Porta - Der Eingang

  • "Gnihihihi!" kicherte Diademata wie ein kleines Kind. "Ich habe doch gewusst, dass sie mich nicht alleine lassen! Los, öffnet die Tür!"
    "Warte," mischte sich aber jetzt Tarik ein, der seiner Herrin nicht von der Seite gewichen war. "Der Kaiser hat keine Legion in der Stadt."
    Die Iunia brauchte ein paar Sekunden um zu begreifen, was das bedeutete. "Du meinst ... ? Aber woher kennen sie Axilla?"
    "Jedes Kind draußen auf der Straße weiß welche Familie hier wohnt. Außerdem wohnt Axilla nicht hier. Deine Cousins wüssten das."


    Diademata war hin und hergerissen von dem Wunsch, die Verantwortung für die Sicherheit der Casa und ihre eigene Sicherheit in die Hände eines starken Soldaten zu legen, und der Furcht was passieren würde, wenn die Verräter in die Casa eindrangen.
    "Du hast Recht," stimmte sie Tarik leise zu.


    Dann trat sie zu dem Tür-Sklaven und flüsterte: "Sag ihm, dass der Kaiser in Rom keine Legion hat! Dann frag, wer ihr Feldherr ist und weshalb der wohl wollen sollte, dass dieses Haus geschützt wird."


    Also tat der Sklave das laut durch die Tür hindurch.
    "Der Kaiser hat keine Legion in Rom! Wer ist euer Feldherr und weshalb sollte er ein Interesse daran haben, diese Casa zu schützen? Wer garantiert uns, dass ihr nicht selbst plündern wollt und auf offene Türen hofft?"

  • [wrapIMG=left]https://lh4.googleusercontent.…k/TCJgUCMI0tk/s100/20.jpg[/wrapIMG]"Die bedeutungsvolle Eule schreit in der Nacht!", kicherte einer der dem Tor am nächsten stehenden Soldaten ob des Schauspiels, das sich hier bot, "Jetzt MUSS die Tür aufgehen."
    "Halt's Maul...", blaffte der Optio, schlug dem Kerl scheppernd auf den Helm und wandte sich dann wieder seinem Gesprächspartner, der Tür, zu: "Das soll wohl ein Witz sein. Der Kaiser hat nicht nur eine Legion in der Stadt... sondern FÜNF. Wir stehen unter dem Kommando des Gaius Flaminius Cilo, Legat der Provinz Germania Inferior und treuer Gefolgsmann des wahren Kaisers Appius Cornelius Palma. Unser Kommandeur Titus Duccius Vala schickt uns, die Casa und ihre Bewohner vor den Unruhen in der Stadt zu schützen... warum, weiß ich nicht. Will ich auch nicht wissen, ich führ hier nur Befehle aus... also macht jetzt verdammt nochmal diese Tür auf!"
    Um seine Worte zu unterstreichen hämmerte der Optio noch einmal klangvoll gegen die Tür.

  • Erschrocken schlug sich Diademata eine Hand vor den Mund um zu verhindern, dass ihr erschreckter Ausruf allzu laut wurde. FÜNF! FÜNF LEGIONEN! FÜNF LEGIONEN DES KAISERS APPIUS CORNELIUS PALMA!
    In einem klassichen Drama würde sie nun in Ohnmacht fallen und dann würde ihr Held (vielleicht Seneca oder der Decimus-Praefectus Praetorio) von irgend woher kommen und sie aus diesem Alptraum retten. Leider war das kein klassisches Drama. Natürlich könnte Diademata auch so in Ohnmacht fallen und dann würden sich die Sklaven um alles kümmern müssen (und wenn sie Mist bauten, dann würde sie sie hinterher einfach auspeitschen lassen). Leider wusste Diadematas Körper nur anscheinend nicht wann der richtige Zeitpunkt für eine Ohnmacht gekommen war.


    So stand sie also hellwach da, die Augen weit aufgerissen und kämpfte gegen die Tränen, die zu allem Überfluss nun auch noch in ihre Augen stiegen. Denn wenn die Männer Palmas nun tatsächlich in Rom waren, dann mussten Seneca und Avianus längst tot sein (denn ansonsten würden sie doch Rom immer noch mit ihrem Leben verteidigen). Anders konnte es nicht sein.


    Sticken. Weben. Geld verwalten. Singen. Ein bisschen Kochen. Einem Mann die Füße massieren. Diadematas Mutter hatte sie mit ihrer Erziehung auf alles mögliche vorbereitet, was wichtig für eine ordentliche Römerin war. Nur anscheinend hatte sie die wirklich wichtigen Dinge des Lebens völlig vergessen. Zum Beispiel was die Römerin im Fall eines Bürgerkrieges machen sollte. Was die Römerin tun sollte, wenn Rom belagert wurde. Oder was sie tun sollte, wenn vor der Casa auf einmal 'der Feind' stand und höflich anklopfte.


    Darüber hinaus fehlte Diademata jegliche Lebenserfahrung um so eine Situation selbst zu beurteilen. Wenn sie den Männern sagen würde, dass die Iunier auf der anderen Seite des Krieges standen, dann würde sie das vermutlich nur wütend machen. Andererseits konnte sie ihnen unmöglich die Tür öffnen und sich ihnen damit auf dem Präsentierteller servieren. ('Nimm keine Honigplätzchen von von fremden Männern an, steige nicht zu ihnen in die Sänfte und öffne niemandem die Tür, den du nicht kennst.' Das war immerhin auch etwas, das ihre Mutter ihr eingebläut hatte.)


    "Könnt ihr die Casa nicht viel besser von außen beschützen?" rief sie laut durch die Tür und vergaß dabei ganz, dass sie ihre Anwesenheit damit Preis gegeben hatte (die sie doch eigentlich lieber verbergen wollte, um die Männer nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Schließlich wusste jede Frau, sogar Diademata, was Männer nach Belagerungen mit Frauen machten).

  • [wrapIMG=left]https://lh4.googleusercontent.…k/TCJgUCMI0tk/s100/20.jpg[/wrapIMG]Als eine Frauenstimme durch die Tür klang, blickten die Soldaten sich einen Moment lang vielsagend an. Entweder das Weib war einfach nur vorwitzig, oder sie führte das Regime in der Casa... was ja nicht unüblich war, vielleicht war der Mann gerade sonstwo unterwegs. Oder tot. Was gleichsam bedeuten konnte, dass er ein Anhänger des Usurpators war. Dann würde allerdings ihr Auftrag keinen Sinn ergeben, warum sollte der Duccius Anhänger des Vesculariers schützen wollen?
    Irgendwie ergab das alles keinen Sinn.. und war definitiv zu kompliziert für den Soldaten, der einfach nur widerwillig grunzte: "Na, wenn dir das lieber ist, bleiben wir halt draußen."
    Er blickte seine Männer an, zuckte mit den Schultern und deutete ihnen es sich bequem zu machen. Vier Leute standen an der Porta Wache, während sich die anderen einfach an der Wand niederließen und sich die Zeit mit Quatschen oder mitgebrachten Würfelspielen (die waren immer zur Hand!) vertrieben.

  • Diademata öffnete ihren Mund aber es kam nichts raus. Sie war sprachlos (was wirklich nicht oft vorkommt). So einfach war das also? Sie sagte, was ihr lieb war, und dann machten die das?
    Wahnsinn!


    Sie schaute Tarik an, ob sie das nicht nur träumte. Aber der zuckte nur mit den Schultern.


    Wortlos verließ die Iunia die Porta und kehrte in den folgenden Stunden immer wieder ungläubig zurück, um nachzusehen (oder besser zu hören), ob die Soldaten immer noch da waren. Nach einiger Zeit hatte sie ein schlechtes Gewissen weil die Männer anscheinend tatsächlich die Casa bewachten. Aber da Diademata weiterhin viel zu große Angst hatte blieb die Tür auch weiterhin zu.


    Das glaubt mir keiner, wenn ich das später mal erzähle.
    Hoffentlich würde es überhaupt noch ein 'später' geben. Denn anscheinend hatte das große Wüten in Rom noch gar nicht angefangen.

  • Auch vor der Eingangspforte dieser Behausung blieb es nicht friedlich: erst waren es nur laute Rufe und Schreie, die sich dumpf durch das Holz hören ließen, dann liefen vereinzelt Menschen vor der Casa her, einige auf der Suche nach Möglichkeiten zum Randalieren oder Plündern, andere auf dem schnellsten Wege nach Hause... und wiederum einige in panischer Flucht ergriffen. "NIEDER MIT DEN SCHERGEN DES FETTEN!!!"
    Schließlich machten sich auch einzelne Ansammlungen von Menschen bemerkbar, die laut hörbar Verwünschungen und Schmähungen riefen, ob aus einem konkreten Anlass (wenn sie ein Opfer gefunden hatten, das sie durch die Straßen treiben konnten), einfach nur so (wenn sie noch auf der Suche nach einem solchen waren), oder weil sie offen Gelegenheiten zum Plündern suchten war dabei kaum ersichtlich. "HÄNGT SIE AUF! HÄNGT SIE AUF!!"
    Klar, dass das, was in den Straßen ging nicht mit den Aufruhren vergangener Zeiten zu vergleichen war, wo tagelang die Straßen kaum sicher zu betreten waren, aber dennoch war die Lage stellenweise von brisanter Natur.
    Wie zum Beispiel vor dieser Porta, wo ein Mob laut skandierend vorüberzog... voll von Augen, die nach allem möglichen Ausschau hielten: Schergen Salinators, generell unliebsamen Personen, oder einfach nur auf der Suche nach schnellem Reichtum.
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  • Die trügerische Ruhe die sich durch die Anwesenheit der Soldaten über das Haus gelegt hatte hielt leider nicht lange an. Bald konnte Diademata durch das Compluvium den Mob hören der durch Rom zog. Mal leiser. Mal lauter rund anscheinend schon ganz nah. Das trieb sie wieder rastlos an die Tür.


    "Stehen sie noch vor der Tür?"
    "Ich glaube schon."
    "Bei Fides und Fortuna, ich hoffe sie haben die Wahrheit gesagt und nicht nur auf diese Randalierer gewartet! Ganz Rom weiß doch, dass die Iunier treu zum Kaiser stehen!"


    "HÄNGT SIE AUF! HÄNGT SIE AUF!!" dröhnte es nun vor der Straße.


    Vielleicht hätte sie die Männer doch besser ins Haus gelassen. Was wenn die nun einfach von dem Mob vertrieben werden würden? Wer würde sie dann noch schützen? Diademata schaute auf die Sklaven. Wohlstandssklaven waren das. Nicht gerade fett, aber auch nicht gerade in sportlicher Höchstform. Wer hielt sich mitten in Rom schon einen Kampfsklaven?
    Ich! Wenn das alles vorbei ist dann werde ich mir einen Gladiator kaufen! (Oder schenken lassen)


    "Oh Iuno, steh uns bei!"

  • [wrapIMG=left]https://lh4.googleusercontent.…k/TCJgUCMI0tk/s100/20.jpg[/wrapIMG]"MILITES!", schallte es von draußen, als sich die Menschenmenge näherte, "CONVENITE!" Das Scheppern von Metall und Schnaufen der Männer zeugte davon, dass sich die Soldaten, die sich zuvor noch locker vor die Casa gefläzt hatten, nun Aufstellung nahmen.
    "MILIIIITES... AD FULCO!", wurde wenig später ein weiterer Befehl gebellt, und die Männer vor der Casa traten in einem kurzen, zweireihigen Schildwall direkt vor der Porta an. Derart in Hab-Acht-Stellung gebracht, warteten die Soldaten nervös darauf, dass sich der Pulk der Menschen wieder verflüchtigte.
    "Los, Leute... seht zu, dass ihr weiterkommt. Hier gibt es nichts für euch zu holen.", wandte sich der Optio Quinctius an niemand bestimmtes in der Menge, die offensichtlich die Casa Iunia etwas genauer betrachtet... ob das ohnehin ihr Ziel war, oder sie nur misstrauisch ob der Präsenz der Soldaten waren, ließ sich so nicht sagen. Aber es wurden immer mehr... wer genau zählte, konnte mittlerweile mehr als drei Dutzend Menschen ausmachen, also etwas mehr, als Soldaten anwesend waren.

  • "WIESO SOLLTEN WIR?", schallte es aus der Menge heraus, ein weiterer fügte hinzu: "GENAU, WIR GEHEN WANN WIR WOLLEN!" Zustimmendes Raunen machte sich breit, die Leute musterten die Soldaten mit der Casa im Hintergrund arg misstrauisch. Einer, der sich offensichtlich in der Rolle des Rädelsführer eines Mobs gefiel, trat vor und fixierte den Soldaten mit trotzigem Blick... allerdings wohlbedacht darauf, sich nicht zu weit von der Menge in seinem Rücken zu entfernen. Wer wusste schon, ob er nicht blitzschnell in dieser untertauchen musste?
    "Man sagt, die Iunii wären ebenfalls treue Schergen des fetten Untiers im Palast! Wieso sollten wir einfach weiterziehen? DIE HABEN AUCH FÜR DAS ELEND ZU BEZAHLEN!!!", rief er schließlich über die Köpfe der Soldaten weg. Dass er dabei nicht die geringste Ahnung hatte, welche Rolle die Iunii wirklich im Regime des Vescularius gespielt hatten, machte ihm dabei nicht das geringste aus: es ging um's Prinzip. Und das heutige Prinzip war die Macht des Mobs... die die Leute offensichtlich vorwitzig genug machte, sich auch mit Soldaten anzulegen.
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  • Draußen wurden militärische Befehle gebrüllt. Drinnen schob Diademata einen Sklaven von der Tür weg und legte ihr Ohr an das Holz.


    "Jawohl, geht weg! Hier gibt es nichts," murmelte sie dem Optio beipflichtend vor sich hin.


    Bah, was für ein widerliches Pack von Wendehälsen! Von denen hängt doch jeder sein Fähnchen in den Wind! Gestern haben sie ihrem Kaiser noch zugejubelt und ihm die Füße für ein paar Krumen Brot geleckt. Heute ist er das fette Untier, sie lecken das Hinterteil des nächsten Brotgebers und versuchen sich an allem zu bereichern, was ihnen vor die Nase kommt!


    Natürlich würde es Diademata mit dem Jubeln genauso halten. Wenn nun der Cornelius Palma der Kaiser war dann würde sie halt auch diesem zujubeln. Kaiser war Kaiser. Aber deswegen kam sie noch lange nicht auf die Idee durch Rom zu marodieren! (Was natürlich auch daran lag, dass so etwas nur der Pöbel machte und sich die Iunia einfach für etwas besseres hielt als Pöbel. Denn ihren Vorteil aus allem zu ziehen, das mochte sie schon. Vielleicht schwang also in ihrer Abneigung auch ein bisschen Neid mit.)


    Gespannt lauschte sie weiter an der Tür. Die Gefahr, in der sie trotz der Soldaten vor dem Haus schwebte, war Diademata nicht wirklich bewusst.

  • [wrapIMG=left]https://lh4.googleusercontent.…k/TCJgUCMI0tk/s100/20.jpg[/wrapIMG]"Leute, hier gibt es nichts für euch. Das Haus und seine Bewohner stehen unter dem Schutz der achten Legion, die in Vicetia dafür geblutet hat um EUCH hier in Rom von diesem fetten Klops auf dem Thron zu befreien.", versuchte sich der Anführer der Soldaten erneut in beschwichtigender Diplomatie, immerhin hatten sie hier keine Lust darauf Zivilisten für etwas zu verprügeln was sie selbst nicht verstanden. Vor allem wenn die Leute Recht damit hatten, und die Bewohner dieser Casa wirklich zu den treuen Gefolgsleuten des Vescularius zählten. Allerdings waren die Ränke im Hintergrund definitiv zu hoch für einen einfachen Optio wie ihn... er führte hier einfach nur seine Befehle aus.
    "Geht weiter, wir wollen euch nichts tun.", unterstrich der Optio noch einmal die Möglichkeit, sich hier im Frieden zu trennen, "Aber wir werden diese Casa nicht euren Plündergriffeln freigeben. Geht weiter, sucht euch woanders was zum spielen."

  • "Warum steht ihr hier? Das sind Schergen des Fetten!", rief ein anonymer Randalierer aus der Masse heraus den Soldaten zu während andere aus sicherer Entfernung drohend ihre Fäuste in Richtung der Porta.
    "Die haben euren Schutz doch garnicht verdient!", rief ein anderer, unterstrichen vom 'JAWOLL!!! STIMMT!!!'-Gemurmel vieler anonymer Niemande aus der Masse.
    Von irgendwoher kam plötzlich ein Stein herangeflogen und prallte lautstark gegen die Porta der Casa. Ein weiterer Stein folgte, und schließlich flogen aus der Menge von unsichtbaren Händen geworfene Steine in Richtung der Casa... bis schließlich einer fehlging und einen der Soldaten laut scheppernd am Helm erwischte.
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  • Hallo! Geht's noch? Hier bin doch nur ich! Und ich habe jeden Schutz verdient, jawohl!
    Laut sagte Diademata nichts. Sie zitterte am ganzen Leib. Ihre Augen blickten groß auf die Tür als könnte sie da durchschauen. Außerdem kniff sie die Lippen zusammen um ja nichts zu sagen.
    Geht doch einfach weiter, geht einfach weiter...

  • Priscus hatte sich den Schild noch in der Hand, einen Handfesten Knüppel im Gürtel und seine Waffen im Lager außerhalb des heiligen Bereiches des Pomeriums gelassen. Für heute hatte er sich die Erlaubnis geholt, nach seinem Wachdienst die iunische Casa zu besuchen, in der Hoffnung, dass er dort vielleicht ein paar seiner Verwandten traf, vornehmlich Seneca, von dem er noch nichts gehört hatte seit die Prätorianer bei Vicetia versprengt worden waren. Als er die letzte Gasse entlang ging, sah er schon einen Menschenauflauf dichtgedrängt vor der Casa stehen, Rufe wurden laut und vor der Türe konnte er einige Soldaten stehen sehen.


    Langsam näherte er sich dem Mob, rempelte einen Steinewerfer zur Seite und verpasste ihm einen Schlag in den Magen. Mit einem Ächzen ging der Mann zu Boden. Einige andere Pöbler blickten den Iunier überrascht an, Wut in den Augen. Doch als sie die zornigen Blicke von Priscus sahen, wagten sie es -noch- nicht, ihn anzugreifen. Mit seinem Schild in der Hand drängte sich Priscus durch den Auflauf, bis er bei den Soldaten angekommen war. Ein Optio befehligte die Männer, deren Schilde die Zeichen der Achten Legion trugen. Ein paar Steine kamen geschwirrt, trafen einen der Männer am Helm. Instinktiv duckte sich Priscus etwas, dann drehte er sich um. Wut hatte ihn gepackt, als er die Leute skandieren hörte, dass die Iunier Anhänger des Vesculariers seien.


    "Bei Dis, haltet eure Zungen im Zaum, bevor ich mich vergesse!!!" brüllte er gegen die Leute an. Die Vordersten sahen ihn erstaunt an, doch die meisten setzten ihre Rufe fort. "Ruhe!!," brüllte er wieder, diesmal mit allem was er hatte. "Ich bin Titus Iunius Priscus, Soldat der ruhmreichen Legio Prima im Heer des siegreichen Gaius Flaminius Cilo, Sieger von Vicetia!!!" Bei der Erwähnung seines nomen gentile wurden die Pfiffe und Schmähungen lauter, doch als er den Namen Cilos erwähnte, der sie befreit hatte, wurden die Stimmen leiser. "Dies ist die Casa meiner Gens, die ihr hier belagert und ihr droht den Bewohnern und damit auch mir!!" Er deutete auf seinen Oberarm, über den eine noch frisch verheilte Narbe lief, noch wulstig und rot. "Ich habe mein Leben in der Schlacht aufs Spiel gesetzt, um euch von dem Joch der Unterdrückung zu befreien und den Schergen des Fetten, wie ihr ihn nennt, Einhalt zu gebieten! Ich habe mein Blut vergossen, damit ihr von der Tyrannei befreit werdet. Ich habe den Schwur, den ich vor Mars und dem Adler abgelegt habe, immer gehalten, zum Wohle aller, damit ihr wieder ruhig schlafen könnte, ohne Angst vor Mord und Verfolgung zu haben!!!"


    Einige der Menschen sahen betreten zu Boden.Priscus starrte sie an. Dann fuhr er fort: "Und nun komme ich hier an diesen Ort, in der Hoffnung, meine Verwandten und Freunde zu finden, für die ich gekämpft habe. Aber an Stelle von Freude und Ausgelassenheit sehe ich hier einen Haufen Feiglinge und Tagediebe, die noch nicht genug Gewalt mit angesehen haben, die unschuldige Menschen bedrohen, die keine Schuld an den Umständen hier in Rom hatten! Ihr bedroht ihr Leben und ihre Ehre!"
    Mit gespielter Trauer ließ er den Kopf sinken, hob ihn wieder und fuhr fort: "Ich schäme mich für euch, ich schäme mich, dass ihr, für die ich mein Leben mit Freude gegeben hätte, hier zusammen gekommen seid, um eure Wohltäter zu schänden! Denn das ist die Gens der Iunier, sie war und ist stets bemüht, für Gerechtigkeit zu sorgen. Meine Vorfahren vertrieben den letzten König aus Rom, den Tyrannen Tarquinius Superbus, bekämpften die Ungerechtigkeiten, wo sie sie fanden zum Wohle der Republik und später zum Wohle der Kaiser. Mit welchem Recht hegt ihr nun solch niederträchtige Absichten? Geht nach Hause und erzählt niemandem hiervon, damit ihr nicht noch mehr Schande auf eure Häupter ladet. Nicht einmal der Hund beißt die Hand, die ihn fütert!!!"


    Unter dem Rand des Helmes hervor betrachtete er die Menschen, gespannt, welche Reaktion sie auf seine Ansprache zeigen würden. Unwohl war ihm auf jeden Fall, er hatte kein Schwert und fühlte sich trotz Rüstung verwundbar.

  • Ein oder zwei Momente lang hielt der brausende Sturm an Steinen doch inne, als sich noch ein Soldat nach vorne zwängte und versuchte die Menge mit vielen Worten niederzureden. Vielen, vielen Worten. Die Menschenmenge wusste erst nicht viel damit anzufangen, viel zu perplex waren sie, dass da tatsächlich jemand stand und sich darin versuchte an die Ehre und die Vernunft eines wütenden Mobs zu appellieren. Darauf waren Mobs nicht gefasst, immerhin war das erste was man als Teil eines Mobs über Bord warf eben Ehre, bald gefolgt von Vernunft. Einen oder zwei Momente ward es also still... und man konnte förmlich sehen, wie es hinter den unschlüssigen Maskenn arbeitete, die vorher noch Wut und Freude über die Wut gezeigt hatten.


    "MOMENT MAL!!!", erschallte es schließlich aus dem undefinierbaren Dickicht der Menschen, "DIESE IUNII HABEN ZWEI PRÄTORIANER! SOGAR EINEN CENTURIO! DIE HABEN FÜR DEN FETTEN GEKÄMPFT!"
    Die Reaktion der Menschenmenge war aufgeregtes Gemurmel, immerhin schien der Mann, offenbar ein gut informierter Nachbar, da Informationen zu haben die das Lot wieder in die andere Richtung ausschlagen lassen konnten.
    "Vielleicht ist der hier gar einer von denen?", fragte ein anderer, nicht ganz so lautstark in die Menge hinein, erneut gefolgt von aufgeregtem Gemurmel, "Vielleicht ist das ein Prätorianer, der nur seine Habe retten will?"
    Das Gemurmel wurde wieder lauter, der kollektive Entscheidungsprozess der Meute dauerte an.


    Sim-Off:

    Kopf oder Zahl? :D

  • Jetzt wurde es wirklich laut. Da brüllte einer wie ein Löwe. Titus Iunius Priscus, Soldat der ruhmreichen Legio Prima im Heer des siegreichen Gaius Flaminius Cilo.
    Hä?
    Jetzt wurde es unübersichtlich. Diademata schaute die Tür ein bisschen entgeistert an. Die Tür schaute völlig unbeeindruckt zurück.
    So war das also. Auf allen Seiten standen Iunier. Eigentlich ganz praktisch. Diademata würde sich dann einfach zu denen stellen, die am Ende noch lebten. Sanitaor, Palma oder Cilo, das war ihr doch völlig egal, wenn dafür Rom endlich normal wäre und sie sich endlich auf die Suche nach einem geeigneten Ehemann machen könnte! Männer!


    Leider war es dem Mob gar nicht egal. Der pöbelte weiter. Wie sie diesen einfältigen Pöbel hasste!
    Vielleicht ist der hier einer von denen? Pff! Vielleicht hat einer von euch selbst dem 'Fetten' den Hintern geleckt und ihr solltet euch gegenseitig aufschlitzen! Vielleicht seid ihr alle nur Idioten!


    In ihren Gedanken konnte Diademata natürlich so vorlaut sein. Tatsächlich hielt sie aber lieber weiter den Mund und lauschte.

  • Die Lage beruhigte sich langsam wieder und man versuchte inzwischen auch in Rom wieder Normalität einkehren zu lassen. Lange Zeit war Avianus lediglich als Anhängsel germanischer Truppen aus den Militärlagern herausgekommen, umso mehr freute er sich jetzt, endlich eine Möglichkeit zu haben, um nach der Casa Iunia und deren Bewohnern zu sehen. Sie waren sozusagen das Letzte, um was er sich jetzt noch Sorgen machen musste. Als die Casa in Sichtweite kam, fragte er sich allerdings, ob man ihn dort überhaupt noch erkennen würde. Als er sie das letzte und eigentlich auch erste Mal besucht hatte, war er noch nicht einmal Teil der Stadtkohorten gewesen. Er konnte nur ahnen, wie sehr er sich seitdem verändert hatte, dabei musste er auch wieder an die kleine Narbe an seiner Wange denken, die er noch dem Zusammenstoß mit dem Helvetier in Vicetia zu verdanken hatte. Inzwischen wusste er nämlich, dass sie mit größter Wahrscheinlichkeit nie mehr verschwinden würde. Aber auch die Prätorianertunika war im Grunde neu.
    Ob irgendjemand überhaupt noch mit ihm rechnete, war ebenfalls so eine Sache, die ihm genau im selben Moment durch den Kopf schoss. Eigentlich dürfte er ja gar nicht hier sein, Salinators Truppen waren schließlich gescheitert. Wie es damit aussah, würde er vermutlich gleich erfahren. Was würde Diademata - sie war schließlich die einzige, die er in der Casa erwartete - wohl davon halten, dass er plötzlich quicklebendig vor der Tür stand? Gut, quicklebendig war etwas übertrieben, eigentlich war er wie in letzter Zeit etwas müde und schlecht rasiert. Er fragte sich ob sie sich wohl freuen würde, oder ihm womöglich übel nehmen würde, dass er sich als ehrenvoller Römer nicht in sein Schwert gestürzt hatte. Zwar hatte Seneca entschieden, sie sollen sich den gegnerischen Truppen anschließen, aber wer hätte ihn denn daran hindern sollen, sich selbst ein Ende zu bereiten? Hätte er es gewollt, hätte er es trotzdem getan. Aber er gestand sich selbst ein, dass er im Grunde froh war, dass Seneca ihm die Entscheidung abgenommen hatte.
    Der Iunier klopfte etwas zögerlich auf das Holz der Porta. Poch, poch
    "Mein Name ist Aulus Iunius Avianus, öffnet die Tür", schickte er noch hinterher, um sich ein kleines bisschen weniger lächerlich vorzukommen.

  • Etwas erschöpft stapfte Seneca die Straße hinab, dieselbe Straße welche er schon so oft zuvor hinabgelaufen war, und dennoch, heute war alles anders.
    Er war lange nicht mehr in der Casa Iunia gewesen, viel zu lange, denn so viel war geschehen, der Krieg war vorbei und er war schon wieder eine ganze Weile in Rom, aber er hatte nicht einmal Zeit gefunden seinen Verwandten mitzuteilen dass er noch am Leben war, geschweige denn, dass er noch immer im Dienst der Garde stand. Und dann war da noch diese andere Sache, er war Vater, nicht die Art Vater welche seine Verwandten in Jubelstürme würde ausbrechen lassen, sondern mehr die Art von Vaterschaft, welche man wohl vorerst für sich behielt.
    Was würden die Iunier sagen wenn er gleich wieder vor ihnen stand? Diademata, Axilla, war überhaupt jemand zugegen? Waren alle wohlauf?
    Während die Gedanken in seinem Kopf kreisten erreichte er auch schon die Porta, er klopfte, einmal etwas schwach, dann ein paar mal kräftiger...

  • Nach einer etwas längeren Wartezeit, öffnete endlich der Ianitor die Tür, es war noch der gleiche, das war ja schonmal was, Seneca blickte ihn mit einem kurzen Grinsen an, und ging dann an ihm vorbei in die Casa.

  • Als Silanus die letzten Meter zum Eingang der Casa Iunia vor sich hatte war er sich immer noch nicht sicher, ob es nicht vielleicht doch besser gewesen wäre, Axilla vorab einen Brief zu schicken, der sie über seine Absicht nach Rom zu kommen in Kenntnis gesetzt hätte. Nun war es ohnehin zu spät, denn er war schon hier, aber diese Frage quälte ihn immer noch. Wie auch schon während der gesamten Schiffsreise und dem Weg von Ostia nach Rom. Er konnte nicht abschätzen, wie Axilla auf sein Erscheinen reagierte und genau das war das Problem. Vielleicht hatte er einfach nur Angst gehabt, dass sie ihm auf einen Brief antwortete, er solle besser in Hispania bleiben. Natürlich war es nicht sein Fehler, dass er Erkrankt war und auf Anraten der Ärzte für längere Zeit auf den Landgütern nahe Tarraco geblieben war, doch war sein Fortgang aus Rom ziemlich überhastet und kurzfristig gewesen. Irgendwann musste er sich eingestehen, dass es mehr eine Flucht war. Alles war ihm einfach über den Kopf gewachsen. Seine Arbeit als Procurator am Kaiserhof, dieser verdammte Salinator und natürlich auch die Familie.


    Doch das war mittlerweile Vergangenheit. Er hatte sich lang genug verkrochen und die restliche Welt ignoriert. Nun war es Zeit wieder in das normale Leben zurückzukehren. Und das war hier in Rom. Hier war die Familie, hier waren seine Freunde und hier war Axilla. Doch ob sie ihn überhaupt noch sehen wollte? Sie hatte mittlerweile geheiratet. Einen Pompeier. Silanus konnte sich sogar dunkel an ihn erinnern, hatte er doch zu gleichen Zeit wie er als Primicerius am Kaiserhof gearbeitet. Mehr wusste er auch schon nicht mehr über den neuen Mann an Axillas Seite. Sie war bestimmt böse, mehr als böse, dass er nicht einmal zur Hochzeit erschienen war. Doch die Ärzte hatten ihn damals davon abgeraten nach Rom zu reisen. Und sie hatte ein Kind geboren. Auch das hatte er verpasst. Vermutlich war sie darüber noch viel enttäuschter, als über das Nichterscheinen auf ihrer Hochzeit. Es hatte noch einige Zeit gedauert, ehe er sein Lungenleiden in den Griff bekommen hatte. Und noch heute musste er täglich Medizin einnehmen, um keine Rückfall zu bekommen.


    Als er schließlich vor der Türe angekommen war, atmete er tief durch. Vermutlich wohnte sie gar nicht mehr in der Casa Iunia sondern bei ihrem Pompeier, schoss es ihm durch den Kopf. Ja! Das konnte tatsächlich der Fall sein. Es war sogar ziemlich sicher so. Silanus Herzschlag verlangsamte sich wieder deutlich. Ein Felsbrocken viel ihm vom Herzen als er daran dachte, dass er das Wiedersehen mit Axilla noch ein wenig länger aufschieben konnte. Sichtlich entspannter als noch vor wenigen Momenten klopfte er an die Türe.

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