Cubiculum | Claudia Antonia

  • Zunächst noch neugierig, dann stirnrunzelnd hat Antonia die Nachricht ihrer Freundin gelesen. Britannia sei nur halb so wild, die Städte zumindest, sogar zivilisierte Sklaven gäbe es dort. Als eine Art 'Beweis' habe sie ihr diesen Mischling geschickt, der ganz Antonias 'Typ' sein solle.
    Er sprach ohne Akzent, schien auch nicht allzu dumm.. und er war Antonias Typ, wie sie nach ausgiebiger Betrachtung seines Gesichts feststellt.
    Lautlos versucht sie seinen Namen mit den Lippen zu formen, befindet ihn jedoch für zu barbarisch. Auch wenn die Bogensache ein Schmunzeln bei ihr hervorruft.
    Hm.. gut. Von heute an wirst du allerdings Pallas heißen.
    Der Brite wirkt nicht allzu traurig, aber auch nicht allzu begeistert über den Namenswechsel. Nunja, umbringen würde er sie dafür wohl nicht.
    Also, Pallas, du bist sicher müde von der langen Reise. Cratesipolis-
    Sie deutet auf die Sklavin, die bereits die ganze Zeit in einer Ecke steht-
    Wird dir zeigen, wo du schlafen wirst. Ruh dich eine Weile aus und komm heute Mittag wieder hierher.

  • Kaum merklich neigte der Sklave den Kopf, als man in einer Sekunde seinen Namen änderte. Er hatte seinen Namen nie wirklich gemocht, aber Pallas klang.. sonderbar.
    Die Bedeutung würde er wohl allein herausfinden müssen. Vielleicht 'Der nicht mit dem Bogen aus Eibenholz zu kämpfen weiss'. Wäre zumindest passender als der Alte.
    Sein Blick wanderte kurz zur Sklavin mit dem unausprechlichen Namen. Und die Römer behaupteten die Namen den Kelten wären kompliziert?
    Wie du wünschst, Herrin., erwiderte er jedoch folgsam und neigte das Haupt, ehe er den Raum verließ und der Sklavin folgte, die ihn kritisch beäugte. Vermutlich hatte sie von kinderfressenden Barbaren aus Britannien gehört. So zeigte Pallas brav seine Zähne, indem er breit grinste und schließlich in den Gängen der Villa Flavia verschwand.

  • Eines Abends konnte die Claudia auf dem Nachttisch neben ihrem Bett einen Brief ihres Gemahls finden, welchen ein Sklave dort hatte deponiert.



    Werte Gemahlin,


    Unvorhergesehene Ereignisse bedingen unvorhergesehene Maßnahmen, und eben solches ist derzeitig notwendig geworden. Um dir ausführlich zu Berichten fehlt mir deplorablerweise die Zeit, doch eine besorgniserregende Wendung macht es unvermeidlich, dass ich mich fern Roms um familiäre Angelegenheiten zu Kümmern habe.


    Ich bitte dich während meiner Abwesenheit für die Verwaltung des Vermögens und der Ländereien Sorge zu tragen, solltest du auf Schwierigkeiten stoßen, gleich welcher Art, so wende dich vertrauensvoll an meinen Vetter Aquilius, er wird dir in allen Belangen zur Seite stehen wie ich selbst dies nicht besser zu tun in der Lage wäre.


    Auf ein baldiges Wiedersehen,
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  • Als Antonia eines Abends ins Bett gehen will, entdeckt sie auf ihrem Nachttisch etwas, das dort normalerweise nicht lag. Ein Brief?
    Stirnrunzelnd öffnet sie ihn und schon die Anrede vertieft die Falten noch. Ein Brief von Gracchus? Waren nun schon die Sklaven zu schade, um sie zu seiner Gemahlin zu schicken, wenn er etwas von ihr wollte, mussten sie sich von nun an per Cursus Publicus oder per Hauspost unterhalten? Schon mit dem Schlimmsten rechnend beginnt sie zu lesen.
    Fern Roms.. familiäre Angelegenheiten.. Verwaltung.. Verwaltung des Vermögens?
    Erst hier hält sie inne. Sie? Sie allein sollte das flavische Vermögen..
    Ob dieser Nachricht senkt sie die Hände samt Brief und starrt an die Decke.
    Bei allen Göttern.. , flüstert sie.
    Einen Moment lang verharrt sie so, ehe sie erneut zu lesen beginnt.
    Nachdem sie nun einigermaßen verdaut hat, was ihr Gatte von ihr erwartet, kommt in ihr die Frage auf, was genau Gracchus eigentlich aus Rom forttrieb. Eine genaue Erklärung war er schuldig geblieben, ebenso die ungefähre Zeit seiner Rückkehr. Antonia beschliesst, beizeiten Aquilius zu fragen, sicher hat ihr Gatte ihm mehr anvertraut.

  • Wieder einmal stand Gracchus vor der braunen Holztüre, musterte die Maserung darin und haderte mit sich selbst, getraute sich nicht, den nächsten notwendigen Schritt zu tun. Zu gut kannte er diese Maserung bereits, jedes dunkle Fleckchen im hellen Holz, jede Biegung, jeden Streifen, gleich als wäre er mit dieser Türe verheiratet und nicht mit jener Frau, welche dahinter lauerte und von welcher er nur halb so viel kannte, wenn überhaupt. Dennoch musste er die Türe samt ihrer Maserung verlassen, dies war indisputabel, denn er war nun einmal nicht mit ihr verheiratet, sondern mit jener Frau, welche hinter ihr lauerte, obgleich ihm die Türe an diesem Tage - und nicht nur an diesem - im Vergleich mehr als angenehm erschien. Denn mehr, als nicht sein Kind auszutragen, konnte dieser Raumteiler auch nicht fertig bringen, und dies war eben so viel, wie seine Gattin zuwege brachte. Warum nur hatte Quintus nicht Antonia denn seine Base aus dem Hause rauben können? Erschrocken sog Gracchus Luft durch die Nase - er durfte sich solcherlei Gedanken nicht gestatten, nicht hier, nicht heute, niemals. Claudia Antonia war seine Gemahlin, er hatte dem zugestimmt, sie hatte dem zugestimmt, er hatte dies nicht gewollt, sie hatte dies nicht gewollt, und dennoch war es ihre Pflicht einander zu achten. Noch während er an das Holz der gleichermaßen geliebten und verhassten Türe klopfte, überlegte Gracchus bei sich, mit welchem Anliegen er beginnen sollte, sobald er seiner Gattin angesichtig werden würde. Sollte er zuerst darlegen, wo und wie er die letzten Wochen zugebracht hatte - was sie ohnehin nicht würde interessieren - zuerst seine eheliche Pflicht erfüllen - was sie ebenfalls nicht würde interessieren, woran sie jedoch unweigerlich würde teilhaben - oder zuerst ihr mitteilen, dass seine Base von ihnen gegangen war? Ohne eine Antwort aus dem Inneren des Raumes abzuwarten, trat er ein.

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  • Pallas, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du ankl-
    Mitten im Wort hält Antonia inne, steht doch nicht ihr Sklave, sondern ihr Gatte in ihrem Cubiculum. Es hätte sie nicht überraschen sollen, war sie doch bereits informiert worden, dass Gracchus wieder im Lande weilte. Allerdings zog es ihn ja nicht gerade zu ihr – ebenso wenig wie es sie zu ihm hinzog, daher braucht sie einige Augenblicke, um ihre Überraschung zu verbergen.
    Salve, Manius., begrüßt sie den Flavier, auf die ihr eigene, unnachahmliche Art, die ihr selbst nicht einmal bewusst ist, ihrem Gatten aber regelmäßig eine Gänsehaut beschert.
    Die einzige Überlegung war nun, Freude vorheucheln, oder Gemütsruhe ausstrahlen? Sie entscheidet sich für Ersteres – und im Nu ziert ein Lächeln, das erfreuter nicht sein könnte, ihre Lippen.
    Wie schön, dass du wieder bei uns bist. Ich hoffe, deine Reise verlief erfolgreich?
    Seit seiner Abreise hatte sie – natürlich – nichts von ihm gehört. Erneuter Beweis, wie gleichgültig er ihr gegenüber war. Wie oft hatte sie sich gewünscht, dies wäre anders. Doch war dies nicht zu ändern, egal was sie tat, es wäre nicht genug. So tröstet sie sich mit dem Gedanken, dass zumindest nicht alle Bewohner des Hauses kühl und abweisend wie Gracchus waren.
    Ruhig mustert sie die einerseits so vertrauten und andererseits so fremden Gesichtszüge.

  • Es trieb Gracchus ein Schaudern über den Rücken als seine Gemahlin ihn begrüßte und dabei seinen Praenomen auf die ihr eigene, unnachahmliche Art aussprach, welche ihm regelmäßig die Nackenhaare aufrichtete. Ihr freudiges Lächeln jedoch trieb gleich darauf seine linke Augenbraue in die Höhe, denn er hatte längstens geglaubt, dass sie über solcherlei Farce im Privaten hinaus waren, doch dass sie sich tatsächlich über seine Rückkehr könnte freuen, daran glaubte er nicht.
    "Salve, Antonia."
    Seine Stimmlage war geprägt von nichtssagender Neutralität.
    "Ich hoffe, du befindest dich wohl?"
    Mit seinem Eintreffen vermutlich nicht mehr, doch es war ohnehin nur eine Frage der Höflichkeit, welche keine Antwort erwartete. Einen Augenblick zögerte er, bedachte, was von der Reise er ihr sollte erzählen, ob überhaupt sein Ringen gegen das Fieber, die Zeit bei Agrippina eine Erwähnung bedurften, doch sein Befinden würde sie ohnehin nicht interessieren, denn auch ihre Frage danach war sicherlich nur eine Frage der verpflichtenden Höflichkeit.
    "Meine Reise indes war keinesfalls von einem guten Ausgang geprägt, denn statt meine Base Leontia sicher nach Hause zu geleiten, kann ich nur die Kunde von ihrem Übertritt ins Elysium bringen. Ihr Schiff versank im Meer und mit ihm sie."
    Damit war entschieden, mit was zu beginnen war, gleichsam war mit jener Kunde Gracchus' jegliches Verlangen zur Beiwohnung verloren, welches jedoch ohnehin vorherig nicht vorhanden gewesen war.

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  • Und als würde für den Bruchteil einer Sekunde Einigkeit zwischen den beiden herrschen, geht Antonia tatsächlich nicht auf die Frage nach ihrem Befinden ein. Zum Einen, weil sie sicher ist, dass es Gracchus ohnehin nicht interessiert, zum Anderen glaubt sie einen leisen Vorwurf darin zu hören, dass sie bei ihrer letzten Zusammenkunft nicht schwanger geworden war.
    Leontia ist tot?
    Nicht, dass die Claudia sie gut gekannt hätte, doch bei ihrer gemeinsamen Neu-Einrichtung des Hauses und einer Einkaufstour durch Rom war ihr die Flavierin durchaus ans Herz gewachsen. Zumal sie Leontia stets ein wenig beneidet hatte, war sie Antonia doch stets wie die vollendetste aller Patrizierinnen vorgekommen.
    Das.. tut mir sehr leid. Ich weiß, du mochtest sie sehr.
    Mehr zu sagen hält die Patrizierin für unnötig, ihr Gatte würde ohnehin die nichtssagenden Floskeln erkennen, die man zu solchen Anlässen von sich zu geben pflegte.
    Still harrt sie so aus, ob noch mehr Offenbarungen folgen sollten.

  • Stille verharrte im Raum, legte sich wie eine Decke aus Einigkeit über die beiden Eheleute, fegte gleichsam jegliche Fragen hinfort, denn Gracchus konnte nicht die Stille durchbrechen, konnte nicht nun seinen Pflichten nachkommen, nachdem ihm noch immer Leontia in den Sinnen hing, konnte sie nicht bei Seite schieben, gleichsam nicht Antonia missbrauchen, um mit ihr den Gedanken an seine Base zu verdrängen. Sie waren bereits zu lange verheiratet, als dass dieser eine Tag nun jenen Zeitpunkt würde markieren, welcher ihr Versagen würde offensichtlich zu Tage bringen. Obgleich es Gracchus danach drängte, irgend etwas zu sagen, irgend etwas, um die Misere zwischen ihnen zu beenden, welche sich bereits zu lange aufrecht hielt, nur ein Wort, ein Gedanke, schwieg er dies aus, flüchtete sich in weitere Belanglosigkeiten.
    "Mit der Verwaltung der Güter hattest du keine Schwierigkeiten?"
    Es war dies im Grunde tatsächlich etwas, was ihm Sorge bereitet hatte. Natürlich durfte er von seinem Weibe erwarten, dass sie für solcherlei wirtschaftliche Belange Sorge trug, doch da sie mit ihm in einer Ehe ohnehin schon genug Last zu tragen hatte, würde er im erneuten Bedarfsfall einen Verwalter einstellen.

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  • Sim-Off:

    So, besser spät als nie :]


    So schnell, wie er die Sprache auf Leontia gebracht hatte, so schnell wischt er das Thema beiseite, scheint es der Claudia. Nun gut, ihr sollte es recht sein, trübsinnige Stunden gab es für sie in diesem Hause wahrlich mehr als genug.
    Keine., erwidert sie in der - ihm gegenüber - üblichen, knappen Art und Weise.
    Den folgenden Moment des Schweigens verbringt Antonia mit der Überlegung, ob ihr Gatte an Details über Rechnungen, Beschwerden und Berichten interessiert war, befindet jedoch, dass ein dezentes Lächeln als Zustandsbeschreibung der Besitztümer genügen sollte und musste.
    Ihr hingegen brennen viele Fragen auf den Lippen. Wo genau war er hingereist, was war geschehen. Doch sie zu stellen wagt sie nicht. Der Sklaventratsch würde es sicher früher oder später auch an ihr Ohr dringen lassen.

  • "Hm"
    , war einzig Gracchus' Reaktion auf die Knappheit ihrer Aussage, denn jedes weitere Wort würde wahrlich nur verschwendet sein. Hätte ein Außenstehender jene Szenerie betrachtet, so wäre womöglich in ihm die Vermutung empor gestiegen, dass hier ein Ehepaar sich ohne viele Worte verstand, doch tatsächlich war es so, dass Gracchus seine Gattin nicht im Geringsten verstand, nicht ihr Verhalten, nicht ihr Gebaren und in keinem Falle ihre Worte. Doch zumindest verhielt sie sich kaum undurchschaubarer als vor seiner Reise, so dass dies nicht weiter Besorgnis erregend war, gleichsam zeigte sie ihm gegenüber noch immer nicht mehr als eisiges Desinteresse.
    "Nun denn, so möchte ich dich nicht weiter stören. Du findest mich in meinen Räumlichkeiten, falls die Notwendigkeit dazu besteht."
    Eher noch würde der Flügelschlag eines Schmetterlings die Flamme der Sonne zum Erlöschen bringen, dessen war Gracchus sich gewiss.

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  • >>>


    Irgendwie war alles anders gelaufen, als der Sklave das geplant hatte. Heimlich, still und leise wollte er zurück zur Villa Flavia gelangen. Grummelnd, fluchend und kichernd (die Lupa) war daraus geworden.
    Wenigstens war er sich relativ sicher, dass niemand in der Villa ihn und dieses Weibstück gesehen hatte. Darauf hatte die Herrin besonderen Wert gelegt. Niemand sollte es erfahren. Niemand.


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    "Ist das nicht die Villa F-", wisperte die Lupa, sich neugierig umsehend.
    "Shhh!", zischte Pallas und zog sie näher heran. "Sobald du wieder auf der Straße bist, wirst du vergessen, wo du warst und bei wem du warst. Wir verstehen uns?"
    "Das kostet aber extra, mein Süßer."
    Nun, das war nicht seine Sorge. Aber zweifellos hatte Antonia genug Geld, um dieses Weib zum schweigen zu bringen.
    "Du siehst gar nicht aus wie ein Patrizier, mein Süßer."
    "Ich bin auch keiner."
    "Ach... ein Sklave?!"
    Erstaunlich, wie schnell das Interesse eines Menschen an einem anderen abflauen konnte.
    "Wie heißt er denn, dein Herr?"
    Wie aufs Stichwort blieb der Brite stehen.
    "Spielt keine Rolle.", gab er zurück, klopfte kurz und betrat schließlich Antonias Cubiculum.


    Seine Herrin wartete bereits im Inneren, der Raum, durch einige Kohlebecken gut geheizt, war lediglich von einigen wenigen Fackeln erhellt.
    "Herrin, hier ist-"
    Mit einem Mal bekam die Lupa es mit der Angst zu tun. Eine Frau? Bei Pluto, die wollte sie sicher grün und blau prügeln lassen, weil sich ihr Gatte mit der Lupa vergnügt hatte. So hatte der Sklave seine liebe Mühe damit, die Zappelei der jungen Frau unter Kontrolle zu halten.
    "Lass das!", brummte er entnervt.
    "Ich war es gewiss nicht, ich schwöre es, bei allen Göttern. Ich war-"
    "Schweig!"

  • Sie war nervös. Bereits seit sie den Entschluss gefasst hatte, sich professionelle Hilfe (im wahrsten Sinne des Wortes) zu besorgen, hatte ihre Stimmung zwischen Euphorie und blanker Panik geschwankt und nun, da es so weit war, überwog erneut die Panik.
    Ein Außenstehender würde freilich nichts als stoische Gelassenheit erkennen. Sie wusste, wie sie verbarg, was in ihr vorging.
    Vor einem Kohlebecken stehend hatte sie gewartet. Gewartet, dass ihr Sklave endlich das brachte, was sie verlangt hatte. Und trotz der Wärme, die von den glühenden Kohlen ausging, fröstelte sie.
    Als sich endlich die Tür öffnete und Pallas samt Lupa eintrat, straffte die Patrizierin ihre Haltung und besah sich die junge Frau mit prüfendem Blick. Das war es also, was Männer wollten?
    Gerade als sie ansetzen will, ihr Anliegen zu erklären gerät ihrerseits die Lupa in Aufregung und beginnt zu stammeln und zu strampeln.


    "Es wird dir hier nichts geschehen.", durchschneidet Antonia die Stille, die durch den Befehl ihres Sklaven eingetreten ist. "Ich möchte nur.. ein paar Auskünfte."
    Die Ruhe in persona ging sie langsam zu einem nahe stehenden Korbsessel und nahm Platz. Auf den gegenüberstehenden zeigend wandte sie sich erneut an ihren "Gast".
    "Setz dich."
    Was bei einem Gleichgestellten wie eine freundliche Bitte geklungen hätte, war in diesem Moment vergleichbar mit dem Befehl eines Centurios an einen ungehorsamen Soldaten, welcher die Latrine reinigen sollte.


  • Nach einem Moment des Zögerns gehorchte die junge Frau schließlich und nahm, Antonia keinen Moment aus den Augen lassend, Platz. Genau studierte sie die vom Lichtschein orangerot schimmernden ebenmäßigen Gesichtszüge ihres Gegenübers. Wenn sie es richtig anstellte und sich an sie erinnern könnte, ließe sich aus diesem seltsamen Geschäft sicher noch etwas mehr Profit schlagen.
    Pallas, der Sklave, der sie hergebracht hatte, bezog an der Wand hinter Sophrona Stellung. Wohl, um sicher zu gehen, dass sie nicht sofort reissaus nahm.
    Das Gefühl des Unbehagens wuchs in ihr, nun, da auch noch jemand in ihrem Rücken stand.
    "Herrin, wenn ich eine Frage stellen darf... "
    Eine unwirrsche Handbewegung Antonias schnitt ihr jedoch das Wort ab.
    Sie schien nicht... körperliche Interessen an ihr zu haben, das kannte Sophrona und war durchaus keine wenig gewünschte Dienstleistung in diesen Kreisen. Doch die, die sie augenscheinlich bezahlen würde, saß ihr stumm und reglos gegenüber, machte keinerlei Annäherungsversuche... ob sie die von ihr erwartete? Wollte diese feine Dame etwas Neues ausprobieren und wusste nur noch nicht recht, wie sie anfangen sollte? Oder - ein Kichern entfleuchte der jungen Kehle - ob es um einen Verwandten ging? Ein Geschenk am Ende? Für den Gatten? Den Bruder? Am Ende gar den Sohn, der endlich zum Mann werden sollte?

  • Es ist Antonia nach wie vor schleierhaft, was Männer an einem Geschöpf wie der vor ihr sitzenden Lupa nur fanden. Nicht besonders sauber, nicht besonders hübsch.. und die hellste unter den Kerzen schien sie auch nicht zu sein.
    Mit einer abwinkenden Handbewegung hatte sie das Mädchen zum Schweigen gebracht, wollte sie doch zunächst mit ihrer visuellen Inspektion fortfahren. Am Äusserlichen kann es nicht liegen, stellt sie schließlich fest. Es musste also die.. 'Technik' sein. Nun gut, das ließ sich sicher lernen.
    "Wie ist dein Name?", stellt die Patrizierin schließlich die erste Frage, um das Eis zu brechen.
    Sophrona, antwortete die Lupa. Sicher eine Art Künstlername, sofern man in diesen Kreisen von 'Künstlern' sprechen konnte. Andererseits, wenn sie selbst nicht dazu fähig zu sein schien, musste es wirklich eine Art Kunst sein oder wenigstens einige Tricks geben, die andere Frauen kannten und die ihre Mutter vor ihrem Tode versäumt hatte, Antonia mit zu teilen.
    "Ich möchte.. ", setzt sie schließlich an, verstummt jedoch wieder, um erneut anzufangen. "Es geht um einen Mann."
    Eine Art Funken der Erleuchtung glomm in Sophronas Augen auf. Jedenfalls glaubt Antonia, einen solchen zu erkennen.
    "Ich möchte.. dass du mir beibringst.. "
    Iuno, das konnte doch nicht so schwer sein. Das Mädchen war eine Dienstleisterin, wie jeder Händler auf dem Mercatus.
    Sich ihrer dignitas besinnend, strafft sich Antonias Körper erneut.
    "Mein Gatte findet nur selten den Weg in sein Ehebett. Diesen Umstand möchte ich ändern und du wirst mir dabei helfen. Natürlich soll es dein Schaden nicht sein."


  • Scharf, zischelnd zog Sophrona die Luft zwischen den Zähnen ein. Ein Mann, der sich vermutlich anderswo vergnügte und dessen Frau wohl zu prüde war, um sich anderweitig zu befriedigen. Sonderbar, dabei hörte man doch so oft, dass diese hochgestellten Damen sich mit Gladiatoren und dergleichen einließen. Eine wunderbare Vorstellung, dass womöglich einige der angesehensten Senatoren Roms in Wahrheit die Nachkommen von Barbaren und Sklaven waren.
    "Ich verstehe.", erwiderte sie, den Kopf in Schräglage bringend.
    Das würde teuer. Ohja, teuer. Nicht die Tipps, aber die Tatsache, dass sie den Mund hielt. Ein wölfisches Grinsen zeichnete sich auf den viel zu grell geschminkten Lippen der Lupa (wie passend) ab.
    "Aber, Herrin, darüber gibt es so viel zu sagen."
    Ob die Frau sie nach Dauer des Gesprächs bezahlen würde? Nach gegebenen Ratschlägen? Oder etwa nach Erfolg?
    Und noch immer wusste sie nicht den Namen ihres Gegenübers. Auch nicht, in welcher Villa sie sich eigentlich befand. Doch das ließe sich schnell herausfinden. Vielleicht konnte man diese Geschichte auch auf zwei Zahlende ausdehnen. Die Ehefrau und den Ehemann. Immerhin musste es doch in beider Interesse liegen, dass nicht publik wurde, von wem sich das brave Frauchen hier Ratschläge holte.

  • Es war wie ein Spiel - Katz und Maus, wenn auch nicht recht klar war, wer das Raubtier und wer die Beute spielte.
    So schwierig hat Antonia sich dieses Unterfangen nicht vorgestellt.
    Die Hände eine Spur zu fest auf die Lehnen ihres Sessel gelegt, ja beinahe festgekrallt, zuckt ihr Kopf eine Idee nach rechts. Ein knarzendes Geräusch durchbricht die Stille, als sich die manikürten Fingernägel der Patrizierin in den Korbsessel graben. Doch nun löst sie die Umklammerung, beginnt unbeholfen zu gestikulieren.
    "Bedarf es.. ", setzt sie zur Frage an und sucht nach den rechten Worten, .. einer.. besonderen.. Geschicklichkeit, einen Mann zu verführen?"


    Ihre Augen, leicht zusammengekniffen, lassen kurz von der Hure ab, um zu Pallas, welcher noch immer stumm an der Wand steht, zu gleiten. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubt sie, ein verschmitztes Lächeln aufblitzen zu sehen. Ob sie die Falsche fragte? Konnte ein Mann ihr nicht viel besser verraten, was ein Mann wollte? Doch was verstand ein Sklave schon davon?
    Eine Bewegung Sophronas lenkt Antonias Blick erneut zur Lupa, welche nun den Kopf abschätzend hin und her wiegt, offenbar nach einer Antwort suchend. Klimpernd machen sich die billigen Ohrringe bemerkbar, welche der jungen Frau bis auf die Schultern hängen.


  • Und in der Tat, Antonia täuschte sich nicht, denn der Sklave grinste, ganz unverholen, über die Probleme seiner Herrin und der Art, wie sie diese aus der Welt zu schaffen gedachte. Es war dem Britannier ein Rätsel, wie die Römer es bei derartigen Problemen es schaffen konnten, dass ihre Adelsfamilien nicht aufgrund von Kinderlosigkeit ausstarben. Nunja, es gab ja noch die zeugungsfähigen und -willigen Sklaven und Gladiatoren.
    Kaum wurde Pallas sich jedoch des Blicks seiner Herrin gewahr, senkten sich seine Mundwinkel und teilnahmslos starrte er an die Wand, ein Stück über Antonias Kopf, während auch ihm das melodische Geräusch der lupa'schen Ohrringe im Gehörgang klingelte.


    Sophrona indes verkniff sich ein Kichern, wog stattdessen wie die Wahrsager auf dem Markt den Kopf hin und her, ehe sie sich eine Lüge ausdachten, welche ihre Kunden zufrieden stellte.
    "Oh, ja.", entgegnete sie schließlich verschlossen lächelnd auf die Frage der Patrizierin, als gäbe es eine Art Geheimbund der Männerverführer. Ein exklusiver Verein, der ihrer Kundin bislang verborgen geblieben war und in den allein sie, Sophrona, sie einführen konnte.
    "Männer mögen es, berührt zu werden, mögen.. "
    Die gelblich gefärbten Zähne bleckend hielt die junge Frau inne.
    "Doch jeder Mann ist ein bisschen anders, Herrin. Ein Feldherr verlangt eine andere Art Aufmerksamkeit als ein Politiker."
    Das Grinsen wich nicht aus ihrem Gesicht. Stück für Stück würde die Hure so mehr über Kundin und Gatten erfahren.
    Kluge, dunkle Augen blitzten Antonia freudig an.

  • Antonia kannte diese Kopfbewegung. Sie bedeutete entweder drohendes Unheil oder hohen Geldverlust – beides meist durch denjenigen verursacht, der den Kopf bewegte. So lehnte sie sich stirnrunzelnd zurück, legte beide Arme je auf einer Stuhllehne ab und presste die Fingerspitzen aneinander. Musste oder vielmehr, sollte sie wirklich noch mehr über sich und den Herrn, um den sich das Gespräch drehte, preisgeben? Hatte sie denn eine Wahl?
    “Ein Mann der Götter.“, sagte sie schließlich, die Lippen schürzend. “Ein Senator.“
    Die Reaktion der jungen Frau genau beobachtend, entging Antonia zunächst das leise Klopfen an ihrer Türe. Erst, als Pallas Anstalten machte, sie zu öffnen, riss sich ihr Blick von Sophrona los.
    “Was?“, zischte sie, an ihren Sklaven gewandt, welcher stumm auf die Tür deutete.
    Sie schluckte hart. Das würde doch nicht am Ende Gracchus sein? Panisch umfasste sie die Lehnen fester, sah im Bruchteil einer Sekunde zwischen den Anwesenden und der Tür hin und her. Sophrona schien das ganze zu belustigen, ihrem Sklaven war nicht anzusehen, was er dachte.
    “Na gut. Geh hin. Und wer auch immer dort steht, soll wieder verschwinden – und wenn es Pluto persönlich ist."
    Der Sklave gehorchte und somit wandte sich die Patrizierin wieder ihrem ‚Gast’ zu.


  • Sophrona sagte keinen Ton. Sie liebte es, ihre Kundin auf die Folter zu spannen. Zudem war sie sehr neugierig, wer wohl an der Türe sein konnte. Am Ende gar der treusorgende Gatte? Doch so sehr sie die Ohren auch spitzte, alles was sie hören konnte war die tiefe Stimme des Sklaven, der zudem sehr leise sprach. Missmutig zog sie eine Schnute und wandte sich schließlich wieder Antonia zu.
    „Interessant.“, erwiderte sie. „Ein Priester.“
    Sie konnte sich schon denken, warum der Herr Gemahl nicht so sehr darauf erpicht war, seine Gattin zu beglücken. Der bekam sicherlich jeden Tag dutzende Angebote, zumal er auch noch Senator war. Ein falsches Lächeln im Gesicht beugte sie sich jedoch nach vorne und tätschelte der Patrizierin die kalte Hand.
    „Schwierig. Aber nicht unmöglich.“


    Pallas war währenddessen noch immer an der Zimmertür beschäftigt. Ein junger Sklave hatte angeklopft und meldete, dass ein.. ‚Herr’ an der Porta sei, welcher um Einlas.. ‚bat’. Eine enge ‚Freundin’ von ihm sei hier und er wolle sicherstellen, dass es ihr gut ginge. Wie der Türsklave wusste (in diesem Haus sprach sich unter Sklaven ja alles recht schnell herum), hatte lediglich die Herrin Antonia Damenbesuch und so wäre es vielleicht besser, den Herrn herein oder den Besuch hinaus zu geleiten. Ob der Dame dies recht wäre, fragte der Junge. Sicher, er formulierte es anders.
    „Sag deiner Alten, draußen steht so ein abgerissener Typ, der mit der Schnalle reden will, die bei ihr hockt.“
    Der Britannier nickte stumm und schloss die Tür wieder. Als er seiner Herrin berichtete – so leise wie möglich, denn die Lupa spitzte schon wieder die Ohren – verwendete er jedoch wiederum eine etwas erlesenere Wortwahl als sein junger Kollege.


    „Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte sie scheinheilig und legte eine Maske der Besorgnis auf ihr Gesicht.
    Seine Herrin schenkte dem Schauspiel keine Beachtung, sondern murmelte einige, für die Lupa unverständliche, Worte, woraufhin Pallas sich erneut zur Türe begab. Für ihn war klar: Vor der flavischen Porta stand Sophronas Zuhälter, der sicherstellen wollte, dass seiner Investition nichts geschah – oder der seiner ‚Angestellten’ nicht traute und sein Geld lieber selbst abholen kam.

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