den Kopf schüttelnd über ihre bisherige Art, drehte ich mich auf dem Bett um und glättete die zerknitterte Schriftrolle mit beiden Händen, um mich dann, mit einem Kissen in dem Rücken, der Lektüre hinzugeben, einem Genuss, dem ich in der letzten Zeit immer wieder mit größtem Vergnügen gefröhnt hatte. Und unter den unsterblichen Worten des Caius Iulius Caesar war Bridhe schnell vergessen, ebenso schnell, wie ich meine Entscheidung getroffen hatte - was blieb denn schon von einem Menschen nach seinem Tode, wenn nicht die Worte, die ihn ausmachten, die Gedanken, die ihn bewegt hatten, Entscheidungen zu treffen, deren Tragweite er in der Literatur reflektierte?
    So wenig war der Mensch doch während seines Lebens, und so unendlich schnell war er vergessen, schuf er sich nicht durch sein Schaffen und sein literarisches Wirken eine Insel, umspült vom ewigen Meer des Vergessens ... an diesem Tag kam ich zu spät zum Tempel, aber es war mir gleich, hatte mich doch etwas bewegt, das ich lange vergessen geglaubt hatte: Die Hinwendung zu etwas, das größer war als ein einzelner Weg, die wahre Größe Roms.

  • Die fünf Tage der Verbannung waren vorbei. Ich hatte sie einigermaßen gut überstanden.
    Es war Abend und ich machte mich, mit einer Öllampe in der Hand, auf den Weg zum cubiculum meines Herrn. Ich hatte so ein eigenartiges Gefühl in der Magengegend. War es Furcht vor ihm oder etwa Gewissensbisse? Wie würde diese erneute Begegnung verlaufen? Eines hatte ich mir vorgenommen. Niemals wieder wollte ich in eine solche Situation kommen!
    Wie des Öfteren war er noch nicht zugegen. Doch ich trat ein, stellte die Lampe ab und sah mich um. Einige Schriftrollen lagen unordentlich auf dem Boden verstreut. Ich hob sie auf und schaute mir eine der Rollen näher an. Diese Schriftzeichen, die eine Geschichte erzählen konnten, wie gerne hätte ich sie ergründen wollen! Doch leider war ich des Lesens nicht mächtig.
    Eine Melodie summend, legte ich sie wieder zurück zu den anderen Rollen. Das Summen lockerte etwas meine innere Anspannung und ich begann es durch die Worte des Liedes zu ersetzen. Mein Lied, das ich so vor mich her sang, war melancholisch und auf eine eigenartige Weise paßte es zu mir und meiner Lebensituation.


    Ag amharc trí m'óige,
    Is mé 'bhí sámh,
    Gan eolas marbh
    Bhí mé óg gan am,


    Anois, táim buartha,
    's fad ar shiúil an lá.
    Ochón 's ochón ó.


    Na laetha geal m'óige
    Bhí siad lán de dhóchas
    An bealach mór a bhí romham anonn
    Bhí sé i ndán domh go mbéinn, slán, slán.


    Anois, táim buartha,
    's fad ar shiúil an lá.
    Ochón 's ochón ó.


    Na laetha geal m'óige
    Bhí siad lán de dhóchas
    An bealach mór a bhí romham anonn
    Bhí sé i ndán domh go mbéinn, slán, slán.


    Anois, táim buartha,
    's fad' ar shiúil an lá.
    Ochón 's ochón ó.


    Dabei hörte ich nicht, die sich nähernden Schritte, das Öffen der Tür und das Schließen derselben.

  • Was ich schon auf dem Korridor vernahm, war der Klang einer weiblichen Stimme. Anscheinend glaubte sie, ungestört zu sein, denn die wenigsten Menschen in dieser Villa waren selbstvergessen künstlerisch tätig, man war doch stets auf der Hut, das Richtige zu tun. Einigermaßen überrascht war ich dennoch darüber, dass der Gesang aus meinem cubiculum kam - und ich, nachdem ich durch die Tür geschritten war, die Sängerin als Bridhe erkannte. Sie schien doch noch Talente zu haben, die sich vielleicht als nutzbringend erweisen mochten - abgesehen davon, dass sie anscheinend eine Meisterin darin werden wollte, andere anzulügen und einen persönlichen Vorteil daraus zu ziehen.
    Ich räusperte mich leise und schritt dann in meinen Raum hinein, bedeutete ihr, sie möge mir aus der toga helfen - wie stets um diese Zeit kam ich direkt aus dem Tempel, hatte noch nicht gegessen und war einfach nur müde und erschöpft. Es würde nicht viel geben, was ich heute noch zu tun imstande war, geschweige denn wollte. Ich hatte auch eigentlich vergessen gehabt, dass Bridhe heute wieder da sein würde - zu viele andere Dinge gingen mir im Kopf herum.


    "Du hast eine schöne Stimme, Bridhe, spielst Du auch irgendein Instrument?" Vielleicht würde sie bei Besuchen aufspielen können, musikalisch gebildete Sklaven waren selten genug. Müde ließ ich mich auf mein Bett fallen, die Beine kurz ausstreckend, und blickte an die Decke, die über der Liegefläche von einem dünn bestickten Tuch verhangen war. Eigentlich ein Ort des Friedens und der Entspannung, aber ich fühlte mich nicht danach.
    "Worüber hast Du gesungen?" fragte ich, um ein Gespräch in Gang zu bekommen, das mich vielleicht ablenken würde.

  • Aufgeschreckt, durch ein unerwartetes Räuspern, verstummte ich und drehte mich schnell zur Tür hin um. Da stand bereits Aquilius und wartete, bis ich ihm beim Ablegen seiner Toga behilflich sein würde.
    Sprachlos und mit offenem Mund stand ich da und starrte ihn an.
    Seiner Geste folgend, half ich ihm dann beim Entkleiden.
    Er schien recht müde und ausgelaugt zu sein und so ließ er sich gleich auf sein Bett fallen.
    Während ich mich selbst entkleidete, stellte er mir eine Frage. Ich hatte keine Ahnung, wie lange er schon meinem Gesang gelauscht hatte, doch es schien so, als ob es ihm gefallen hatte.
    Ich kann auch Flöte spielen, dominus. ,
    antwortete ich kurz.
    Ich war auch müde und hatte keine große Lust, lange Vorträge über die Musikalität meines Volkes, die es in der Tat gab, zu halten. Es schmeichelte mich ein wenig, als er meinte, ich hätte eine schöne Stimme.
    Ich stieg ich zu ihm ins Bett und hoffte, bald schlafen zu können. Doch dann begann er von Neuem, zu fragen. Worüber es in dem Lied ging?
    Also setzte ich nich auf und überlegte. Im Gedanken ding ich Strophe für Strophe durch und versuchte, so gut es ging, zu übersetzen.
    Das Lied geht um eine verlorene Jugend. Es heißt, die schönen, ähm, nein die glanzvollen Tage meiner Jugend.
    Wenn ich auf meine Jugend zurück blicke,
    Ich wußte nichts vom Tod
    Ich war jung, ohne Zeit.


    Jetzt bin ich traurig.
    Längst ist der Tag Vergangenheit.
    Leider, oh weh.


    Die glanzvollen Tage meiner Jugend,
    Sie waren voller Hoffnung
    Die Große Reise, die vor mir lag
    War bestimmt zu sein.
    Auf wiedersehen, auf wiedersehen.


    Jetzt bin ich traurig.
    Längst ist der Tag Vergangenheit.
    Leider, oh weh.


    Sicher, Der Text dieses Liedes, war nicht unbedingt aufbauend, doch er spiegelte genau meine Stimmung wieder.


    [SIZE=7]edit: Fehler, aus Zeitmangel, sorry![/SIZE]

  • Gemächlich schlüpfte ich auch aus der Tunika und warf sie irgendwohin in den Raum, die Sandalen waren längst auf dem Boden gelandet - es war Bridhes Angelegenheit, das Ganze aufzuräumen, wenn sie am morgen aufgestanden war, und ich legte mich schließlich wieder bequem zurück, den Kopf ihr zugewandt, als sie mir den Liedtext übersetzte. Allzu fröhlich war er wahrlich nicht, aber das hatte schon der Klang des Liedes selbst angedeutet, und schätzungsweise war das ihre Art, mir mitzuteilen, dass sie mit ihrem Leben derzeitig nicht unbedingt glücklich war. Aber wer war schon beständig und dauerhaft glücklich in seinem Leben? So etwas gab es meiner Erfahrung nach nicht, und damit musste man zurecht kommen.


    "Du solltest nicht zu sehr um Deine Jugend weinen, Bridhe," sagte ich nach einer Weile nachdenklich. "Du bist jung, schön, und es steht Dir noch vieles offen, das Du vielleicht nicht ahnst. Die Welt ist längst nicht so traurig, wie sie Dir scheinen mag, auch wenn es bisweilen so aussieht. Niemand kennt das Morgen wirklich, und niemandem ist es vergönnt, das Morgen wirklich zu bestimmen, das liegt allein in den Händen der Götter. Kennst Du unsere Götter, Bridhe?"
    Zweifelsohne war sie eine Anhängerin einer dieser seltsamen Naturgottheiten, wie es bei Menschen ihres Volkes oft der Fall war - aber solange sie an den Göttern Roms nicht frevelte, war es mir gleich, was sie glaubte, woran sie glaubte, so hatten wir Römer es immer gehalten. Nur wer die römischen Götter leugnete, musste mit Konsequenzen rechnen.

  • Das sollte ja wohl ein schlechter Scherz sein? Hatte dieser Mensch, der sich seit einigen Wochen, mein "dominus" schimpfte überhaupt eine Ahnung vom Leben? Ich war davon überzeugt, daß er eindeutig zu lange in seinem Tempel herum gesessen hatte. Wußter er, wie es war, wenn man seiner Familie, seiner Heimat entrissen wurde, in ein fremdes Land verschleppt, versklavt und gedemütigt wurde. Sicher nicht!
    Doch ich wollte es mir nicht schon wieder mit ihm verscherzen, deshalb dachte ich mir meinen Teil.
    Außerdem, wie sollte denn meine Zukunft morgen aussehen? Doch wohl genauso aussichtslos wie das Heute und das Gestern.
    Was soll mir der Morgen schon bringen? Etwa die Freiheit? Das Schiff, das mich wieder nach Hause bringt?
    Was wollte er da noch wissen? Ob ich seine Götter kenne? Woher denn? Ich war mit den meinen schon ganz zufrieden.
    Nein deine Götter kenne ich nicht. Mit den meinen bin ich eigentlich ganz zufrieden! Ich bete zu Brigid, meiner Göttin und sie beschützt mich.
    Ich antwortete ihm, als ob es ganz selbsverständlich wäre. Wollte er mich hier etwa auch noch missionieren, mich zum "rechten" Glauben führen.

  • Ihre Miene zeigte recht deutlich an, was sie denken mochte - ja, sie haderte wie alle frisch gefangenen Sklaven mit ihrem Schicksal. Wahrscheinlich war es ein Fehler gewesen, sie zu kaufen, letztendlich wurden Menschen, die in Freiheit geboren worden waren, selten mit einem solchen Schicksal glücklich, und jene, die ihr Leben lang daran gewöhnt waren, den Schutz und die Sicherheit einer reichen gens zu genießen, stellten es viel weniger in Frage.
    "Vielleicht erfüllen Dir die Götter nicht immer den größten Wunsch, den Du haben magst, Bridhe, denn dann wären sie kaum jene, die uns anleiten, die uns zu Taten inspirieren - sondern nur jene, die uns einen bequemen Weg ebnen, an dem wir nichts lernen, nichts erkennen. Ich habe eine ganze Zeitlang als Fischer gelebt, ohne zu wissen, wer ich war, jeden Tag hinaus zu fahren, Fische zu fangen, um eine Familie zu ernähren - nie hätte ich mir das erträumt, nie hätte ich zuvor gedacht, dass so etwas möglich wäre. Aber ... vielleicht gibt es inmitten aller dunklen Dinge auch etwas Helles. Etwas, das es lohnt, voranzuschreiten." Damit deutete ich träge in Richtung meiner Kleidertruhe. "Ich habe etwas für dich mitgebracht - schau in die Truhe und hol es Dir ruhig."


    Zumindest war sie in dieser Sache deutlich klüger und bedachter als Severus - er hätte mich wieder in eine dieser unsäglichen 'ihr gemeinen Römer' Diskussionen verwickelt, sie schien zu ahnen, wann es besser war zu schweigen. "Erzähle mir von Deiner Göttin, Bridhe, denn von ihr weiss ich bisher noch nichts." Zudem schickte es sich für einen Priester, über andere Kulte Bescheid zu wissen, selbst wenn es nur der Glaube einer Sklavin war.

  • Das mußte sicher das schlechte Gewissen sein, was ihn womöglich die letzten fünf Tage geplagt hatte. Weswegen hätte er mir sonst etwas mitgebracht. Ich schaute hinüber zur Kleidertruhe und begann innerlich zu rätseln,was es wohl sein mochte. Viellecht ein neues Kleid oder ein Schmuckstück. Sicherlich etwas, womit er mit mir noch besser seinen Wohlstand zeigen konnte. Typisch! Meine innere Gereiztheit, von der absolut nichts nach außen drang , ließ den Schluß zu, daß er zur Zeit nicht unbedingt zu meinen Lieblingen gehörte. Da müßte er sich noch etwas anstrengen! Er hatte mich schließlich gekränkt, mit dem was er vor fünf Tagen gesagt hatte. Gut, daß mit der Bestrafung, hatte ich sicherlich verdient, doch seine Worte drumherum waren so verletzend gewesen!
    Aber hatte ich ihn da wirklich richtig verstanden? Er, dieser arrogante und selbstgefällige Patrizier (das betonte er doch immer wieder!) hatte sich tatsächlich herabgelassen, um als Fischer zu arbeiten? Ungläubig schaute ich ihn an.
    Du und ein Fischer? Natürlich, und ich bin die Morrigan, höchst persönlich!
    Wieder schaute ich neugierig zur Truhe hinüber. Die Neugier quälte mich. Was er wohl für mich da drin hatte? Vielleicht war es ja auch nur nur ein Scherz, um sich an mir zu rächen.
    Irgendeine Stimme in mir verbot es, mich sofort auf die Truhe zu stürzen um nachzusehen. Deshalb begann ich, ihm etwas über Brigid zu erzählen.
    Nun, Brigid ist eine der höchsten Göttinnen. Sie ist die Schutzherrin der Künste, der Schmiede und der Heiler. Sie bringt am Ende des Winters das Licht der Sonne wieder zurück. Ihr zu Ehren feiern wir dann Imbolc. Ihr Zeichen ist daher das Sonnenrad. Es wird meist aus Stroh geflochten. Jede Familie hat dieses Zeichen im Haus hängen, damit Brigid ihre schützende Hand darüber halten kann.
    Doch jetzt hielt mich nichts mehr! Die Neugier zerfraß mich! Doch statt mich darauf zu stürzen, stand ich ganz gemächlich auf und ging langsam zur Truhe hinund öffnete sie.

  • "Es ist wahr," meinte ich amüsiert. "Wir werden in der nächsten Zeit einmal einen kleinen Ausflug nach Ostia unternehmen, und da werde ich Dir meinetwegen zeigen, wo ich damals gelebt habe. Es ist eine lange Geschichte, und eine sehr verwirrende noch dazu - vielleicht erzähle ich sie Dir einmal, irgendwann." Dann deutete ich auf die Narben auf meinem rechten Unterarm, die noch nicht allzu alt sein mochten. "Auch dies habe ich aus meiner Zeit als Fischer behalten - aus einem Kampf gegen Räuber, die versuchten, uns unseren Fang abzunehmen." Still blickte ich auf meinen Arm herunter, die Bilder niederkämpfend, die sich mit diesen Narben verbanden. Orestilla, ihr Lachen, die einfachen Freuden eines einfachen, harten Lebens, geprägt von Sorgen, aber auch von einem Gefühl der familiären Gemeinschaft, das es in der Welt der Patrizier nicht gab. Kurz presste ich die Lippen aufeinander, verbannte die Gedanken mit einem Ausatmen in den hintersten Winkel meiner Erinnerung und blickte ihr nach, als sie sich erhob.


    "Wenn es Deinem Glauben entspricht, kannst Du Dir ein solches Sonnenrad flechten und über Deinem Bett anbringen," sagte ich schließlich. "Solange Du die römischen Götter respektierst, werde ich Deinen Glauben ebenso respektieren, das ist die Art unseres Volkes, und so war es stets. Der Schutzherrin der Künste zu dienen ist gewiss kein schlechter Weg." Ich würde sie wohl einmal in unsere Tempel mitnehmen müssen, damit sie den römischen Glauben kennenlernte, und letztendlich war es wohl auch nicht verkehrt, ein bisschen mehr Schutz und Hilfe zu haben.


    In der Truhe, die sie geöffnet hatte, lag ein schlichter Kasten - ein Holzkasten, dessen Deckel die Aufschrift BRIDHE in lateinischen Buchstaben aufwies, sauber eingetrieben durch eine kundige Hand. Im Kasten selbst befanden sich zwei Wachstafeln, wie sie von jedem Schreiber in Rom benutzt wurden, daran jeweils ein stilus befestigt, der Griffel, mit dem man die Buchstaben in das Wachs schrieb.
    "Es ist von Vorteil, wenn Du Lesen und Schreiben lernst, wie es derzeit auch Severus tut - eine der Wachstafeln ist für Dich, um zu üben, die andere ist für Severus bestimmt. Du wirst sie ihm morgen geben und dann gemeinsam mit ihm in der Bibliothek lernen und üben." Welche der beiden Tafeln für wen bestimmt war, verriet eine schlichte Aufschrift auf der jeweiligen Rückseite. "Der Kasten selbst ist Dein Eigentum und für die Dinge bestimmt, die Dir gehören und gehören werden. Ich halte wenig von der Sitte, einem Sklaven keinen Besitz zu gestatten, und mit der Zeit sammeln sich immer irgendwelche kleinen Dinge an, die man nicht wegwerfen will und die ansonsten nur herumliegen."

  • Ich konnte mich nur noch wundern! War das der gleiche Mann, der mich fünf Tage vorher auf übelste Weise beschimpft, mich geschlagen und aus seinem Zimmer verbannt hatte? Irgendetwas mußte geschehen sein!
    Seine Geschichte wollte ich ihm zwar immer noch nicht so recht abkaufen, auch wenn er mir seine Narbe zeigte. Die konnte schließlich auch von anderen Dingen her rühren.
    Doch er wollte mit mir einen Ausflug machen - ans Meer! Woher wußte er, daß ich das Meer so liebte?
    Und Brigids Zeichen, welches seit mehreren Wochen schon unter serinem Bett versteckt war, durfte ich offen zeigen.
    Und dann das Geschenk in der Truhe!
    Dort fand ich weder ein Kleidungsstück, noch Schmuck, sondern ein Kästchen, in dem sich Schreibzeug befand. Seine erklärenden Worte dazu, als ich das Kästchen öffnete, bestätigten noch einmal, daß es mein Eigentum war. Er wollte, daß ich Lesen und Schreiben lernte! Diesen Wunsch hatte ich ja auch, denn diese Welt war völlig anders als die meine. Hier wurde nichts mündlich überliefert, hier schrieb man alles auf, damit man es später lesen konnte.
    Andächtig sah ich auf das Kästchen, holte die Wachstafeln heraus und betrachtete mir alles genau. Ich konnte es nicht glauben. Fassungslos stand ich da, den Tränen nahe.
    Ich ging zurück zum Bett und holte, mein aus Stroh gelochtenes Sonnenrad unter dem Bett, hervor.


    [Blockierte Grafik: http://img340.imageshack.us/img340/1740/bridgelv5.jpg]


    Vielen Dank!Du hast mir damit wirklich eine große Freude gemacht! Das möchte ich dir schenken! Es soll dich beschützen!


    Mit diesen aufrichtigen Worten hielt ich es im hin und hoffte,er würde auch mein Geschenk annehmen. Es war zwar nur aus Stroh, doch für mich hatte es einen enormen Wert.
    All meine Gereiztheit war verschwunden. Zurück blieb ein Gefühl der Freude.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!