Günther Grass und sein Bekenntnis

  • Zitat

    Original von Quintus Terentius Alienus
    Grass sagt selbst von sich, dass er an den Endsieg geglaubt hat. Aber für meine Begriffe hat er doch bewiesen, dass Menschen sich ändern!


    Menschen können sich nicht ändern, das wäre schön, ist aber nur Wunschdenken. Man kann es lediglich so aussehen lassen, als hätte man sich geändert

  • Widerspreche ich ja nicht. Aber nicht jeder den man zum Christen erzieht, glaubt auch an Gott. Das wollte ich damit sagen. Sicher, große Teile der Bevölkerung sind dem Östereicher Hitler nachgerannt, und haben nur zu gerne geglaubt, was er ihnen erzählt hat. Viele andere aber sind nachgerannt, weil man halt nachgerannt ist. Weil es dazugehört hat. Und gegen Ende des Krieges? Keine Ahnung warum sich Grass freiwillig meldet. Ich denke mal es war eine Mischung aus "Der Russe steht vor der Türe", "Ich bin jetzt 17", "Militär ist cool". Man kann so durchaus denken. Allerdings kann ich dann schon verstehen, warum er das dann später verschweigt. Mir wäre es auch peinlich, so ein Teenager-Grünschnabel, so ein Vollidiot gewesen zu sein...

  • Zitat

    Original von Quintus Serberus


    Menschen können sich nicht ändern, das wäre schön, ist aber nur Wunschdenken. Man kann es lediglich so aussehen lassen, als hätte man sich geändert


    Ein hartes Urteil. Das würde bedeuten, dass Du das was Du jetzt bist, immer bleibst. Es gibt genug Beweise, die eine andere Geschichte erzählen. Mann kann vom Saulus zum Paulus werden. Man kann Schwerter zu Pfugscharen umschmieden. Man kann sich wandeln, man kann eine 180 Grad Wende hinlegen. Sicher nicht jeder, aber es ist möglich.

  • Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius
    Widerspreche ich ja nicht. Aber nicht jeder den man zum Christen erzieht, glaubt auch an Gott. Das wollte ich damit sagen. Sicher, große Teile der Bevölkerung sind dem Östereicher Hitler nachgerannt, und haben nur zu gerne geglaubt, was er ihnen erzählt hat. Viele andere aber sind nachgerannt, weil man halt nachgerannt ist. Weil es dazugehört hat. Und gegen Ende des Krieges? Keine Ahnung warum sich Grass freiwillig meldet. Ich denke mal es war eine Mischung aus "Der Russe steht vor der Türe", "Ich bin jetzt 17", "Militär ist cool". Man kann so durchaus denken. Allerdings kann ich dann schon verstehen, warum er das dann später verschweigt. Mir wäre es auch peinlich, so ein Teenager-Grünschnabel, so ein Vollidiot gewesen zu sein...


    ja aber dann noch den Moralapostel spielen?
    Nunja, frag mal Zeugen Jehowas Kind ...
    der Glaube wurde einem Anerzogen, man dachte, handelte und war ein Nazi ... die Erziehung in Nazi-Deutschland war unheimlich intensiv ...

  • Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius


    Ein hartes Urteil. Das würde bedeuten, dass Du das was Du jetzt bist, immer bleibst. Es gibt genug Beweise, die eine andere Geschichte erzählen. Mann kann vom Saulus zum Paulus werden. Man kann Schwerter zu Pfugscharen umschmieden. Man kann sich wandeln, man kann eine 180 Grad Wende hinlegen. Sicher nicht jeder, aber es ist möglich.


    Man kann es nur vorgeben ;) Die Psyche ist etwas sehr fest verankertes. Sie entwickelt sich absolut zwischen dem 6. und dem 16. Lebensjahr in 2 Phasen
    6 - 12 und 12 - 6. Alles was sich für die Psyche da entwickelt bleibt defnitiv fest verankert ...

  • Dir ist schon klar, dass sich jede Zelle deines Körpers im Laufe deines Lebens komplett erneuert, bzw abstirbt und durch eine neue ersetzt wird? Du bist nie der selbe Mensch, du bist immer im Wandel. Selbst wenn du im Kopf, im Gehirn gewisse Verhaltensmuster hast, gewisse Grundstrukturen, verändern sich auch diese mit jeder neuen Information, mit jeder neuen Erfahrung. Man muss Informationen nicht zwangsweise GLEICH bewerten. Bewertungen können sich ändern. Ansonsten wäre zum Beispiel Antisemitismus ein Phänomen, das nicht kurierbar ist. Das halte ich jedoch für falsch.

  • Zitat

    Original von Quintus Serberus


    Man kann es nur vorgeben ;) Die Psyche ist etwas sehr fest verankertes. Sie entwickelt sich absolut zwischen dem 6. und dem 16. Lebensjahr in 2 Phasen
    6 - 12 und 12 - 6. Alles was sich für die Psyche da entwickelt bleibt defnitiv fest verankert ...


    Zitat

    Original von Quintus Serberus


    Menschen können sich nicht ändern, das wäre schön, ist aber nur Wunschdenken. Man kann es lediglich so aussehen lassen, als hätte man sich geändert


    Wenn es nach dir ginge, müsste ich dann also Kommunist sein, weil ich in der DDR geboren bin... interessant. -.^

  • Appius Iunius Lucullus:
    Sozialist, kommt drauf an wann ;) ich bin 1987 geboren und habe also noch nix davon mitbekommen *puh*


    @Meridus: die Psychologie ist eine nichtbiologische Information und wird unabhänig ständig übertragen. Es werden nicht alle Zellen gleichzeitig ersetzt sondern immer nach und nach.
    Sämtliche Informationen die der Körper sammelt bleiben erhalten.
    Keine Information kann verloren gehen!! Das ist ein Grundsatz der Physik

  • Ich rede von Bewertungen von Informationen.
    Diese unterliegen einem Wandel und sind nicht konstant!


    edit:


    Wenn das nicht so wäre, könntest Du nicht aus Erfahrung lernen ;)
    Und kognitiv ebenfalls nicht.

  • Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius
    Ich rede von Bewertungen von Informationen.
    Diese unterliegen einem Wandel und sind nicht konstant!


    Die Bewertung der Informationen nimmst du nach Erfahrungen war. Diese Erfahrungen unterliegen den ersten komplett dauerhaft gespeicherten Informationen. Die Kette bleibt erhalten ... egal wie man es dreht,
    aber da kann man unterschiedlicher Ansicht sein. Genaugenommen sind das alles nur Theorien. Genau kann man das garnicht wissen ... leider :(

  • Hmm,... da ihr schon beim Wandel der Mentalität mit dem Alter seit, werf ich mal ein Zitat ein, welches, meines Wissens nach von Churchill kommt :


    "Wer mit 18 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 40 noch Kommunist ist, hat keinen Verstand !"

  • Zitat

    Original von Quintus Serberus
    Appius Iunius Lucullus:
    Sozialist, kommt drauf an wann ;) ich bin 1987 geboren und habe also noch nix davon mitbekommen *puh*


    Naja, was ich damit sagen wollte: Nichts ist wie es scheint.


    Mein Urgroßvater z.B. war in der Wehrmacht. Jetzt würdest du bestimmt sagen er war ein Nazi. Aber willst du wissen wie er dort hin gekommen ist? Er war damals zu Nazizeiten eingefleischter Kommunist und wurde dabei geschnappt wie er Flugblätter verteilte. Danach hieß es: Ab ins Strafbataillon. Du siehst also, nicht überall, wo Nazi drauf steht ist auch Nazi drin. Und das mit Endsieg würde ich auch nicht so verklemmt sehen, dass war damals so ein Spruch wie Heute: Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin...
    Und ich glaube Grass ging es damals nicht anders. Harte Zeiten.

  • Es ist bekannt und Grass hat das auch immer eingeräumt, dass er der Nationalsozialistischen Erziehung und ihren Inhalten nicht entging, er hielt den Nationalsozialismus für richtig. Das ist nichts neues und auch nicht verwunderlich, hatte er ja kaum etwas anderes kennengelernt. Grass war in jener Zeit ein Nazi, wie jeder andere durchschnittliche 15-Jährige - - -


    Er meldete sich freiwillig zur Wehrmacht - auch nicht wirklich sonderbar - und ... hier beginnt es fragwürdig zu werden ... gibt nun 60 Jahre lang vor, die kurze Zeitspanne bis zum Ende des Krieges als Flakhelfer verbracht zu haben.


    Tatsächlich meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS und wurde der 10. Panzerdivision zugeteilt; das ist nicht schön aber auch das könnte man noch nachvollziehen.


    Aber für eine moralische Instanz der Bundesrepublik (zu der er sich gemacht hatte) ist dieses Verschweigen ruinös, ebenso für die Inhalte, die vertreten wurden.


    Grass war dann wohl doch nur eine Inszenierung des Guten, die jetzt beendet ist. Eine echte Enttäuschung.

  • Zitat

    Original von Quintus Serberus


    Die Bewertung der Informationen nimmst du nach Erfahrungen war. Diese Erfahrungen unterliegen den ersten komplett dauerhaft gespeicherten Informationen. Die Kette bleibt erhalten ... egal wie man es dreht,
    aber da kann man unterschiedlicher Ansicht sein. Genaugenommen sind das alles nur Theorien. Genau kann man das garnicht wissen ... leider :(


    Deine Informationen sind für das Gehirn nichts anderes als elektrische Impulse, die durch Synapsen im Gehirn laufen. Dabei können die unterschiedlichsten Stränge ausgebildet werden. Das funktioniert zugegebenermaßen in jungen Jahren am stärksten und prägt gewisse Strukturen vor, doch hört es nie auf und ist ein Prozess, der bis zum Ende Deines Lebens anhällt. Das hat die Hirnforschung in der Zwischenzeit herausgefunden. Ich verweise gerne auf Manfred Spitzer und Gerhard Hüther. Das heißt, vorhanden Stränge können sich umformen, können sich auch wieder abbauen, andere Stränge können wichtiger werden. Das wird zugegebener Maßen schwerer, ist aber möglich.

  • Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius


    Deine Informationen sind für das Gehirn nichts anderes als elektrische Impulse, die durch Synapsen im Gehirn laufen. Dabei können die unterschiedlichsten Stränge ausgebildet werden. Das funktioniert zugegebenermaßen in jungen Jahren am stärksten und prägt gewisse Strukturen vor, doch hört es nie auf und ist ein Prozess, der bis zum Ende Deines Lebens anhällt. Das hat die Hirnforschung in der Zwischenzeit herausgefunden. Ich verweise gerne auf Manfred Spitzer und Gerhard Hüther. Das heißt, vorhanden Stränge können sich umformen, können sich auch wieder abbauen, andere Stränge können wichtiger werden. Das wird zugegebener Maßen schwerer, ist aber möglich.


    Du spielst immer wieder auf den Biochemischen Teil an, der allerdings keinerlei Bedeutung hat. Keine Information die existiert kann je verloren gehen!!! Das ist nach der Physik unmöglich - darauf kommt es an.


    Man schätzt, dass man das Gehirn zu etwa 3% erforscht hat.
    3% Fakten - der Rest ist alles graue Theorie, und ich glaube, dass was du ansprichst gehört ebenfalls dazu.
    Ich hab mal das entscheidene Wort unterstrichen, nich das jemand auf mir rumhackt wenn es doch nicht so sein sollte *G*

  • Einen schönen guten Morgen. Ich habe bis eben schön gefrühstückt und dabei genau dieses Interview mit Günther Grass in der Frankfurter Allgemeinen gelesen.
    Es ist ja sehr witzig, dass hier gerade diesem Schriftsteller quasi vorgeworfen wird, er hätte sich als Kind nicht gegen eine möglicherweise beeinflussende Erziehung gewehrt, hätte sich durch die Nazis verführen lassen, er wäre auch mit Begeisterung bei der Sache gewesen, wäre blind gewesen, für die Untaten, die damals begangen wurden. Denn gerade Grass ist es doch, der sich seit nun über fünfzig Jahren genau mit diesem Thema und dieser Bürde literarisch herumschlägt. Während andere so tun, als wäre das da eine Clique aus ein paar dunklen Typen gewesen, die alle anderen so blind gemacht haben, so dass die einfach alles mitmachten, oder als ob 90% aller Deutschen verkappte Widerstandskämpfer gewesen wären, hat gerade Grass doch immer gesagt, dass es eben genau so nicht gewesen ist und das er selbst eben auch Teil des Ganzen war.
    Warum er dabei nie bekannt hat, nicht nur Flak-Helfer gewesen zu sein, sondern auch Mitglied der Waffen-SS (Ende ´44, als z. B. auch nicht mehr benötigtes Bodenpersonal der kaum noch existenten Luftwaffe in die Waffen-SS gesteckt wurde und in einer Einheit, die, wie zu dieser Tage auch zu hören war, an keinen Kriegsverbrechen beteiligt war) ist natürlich seltsam aber ich finde nicht, dass er deshalb seine Reputation einbüßt.

  • Zitat

    Original von Decius Germanicus Corvus
    Einen schönen guten Morgen. Ich habe bis eben schön gefrühstückt und dabei genau dieses Interview mit Günther Grass in der Frankfurter Allgemeinen gelesen.
    Es ist ja sehr witzig, dass hier gerade diesem Schriftsteller quasi vorgeworfen wird, er hätte sich als Kind nicht gegen eine möglicherweise beeinflussende Erziehung gewehrt, hätte sich durch die Nazis verführen lassen, er wäre auch mit Begeisterung bei der Sache gewesen, wäre blind gewesen, für die Untaten, die damals begangen wurden. Denn gerade Grass ist es doch, der sich seit nun über fünfzig Jahren genau mit diesem Thema und dieser Bürde literarisch herumschlägt. Während andere so tun, als wäre das da eine Clique aus ein paar dunklen Typen gewesen, die alle anderen so blind gemacht haben, so dass die einfach alles mitmachten, oder als ob 90% aller Deutschen verkappte Widerstandskämpfer gewesen wären, hat gerade Grass doch immer gesagt, dass es eben genau so nicht gewesen ist und das er selbst eben auch Teil des Ganzen war.
    Warum er dabei nie bekannt hat, nicht nur Flak-Helfer gewesen zu sein, sondern auch Mitglied der Waffen-SS (Ende ´44, als z. B. auch nicht mehr benötigtes Bodenpersonal der kaum noch existenten Luftwaffe in die Waffen-SS gesteckt wurde und in einer Einheit, die, wie zu dieser Tage auch zu hören war, an keinen Kriegsverbrechen beteiligt war) ist natürlich seltsam aber ich finde nicht, dass er deshalb seine Reputation einbüßt.


    moment, das werf ich ihm ja nicht soo vor!
    Natürlich konnte er sich nicht gegen diese Erziehung wehren ... das ist ja auch unrealistisch ... aber das er danach solange scheinheilig gelogen hat ... das fand ich nicht ok ...

  • Joa, es ist gerade für jemanden wie ihn, der sich auf diese Weise mit der damaligen Zeit befasst, natürlich ratsam, die eigene Vergangenheit lückenlos offen zu legen und nichts zu verschweigen. Es ist auch ein wenig unverständlich, denn was er verschwiegen hat, waren ja nun keine Kriegsverbrechen oder ein besonders aktives Anbandeln mit dem System.
    Warum hat er geschwiegen?
    Aus dem Interview konnte ich eigentlich nur einen wirklichen Grund heraus lesen und der lautet: Scham.

  • Zitat

    Original von Decius Germanicus Corvus
    Joa, es ist gerade für jemanden wie ihn, der sich auf diese Weise mit der damaligen Zeit befasst, natürlich ratsam, die eigene Vergangenheit lückenlos offen zu legen und nichts zu verschweigen. Es ist auch ein wenig unverständlich, denn was er verschwiegen hat, waren ja nun keine Kriegsverbrechen oder ein besonders aktives Anbandeln mit dem System.
    Warum hat er geschwiegen?
    Aus dem Interview konnte ich eigentlich nur einen wirklichen Grund heraus lesen und der lautet: Scham.


    Lügen bleibt Lügen und Lügen in Verbindung mit einem Nazi gefällt mir absolut nicht!

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