Villa Rustica Tiberia Miseno

  • Na wie sollte sie das schon meinen? So wie sie es gesagt hatte in Rom herrschte Chaos. Was daran hatte Flora nicht verstanden.
    „Chaos ist in Rom, keiner darf das Haus verlassen. Nur Salinator hat das sagen… das habe ich doch auch so gesagt.“ Veleda sprach betont langsam, so als ob sie es einem Kind erklärte.
    Irgendwann jedoch dämmerte es ihr, was Flora wirklich meinte.
    „Ähm hat deine Mutter mit dir nicht über solche Dinge gesprochen? Ich mein du musst es doch selber merken. Die Übelkeit, die Launenhaftigkeit…“ ok das war bei Flora nichts ungewöhnliches, aber wenigstens konnte man es jetzt auf die Hormone schieben. „… dein Bauch ist auch nicht mehr ganz so flach und dein Busen ist eindeutig gewachsen…“ Velda holte tief hörbar Luft. „.. du bist Schwanger Domina.“
    Velda ging sicherheitshalber einen Schritt zurück, in der Erwartung, das Flora bestimmt gleich wiedereine ihrer gaaaaanz netten Seiten zeigen würde.

  • Das Gefühl, dass die Sklavin nicht ganze Helle war, bestätigte sich. Flora hatte schon Verstanden dass in Rom das Chaos ausgebrochen war. Sie rollte genervt mit den Augen, als Veleda mit ihr sprach, als wäre sie beschränkt. „Nicht das!“ fauchte sie die Sklavin an. Da hatte sich ihre Mutter echt einen üblen Scherz erlaubt, als sie ihr die Sklavin schenkte. Mitunter war die Germanin eine furchtbare Landplage. Grob, dumm und mitunter zu nichts zu gebrauchen. Sie konnte weder singen noch tanzen oder anderweitig Kurzweil verschaffe. Dumme Sprüche klopfen, das konnte sie, oder genervt mit den Augen rollen, aber an sich hatte Veleda nur wenige Fertigkeiten die sie gebrauchen konnte. Wenigstens hielt sie was aus.
    Endlich, es erschien ihr nach unendlich langer Zeit, begriff Veleda was sie hatte wissen wollen. Nur kam diese nicht direkt auf das zu sprechen, was sie hatten sagen wollen. Sie druckste herum und wies die Aurelia auf gewisse kleine Veränderung hin. Veränderungen über die sie sich bereits geärgert hatte. So manches Kleid wollte ihr nicht mehr passen. Das hatte sie frustriert, aber bisher war sie nicht auf den Gedanken gekommen, sie könnte schwanger sein. Erst einmal war sie nur sprachlos.


    Natürlich hatte ihre Mutter sie aufgeklärt, aber irgendwie hatte sie ihr Unwohlsein nicht damit in Verbindung gebracht, dass sie schwanger sein könnte, sondern eher vermutet, dass sie sich irgendetwas eingefangen hatte. Aber nun wo Veleda es beim Namen nannte, musste Flora einsehen, dass sie diese Tatsache einfach verdrängt hatte. Flora blinzelte und starrte die Sklavin einfach nur völlig überrascht an. Das hatte ihr auch noch gefehlt. In all den Wirren der Zeit musste sie nun auch noch schwanger werden. „Bei Iuno …“, gab sie recht fassungslos von sich. Schwanger! Und wer war der Vater? Nun hatte sie wieder etwas, dass ihr schlaflose Nächte bescheren würde. Schließlich sank sie auf eine Kline, stützte den Kopf in die Hände und raufte sich das Haar. An sich war es eine gute Nachricht, sie erfüllte ihre Pflicht. Wäre da nicht die Ungewissheit. Nun konnte sie wirklich nur hoffen, dass ihr Gatte keinen Verdacht hegte und einfach annahm, dass er das Kind gezeugt hatte. Völlig unmöglich war es ja nicht. Schließlich hatte sie ihn dazu gebracht, dass er seine Pflicht ihr gegenüber erfüllte. Aber irgendwie wollte sie nicht daran glauben, dass der alte Tiberier direkt einen Treffer gelandet hatte.

  • Na prima, die Domina hatte es also nicht gewusst oder nicht wissen wollen. Ihrem Gesichtsausdruck zu folge glaubte sie auch nicht wirklich, dass das Kind von ihrem Ehemann ist. Hatte er sie deswegen hierher geschickt, weil er mitbekommen hatte das sich Flora anderweitig ihr Vergnügen gesucht hatte?
    Naja nun war das Kind in den Brunnen gefallen und man musste das Beste aus der Situation machen. Vielleicht kamen die Wirren in Rom gar nicht so ungelegen. So ließ sich doch einiges vertuschen und niemand würde Verdacht schöpfen.
    „Nicht aufregen Domina, das ist gar nicht gut. Es ist nun mal wie es ist und wir werden das Kind schon schaukeln. Dich wird eh keiner in Rom vermissen, ich glaube die haben dort jetzt andere Sorgen. Und dem Alten werden wir schon einreden, das es sein und ist und du ihm einen Erben geschenkt hast.“ Vorsichtig strich Veleda bei ihren Worten der jungen Frau über den Rücken.
    Veleda zweifelte nicht daran, das Flora, als brave Römerin, selbstverständlich einen Sohn zur Welt bringen würde.
    Sie half Flora auf die Beine und brachte sie zur nächst gelegenen Kline.
    „Kann ich dir irgendwas bringen?“ Die junge Frau war etwas blass um die Nase, das beunruhigte wiederum Veldea.

  • Veleda war selten einfühlsam und bewies, dass sie nicht immer ein solch ungehobelter Klotz war, sondern auch durchaus mal sensibel war. Das Letzte was Flora nun gebrauchen konnte, war eine Sklavin die sich in Schadenfreude erging. Ihr wurde ein wenig anders. Das war dann doch etwas zu viel für sie. Wenn doch nur Prisca nun hier wäre, dann hätte sie wenigstens eine Verwandte um sich, aber nein, sie war mitten in einem Exil.
    Recht hatte Veleda, es war besser, dass sie hier in Misenum war, während in Rom gerade die Welt untergehen zu schien. Für Flora ging auch eine kleine Welt unter. Ihre Mutter würde sie jetzt schellten und recht brüsk meinen, dass sie sich zusammen reißen sollte, sie war schließlich eine Aurelia. Es war ihre Pflicht Kinder in die Welt zu setzen. Sie hatte nur etwas nachgeholfen, da wo ihr greiser Mann an seine Grenzen kam. Alles in allem, war sie eine vorbildliche Ehefrau. Sofern ihr Gatte wirklich glaubte, dass es sein Kind war.
    Flora ließ sich auf eine Kline helfen. Mit leerem Blick starrte sie einen Augenblick lang an die Decke, dann schickte sie alle Sklaven hinaus. Sie wollte ihre Ruhe haben und Zeit zum Nachdenken. „Lass mich allein!“ meinte sie kurz angebunden. Sie hatte ja ihrem Gatten Neuigkeiten mitteilen wollen, jetzt hatte sie welche. Dazu durchringen, einen Brief aufzusetzen, konnte sie noch nicht. Erst einmal musste sie sich der Dinge bewusst werden, bevor sie es der ganzen Welt dann verkünden konnte. Vielleicht half es ja, wenn sie sich einredete, dass sie ihrem Gatten einen Erben schenkte. Wenn man sich etwas ganz oft genug selbst vorbetete, dann glaubte man es ja irgendwann selbst.

  • Mit einem lautstarken Fluch sprang Ahala, sofern man dieses heruntersacken überhaupt aus springen bezeichnen konnte, von seinem Pferd und eilte wenig elegant zur Porta der Villa hinüber. Endlich mal wieder keinen Gaul unterm Hintern, auch wenn es vermutlich nur für kurze Zeit der Fall sein würde. Einmal im Schweinsgalopp von Misenum und dann direkt stante pede wieder zurück nach Misenum, weil sein Senior weitsichtig genug gewesen war, Ahalas hochgeschätztes "Mütterchen" aufs Landgut zu schicken, weit weg von den unvermeidlichen Unruhen, die die geplante Verschwörung unweigerlich über Rom und das nähere Umland bringen würde. Ahala zog es vor, nicht darüber nachzudenken, dass er sich eine Strecke und damit eine Menge Zeit hätte sparen können, wenn er von Anfang an gewusst hätte, dass Flora sich derzeit in Misenum aufhielt, denn seine Laune war ohnehin schon schlecht genug. Dass er den Vater daheim in der Villla Tiberia ungewissen Schicksal hatte überlassen müssen, nagte sehr an ihm und seinem sonst so überaus robusten Seelenfrieden. Darüber hinaus war er inzwischen todmüde von der permanenten Reiterei, die Stelle am Kopf, an der er den mehr als effektiven Schlag von Caudex' Kumpan abbekommen hatte, schmerzte immer noch und bescherte ihm in regelmäßigen Abständen Schwindel- und Übelkeitsanfälle. Und dieser Gestank erst...Das Pferd stank nach Gaul, natürlich, und er selbst inzwischen wie ein Iltis, ein Zustand, der für den doch sehr auf Körperpflege bedachten Ahala nur schwer zu ertragen war. Ohne die ihn verschreckt anstarrenden Sklaven auch nur eines Blickes zu würdigen, stürmte er direkt ins Atrium. "Flora! FLOOOOOOORAAAA!" brüllte er, ohne sich lange mit der Frage der passenden Anrede aufzuhalten, die er in Rom immer peinlich genau eingehalten hatte, zumindest wenn sein Senior oder Teile der Dienerschaft in der Nähe gewesen waren. "Wo steckst du denn, verdammt nochmal? Komm her, es gibt einen Notfall!

  • Verdammte Axt, was brüllte der hier so rum? Was für einen Notfall? Dem juckte es wohl in der Hose, aber deswegen musste er ja nicht gleich den Krawallbruder geben und die ganze Hütte zusammen schreiben. Veleda war reichlich ungehalten über das Benehmen des jungen Mannes. Nur weil er seine Stiefmutter v…. musste er hier nicht so rumschreien und den ganzen Haushalt in helle Aufregung versetzen.
    Sie ging auf ihn zu. „Die Domina ruht sich etwas aus, die Anstrengungen der Reise und die Nachrichten aus Rom waren zu viel für sie, sie braucht Ruhe in ihrem Zustand.“ Giftet Veleda den Neuankömmling an. „Ich bring dich zu ihr, aber rege sie bloß nicht auf! Dominus hier entlang.“
    Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und ging in Richtung ihrer Herrin.

  • Na wundervoll, da hetzte man sich ab wie ein Idiot und von wem wurde man abgefangen? Von diesem blonden Wunder der Intelligenz......"Sie ruht sich aus, wie schön, so nett hätte ich es auch gern mal wieder, aber leider haben wir dafür nun mal so gar keine Zeit." fuhr er die Sklavin an, mit der er normalerweise eigentlich gar keine Probleme hatte und folgte ihr schnellen Schrittes durch das Haus, vor lauter Betrübnis über das Elend seiner aktuellen Situation nur die Hälfte von dem erfassend, was sie da gerade alles von sich gab. "Stell dir vor, ich bin auch gereist, und das gleich zweimal. Und ganz bestimmt nicht so feudal wie deine Herrin in ihrer Sänfte. Oder ist ihr das Kissen verrutscht und hat ihr die Laune verdorben? Sie braucht Ruhe, mannomannomann...."

  • „PFFFFFFFFFFFFFFF“ war der Kommentar zu seinem Gejammer, dass er zwei Mal gereist ist. „Du bist ein Mann, also wo ist das Problem.“ Römer waren halt alle zu verwöhnt. Veleda drehte sich kurz bevor sie Flora erreichten nochmals um. „Wehe du regst sie auf! Sie brauch Ruhe!!!“ Dann schritt sie in das Zimmer in welchem sich Flora befand. „Domina? Besuch für dich, Dominus Aulus Tiberius Ahala Tiberianus.“ sagte sie zu Flora mit leiser ruhiger Stimme.

  • Ein, zwei Tage hatte sie nun Zeit gehabt, um sich damit auseinander zu setzen, dass sie schwanger war. Das erklärte natürlich, warum ihr ständig schlecht gewesen war und sie sich so unwohl gefühlte hatte. Eigentlich fühlte sie sich ständig Unwohl. Nicht nur hing das mit der Schwangerschaft zusammen, sondern auch mit der Ungewissheit. Ihr schlechtes Gewissen konnte sie ein wenig besänftigen, in dem sie sich ständig einredete, dass sie nur das tat, was man von ihr erwartete, sie sorgte für Nachwusch. Das war schließlich ihre Aufgabe. Genau das erwartete man von ihr, so als patrizische Zuchtstute. Doch alles einreden half nicht, wusste sie doch nicht, wer denn nun der Vater sein würde, da konnte sie noch so oft sich vorbeten, ihren Pflichten nach zu kommen.
    Flora hatte eindeutig zu viel Zeit zum Grübeln, es gab nur wenig, dass sie ablenkte. Auch wenn die Ermordung der kaiserlichen Familie tragisch war und die Welt aus den Fugen geraten ließ, so war die tiberische Landvilla eine eigene Welt. Der Landsitz lag ruhig, der Alltag wurde gar nicht von diesen dramatischen Ereignissen gestört. In Rom wäre das anders, da würde es kein anderes Thema geben. Der ganze Haushalt würde auf dem Kopf stehen, ihr Gatte würde wichtige Persönlichkeiten empfangen und wohl Pläne schmieden. Aber sie war ja im Exil, geplagt von Langweile und Unbehagen. Wirklich viel gab es nicht, was sie ablenken konnte. Reiten war in ihrem Zustand ein Risiko, dass sie nicht eingehen wollte, also blieb ihr nur lesen oder irgendwelche Handarbeiten. Aber diese lenkten sie nicht vom Grübeln ab. Also spazierte sie meistens unruhig umher, oder ruhte sich aus, weil sie sich irgendwie ständig am Rande der Erschöpfung befand.


    Aus einem unruhigen Dämmerschlaf erwachte sie dann auch, als jemand ihren Namen brüllte. „Was zum ...?“ schreckte sie auf und sah sich verwundert um, weil ein solches Lärmen ungewohnt war. Sonst ging alles gänzlich ruhig von statten. Hektik und Aufregung waren so etwas wie Fremdwörter auf dem Landsitz. Dies war ein Ort der Ruhe und Erholung, hier konnte man Lustwandeln und die Seele baumeln lassen. Politik und Kriege waren fern. Umso ungewöhnlicher war es, das da jemand so lautstark nach ihr verlangte. Was das bedeuten mochte?
    Eilig schwang sie die Beine aus dem Bett, warf sich eine Stola über und warf dann noch einen kritischen Blick in den Spiegel. Eilig richtete sie sich das Haar –so viel Zeit musste sein, vorzeigbar sollte sie schon sein-, und dann kündigte ihr Veleda auch schon Ahala an. Was machte der denn hier? Sollte er nicht in Rom sein, an der Seite seines Vaters? Ihr wurde flau im Magen, das konnte nur etwas Schlechtes bedeuten? Oder aber hatte er einfach nur Sehnsucht nach ihr und hatte deshalb, mitten in diesen unruhigen Zeiten, den weiten Weg auf sich genommen?
    Sie würde es erst wissen, wenn sie ihn herein ließ. Also gab sie Veleda nur ein kleines Zeichen und schon stand er mitten im Raum.


    Das Erste was ihr auffiel war sein Geruch. Er müffelte, nein, eigentlich stank er! Ahala roch nach Schweiß, Pferd und anderen Dingen, von denen sie nicht wissen wollte, was er getrieben hatte. Viel besser sah er auch nicht aus, verschmutzt, zerrissen und angespannt. War das Blut in seinem Haar? Ihre Augen weiteten sich vor Schreck bei seinem Anblick.
    Sofort war deutlich, dass ihn wohl kaum die Sehnsucht nach ihr hier her gebracht hatte. Irgendetwas war passiert …
    Sofort malte sie sich das Schlimmste aus. Durus war hinter ihre Liebschaft gekommen und hatte ihn verstoßen und nun war er hier um sie zu warnen, bevor der Zorn ihres Gatten auch sie treffen sollte. Nach einem kurzen Moment der Panik, schalte sie sich einen Narren, dennoch konnte sie eine gewisse Furcht nicht aus ihrer Stimme verbannen: „Was ist passiert?“ fragte sie mit bangem Blick. „Du siehst furchtbar aus …“, fügte sie wesentlich leiser und besorgter hinzu.

  • Dass Flora ziemlich elend aussah, fiel sogar Ahala auf, der schon von Natur aus nicht gerade der sensibelste Beobachter war und just in diesem Moment noch weniger Blick für die Gefühle und Nöte anderer hatte als normalerweise schon. Ob sie wohl krank war? Keine guten Vorraussetzungen für eine überstürzte Flucht nach Mantua, um die sie aber mangels Alternativen nicht herumkommen würden. Nein, Flora war eindeutig nur ein Schatten ihrer selbst, blass und erschöpft aussehend, kaum eine Spur von dem wilden und vor Lebendigkeit überschäumenden jungen Mädchen, mit dem er in den letzten Wochen und Monaten mehrfach im Bett gelandet war. Und das nicht wirklich gegen seinen Willen, wenn er ehrlich war. Die Aurelia war schon ein verdammt flotter Käfer, und weder sie noch er hatten ernsthaft versucht, gegen die sich zwischen ihnen immer weiter aufbauende Spannung anzugehen, bis sie schließlich irgendwann über einander hergefallen waren, ohne auch nur eine Minute darüber nachzudenken, dass sie nach römischem Recht strenggenommen Mutter und Sohn waren. Ganz abgesehen davon, dass Flora die Frau seines Vaters war, der von dieser Liaison den Göttern sei Dank nichts mitbekommen hatte, weil er viel zu sehr mit der Vorbereitung seiner umstürzlerischen Pläne beschäftigt gewesen war.
    Bei dem Gedanken an Durus überkamen Ahala Schuldgefühle von einer ihm bislang nicht bekannten Intensität, und er verbannte diese Gedanken so schnell wie möglich in die hinterste Ecke seines Bewusstseins. Später würde er in Ruhe darüber nachdenken, ja später, wenn Flora und er bei Ursus in Sicherheit waren und er vielleicht hatte erfahren können, was aus seinem in Rom gebliebenen Vater geworden war.
    Ihre Bemerkung wäre für normalerweise die perfekte Vorlage gewesen, um mit ihr eins ihrer spielerischen Streitgespräche zu führen, an denen sie beide soviel Freude hatten, aber in diesem Moment war selbst Ahala nicht mehr nach Scherzen zumute.


    "Ich weiß." sagte er daher nur und griff unwillkürlich mit einer Hand an den schmerzenden Kopf, bevor er noch einen Schritt auf Flora zu machte , dann jedoch wieder stehen blieb. "Flora, wir müssen hier weg. Sofort. Ich werde dir alles erklären, wenn wir aufgebrochen sind, aber jetzt haben wir keine einzige Minute zu verlieren." Er musterte ihr kostbares Kleid, den Schmuck und die sorgfältige Frisur und schüttelte dann den Kopf. "Und zieh dich um. Nichts von deinen Sachen, lass dir eine Tunika von einer der Sklavinnen bringen und mach das Haar anders. Einen Knoten oder einen Zopf, und kein Schmuck, hörst du? Ich werde in der Zwischenzeit auf dem Gut einen Karren organisieren und ein Pferd, das diesen Namen auch verdient. Schnell jetzt...." Er machte eine aufscheuchende Handbewegung und wandte sich bereits wieder Richtung Tür. Es gab noch einiges zu tun

  • „Was ist los?“ fragte sie leise nach, drängend und mit einer gewissen Angst in der Stimme. Kurzerhand griff sie nach seiner Hand. Nicht sicher ob sie den halt brauchte oder er. Sein Anblick, seine Haltung und der Ausdruck auf seinem Gesicht konnten nichts Gutes bedeuten. Sein Blick war seltsam hart und distanziert, so ernst und eisern. Das kannte sie eigentlich nicht von ihm und es jagte ihr einen Schauer dunkler Vorahnungen über den Rücken. Ahala war eigentlich ein Draufgänger, dem Wein, dem Glücksspiel und den hübschen Frauen so gar nicht abgeneigt. Ein wenig verantwortungslos, leichtsinnig, lasterhaft und unbekümmert. Er nahm das Leben wie es war. Das hatte sie auch angezogen, sie war ihm nicht unähnlich, immer auf der Suche nach Aufregung und einem gewissen Nervenkitzel. Es fehlte ihnen ein wenig an Ernsthaftigkeit. In seiner Nähe musste sie sich nicht verstecken und die würdevolle Matrona mimen. Doch nun war ihm so gar nichts von seiner eher lockeren Moral anzumerken. Vor ihr stand ein gänzlich fremder Mann.


    Doch sie erheilt keine Erklärung, nur Anweisungen. Kurz öffnete sie den Mund, doch so im ersten Moment wollte ihr so gar nicht einfallen, was sie darauf sagen sollte. Nach einem langen Moment des Schweigens formte sich dann doch eine Frage auf ihren Lippen. „Wohin? Warum?“ Sie wollte nicht schon wieder ohne jegliche Erklärungen irgendwo hingebracht werden. So langsam hatte sie es satt, wie ein bockiges Kind behandelt zu werden und von einem Ort zum nächsten gebracht zu werden, ohne dass sie dafür die Gründe kannte. Ein leichter sturer Zug zeichnete sich auf ihren Zügen ab. Ein Ausdruck den er bereits von ihr kannte, sie war ja durchaus recht eigenwillig.
    Flora war nicht sofort gewillt seinen Anweisungen zu folgen und auch Veleda stand eher unentschlossen im Raum. Kurz ließ sie ihren Blick auf die Sklavin fallen. „Tu was er sagt, besorg mir eine von deinen Tuniken!“ schickte sie die Sklavin raus um einige ruhige Minuten unter vier Augen zu gewinnen. Nur ungern wich die Sklaven von ihrer Seite. Veleda wachte über sie wie Cerberus über die Unterwelt. Aber die Germanin ließ sie dann doch allein.


    „Was ist los?“ fragte sie drängender, nachdem Veleda verschwunden war. „Du kannst hier nicht einfach auftauchen und mir sagen, dass wir weg müssen, ohne mir zu sagen, was los ist! Verdammt noch mal, ich bin kein dummes Kind, Ahala!“ Flora war furchtbar launisch geworden, von einem Moment zu anderen konnte sich ihre Stimmung ändern. Mit verschränkten Armen stand sie vor ihm, nicht gewillt einfach Folge zu leisten. Sie wollte eine Erklärung, jetzt, und nicht später, wenn es ihm in den Kragen passte.

  • Verdammt, warum konnte sie denn nicht einfach tun, was man ihr sagte? Wenigstens dieses eine Mal... Ahala stieß ein resigniertes Stöhnen aus, zog seine Hand jedoch nicht zurück, sondern blieb reglos stehen, bis die Sklavin den Raum verlassen hatte und ihre Schritte in der Ferne verklungen waren.
    Sie wollte die Wahrheit wissen? Na schön, dann bekam sie sie eben, so viel wie nötig und so kurz und schmerzlos wie möglich, damit sie endlich Frieden gab und sie aus dieser verdammten Villa herauskamen und sich auf den Weg machen konnten.


    "Du weißt, dass der Kaiser und seine Familie ermordet worden sind?" Ahala sprach sofort weiter, schnell und rücksichtslos, ohne auf eine Antwort zu warten. "Nun, das war Vater. Er hat eine großangelegte Verschwörung organisiert, um Rom vom Vescularius und seiner schwachen Kaisermarionette zu befreien und durch einen fähigeren Mann zu ersetzen. Irgendetwas ist schiefgegangen, ich wollte Vater warnen, doch ich bin zu spät gekommen, vor der Villa Tiberia wimmelte es bereits von Praetorianern. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie auch hier auftauchen, auf der Suche nach weiteren Hochverrätern, also fängst du jetzt an zu packen, ja?" Dass seine Erklärung eine weitere Frage unvermeidlich machte, war Ahala klar, dennoch scheute er sich, sie bereits vorab zu beantworten. Je länger er sich diesem Gedanken nicht stellen musste, desto besser.

  • Er zögerte und sie sah ihm an, dass er Unwillig war eine Erklärung abzugeben. Erst als Veleda sie allein gelassen hatte, eröffnete er ihr die schonungslose Wahrheit. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn einfach nur fassungslos an. Zunächst konnte sie nicht wirklich begreifen, was das alles bedeuten mochte, doch dann rasten ihre Gedanken und sie bekam ein furchtbar flaues Gefühl im Magen. Eine Welle der Übelkeit durchströmte sie und ließ sie leicht Zittern. Sie brauchte einen Moment um sich zu fassen. Aus der Übelkeit wurde ein harter Knoten Angst, der sich in ihrem Magen zusammen ballte. Sie hatte eine Erklärung verlangt und auch erhalten und nun mussten sie handeln. Im Grunde blieb keine Zeit seine Worte richtig aufzunehmen. Sie mussten sich eilen, wenn sie nicht den Prätorianern in die Hände fallen wollten.


    Schließlich ging ein Ruck durch ihren Körper, eilig nahm sie ihre Ohrringe ab, löste die komplizierte Frisur auf und warf die goldenen und silbernen Spangen recht achtlos in eine Schale. Ebenso eine Kette legte sie ab, doch als sie die Armbänder an ihrem rechten Handgelenk lösen wollte, zögerte sie. Das konnte sie nicht. Alles was sie noch von Narcissa hatte, waren diese Armbänder. Eines mit ihrem Namen, das Andere mit dem ihrer Zwillingsschwester. Damit man die Schwestern auseinander halten konnte. Sie hatte Narcissas Armband nach deren Tod an sich genommen. Eine ständige Erinnerung an deren Verlust und dass ein Stück ihrer selbst fehlte. Sie konnte es nicht zurück lassen. Das war, als würde sie gänzlich Narcissa hinter sich zurück lassen. Dafür war sie noch nicht bereit. Nur diese Schmuckstücke waren ihr geblieben und verblassende Erinnerungen.


    Mit einer Tunika, die so gar nicht dem entsprach was sie sonst trug, kehrte Veleda zurück und hielt sie ihr dann auch hin. Das lenkte sie von ihrem Dilemma ab, sie nahm ihre Finger von den Armbändern, stattdessen griff sie nach der Tunika.
    Ohne große Widerworte tat sie dann, was Ahala von ihr verlangt hatte, sie tauschte die hübschen und wertvollen Kleider gegen eine schlichte Tunika die ihr viel zu groß und auch zu lang war. Zweifelnd sah sie sich herunter, doch zeit für Eitelkeiten war nicht. Damit sie wenigstens nicht über den Saum stolperte, wurde das Kleidungsstück mit einem einfachen schmucklosen Ledergürtel gerafft. Wobei ihr Blick dabei auf ihre Sandalen fiel. Der kleine Halbmond baumelte an ihnen und mahnte sie, auch ein anderes Schuhwerk zu wählen. Veleda war so weitsichtig gewesen und hatte irgendwo her robustes Schuhwerk herbei geschafft. Als sie nun einen Blick in den Spiegel warf, fasste sie sich die Haare noch locker im Nacken zusammen. Kurz spielte sie tatsächlich mit dem Gedanken sich die Locken zu kürzen, aber das würde wohl nur seltsam aussehen. Schließlich warf sie sich auch noch einen wärmenden Reisemantel über. Doch was sollte sie noch mitnehmen. Schmuck und Kleider musste sie zurück lassen. Ihr Blick fiel auf die Germanin. Ahala würde bestimmt nicht glücklich sein, dass sie die Sklavin mitnahm, aber sie würde sich nicht davon abbringen lassen. Sie würde Veleda brauchen.
    „Du kommst mit!“ befahl sie Veleda. „Beeil dich! Wir müssen hier fort … wir brauchen Decken und Vorräte und …“, etwas überfordert stand sie da. Mitten Im Raum. Völlig rat- und auch planlos. Dann eilte sie zu einer ihrer Truhen, kniete davor nieder und warf die Kleider daraus achtlos auf den Boden. Zu Tage förderte sie ein schmuckloses Kästchen. Ihre Reisekasse. Genug um ein unbeschwertes Leben führen zu können. Sie würden das Geld wohl brauchen. Doch was nun? Sobald sie ein wenig Zeit zum nachdenken hatte, würde ihr die ganze Tragweite dieser ungeheuerlichen Tat bewusst werden.

  • Veleda glaubte sich verhört zu haben. Fliehen? Sie mussten fliehen und Flora sollte sich verkleiden? Na das konnte was werden. Eiligst huschte sie aus dem Zimmer und suchte eine schlichte Tunika für Flora. Sie packte auch schon ein paar Sachen zusammen, den Schmuck von Flora schlug sie in ein Tuch ein, welche sie sich um den Bauch band, unter ihrem weite Kleid fiel das gar nicht auf. Man konnte ja nie wissen, für was man den noch mal eintauschen musste.
    „Ich kümmre mich um alles Domina, reg dich bitte nicht so auf. Ein sorgenvoller Blick traf Flora, während Veleda Eilens die restlichen Sachen zusammensuchte. Sie brauchte nicht lange und schon waren die Bündel mit den nötigsten Sachen gepackt. Veleda stand Abmarsch bereit in der Tür. „Domina? Ich bin fertig, können wir dann los?“

  • Gut, das war jetzt wohl wirklich schonungslos gewesen. Dafür aber auch wirkungsvoll, denn Flora verlor zwar den Rest ihrer ohnehin schon recht käsigen Gesichtsfarbe, stellte dafür aber auch die Proteste und Fragen ein und fing endlich an sich umzuziehen. Ahala machte sich keine Illusionen, dass dieser Zustand allzu lange anhalten würde, aber vielleicht schafften sie es zumindest bis auf den Karren und die Straße gen Norden, bevor es Flora auffiel, wie viele Fragen bislang noch offen waren.
    Für den Augenblick zufrieden, wenn auch alles andere als entspannt, beobachtete er seine Stiefmutter und deren Sklavin kurz bei den Vorbereitungen und wollte die beiden gerade allein lassen, um sich um die Organisation eines passenden Gefährts zu kümmern, als eine ihrer Anweisungen ihn zurückschnellen ließ.


    "Was soll das heissen, sie kommt mit?" fragte er mit einem Seitenblick auf die blonde Sklavin. "Die können wir nicht mitnehmen, wer weiß, ob man ihr vertrauen kann. Stell dir vor, sie springt unterwegs vom Wagen und verpfeift uns, dann sehen wir beide aber verdammt alt aus, kann ich dir sagen." Am besten und sichersten wäre es vermutlich, wenn er dieser Veleda gleich hier den Hals umdrehte. Aber Ahala war zwar ein ziemlicher Fachmann, was Schlägereien und kleinere Scharmützel anging, aber das kaltblütige Ermorden eines Menschen, und sei es auch nur eine Sklavin, überstieg seine Skrupellosigkeit dann doch deutlich.

  • Wütend schnaufte Veleda. Was dachte er von ihr?
    „Ach und wie wollt ihr beiden verwöhnten Römer klar kommen? Ihr kommt doch keinen 1000 Schritte ohne sofort aufzufallen oder euch aufgrund eures Gehabes zu verraten. Sei du lieber froh, dass ich euch begleite und außerdem werde ich Flora nicht von der Seite weichen… nur über meine Leiche.“ Schnaufte sie wütend in Richtung des Mannes.

  • Ahalas Einwand, was Veleda anging wollte sie nicht hören. Die Germanin mochte plump und vorlaut sein, aber Flora wusste, dass sie ihr vertrauen konnte. Bedenken hatte sie nicht und wollte auch gar nichts davon wissen, dass die Germanin womöglich auf den Gedanken kommen könnte, sie zu verraten. Gerade jetzt wollte sie nicht zweifeln. Genügte es nicht, dass sie gerade erfahren hatte, dass ihr Gatte den Tod der kaiserlichen Familie veranlasst hatte? Eine Tatsache deren Folgen sie noch gar nicht ermessen konnte. Ohnehin wollte es noch nicht in ihren Kopf, dass Durus der Kopf einer ungeheuerlichen Verschwörung war. Ihre Gedanken überstürzten sich. Die Gründe mochten auf der Hand liegen, doch begreifen konnte sie es noch nicht. Nur, dass wenn sie nicht sofort das Landgut verlassen würden, es wohl ihr Tod sein würde.


    Kurz wanderte ihr Blick zwischen dem Tiberius und der Sklavin hin und her. „Sie kommt mit“, meinte Flora entschlossen. „Du wirst mir noch dankbar sein, dass sie uns begleitet!“ Ihr Tonfall machte deutlich, dass sie sich nicht vom Gegenteil überzeugen lassen würde. Ein wenig wurde ihr Blick dann flehend. Das war einfach ein bisschen zu viel für sie, die Schwangerschaft, die Verkündung der Verschwörung und nun diese völlig überhastete Flucht, weil ihr Leben davon abhing. Flora gab sich alle Mühe nicht augenblicklich einfach in Panik auszubrechen und diese ganze Situation noch schlimmer zu machen. Sie biss die Zähne zusammen, rang Angst und Übelkeit hinunter und war gewillt zu tun, was man von ihr erwartete. Doch es war einfach zu viel. Kurz warf sie Veleda einen starfenden Blick zu. Diese sollte den Mund halten und die Situation nicht noch weiter anheizen. "Halt den Mund!" befahl sie der Sklavin dann recht rüde. Im Augenblick konnte sie deren schroffe Art nicht ertragen.


    „Wir sollten nicht streiten, sondern aufbrechen“, gab sie zu Bedenken, nachdem sie kurz tief durchgeatmet hatte. Doch wirklich beruhigte es sie nicht. „Wir sollten auch eine falsche Fährte legen … Sklaven zu Pferd zum Landgut meiner Mutter schicken“, schlug sie vor und hoffte somit einer Diskussion wegen ihrer Sklavin zu entgehen. Eigentlich wusste sie nicht einmal wohin sie fliehen wollten. hauptsache sie ließen erst einmal den tiberischen Landsitz hinter sich.
    Dann nahm sie entschlossen einige Decken entgegen und stapfte an Ahala vorbei hinaus auf das Landgut. Die Zeit drängte und wer wusste schon, wie viel ihnen noch blieb. Hoffentlich bemerkte er nicht, dass sie nur mit Mühe ihre beherrschte Miene aufrecht halten konnte.

  • Sie verkniff sich jeden weiteren Kommentar. Es war eh Zeit zu gehen.
    Die Worte ihrer Domina ließen ja auch keine Diskussionen zu.
    Hoch erhobenen Hauptes schritt sie an Ahala vorbei und ging ihrer Domina nach.

  • Meine Güte, war dieses Weib stur...Ahala überschlug kurz in Gedanken die Kosten-Nutzen-Rechnung einer weiteren Diskussion und kam zu dem Entschluss, dass es im Interesse eines baldigen und erfolgreichen Aufbruchs sinnvoller war, Flora in diesem einen Punkt nachzugeben, auch wenn er selbst nach wie vor Zweifel an der Zuverlässigkeit dieses bezopften und scheinbar ständig grinsenden Geschöpfes hatte.


    "Na schön, wir werden sehen...." brummte er und ließ Flora den Vortritt auf dem Weg zur Tür. Als deren Sklavin ihr folgen wollte, hielt er diese jedoch am Oberarm fest und zog sie zu sich zurück.


    "Nur über deine Leiche, ja?" zischte er Veleda zu und rüttelte sie dabei leicht. "Das kannst du haben, das versprech ich dir. Mach nur eine falsche Bewegung da draussen, und ich brech dir das Genick. Deine Herrin vertraut dir, und das ist dein Glück. Ich tue es nämlich nicht, aber du hast jetzt Gelegenheit genug, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Streng dich also an." Ahalas Hände lösten sich wieder vom Arm der Sklavin, dann verließ er selbst das Zimmer. Noch vor einer Woche, hätte er sich vermutlich nicht vorstellen können, derartige Kommentare von sich zu geben, aber vor einer Woche war sein Leben auch noch deutlich angenehmer gewesen. Die Zeit der selbstzufriedenen Genügsamkeit und Gammelei war für's erste vorbei, und zwar gründlich.

  • "Ja nur über meine Leiche" zischte sie. Man hatte der ein Glück, das die Zeit knapp war, sonst hätte sie ihm schon die Meinung gegeigt. "Dich muss ich nicht überzeugen. Aber sollten wir nicht lieber gehen? Ich denke wir haben keine Zeit, also sollten wir uns sputen." giftete sie ihn an, bevor sich auch schon hinter Flora her huschte, die schon ein ganzes Stück voraus war. Es war keine Zeit um sich mit dem Römer zu streiten. Er würde eines Tages schon noch sehen, dass es richtig ist Veleda mitzunehmen. Aber vorerst würde er wohl mit seine Zweifeln leben müssen.

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