Mit der Neuerwerbung ihres Herrn, wo auch immer dieser kräftige Germane nun genau herstammen mochte, war Nefertiri durchaus zufrieden, nicht zuletzt, weil die Auswahl an ansprechenden Sklaven im Haushalt einfach nicht besonders groß war. Sciurus, der Liebling des Vetters ihres Herrn, war ihr zu jung und zu schmal, ausserdem schlief er im Bett seines Besitzers, Sica, der vilicus des Haushalts, erweckte schon von weitem die Leidenschaft eines Backsteins, so eisige Stimmung verbreitete er dauernd um sich, und die anderen Sklaven waren entweder zu jung, zu alt oder einfach zu weiblich.
Sie war im Grunde froh, dass ihr Herr sich etwas Neues zugelegt hatte und dieser Neue ihr anscheinend auch ein klein wenig zugeneigt war. So führte die schlanke, kleine Ägypterin den gegen sie riesenhaft wirkenden Germanen durch die Korridore der Villa Flavia Felix, zeigte ihm verschiedene Türen, die zu den Wohn- und Arbeitszimmern der Familienmitglieder führten, und brachte ihn schließlich zu einer Treppe, die in das Erdgeschoss führte, steuerte dann den Weg zum balneum an.
Wie alle Patrizier führten die Flavier ein aufwendiges Leben, was sich auch in diesem prachtvoll verzierten Raum offenbarte, der mit Marmor an Wänden und am Fußboden gestaltet worden war, Fensteröffnungen ließen zudem Licht durch diesen Raum fluten, erhellten ihn so zusätzlich, dass man beim ersten Schritt hinein durchaus geblendet sein konnte. Doch hier verharrte sie nicht, sondern schritt in einen kleinen Nebenraum, der von einem Vorhang verborgen worden war, der weitaus weniger prächtig ausgestattet war, nur Mosaike auf dem Boden und gekachelte Wände, aber zweifelsohne die luxuriöseste Art und Weise, wie man in Rom als Sklave sauber werden konnte.
"Am besten, Du legst Deine Sachen ab, setzt Dich in das Becken und ich wasche Dich, dann musst Du Dich nicht so viel bewegen. Das sieht sehr schlimm aus," mitfühlend deutete sie auf die Wunden an seinen Handgelenken, wenngleich auch ihr Vorschlag nicht ganz uneigennützig gewesen war. Das Becken war klein, bot vielleicht höchstens vier sitzenden Personen Platz, aber für die Zwecke der Reinigung reichte es auf jeden Fall aus. Selbst hier gab es eine gewisse Helligkeit, auch wenn die Ausstattung niemals auch nur ansatzweise an das andere Zimmer herankommen würde. So blieb sie neben dem Einstieg in das Becken stehen und blickte Rutger auffordernd an.