Cubiculum | Lucius Decimus Maximian

  • Eines späten abends saß Maximian an seinem kleinen Tisch, vor sich eine kleine Schriftrolle, ein Tintenfass und eine Feder zur Hand und machte sich daran, einen Brief zu verfassen. Das ging bei ihm noch nicht so schnell, er schrieb immer sehr genau und möglichst ordentlich, sodass er sich eine ganze Zeit beschäftigt sah. Dieser Brief sollte nach Rom gehen.


    Als er ihn fertig geschrieben hatte, las er ihn nochmals und stellte fest, dass er den Brief so lassen konnte. Er versiegelte ihn, legte ihn zur Seite und brachte ihm nach dem Aufstehen am nächsten Tag zum Postamt.





    An: Decima Valeria, Roma
    Von: Lucius Decimus Maximian, Mogontiacum



    Salve Valeria,


    nachdem ich jeden Tag auf deine Ankunft in Mogontiacum warte, sich aber Tag für Tag nichts tut, mache ich mir so langsam Sorgen. Geht es dir gut? Bist du heil in Rom angekommen? Hast du deine Angelegenheiten klären können?


    Nun ist das Frühjahr schon bald da und ich hoffe, dass du recht bald mit den milden Winden hergeweht wirst. Wenn du nicht allein reisen magst, schicke mir einen Boten, dann werde ich dich auch abholen.


    Dein dich liebender Cousin
    Maximian

  • Es war früher Nachmittag, als Valeria müde und erschöpft in der Regia anlangte. Die Wachen hatten sie ohne weiteres passieren lassen, kannten sie Valeria doch schon. Sklaven brachten ihr Gepäck auf ihr Zimmer, doch sie steuerte zuerst einen anderen Raum an. Sie hatte ein Bad nötig und ließ sich also zuerst ein solches einlassen, badete eine halbe Stunde lang und schlief im heißen Wasser des Marmorbassins und mit dem Duft von Rosenblüten in der Nase beinahe ein. Eine Sklavin half ihr kurz darauf beim Abtrocknen und Anziehen, kämmte das Haar und wollte Schminke auftragen, worauf Valeria allerdings verzichten wollte, dann entließ sie die Decima und ging ihren Arbeiten nach.


    Valeria allerdings ging nun wider Erwarten nicht in ihr Cubiculum, um zu schlafen, sondern suchte Maximians Zimmer auf, klopfte und trat ein, als eine Aufforderung hierzu erklang. Das Haar war noch feucht und ihr Körper schien gesünder und nicht mehr so ausgemergelt zu sein wie noch vor der Abreise nach Rom. Sie hatte wieder Lust am Essen gefunden und das sah man ihr auch an, wenngleich sie noch immer nicht als mollig zu bezeichnen war. Es mochten die Gene sein, die verhinderten, dass Valeria in die Breite ging, soviel sie auch essen mochte. In eine wollweiße Tunika mit dunkelgrüner Palla gekleidet betrat sie nun also den Raum des Maximian, in der Hand einen Bogen Pergament und ein Schmunzeln auf den Lippen. Ohne Begrüßungsworte ging sie auf ihren Geliebten zu und sprach dabei bereits.


    "...dein dich liebender Cousin... Also, es ist zwar nicht stürmisch draußen, aber es hat mich trotzdem hergeweht, Cousin. Der Cursus Publicus fand mich zwar nur müßig in der ewigen Stadt, da eine Adresse fehlte, aber bekommen habe ich den Brief trotzdem. Das mit dem Briefeschreiben müssen wir wohl noch üben, hm?" neckte sie ihn. An einem Tischchen angekommen, legte sie das Pergament mit Maximians Handschrift darauf nieder und umarmte Maximian daraufhin. Es tat gut, den Kopf an seine Brust zu legen und seinen Duft einzuatmen. Valeria hatte es gefehlt, und nun war sie glücklich darüber, wieder zu Hause zu sein. Von der anstehenden Versetzung wusste sie nichts.


    "Du hast mir gefehlt", nuschelte sie in seine Tunika hinein.
    "Es hat leider länger gedauert als nötig."

  • Maximian war gerade dabei sich die blütenweiße Toga zu richten, nachdem er sich eben umgezogen hatte. Er stand vor einem Spiegel und zupfte mal hier und mal da, war offensichtlich nicht ganz einverstanden, wollte aber nicht schon kleinbeigeben und seinen Leibsklaven Phiobs kommen lassen, dem er zuvor noch übermütig weggeschickt hatte, ankleiden könne er sich immer noch allein.


    Als die Tür sich öffnete, blickte er nur kurz in Erwartung eben jenes Sklaven in den Spiegel und wieder weg, wonach er mit der Hand an seine Schulter griff und den Stoff dort nochmal ein Stück weiter nach vorn zog. Er strich die Falten etwas glatt, verharrte einen Moment, runzelte die Stirn und sah erneut in den Spiegel. Der jemand, der darin immer größer wurde, redete einfach drauflos und als er sich langsam und mit ungläubigem Blick herumdrehte, schmiegte er sich auch schon an ihn.


    Nein, es war nicht Phiobs, es war "Valeria!", um die auch Maximian sofort die Arme schlang. Er sah immer noch ganz überrascht drein, war aber auf der Stelle hoch erfreut und drückte sie an sich. "Du mir auch", sagte er leise und schob sie sanft von sich fort, um sie einer raschen aber sehr fachmännischen Musterung zu unterwerfen. Ihm fiel natürlich sofort auf, dass der Ton ihrer Haut viel gesünder und ihr Körper leicht kräftiger geworden war. "Wie es scheint, hat dir das mildere Klima gut getan. Du hast zugenommen."
    Wie schmeichelhaft, dachte er bei sich und lächelte Valeria verliebt an. "Du bist wunderschön", sagte er dann, trat den kleinen Schritt wieder an Valeria heran und küsste sie ungestüm.

  • Kaum hatt sie Zeit, etwas mehr als ein zweigelhaftes "Najaa...." auf seine Feststellung bezüglich des Kilmas hin zu erwähnen, da musste sie auch schon verlegen schmunzeln und wurde plötzlich geküsst. Zuerst überraschte sie die durchaus ungestüme Art Maximians, dann aber wurde sie des Umstands gewahr, dass er versucht hatte, allein mit der kompliziertesten Erfindung der Römer klarzukommen, der Toga. Er mochte vielleicht aussehen wie ein ernster, erfahrener Mann, doch teilweise verhielt er sich wie der junge, ungestüme Mann, als den sie ihn zwei Jahre zuvor kennengelernt hatte. Genau das mochte Valeria an Maximian. Kurz darauf löste sie sich von ihm und entwickelte ihn schmunzelnd aus seiner Toga, um sie ihm neu anzulegen.


    "Weißt du, eigentlich hätte ich gedacht, dass ich nach dieser schrecklichen Schifffahrt wieder aussehen würde wie vorher, als ich weggegangen bin. Arm hoch. Ich mag dieses Schaukeln nicht. Glücklicherweise sind wir in keinen Sturm gekommen und ich konnte mich auf der Überlandfahrt zwischen dem Hafen und hier wieder erholen. Dreh dich einmal. Hattest du ein Auge auf meine Betriebe, Max?" fragte sie ihn und trat schließlich von ihm fort, um das Gesamtwerk der Toga um Maximian herum zu begutachten. Hier und dort zupfte sie noch einige Falten zurecht, dann sah sie auf und nickte zufrieden.


    "Oh. Eine reinweiße Toga. Willst du dich für die Rostra üben?" fragte sie ihn amüsiert.

  • Hm, der Kuss hatte ihm gefallen. Er folgte Valerias Blick, der vielsagend über die Falten seiner Toga huschte und ließ sich anschließend entwickeln. Während sie zu erzählen begann, stand er in seiner weinroten Tunika vor ihr, hatte zuerst die Hände im Nacken verschränkt und hatte irgendwie Mühe ihren Worten zu folgen, zumal sie ihm immer wieder in militärisch, knapper Art Anweisungen erteilte, die er ausführte und sich zu merken versuchte, wann welcher Arm hoch oder runter musste, wo der Stoff geknickt wurde, wann er sich einwickeln musste, und und und... Bis er schließlich vor ihr stand und wie eine der aus strohgefetigten Puppen beim Schneider gemustert wurde.


    "Was?" fragte er verwirrt und sah an sich hinunter. Die Toga saß - und zwar ziemlich perfekt. So einfach und schnell ging das? "Ich meine ja, das hatte ich. Kannst du das nochmal, diesmal aber bitte etwas langsamer machen? Ich hatte da eine ziemlich revolutionäre Idee, die ich bei deinen Schafen anwandte. Anstatt Heu und Hafer haben sie zwei Dutzend Tage lang nur Olivenkerne und Orangenhaut bekommen. Zuerst hatten sie Probleme beim Beißen und die Orangenhaut hat ihnen wohl auch nicht sonderlich geschmeckt, aber die Ersparnisse waren enorm, sodass ich den Bestand damit wieder auffüllen konnte, nachdem einige Schafe auf unerklärliche Weise tot umfielen" brabbelte er, wandte sich geschäftig dem Spiegel zu und betrachtete sich mit in die höhe gerecktem Kinn und typisch griechischer Pose.

  • Tja, an Valeria war vermutlich ein Centurio verloren gegangen. :D
    Während Maximian sich selbst musterte, ließ sie sich in einen der herumstehenden Sessel sinken und zupfte an der Palla herum, die sie schließlich abnahm und sorgsam zusammenfaltete, um sie auf den Tisch zu legen. Während sie den zarten Stoff faltete, wurden ihre Bewegungen immer langsamer, die Augen immer größer und schließlich stellte sie das Falten gänzlich ein und sah Maximian nurmehr aus großen Augen an. Orangenhaut und Olivenkerne? Oder meinter er Orangenschale? Valeria blinzelte irritiert. Dann sprach er auch noch von Todesfällen innerhalb ihrer ohnehin schon nur mittelgroßen Herde. Sie war zuerst gar nicht fähig, etwas zu sagen. Dann aber, als er sich umwandte und so fein vor dem Spiegel tat, zählte sie eins und eins zusammen und beschloss, das alles für einen Witz zu halten. Valeria grinste nun breit und schüttelte das blonde Haar.


    "So, Orangenhaut, ja? Soll das eine Anspielung auf meine Oberschenkel sein oder wisst ihr Männer einfach nur nicht, Haut von Schale zu unterscheiden?"


    Die eben noch fein säuberlich gefaltete Palla flog zusammen mit den besten Wünschen Valerias auf Maximian zu, während die junge Frau leise kicherte.


    "Aber im Ernst, Lucius - es ist kein Tier zu Schaden gekommen während meiner Abwesenheit, nicht?" wollte sie schließlich doch ernsthaft wissen.

  • Nun sah Maximian in den Spiegel und zwar so, dass er Valeria ansehen konnte, nachdem er sie erst einen Moment suchen musste. Dass sie sich mittlerweile gesetzt hatte, hatte er gar nicht bemerkt und so dauerte es einen Moment, bis er sie im Spiegel fand. Als er sie also endlich ansah, zog er eine Braue und frech grinsend einen Mundwinkel hoch.


    "Wieso? Hast du etwa neuerdings Orangenhaut an den Oberschenkeln?"


    War ihm gar nicht aufgefallen, dass er da fälschlicherweise das falsche Wort benutzt hatte. Machte aber nichts, dachte er, als ihm gerade Valerias Palla am Kopf traf und dann langsam an seinem Körper sich dabei entfaltend hinunterrutschte. Im Folgenden betrachtete der junge Mann also seinen Rücken im Spiegel, glättete den eigentlich nicht sonderlich verunfallten Stoff und warf der jungen Frau in seinem Sessel hin und wieder ein amüsant grimmigen Blick zu.
    Schließlich bückte er sich, um die gefallene Palla aufzuheben und wandte sich seiner Valeria mit einem Lächeln zu.


    "Nein, den Tieren geht es gut. Ich glaube auch nicht, dass der Schäfer mich in die Nähe der Herde gelassen hätte, hätte ich das Futter umstellen wollen. Er sieht mich immer so an, als würde er mir nicht vertrauen..." Maximian grinste, warf Valeria ihre Palla zurück und lehnte sich ein eine Kommode, setzen konnte er sich mit der Toga nicht, wenn er nicht wollte, dass das Kleidungsstück nach nicht einmal einer halben Stunde an seinem Körper schon ruiniert war.


    "Übrigens werde ich auch immer seekrank." Ungelogen. Deswegen hatte er es sich ja ganz schnell aus dem Kopf geschlagen zur Marine zu gehen. "Was hat der Aufenthalt in Rom gebracht?"

  • Valeria schüttelte lediglich den Kopf und seufzte tief und irgendwie tadelnderweise, als er ihre Oberschenkel erwähnte. Er musste eigentlich wissen, dass sie dergleichen nicht besaß, zumindest noch nicht, auch wenn es einige Zeit her war, dass sie und Maximian... Valeria ertappte sich bei dem Gedanken daran, ihn gleich wieder aus seiner Toga auszuwickeln und schmunzelte über ihre eigenen Gedanken. Kaum war sie zurück und gebadet, dachte sie ausgerechnet daran. Amüsiert schüttelte sie den noch teilweise nassen Blondschopf und beobachtete Maximian dabei, wie er sich eines stolzen Gockels gleich vor dem Spiegel drehte und wendete.


    "Und er tut gut daran", entgegnete Valeria grinsend auf seine Worte bezüglich des Schäfers Misstrauens.
    "Wäre ich Schäfer, würde ich dich auch nicht an meine Tiere heranlassen. Olivenkerne und Orangenschale, tzüh."


    Sie fing die Palla auf und legte sie ordentlich zusammen, während sie weitersprach und abwechselnd zwischen Maximian und dem dünnen Stück Stoff hin und her sah beim Erzählen.


    "Nicht viel. Ich habe zwar Meridius' Frage bezpglich Tertia klären können, aber die Versammlung der Societas hat nichts gebracht. Die Mitglieder scheinen verschlafen und faul, kaum einer ist wachzurütteln und due Hälfte ist erst gar nicht erschienen. Ein Jammer, wenn du mich fragst. Man wollte mich zudem zwar zur Magistra ernennen - stell dir vor, es war sogar Tiberia Claudias Vorschlag! - aber ich habe der Vernunft halber abgelehnt. Die Magistra sollte ihren Sitz in Rom haben, nicht in Germanien oder sonstwo. Außerdem glaube ich, ehrlich gesagt, nicht daran, dass die Societas so irgendwann etwas wird bewegen können. Jeder sitzt auf dem dicken Fleisch und keiner steht auf und will etwas verändern. Alle meine Versuche, etwas in Gang zu bringen, schlugen leider fehl. Einzig bei der Wahl der neuen Magistra, da kam Rückmeldung", erzählte Valeria und zerfurchte missmutig die Sirn.


    "Ach, was soll's. Nötigenfalls werde ich austreten, dann bleibt mir der Ärger über die Untätigkeit und das Desinteresse der meisten Mitglieder erspart. Sag mal, du weißt nicht zufällig, wie es dem hiesigen Cultus Deorum ergangen ist, seitdem ich fort bin?" fragte sie und blinzelte Maximian matt an. Davon, dass Meridius abberufen worden war und er plante, seine Familie mit nach Rom zu nehmen, wusste Valeria noch nichts. Wenn sie es gewusst hätte, wäre es ihr allerdings sehr gelegen gekommen, soviel stand fest.

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