Stilo nahm sein restliches Gepäck von seinem Pferd ab und nickte dem Sklaven zu um zu zeigen, dass er bereit war ihn zu folgen.
Porta - Der Eingang
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Gemeinsam mit seinem Kamerad Tarpa erschien Ferox vor dem Anwesen der Iunier, wo der aufstrebende Advokat Iunius Tacitus wohnhaft war. Ferox trug den Brief des Kyriakos bei sich. Anstatt ihn in den Postkasten zu werfen, klopfte er kräftig. Die Anhörung war bereits morgen und die meisten Leute ließen ihre Sklaven den Postkasten nur einmal am Tag leeren.
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Araros öffnete die Tür und war erstaunt, zwei Urbaner zu sehen. Hoffentlich hatte sich der Herr Tacitus nicht bei einem Fall etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt und sich den Falschen zum Feind gemacht.
"Wie kann ich dieses Haus die Cohortes Urbanae unterstützen?"
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So wurden die Urbaniciani nicht jeden Tag begrüßt. Ferox fand, an so viel Höflichkeit könnten sich so manche Leute ein Beispiel nehmen. "Salve, die Milites Sentius Asper und Germanicus Ferox von den Cohortes Urbanae", grüßte er. Mit Asper hatte er bewusst einen freundlich aussehenden Kameraden mitgenommen, so dass sie beide zumindest nicht bedrohlicher wirkten, als ihr bloßer Beruf von Natur aus implizierte. Ferox hob die Schriftrolle. "In diesem Brief an Aulus Iunius Tacitus ist die dringende Bitte eines unserer Gefangenen um Rechtsbeistand enthalten. Wir bitten darum, dass der Advokat dieses Schreiben schnellstmöglich liest, da uns die Zeit in diesem Fall mit sehr großen Schritten davon rennt. Wenn er es sich einrichten kann, das Mandat anzunehmen, käme das nicht nur dem Gefangenen, sondern auch uns sehr entgegen."
Mehr durfte er nicht sagen, doch sicher genügte es für den erfahrenen Advokaten, um zu schlussfolgern, dass der Gefangene für die Cohortes Urbanae irgendeine Form von Wert besaß, sei es durch Verwandtschaft, Klüngelwirtschaft oder dienstliche Verstrickungen. Entscheiden aber musste Aulus Iunus Tacitus selbst. Sollte er ablehnen, wie es sein gutes Recht war, würden selbstverständlich keinerlei Nachteile für ihn entstehen. Es war eine Bitte, nicht mehr und nicht weniger.
Ferox reichte dem Mann vor ihm den Brief.
De
Kyriakos
Carcer der Cohortes Urbanae
Ad
Advocatus
Aulus Iunius Tacitus
DRINGEND: Bitte um Rechtsbeistand
Hochverehrter Advocatus Aulus Iunius Tacitus,
hier schreibt Kyriakos von Sparta, der im Vertrauen auf das römische Rechtssystem in große Not geriet. Aus bitterer Haft heraus ersuche ich deinen Rechtsbeistand, um arge Unbill für mich abzuwenden.
Da der Termin zur Anhörung vor dem Praetor peregrinus schon morgen zur vierten Stunde anberaumt ist, vergib mir, dass ich dir im Folgenden bereits den vollen Umfang meiner Situation darlege, denn eine weitere Gelegenheit zur Konversation werde ich nicht erhalten.
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Ich brachte am heutigen Tage einem jungen Vigintivir, dem Tresvir monetalis Nero Aemilius Secundus, im Vertrauen auf das römische Recht fünf Goldmünzen zur Überprüfung. Mir war daran gelegen, untersuchen zu lassen, ob es sich womöglich um Falschgeld handelte, denn ich betreibe ein Geschäft, das Lupanar Ganymed, und wünsche keinen Konflikt mit dem Gesetz. Ich hatte die Aurei aus zweifelhafter Quelle erhalten.
Als ich in der Münzprägeanstalt vor der Herausgabe jedoch um eine Quittung für die fünf Münzen bat, nahm das Unheil seinen Lauf. Mit sofortiger Wirkung verwandelte ich mich vom Zeugen in einen Angeklagten. Warum, das wissen die Götter allein. Meiner Kleider, meiner Sandalen und meines Geldes wurde ich beraubt, gleichsam jedweder Würde. Man hängte mich kopfüber auf und misshandelte mich, verabreichte mir ein Gift und drohte, mich aufzuschneiden.
Unter dieser Behandlung war es mir nicht länger möglich, eine Herausgabe der Münzen ohne Erhalt einer Quittung zu verweigern. Da sich bei der folgenden Überprüfung vermutlich einige der Münzen tatsächlich als Falschgeld offenbarten, brachte der Vigintivir mich nach Abschluss dieser Quälerei vor die Sella curulis des Praetor urbanus. Aemilius Secundus wählte diesen Magistrat, obgleich dieser, wie ich dem Gespräch entnahm, für Cives zuständig sei und ich als Peregrinus dem Rechte nach dem Praetor peregrinus zugeteilt werden müsse. Mutmaßlich entschied er so, weil er Günstling des Praetor urbanus ist, wenn die Aussage seines Mitarbeiters stimmt, denn jener höhnte in diesem Sinne ob meiner Machtlosigkeit, sollte ich das Wort vor dem Prätor zu erheben wagen.
Darüber hinaus kündigte der Tresvir monetalis an, von nun an sei der Besitz von Falschgeld eine Straftat. Aemilius Secundus versuchte weiterhin zu verhindern, dass mir ein Advokat beiseitegestellt würde. Dies sind zwei Dinge, die mir besondere Sorge bereiteten, sind sie doch geeignet, jeden Glauben an die Unität von Rechtswesen und Gerechtigkeit zu zerschlagen.
Doch beraumte der Scriba des Praetor urbanus ein Anhörung vor dem Praetor peregrinus an und verordnete, mich in die Obhut der Cohortes urbanae zu überstellen und mir einen Advocatus zur Seite zu stellen.
So ungeheuerlich dies alles klingen mag, ich schwöre bei dem Namen von Herakles, von dem die Könige Spartas abstammen, und bei den göttlichen Zwillingen Castor und Pollux, Söhne der Königin Leda von Sparta: Jedes Wort entspricht der Wahrheit. Für meine Aussagen gibt es zahlreiche Zeugen, von den Mitarbeitern der Münzprägeanstalt an begonnen, auch wenn sie kaum gegen ihren Herrn aussagen werden, bis hin zum Scriba des Praetor urbanus, der an jenem Tage wahre Größe bewies.
Und so begab es sich, dass ich in die Gefangenschaft der Cohortes urbanae geriet. Im Carcer empfahl ein Soldat mir deinen Namen und ich bitte dich sehr, dich meines Falls anzunehmen. Ich versichere, dass ich in der Lage bin, dir ein angemessenes Honorar zu entrichten.
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Ich verbleibe in der Hoffnung auf einen positiven Entscheid, denn du bist in der Tat meine letzte Hoffnung.
So bitte ich innig um dein Erscheinen morgen zur vierten Stunde vor dem Praetor peregrinus.
Hochachtungsvoll
Kryriakos
PS: Für den Fall, dass du die Aussage meiner Mitarbeiter benötigst, lege ich dir die Adresse meines Lupanars bei. Der Ansprechpartner ist Pollux.
Lupanar Ganymed
Clivus Suburanus
IV. Regio
Roma
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"Ich werde eure Worte und den Brief weitergeben, Domini," sagte Araros. Er wartete noch kurz ab, ob die beiden noch etwas äußern würden. Dann verabschiedete er sich höflich und brachte den Brief zu Tacitus ins Peristylum.
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Klopf, Klopf
Den Vorhang am Fenster ihrer Kutsche hatte Fusca schon kurz nach ihrer Passage des Stadttores zur Seite geschoben, um einen möglichst guten Blick auf all die Häuser und Bauwerke zu erhaschen, die während der Fahrt zur Domus Iunia an ihr vorbeizogen. Einzig das abnehmende, sich zunehmend ins Rot verfärbende Licht der untergehenden Sonne und die dunkler werdenden Schatten trübten die Aussicht. Gleichwohl boten die sich nun entzündenden Feuer ihren ganz eigenen Charme; - sah man davon ab, dass der Rauch einem bisweilen die Nase reizte.
Wie der Torwächter prophezeit hatte, kamen sie gut voran und mussten nur einmal einen Umweg wählen, als ein Wagen beladen mit Amphoren die Straße blockierte. Schließlich kamen die Pferde mit einem Schnauben zum Stillstand und von der Bank des Kutschers drang ein feucht gurgelndes Brummen an Fuscas Ohr. In den vergangenen Tagen hatte sie gelernt, dass der alte Mann an den Zügeln auf diese Weise ihre Aufmerksamkeit zu erregen suchte. Doch auch ohne sein Zutun wusste sie, dass sie nun - endlich - am Ziel angekommen waren. Fusca öffnete die Kutschentür und trat in die Nacht hinaus. Sofort war Ralloú an ihrer Seite. Das Bellen eines Hundes durchschnitt die Luft, irgendwo glaubte Fusca Gesang zu vernehmen; - die Qualität war indes leidlich. "Jetzt kommt der wahrhaft spannende Teil." Fusca raffte ihre blassgelbe Stola, sog ihre Lungen gegen die bleierne Erschöpfung voll und ging entschlossenen Schrittes auf die Tür der Domus Iunia zu. Im Abstand von zwei Schritten blieb sie stehen, Ralloú hingegen trat bis zu der hölzernen Pforte und - auf einen Wink ihrer Herrin hin - hämmerte mit der Faust dagegen.
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Terpander hatte es sich gerade zum Feierabend gemütlich im Garten eingerichtet, als jemand an die Porta hämmerte - nicht klopfte, sondern tatsächlich hämmerte, als stünden die Stadtkohorten für eine Razzia an der Tür. Terpander ließ die Schriftrolle auf das Tischlein sinken. Verärgert stand er auf und begab sich in Richtung Porta. Für den Klopfenden war zu hoffen, dass es sich entweder tatsächlich um die Stadtkohorten handelte oder anderweitig wichtig war. Terpanders Blick wurde mit jedem Schritt griesgrämiger und glich dem eines Henkers, als er die Tür öffnete.
"Ja?", fragte er ungnädig, starrte jedoch an der klopfenden Frau vorbei, da die wirklich interessanten Leute in aller Regel dahinter standen.
So war es auch diesmal. Der bösartige Blick wich dem Ausdruck reservierter Freundlichkeit. Natürlich kannte er die feine Dame von den seltenen, aber dennoch regelmäßigen Zusammenkünften der Familie. Mit einer knappen, aber einladenden Geste öffnete er die Tür. "Domina Seia Fusca, willkommen in Roma!" Er sagte das laut genug, dass die Sklaven in der Nähe hellhörig wurden.
Hinter Terpander begannen eilends Vorbereitungen, um den Gast gebührend zu empfangen. Der alte Hellene zeigte ein seltenes, nur zu erahnendes Lächeln. "Wünschst du erst ein Bad oder erst eine Mahlzeit?" Die kommenden Wochen dürften nicht langweilig werden mit Seia Fusca im Haus, so viel war gewiss.
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Sim-Off: Ralloú ist eine Griechin von etwa 16 Jahren.
"Terpander?" Fuscas Frage war mehr rhetorischer Natur. Natürlich wusste sie, wer vor ihr in der Türe stand; - die harten, kantigen Gesichtszüge, das grau melierte Haar und die dazu passenden, bestechend grauen Augen waren unverkennbar. Ihrer Frage ging der stille Eindruck voraus, Terpander müsse geschrumpft sein, denn in ihren Erinnerungen erschien der Mann weitaus größer. Doch Fusca erkannte schnell, dass nicht er kleiner, sondern sie größer geworden war. Ihrer Jugendlichkeit war sie beinahe entwachsen und obschon sie ihm noch immer kaum bis zur Nasenspitze reichte, hatte sie dereinst den Kopf heben müssen, um ihn anschauen zu können.
Fusca folgte der Einladung, wobei sie dem sich entwickelnden Trubel allenfalls am Rande Aufmerksamkeit widmete. Ihre Blicke galten vielmehr der Domus Iunia selbst und der Einrichtung, dem sich vor ihr eröffnenden Atrium, den Teppichen, Büsten und Möbelstücken. "Es freut mich, dass Du wohlauf bist. Tatsächlich habe ich häufig an Dich gedacht." Nun, ganz so häufig vielleicht nicht, doch enthielt es ein Körnchen Wahrheit.
Seine unerwartete Frage ließ Fusca innehalten. Unter dem Mantel der Erschöpfung hatte sie beinahe erfolgreich verdrängt, dass der Staub der Reise sich vermischt mit feinem Schweiß als schmutzig-dunkler Film auf ihrer orientalisch eingefärbten Haut abgelegt hatte. Einige Strähnen hingen lose aus der zweckmäßigen Frisur und die Stola hatte zweifellos ebenso schon bessere Zeiten erlebt. Gleichzeitig meldete sich jedoch ihr Magen mit einem dezenten Knurren. Um rechtzeitig vor Einbruch der Nacht die Stadt zu erreichen, hatten sie lediglich eine kurze Pause an diesem Tage eingelegt. "Kaum habe ich die Schwelle überschritten, bietet man mir an, mich auszuziehen", flötete Fusca butterweich mit einem Unschuldsblick, der von ihrem neckischen Lächeln Lügen gestraft wurde. Ralloú, die junge Sklavin, schien ein wenig in sich zusammen zu sinken. "Ich denke, eine kleine Stärkung wäre wohl angemessen", fuhr Fusca nach sehr kurzer Pause rasch fort. "Ich habe gehört, wenn man mit allzu leerem Magen in das Bad steigt, kann man das Bewusstsein verlieren."
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"Nur, wenn man derart verweichlicht ist, dass man es nicht anders verdient." Was auf Seia Fusca mitnichten zutraf. Der Staub und die feinen Schweißperlen auf der braungebrannten Haut standen ihr besser, als jeder Schmuck es könnte. Aus dem Mädchen war eine Frau geworden, die den Namen ihrer Familie zu recht trug. Rom würde sich warm anziehen können. Doch Terpander wärmte sich an dem jugendlichen Feuer und der Lebensfreude, die ihm selbst längst abhanden gekommen war.
Ihr anzüglicher Scherz hatte sein Lächeln etwas breiter werden lassen, um ihr den kleinen Triumph zu gönnen, einem erfahrenen Mann vermeintlich den Kopf verdreht zu haben, doch er sagte nichts. Er war er nicht so dumm, vor aller Augen und Ohren auf einen solchen Spaß einzugehen.
"Dann zuerst eine vernünftige Cena, während das Bad für dich vorbereitet wird. Mein Vorschlag: Gönn deiner Sklavin, während du speist, einen Moment der Erholung, damit sie sich waschen, umziehen und etwas zu sich nehmen kann, bevor sie dir beim Bad assistiert." Denn auch das Mädchen war von der Reise gezeichnet.
Sim-Off: Danke für den Hinweis, ich habe es korrigiert!
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Fusca wandte sich herum, als Terpander das Mädchen Ralloú erwähnte. Tatsächlich sah die Sklavin reiflich erschöpft aus. Ihr Atem folgte bemüht kontrollierten Stößen, die braunen Haare hatte der Küstenwind zu einer eigenwilligen Frisur geformt und zwischen den sanft lockigen Strähnen präsentierten sich Spuren so manchen Gewächses. Einzig die Augenlider schienen nicht von jenem dunkelgrauen Staub bedeckt, der zwar auch Fusca "zierte", bei ihr jedoch weitaus weniger intensiv ausgeprägt war; - der Innenraum der Kutsche hatte angemessenen Schutz geboten. "Ein guter Vorschlag", sagte sie sodann und gab Ralloú einen Wink. "Du hast es gehört, erhole Dich, erfrische Dich und ich erwarte Dich zu später Stunde für ein Bad." "Ja, Domina." Ralloú verneigte sich vor Fusca, warf Terpander einen Blick zu, da ihre dunklen Pupillen vor Dankbarkeit schimmerten, und eilte davon. Zwar wusste sie nicht wohin, das Haus war ihr schließlich ebenso fremd wie Fusca, doch es würde sich jemand finden, der weiterhelfen konnte; - und es war besser, sich zu sputen, bevor ihre Herrin auf andere Gedanken kam.
"Also", wandte sich Fusca wieder an Terpander, "dann zeige mir, wo ich mich stärken kann. Und auf dem Weg kannst Du mir womöglich verraten, wer die Domus Iunia sein Zuhause nennt, auf dass ich nicht allzu sehr wie das Dummchen aus dem fernen Griechenland wirke." Sie legte eine feingliedrige Hand auf Terpanders Oberarm; - es sah aus wie eine Einladung, ihr voraus zu gehen, doch mit sanftem Druck schien Fusca ebenso nach der Kraft seiner Muskeln zu tasten.
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Es klopfte an der Porta und der Art des klopfen konnte man entnehmen dass es nicht zaghaft und zurückhalten war sondern eher ungeduldig und etwas fordernd.
Der Bedienste der Germanicii hatte eine Rolle Payrus in der Hand. Sein Blick wanderte von der Türe nach Links und Recht, inspirierend fast. Dann nach oben um dort seine Meinung über das Haus weiter auszuführen. Schließlich starrte er wieder starr auf die kleine Luke die in der Türe eingelassen war und wartete.
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Den dankbaren Blick der Sklavin beantwortete er mit einem wortlosen Blinzeln. Später würde er ihre eine Einweisung geben, doch vorerst musste sie nur den Weg zur Unterkunft der Sklavinnen finden, wo Waschschüsseln, Tücher, Seifen und Öle zur Körperpflege bereit standen.
Da Terpander merkte, dass Seia Fusca seinen Arm zu betasten wünschte, gab er ihr geduldig die notwendige Zeit. Dergleichen hatte ihn nie gestört und seiner früheren Aufgabe als Gespiele der Seia Sanga war er verantwortungsbewusst nachgekommen. Genau so gut hätte Seia Fusca die Festigkeit eines Baumstamms prüfen können. Ihre Finger fanden einen austrainierten Bizeps.
"Dich als 'Dummchen' zu bezeichnen, wird niemand wagen, er würde sich lächerlich machen." Langsam begann er sie ins sonnendurchflutete Innere der Domus Iunia zu geleiten. "Hier wohnen neben deinem Bruder Sisenna Seius Stilo auch der Advokat Aulus Iunius Tacitus und sein junger Vetter Sextus Iunius Stilo. Beides gebildete Männer, mit denen man lange Unterhaltungen führen kann. Deine Neffen Sisenna Iunius Scato und Iullus Seius Iunianus Fango weilen momentan in Germanien. Dein Bruder Galeo Seius Ravilla aber hat bis zu seiner Abreise lieber in der Villa Flavia Felix im Palatin residiert. Die Domus Iunia war ihm nicht standesgemäß genug."
All dies erklärte er ihr, während er sie in ihrem Tempo ins Triclinium führte, und wenn sie wollte, konnte sie die Hand auf seinem Arm liegen lassen.
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Dem Blick des Gasts präsentierte die Domus Iunia sich als ein ordentliches römisches Stadthaus, deren Außenfassade in freundlichen Farben gestrichen war. Sie wies die Form eines Atriumhauses mit einem grünen Herzen auf. Das Gebäude trug keinen Reichtum, aber Wohlstand zur Schau. Besonders das sichtbare Grün wirkte sehr gepflegt, aber nicht in unnatürliche Formen gestutzt. Nur wenige wussten, das Sisenna Iunius Scato persönlich viele dieser Pflanzen gesetzt hatte, da er das Gärtnern liebte, und verbot, dass man sie brutal zurechtstutzte. Stattdessen waren die Arten so gewählt, dass ihre natürliche Größe eine dem Auge gefällige Pracht ergab. Nackte Erde sah man nirgends, aber viele Bienen, Singvögel und Schmetterlinge.
Während der Gast alles betrachtete, stellte er irgendwann fest, dass sich zu irgendeinem Zeitpunkt lautlos die Klappe geöffnet hatte und Terpanders finsteres Gesicht ihn musterte. Nach Kenntnisnahme der hochwertigen Kleidung verschloss sich die Klappe wieder und die Tür wurde geöffnet. Terpanders muskulöse Gestalt erschien.
Mit für seine Verhältnisse überbordender Höflichkeit fragte er: "Wie kann ich helfen?"
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Kurz öffnete sich die kleine Öffnung und ein Gesicht erschien. Dem Gesicht war nicht zu entnehmen was der dazugehörigen Person durch den Kopf ging, zu kurz war der Moment da sich die Luke gleich wieder schloss.
Dann öffnete sich die Porta und der Bedienstete antwortete auf die Frage.
" Salve, guter Mann. Mein Name ist Dimitrios Suflaki und komme von der Casa Germanica um eine Nachricht abzugeben. Für Aulus Iunius Tacitus gedacht. Hier, bitte sehr." Gleichzeitig mit seinen letzten Worten streckte er den Arm aus und hielt dem Mann das Papyrus entgegen.
Ad
Aulus Iunius Tacitus
Salve, werter Iunius.
Du wirst dich fragen wer dir diese Nachricht schicken ließ und hier auch schon sie Aufklärung.
Ich, Paulkus Germanicus Aculeo, wäre erfreut meine Einladung anzunehmen und dich, zu einer beliebigen Zeit deiner Wahl, im Officium des Procurstor a cognitionibus einzubinden.
Nebenbei wurde ich auf dich aufmerksam als ich der Anhörung zur Causa Kyriakos beiwohnte.
Vale
Paullus Germanicus Aculeo
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Dimitrios Suflaki. Der Name klang wie etwas zu Essen. Vielleicht trübte auch sein Hunger den Verstand. Terpander betrachtete den Brief von außen, dann traf sein Blick erneut den Boten. "Danke. Noch etwas?"
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Ravilla brachte das schönste Novemberwetter mit, als sein Sklave Anaxis an die Porta der Domus Iunia klopfte, vor Kälte bibbernd. Nicht allein, dass es stockfinster war, alle Schleusen des Himmels waren geöffnet und ein eisiger Wind wehte durch Rom. So schaute Ravilla nun aus seinem Reisewagen und hoffte, man würde ihm die Tür öffnen.
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Grimmig schaute Terpander durch den Türspalt. Der Anblick von Anaxis entschädigte ihn für die späte Stunde. Der junge Perser gehörte zu den wenigen Personen, die Terpander je lächeln sahen, aber natürlich geschah auch das nicht ohne Hintergedanken. Sie wechselten einige Worte auf Koiné. Im Anschluss rief Terpander die Haussklaven herbei, damit sie beim Tragen halfen.
Nun ging Terpander zum Reisewagen und begrüßte Galeo Seius Ravilla, der von der Reise erschöpft wirkte. So ohne die übliche Schminke, den bunten Tand und den ganzen Glitzerkram, den er sonst trug, hätte Terpander den Herrn auf der Straße vermutlich nicht sofort erkannt.
"Chaire, Herr Ravilla", grüßte Terpander für seine Verhältnisse freundlich. Auch mit Ravilla sprach er auf Koiné, da das die Muttersprache des Herrn war. "Du kommst pünktlich zum Essen. Darf ich dich ins Triclinium geleiten oder wünschst du zunächst ein Bad? Wenn ich eine Empfehlung aussprechen darf: Im Triclinium wartet eine Überraschung. Ich würde dir raten, hinterher zu baden. Wie darf Anaxis untergebracht werden? Einzelzimmer, Sklaventrakt oder nächtigt er bei dir?" Er versuchte, die Frage möglichst neutral zu stellen, während er insgeheim hoffte, Anaxis heute zu sich selbst einladen zu können.
Hinter ihnen begannen die übrigen Sklaven, das Gepäck durch den Regen ins Haus zu tragen. Ganz gleich, wie lange Ravilla zu bleiben gedachte, heute Nacht würde er in der Domus Iunia standesgemäß unterkommen und es würde ihm an nichts mangeln.
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«Ah, Terpander. Schön zu sehen, dass du nach wie vor mit vollem Elan deinen Pflichten frönst. Geht es dir gut hier in Roma?» Die freundliche Konversation durfte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ravilla zu den Sklaven kein Verhältnis auf Augenhöhe unterhielt. Dennoch hielt er es für höflich wie ratsam, sich gelegentlich nach ihrem Befinden und ihren Sorgen zu erkundigen.
Ravilla stieg aus dem Reisewagen, wobei er sich die Kapuze des Mantels schützend über das Haupt zog. «Insofern die Räumlichkeiten es gestatten, nächtigt Anaxis neben meiner Unterkunft in einem eigenen Gemach, so dass ein Klopfen gegen die Wand genügt, um ihn zu mir zu rufen.» Oft kam dies nicht vor, denn Ravilla war kein Unmensch. «Meine übrigen Sklaven werden so untergebracht, wie es dem Hausherrn beliebt, wobei bitte zu beachten ist, dass der Nubier im Winter zu Erkältungen neigt.»
Raschen Schrittes begleitete Ravilla Terpander unter das schützende Dach der Domus Iunia, deren geöffnete Tür ihn mit dem Duft der Zivilisation empfing. «Mit dem Staub der Reise am Leib kann ich unmöglich das Triclinium betreten! Eine Katzenwäsche wäre sehr recht, damit ich frische Kleider anlegen kann. Anaxis wird sich um alles kümmern, nur bitte zeige uns den Weg zum Balneum. Und verrate mir noch, wer der Hausherr ist, wo mein lieber Neffe Iunius Scato doch im kalten Mogontiacum seinen Dienst verrichtet. Von ihm darf ich dir einen freundlichen Gruß entrichten und die Bitte, die Pflanzen im Garten nicht zu vergessen.»
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"Der Hausherr heißt Aulus Iunius Tacitus. Und mir geht es gut, danke." Sein entsetzliches Heimweh verschwieg er.
Ravillas Pläne kamen denen von Terpander durchaus entgegen. Aber alles der Reihe nach. Erst wurde der Gast versorgt, dann dessen Sklaven sortiert und anschließend musste Terpander wieder ein Auge auf die Cena haben. Erst ganz zum Schluss war er selbst dran.
"Das lässt sich einrichten. Wenn du mir bitte folgen willst ..."
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«Das ist erfreulich zu hören.» Ravilla begleitete Terpander durch die warmen und trockenen Gänge der Domus Iunia zum Balneum. Anaxis nahm derweil die - für eine Reise recht groß und schwer ausgefallene - Tasche, welche die Utensilien und Produkte zur Körperpflege seines Herrn enthielten, sowie frische Kleider, bevor er vollbeladen hinterdrein ging.
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