[Subura] Lupanar in der Nähe des Venustempels

  • Zitat

    Original von Hannibal
    Schauplatz 1: Flora und die Neue, „Callista“ (gespielt von Celeste)


    „Du mußt nicht so schüchtern sein, Liebchen! Aber ich seh schon, warum Satryus Dich ins Lupanar geholt hat!“ Flora lächelte suckersüß und hob eine Haarsträhne von Celeste. „Blond und niedlich, ja, darauf stehen die römischen Männer ganz besonders. Hast Du schon mal in dem Metier gearbeitet?“ Flora legte eine Hand unter Celestes Kinn und drehte ihr Gesicht im Licht der Öllampen hin und her. „Hmm…ja, doch, ein hübsches Mädchen.“ Doch dann verengten sich Floras Ausgen und sie beugte sich vor. „Aber komm mir nie, niemals ins Revier mit meinen Freiern, verstanden?“, zischte sie leise. Ihre Augen blitzten böse und kaltherzig Celeste an, dann verschwand dieser Ausdruck schnell wieder. „Aber wenn Du Dich da raus hälst, werden wir uns sicherlich ganz wuuunderbar verstehen, Schätzchen.“ Flora richtet sich auf und strich sich zufrieden ihre Haare zurück. Nachdenklich betrachtete sie die blonden Haare, womöglich sollte sie es mal mit einer blonden Perücke versuchen. „Komm, Liebchen, ich bring Dich mal zu Ruso und Catina. Wer hat Dich eigentlich rein gelassen?“ fragte Flora und ging den Gang weiter, wobei sie Celeste mit ihrer rechten Hand aufforderte ihr zu folgen.


    Sie soll nicht so schüchtern sein? Ihr fehlten im Moment die Worte. Doch das konnte die Frau ja nicht wissen. Auch konnte diese nicht wissen, dass es sich hier um eine Diebin handelte, die sich dazu hatte überzeugen lassen im Namen eines verrückten Dinge herauszubekommen und nun in einem Lupanar gelandet war wo sie nicht so recht wusste wie an Auskünfte zu kommen war und nun noch für eine Lupa gehalten wurde. Das Leben meinte es zur Zeit alles andere als gut mit ihr. Viel mehr ging alles schief...aber auch wirklich alles und zu allem Überfluß wurde sie hier gerade gemustert wie eine Sklavin auf dem Markt. Alles in ihr wollte weg, wollte fortlaufen und das jetzt. Doch der Ehrgeiz ihren Auftrag zu erfüllen war im Moment größer. Plötzlich kam ihr ein Einfall. Vielleicht wenn sie hier als Lupa bekannt wäre, könnte sie sich sicher auch unbehelligter bewegen. Sie musste nur zusehen Freiern aus dem Weg zu gehen. Doch da wusste sie nicht wie sie dies am besten sollte. Das war die Schwachstelle im Ganzen System ihrer Gedanken. Doch davor galt es nun mit dieser Frau fertig zu werden, die gerade ín ihren Haaren herum wuschelte und in Celeste regte sich erneut ein Widerstreben.
    "Bisher habe ich in diesem Bereich noch nicht gearbeitet.
    Sicher würde die andere sie nun auslachen. Da musste sie aber durch. Als die andere sie so ob ihrer Hübschheit lobte, versuchte Celeste zu lächeln und dies aber nicht zu gestellt aussehen zu lassen. Als die andere jedoch begann ihr zu drohen und deis so unvermittelt tat, dass es Celeste erschreckte, wich diese schnell ein paar Schritte zurück. Ihr Mimik, ihre Gestik, sie war für diesen Moment so furchteinflößend gewesen, dass Celeste der Gedanke kam, dass wohl alle so sein könnten und es machte ihr noch mehr Angst.
    "Du musst keine angst haben. Ich werde mich aus allem heraushalten. Das verspreche ich."
    Und wie sich sich aus allem heraushalten wollte. Sie wollte Informationen. Dafür bekam sie ihr Geld. Nicht dafür, dass sie sich und ihren Körper für irgendwelche Gefälligkeiten verkaufte. Nun sollte sie auch noch irgendwelchen Leuten vorgestellt werden, die sie nicht kannte und wo sie nicht wusste, ob diese die eigentliche Lupa kannten, die sie hier nun spielte. Das konnte alles noch brenzlig werden. Sehr sogar... Doch das musste sie wohl riskieren.
    Ich bin irgendwie falsch gelaufen und dann stand ich hinten an der Tür und bin dann einfach rein. Ich dachte ich würde schon irgendwie den richtigen Weg finden. Doch leider war mir das nicht geglückt."
    Das war wirklich nicht gelogen. Zwar würden sie beide einen ganz unterschiedlichen Weg meinen, aber ihre Worte waren dennoch ehrlich.

  • Schauplatz 1: Celeste (immer noch in der Rolle der Callista) und Flora


    Flora lachte nicht, irgendwann musste man, mehr frau, in dieser Hinsicht anfangen, wenn man in Not geriet oder sonst keine Möglichkeit hatte sein Leben zu bestreiten. Sie warf Celeste einen halbmitleidigen, aber auch einen mehr gleichgültigen Blick zu. „Na, macht nichts. So schwer ist das nicht. Wir haben hier keine Kundschaft, die höchste Raffinesse erwartet. Rüber und Fertig ist!“ So einfach war es bei den meisten Männern nun mal und darüber war Flora auch nicht unfroh. Die fordernden Kunden, die auch nicht unbedingt mehr Geld einbrachten, waren in dieser Hinsicht lästig. Und je jünger ihre Freier waren, desto schneller war es meist auch wieder vorbei. „Wirst schon sehen, so schlimm ist es auch wieder nicht. Und was hat Dich hierher verschlagen? Ich meine, verdienst Du das Geld für Deine jüngeren Geschwister, für Deine Eltern oder einfach nur für Dich?“


    Floras Augen verschmälerten sich einen Deut für einen noch winzigeren Moment. „Angst? Pah!“ Sie winkte ab und marschierte weiter durch den Gang. „Aber dann ist alles im Lot, Liebchen. Da sind wir schon.“ Sie blieb vor einer dunklen Holztür stehen, eine Nymphe räkelte sich nackt auf dem Wandbild daneben, nur war ihr Kopf vom Putz abgeblättert und nur noch ihre nackte Gestalt zu erkennen. „Ist schon in Ordnung, Süße. Wenn ich später noch Zeit habe, zeige ich Dir auch die Räume vom Lupanar. Dann verläufst Du Dich bestimmt nicht noch einmal.“


    Und schon klopfte Flora an der Tür. Die Tür öffnete sich einen Spalt und ein Glatzköpfiger, mit auffällig knubbeliger Nase, starrte hinaus und misstrauisch Flora an. „Waf ift?“ raunzte er unfreundlich. Flora verzog ihren Mund und verschränkte die Arme vor der leicht bekleideten Brust. „Die Neue!“ Der Mann starrte Celeste entgegen. An seinem linken Auge wand sich eine breite Narbe entlang und zog das Oberlied etwas tiefer, durch seine dicke Nase stob leise den Atem aus. „Moment!“ Er wandte sein Gesicht halb um. „Die Neue!“ Eine Stimme von innen drang heraus. „Später! Du und Flora, weist sie ein. Ich komme gleich hinzu.“ Genervt rollte der Glatzköpfige mit den Augen. „Fehr wohl.“ Er trat hinaus und schloss die Tür hinter sich. Der Mann steckte seine Daumen in seinen Ledergürtel und musterte Celeste wie ein Stück Ware von oben bis unten. „Ein biffchen dürr...hmm...wie heift Du? Wo haft Du schon gearbeitet?“


    Schauplatz 2: Hannibal, Flosculus und eine alte Statue


    Behutsam tastete Hannibal mit seinen Fingerspitzen hinter die Statue und langsam, der Schwere des Steines wegen, zog er einen Steinblock nach vorne. Immer wieder schabte der Stein über den Boden, knirschte leise und ein wenig Steinstaub wurde in die Luft gewirbelt und in die Nase von Hannibal, der nur kurz die Luft anhielt und anschließend leise niesen musste. Schnell hielt er seinen Ärmel davor, um nicht allzu laut zu sein, wenn es auch nicht notwendig war. Die Feier am Ende des Ganges war laut genug, um sein Tun zu verbergen. Schließlich war der Stein heraus, Hannibal rückte ihn von dem Versteck dahinter weg, beugte sich vor und griff hinein. Seine Hand ertasteten die Holzkiste, die er hervor zog und erleichtert aufatmete. Sie war also doch nicht entdeckt worden.


    Gerade wollte er die Kiste aus schwarzbemalter Buche öffnen, vergaß dabei völlig seine Umgebung, als er seinen Namen vernahm. Hannibal spannte sich an, eine Hand wanderte zu dem Dolch, sein Caestum trug er nicht bei sich, und richtete sich ein wenig auf. Nur schemenhaft nahm er den anderen Mann wahr und erkannte erst als sich die Gestalt an ihn heran warf die Stimme und Flosculus wieder. Der Dolch, der schon nach oben schnellen wollte, sank wieder hinab. „Flosculus?“ fragte Hannibal verwirrt, legte ihm eine Hand auf den Rücken und erwiderte im ersten Moment den Kuss. Doch dann löste er sich schnell, denn schließlich war er Nadia wegen in das Lupanar gekommen und nicht, um alten Affären nach zu hängen. „Nein, ich konnte mich noch aus dem Staub machen im Tempel. Aber was ist mit Dir? Hast Du Dein Schuldenproblem gelöst?“ Hannibal griff unauffällig nach der Kiste und sah sich mißtrauisch im Gang um, hoffte dabei, dass sonst niemand mit Serapio dort entlang gekommen war. „Aber was machst Du hier, Flosculus?“

  • Diese reservierte Begrüssung war wie ein kalter Wasserguss. Ich hatte mir, nach dem was im alten Tempel passiert war, irgendwie was anderes vorgestellt... aber anscheinend hatte ich Hannibal zu einem schlechten Zeitpunkt erwischt - ja, daran musste es liegen!
    "Ich habe mir wirklich große Sorgen gemacht.",
    sagte ich leise, und versuchte mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Etwas schimmerte in Hannibals Hand. Ein Dolch?
    "Wie in aller Welt bist Du ihnen entkommen? - Ach, nein, die Schulden hab ich immer noch, aber ich war 'ne Weile weg vom Fenster... die Urbaner haben mich erwischt, und dann, ähm, meine Familie...-"
    Ich stockte. Natürlich hatte ich Hannibal nie was von meiner Familie erzählt, ebensowenig wie er mir von seiner.
    "So war ich 'ne Zeitlang in Sicherheit."
    Unruhig folgte ich Hannibals Blick in den Gang, und mir schien immer mehr, dass es ein GANZ schlechter Zeitpunkt für ein glückliches Wiedersehen war.


    "Ich bin hier weil ich Dich sehen wollte.", murmelte ich.
    "Nur einfach so. Weil... weil Du mich in dem Tempel so beschützt hast. Das war sehr lieb von Dir und tapfer und auch... romantisch. Du hast mir sicher das Leben gerettet! Da wollte ich mich bedanken und außerdem... - Ach, entschuldige. Ich sehe ja dass ich ungelegen komme."
    Ein Blinder hätte das sehen können.
    "Jedenfalls... freue ich mich zu sehen dass es Dir gutgeht.",
    schloss ich lahm, und fragte dann noch leise:
    "Was machst Du denn da eigentlich? Also... wenn ich fragen darf."
    Warum er in seinem eigenen Lupanar so verstohlen im Dunkeln herumschlich, anstatt auf Phyllis' schönem Fest zu sein, das interessierte mich schon.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Schauplatz 2: Hannibal, Flosculus und eine immer noch stumme Statue


    In der Dunkelheit war kaum die Blässe und die Übermüdung von Hannibal auszumachen, dennoch seufzte er leise, umfasste die kleine Holzkiste und erhob sich. Tausend Dinge gleichzeitig musste er noch erledigen und am Besten alles gleichzeitig, dann wiederum schien es ihm als ob er nicht wusste, wo er mit der Suche anfing. Diese nagende Ungewissheit in ihm mit der er sich nun schon länger quälte, war kaum zum Aushalten und somit seine Geduld und sein Wahrnehmungsfähigkeit gegenüber anderen Menschen sehr getrübt. „Flosculus, es ist gerade etwas ungünstig...ich...“ Hannibal steckte schnell seinen Dolch wieder weg und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn, die an seiner verschwitzten Schläfe geklebt hatte. „Mehr mit Glück als Verstand!“, gab Hannibal als Antwort auf die Nachfrage seines Entkommens. „Das ist gut...“, murmelte er leise und sah dann doch überrascht auf. „Deine Familie? Ich dachte, Du hättest keine.“ Zumindest hatte das Hannibal stets so angenommen, denn warum sollte sich Flosculus derart in der Subura herum treiben, wenn es noch jemand gab, der ihm ohne Wenn und Aber, die Familie nämlich, helfen würde.


    Romantisch? Hannibals Augenbrauen hoben sich in derart, wie er es von Hause aus kannte. Doch es war immer noch im Zwielicht des Ganges und Hannibals skeptischer Ausdruck war dadurch gut verborgen. „War es das? Nun, Flosculus, eigentlich habe ich doch mehr leidlich mich dort abgemüht und geholfen habe ich Dir letztendlich dann doch nicht. Im Gegenteil, Du wärst durch mich fast sogar noch in Schwierigkeiten gekommen.“ Hannibal lächelte flüchtig, fuhr sich noch mal fahrig über die Stirn und sah zu der kleinen Götterstatue. „Ich brauche...ich...das ist eine lange Geschichte. Eine Frau, die mir sehr viel bedeutet ist verschwunden und ich muss sie suchen. Zudem bin ich hier nicht mehr gern gesehen. Du hast ja gesehen, wie Satryus auf mich reagiert hat. Aber ich..“ Hannibal seufzte, steckte die Kiste schnell in einen kleinen Umhängebeutel. „Flosculus, ich bin froh, dass es Dir gut geht. Aber ich muss jetzt dringend weg, ehe mich einer von Satryus Männern erwischt.“ Hannibal hob eine Hand und strich Serapio über die Wange. „Es tut mir Leid, dass ich keine Zeit habe. Übrigens wirst Du mich hier nicht mehr antreffen können in der Zukunft...ich arbeite hier nicht mehr.“ Hannibal zögerte kurz und sah Serapio nachdenklich an, dann beugte er sich vor und flüsterte leise. „Wenn Du mich suchst, dann in der Villa Flavia hier in Rom oder in Baiae. Aber bitte behalte das für Dich. Ich muss Dir da vertrauen können, Flosculus. Pass auf Dich auf, mein Schöner. “ Hannibal hauchte ihm noch einen schnellen Kuss auf die Lippen, dann wandte er sich um und verschwand so schnell und leise es ging in dem düsteren Schatten des Ganges.

  • "Oh doch!", widersprach ich überzeugt,
    "Du hast dafür gesorgt, dass ich entkommen konnte, und auf die Gefahr für Dich selbst hast Du dabei gar nicht geachtet."
    Das musste doch etwas bedeuten, da war ich mir sicher! So selbstlos handelte man doch nicht, wenn der andere einem egal war... Oder?
    Aber Hannibals nächsten Worte klangen nicht gerade danach. 'Eine Frau die ihm viel bedeutete', war also der Grund, dass er so in Eile war und keine Zeit für mich hatte.
    "Ah..?", brachte ich nichtssagend hervor, und wünschte, ich hätte mich verhört. Ich verschränkte die Arme und biss mir fest auf die Unterlippe. Er sollte nicht sehen wie enttäuscht ich war. Aber es war ja dunkel genug.
    "Ja, versteh ich, klar."
    Ich versuchte, ganz locker und natürlich zu klingen. Anscheinend gelang mir das gut.
    "Macht ja nichts, dann vielleicht auf ein anderes Mal..."


    Es wunderte mich schon, dass er nun, anders als ich zuvor erfahren hatte, doch nicht mehr das Lupanar leitete, und es beunruhigte mich auch zu hören, dass Leute von Satryus in der Nähe waren, aber beides drang nicht so recht zu mir vor. Ich hielt die Arme fest verschränkt, sah Hannibal an, hörte wie er redete, und wusste nicht was ich sagen sollte. Es gab ja nur eines was ich ihm wirklich sagen wollte, aber das war jetzt komplett unpassend. Überhaupt kam es mir plötzlich ungeheuer kindisch vor.
    In der Villa der Gens Flavia also? Seltsam. Und wozu dieser Vertrauensbeweis wo er mich doch offenbar bloß schnell loswerden wollte?
    "Ja, sicher."
    Ich nickte und legte ein breites, strahlendes, falsches Lächeln auf meine Lippen, als ich mich an ihn heran beugte.
    "Und Du auch auf Dich, Meum Savium! Viel Glück!"


    Kurz und flüchtig spürte ich seine Lippen auf meinen, dann war er fort. Jäh rutschte mir das Lächeln aus dem Gesicht, ich lehnte mich an die Wand der Nische und starrte trist auf die fette Statue ohne sie wirklich zu sehen. Tja, sagte ich mir, das wars dann wohl mit der Romantik. Reiss Dich zusammen, Faustus, was auf so ne Weise begonnen hat wie zwischen Euch, das wird doch eh nie was richtiges, in tausend Jahren nicht.
    Trotzdem liefen mir ein paar Tränen über die Wangen. Ärgerlich wischte ich sie weg - ich wollte nicht weinen, und ich wollte auch nicht verletzt sein, nur weil ich mir dummerweise etwas eingebildet hatte, was eben in Wirklichkeit nicht so war. Ich schluckte, atmete ein paar Mal tief durch, und verließ den Alkoven.


    Schon nach ein paar Schritten hörte ich wieder Lachen und Gesang von Phyllis' fröhlichem Fest, aber mir war ganz und gar nicht mehr danach. Die Sandalen noch immer in der Hand, verließ ich auf leisen Sohlen das Lupanar. Ich entwich wie ich gekommen war durch die Hinterpforte. Zum Glück begegnete ich dabei niemandem mehr.
    Erst als ich einige Häuser Abstand gewonnen hatte, setzte ich mich auf eine Mauer und schnürte meine Sandalen. Dann machte ich, dass ich aus der Subura rauskam. Ich hatte ja jetzt eine Zuflucht, die Casa meiner Familie.
    Immer mal wieder tastete ich im Laufen nach den Päckchen in meiner Gürteltasche. Es war gut ihr Knistern zu hören, es beruhigte mich, und auch wenn ich furchtbar traurig und enttäuscht war, und die Gedanken an Hannibal mir ständig im Kopf herumkreisten, so wußte ich doch, dass ich mich später durchaus würde trösten können. Jedenfalls zeitweilig.



    [Blockierte Grafik: http://img122.imageshack.us/img122/7250/ircivisiu5.png]

  • Amneris' Laune war auch am heutigen Tage nicht die beste. Im Grunde genommen befand sie sich etwa auf einer Höhe mit dem Hades, seit sie sich von Celeste hatte überreden lassen, deren neuen "Arbeitgeber", beziehungsweise dessen Vergangenheit genauer unter die Lupe zu nehmen.
    So kam es, dass sie sich am Ende dieses sonnigen Tages, der so gar nicht zu ihrer Stimmung passen wollte, zum einzigen Anhaltspunkt aufgemacht hatte, den Celeste ihr genannt hatte. Das namenlose Lupanar beim Venustempel. Missmutig der Sonne entgegen blinzelnd blieb sie vor dem Gebäude stehen, in das sich zu dieser Tageszeit naturgemäß eine Großzahl an Kundschaft hinein bewegte. Würde sie nichts von den Angestellten erfahren, so fand sich vielleicht ein 'alter Freund', der ihr ein wenig weiterhelfen konnte.
    "Das Mädel hat dich ziemlich um den Finger gewickelt, was?", grinste ihr Begleiter Crinix sie an. Crinix war seit langen Jahren ein... Kollege und Freund der Nubierin, jemand, der ihr absolutes Vertrauen genoss. Aus diesem Grund hatte sie ihn gebeten, sie zu begleiten, wollte sie doch tunlichst vermeiden als aufgeschlitzte Leiche im Tiber zu enden. Schließlich würde es seine Gründe haben, dass der Decimer einst unter einem anderen Namen gelebt hatte. Nichtsdestotrotz funkelte sie den Muskelberg neben sich nun böse an. Da ihr jedoch keine rechte Erwiderung einfallen wollte - schließlich entsprach seine Äußerung ja den Tatsachen - zischte sie nur:
    "Halt die Klappe!" und verschränkte einem trotzigen Kind gleich die Arme. Crinix kicherte leise - ein Geräusch, das bei seiner Statur mehr als lächerlich wirkte - und beließ es dabei.
    Minuten verronnen, Freier und Huren kamen und gingen, lediglich Amneris und ihr Begleiter verharrten an Ort und Stelle.
    "Sollten wir nicht reingehen?"
    "Vermutlich."
    "Warum tun wir es dann nicht?"
    "Mpf..."
    Es folgte abermals das Geräusch, das so gar nicht zu Crinix passen wollte.


    "He, die brauchst du nicht, wir haben genug eigene lupae.", empfing der Türsteher die beiden Einbrecher auf Abwegen.
    "Sie ist keine lupa, sie ist Kundin.", erwiderte Crinix, der bei diesem Auftrag offensichtlich mehr Spaß hatte, als Amneris, die ihn finster anfunkelte.
    "Was?", echote der Türsteher und zog beide Augenbrauen in die Höhe.
    "Glaub mir, sie kann zahlen."
    "Also ich weiß nicht..."
    Nachdem ein Säckchen mit Sesterzen den Besitzer gewechselt hatte schienen die Bedenken schließlich zerstreut, Gallier und Nubierin durften eintreten. Amneris war überrascht. Positiv überrascht, hatte sie sich bislang Lupanare doch als düstere, stinkende und dreckige Löcher vorgestellt. Hier war es, sah man von der durch viele Menschen bedingten stickigen Luft einmal ab, eigentlich recht angenehm. Nunja, kein Ort den sie unbedingt zweimal aufsuchen wollte, aber es hätte wesentlich schlimmer sein können.
    "Da gehts lang.", ließ Crinix sich vernehmen und ging zielstrebig den Korridor entlang, der in den Schankraum führte.
    "Wie oft warst du denn schon hier?"
    "Ein, zweimal vielleicht..."
    Nun war es an Amneris zu grinsen. Sicher, ein, zweimal...


    Im Schankraum selbst empfing sie ein Gemisch aus Musik, Stimmen, Lachen, Klatschen und den obligatorischen Gerüchen, die ein solcher Raum mit sich brachte. Den Gallier Crinix indes empfing noch etwas anderes - eine leicht angesäuselte (nennen wir sie) 'Dame', die ihn mit einem geräuschvollen Schmatzer auf die Lippen begrüßte. "Crinix, Schätzchen! Wie schön dich wieder zu sehen, warst ja Ewigkeiten nicht hier... wie lange war das nun? Eine Woche? Zwei?"
    Amneris' Laune hob sich zusehends, während sie ihrem Kumpan ein vielsagendes Grinsen zuwarf.
    "Gladiola!", erwiderte Crinix verlegen lächelnd und übersah gnädig die Freude Amneris'. Ehe sie es sich versah wurde sie jedoch mitgezerrt und auf einem Stuhl platziert inmitten einer kleinen persönlichen Wiedersehensfeier von der lupa und ihrem Kollegen. Ein wenig amüsiert betrachtete sie den Austausch von Küsschen und gegenseitigem Pieken, bis sie sich schließlich vernehmlich räusperte.
    "Crinix..."
    "Mh? Achja... Gladiola, Licht meines Lebens, du kannst uns doch bestimmt ein paar Auskünfte geben."
    "Für dich doch alles, Schätzchen."
    "Meine Freundin hier sucht ihren... äh... Bruder. Flosculus heißt er und war früher mal recht oft hier."
    Bruder. Etwas Dümmeres konnte ihm wohl wirklich nicht einfallen. Amneris' Blick wechselte von aufmerksam zu resigniert und bereute augenblicklich nicht doch alleine hergekommen zu sein. Wie konnte eine Nubierin, schwarz wie die Nacht, die Schwester eines allenfalls gebräunten Römers sein? Doch die lupa, vermutlich an solche abstrusen Geschichten gewohnt, grinste wissend.
    "Dein Bruder, ja? Muss ja eine interessante Familie sein. Ach, aber ich weiß nicht... Flosculus, sagst du? Flosculus... hm..."
    Ein weiteres Säckchen wechselte den Besitzer und, oh Wunder, im Handumdrehen veränderte sich Gladiolas Miene. "Flosculus, natürlich, nun fällt es mir ein. Ja, das Herzchen. Ach, wie lange hab ich den nicht mehr gesehen...Was willst du denn wissen, Kätzchen?"
    Offenbar hatte Gladiola für jeden, den sie traf, umgehend einen Kosenamen bereit. Die Nubierin störte sich nicht weiter daran, schließlich hieß es die Quelle bei Laune zu halten.
    "Weißt du, wo er sich früher noch so herumgetrieben hat? Was hat er gemacht um über die Runden zu kommen... und alles, was dir noch so einfällt."
    Die lupa wog das Säckchen in einer Hand, als messe sie ab, wie viel sie für das entsprechende Gewicht gewillt war zu verraten.
    "Flosculus, tja... ein netter Kerl. Toller Flötenspieler. War immer dabei, wenn es was zu feiern gab."
    Es folgte ein Kichern, das dem von Crinix in nichts nachstand.
    "War ein guter Freund von Hannibal, wenn ich mich recht entsinne. Hm... was aus dem wohl geworden ist... naja, egal, Flosculus, nicht?"
    "Ja...", bestätigte Amneris gedehnt.
    "Hatte viele Schulden, der Ärmste. Naja, kein Wunder, als Künstler verdient man ja meist nicht so viel..."
    "Musiker, ja?"
    "Oh, neinein. Ein so begabter Poet... aber leider überhaupt nicht geschäftstüchtig. Und dann diese angebliche Geschichte mit den Urbanern..."
    Hier wurde Amneris endlich hellhörig. Ein Urbaner mit einer kriminellen Vergangenheit?
    "Hat sich aber nur als Gerücht herausgestellt. Hat er zumindest behauptet."
    Die lupa zwinkerte der Einbrecherin zu, was dieser ein gewisses Unwohlbehagen bereitete.
    "An Gerüchten", erwiderte diese mit honigsüßer Stimme, "bin ich besonders interessiert."
    "Dachte ichs mir doch."
    Eine eindeutige Geste gab Amneris zu verstehen, dass diese Türe allerdings nur mit weiteren Zuwendungen in Form von Sesterzen zu öffnen war. Innerlich seufzend zog sie also das letzte der verbliebenen Säckchen hervor, um es jener Lupa zu überlassen, die sicher noch nie auf derart einfache Weise derart viel Geld verdient hatte.
    "Hat angeblich etwas gestohlen und ist dann ein Weilchen im Kerker der Urbaner verschwunden. Sagte man zumindest."
    "Soso."
    Die folgenden Minuten verbrachte die unfreiwillige Hobbydetektivin damit, sich Geschichten über strahlend blaue Augen anzuhören und 'wie niedlich' Flosculus doch gewesen sei. Amneris, die nach wie vor fürchtete, jener 'Flosculus' könne ihr die Freundin ausspannen, hatte allerdings gewisse Schwierigkeiten jene Lobeshymnen kommentarlos zu schlucken. Im Gegenteil, mit jedem Wort wurde sie unruhiger, bis sie schließlich abwinkte.
    "Ich glaube, mehr muss ich nicht wissen... darf ich annehmen, dass du hier bleibst?", fragte sie an Crinix gewandt, der nur vielsagend lächelte.
    "Na dann, einen schönen Abend."
    Mit diesen Worten erhob sie sich von ihrem Sitzplatz, hielt jedoch nochmals inne.
    "Ach, Gladiola?"
    "Ja, Kätzchen?"
    "Bei wem hatte Flosculus denn Schulden?"
    "Ach herrje, wie hieß er noch..."
    Hilfesuchend sah Amneris zu Crinix, mit einer Geste bedeutend, dass ihr Geldvorrat für heute aufgebraucht war. Der Gallier verdrehte die Augen und flüsterte der Lupa etwas ins Ohr. Diese kicherte, schien jedoch einverstanden und wandte sich ein letztes Mal an Amneris.
    "Satryus hieß der Mann."
    "Danke."
    "Nichts zu danken, Kätzchen."
    Womit sie vermutlich recht hatte, schließlich hatte Amneris mehr als gut gezahlt. Das sollte die Nubierin jedoch am heutigen Abend nicht weiter stören, hatte sie doch weit mehr erfahren als erhofft. So machte sie sich mit gemischten Gefühlen auf den Weg zurück nach draußen, halb zufrieden, halb beunruhigt. Ein oder zwei recht eindeutigen Angeboten begegnete sie mit stiller Verachtung und war doch recht froh, als die ausnahmsweise sehr angenehme Luft Roms sie umfing. Nun hieß es erst einmal wieder ab nach Hause.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!