Gespräch mit dem Senator Medicus Germanicus Avarus

  • Meridius betrat wenig später den Raum, den er schon immer so vorgefunden hatte und der seit seinem Vorgänger nicht mehr verändert worden war.


    "Sei gegrüßt Senator Germanicus."


    sprach er schon während er sich dem Besucher näherte.


    "Du hast Dich in Mogontiacum wieder eingelebt? Ich war überrascht, als mir Deine Akunft gemeldet wurde, doch ist dies gut. So kann die liegengebliebene Arbeit angegangen werden. Oder kommst Du auch noch wegen etwas anderem, als allein der Renovierung der Curia?"


    Er hatte den Verlobten seiner Schwester erreicht.

  • Ein knappes "Salve" ertönte und auch weiterhin hielt Avarus seine Worte knapp bemessen. Zum Einleben nickte er nur einmal.


    "Zwei Aufträge der Magister Architectura Avarus führen mich in die Stadt. Sie in die Wege zu leiten bin ich hier."


    Dabei fiel ihm ein Brief in Italien ein und er fügte nach kurzer Überlegungsphase hinzu:


    "Lucilla ist nicht zufällig auch in der Stadt?"

  • Der Senator war mit seinen Worten sparsam, oder besser gesagt, schon fast geizig. Wahrscheinlich hatte er kein großes Vergnügen daran sich hier in der Regia einfinden zu müssen, nichts desto trotz war er schienen.


    "Es freut mich zu hören, dass Du entsprechende Angebote eingereicht hast. Du hast Dich bereits zuvor um diese Stadt verdient gemacht gehabt, einige Bauten zeigen Deine Handschrift."


    erwiderte Meridius und fügte dann hinzu


    "Meine Schwester ist hier in Germanien, ja, allerdings weilt sie noch bei meinem Cousin und dessen Gattin in Confluentes. Sie wollte allerdings in wenigen Tagen hier eintreffen und sich auch diese Stadt ansehen..."


    Zufall war es allerdings weniger. War das Imperium schon so klein? Meridius zeigte sich ob der Fragestellung nun doch etwas verwundert, ließ es sich aber nicht anmerken.


    "Wann hättest Du Zeit für eine Ortsbegehung?"

  • Er ließ sich seine Freude nicht anmerken. Lucilla würde sie spüren können, Meridus hingegen blieb sie unentdeckt.


    "Wegen mir muß es kein erneut ausgehandelter Zeitpunkt sein. Ich habe genug davon mitgebracht und es wäre möglich ihn sogleich anzusetzen."

  • Avarus blieb nüchtern, wie Meridius fand. Zeigte keine Regungen, selbst als das Gespräch auf Lucilla kam. Hatte er Regungen erwartet? Wieviel Emotionen konnte man von einem Verlobten erwarten? Beziehungsweise was konnte man von diesem Germanicus erwarten. Innerlich seufzte er. Da hatte sich Lucilla ja ein besonderes Exemplar an Mann angelacht. Beinahe schon ein Steinklotz.


    "Nungut, sofort passt mir nicht ganz, da ich noch eine Besprechung habe. Allerings könnte ich gegen Spätnachmittag. Wenn es Dir reinpasst treffen wir uns dann in der Curia und besichtigen die Halle. Einverstanden, Senator?"

  • Je später der Abend umso früher sorgte sich Avarus um seinen Gaumen, doch er wollte auch nicht alt werden in Germanien, also antwortete er:


    "Natürlich, ich hoffe nur das Licht des frühen Abends wird es uns noch erlauben die Fresken und Schäden in Augenschein zu nehmen."


    Schon zum späten Nachmittag war es schnell dämmrig und die Nacht kam mit großen dunklen Schritten.

  • Der Einwand des Senators war berechtigt.


    "Ich werde zusehen, dass die Besprechung zügig vorrankommt."


    Er musterte sein Gegenüber.


    "Senator, ich weiß, dass es in der Vergangenheit einige Unstimmigkeiten zwischen uns gab. Wir beide mögen uns nicht besonders und das ist kein Geheimnis. Wir brauchen uns diesbezüglich nicht wirklich zu verstellen. Indess haben wir beide einen Menschen der uns sehr am Herzen liegt. Nämlich Lucilla."


    Nun hatte er ihn doch noch angesprochen.


    "Ich schlage vor, dass wir um ihretwillen in Zukunft einfach den Status quo akzeptieren und uns gegenseitig in Ruhe lassen. Und soweit wir uns in die Quere kommen, dürften die Dinge sicher einvernehmlich zu regeln sein."

  • Ein etwas verblüffter Blick traf den Legaten Agusti pro Praetore.


    "Brüderliche Sorge brauch Dir bei dem Gedanken an Deine Schwester nicht im Hinblick auf die Vermählung mit Mir aufkommen. Wer könnte besser für sie sorgen als ich?"


    Sicher war auch Meridus bekannt, das der Senator nicht der Ärmste im Reich war. Wie tief die Gefühle von Avarus für Lucilla gingen, wollte jener Mann sicher ergründen. Der Germanicus aber ließ sich nicht so tief in die Seele schauen. 8)


    "Unser Umgang sollte den amtlichen Rahmen tragen, für familiere Vertiefungen ist derweil zuviel vorgefallen, was die Gentes Decima und Germanica betrifft. Mag sein, das es irgendwann zu einer Enteisung reicht, mag sein..."


    Er nickte zur Ansichtszeit der Curie und wartete ab.

  • Meridius schmunzelte und musste sich zusammenreißen, dass er nicht lauthals auflachte.


    "Nun, mag sein, dass die germanischen Bürger des Imperiums etwas länger brauchen um aufzutauen. Wir Iberer sind darum umso hitzköpfiger und temperamentvoller. Es folgt schnell ein Wort dem anderen und häufig meinen wir es im Nachhinein nicht so hart, wie es ausgesprochen wurde. Doch wir vertragen uns auch ebenso schnell wieder. Vermutlich ist Dir diese Eigenschaft schon an meiner Schwester aufgefallen..."


    Meridius unterbrach sich selbst und ließ einen Moment verstreichen.


    "Ich bin mir sicher, dass sie bei Dir nicht am Hungertuch nagen wird. Und sie hat es auch bisher nicht müssen. Die Familie der Decima ist vermögend genug, darum geht es mir in keinem Fall. Wir sind auf Almosen nicht angwiesen, falls das Deine Sorge war.


    Jedenfalls halte ich es für angebracht, uns zumindest dahingehend zu einigen, dass wir uns in Zukunft in Frieden lassen und zumindest in Anwesenheit von Lucilla einen gepflegten Umgang üben. Zumindest in Hispania ist es so Sitte."

  • Avarus überlegte einen Moment. Er hatte von der Sitte einiger germanischer Stämme gehört, doch war er sich schließlich nicht gänzlich sicher, ob die Spanier auch so intim mit sich umgingen, also fragte er nach.


    "Ich weiß nicht was dir an meinem Auftreten nicht passt? Fallen sich die Männer in Hispanien um den Hals? Küssen und drücken sie sich?"


    Ein leichter Schauer schlich sich über seinen Rücken.

  • Meridius musterte sein Gegenüber nachdenklich. Dieser Germanicus war zugegebenermaßen schwieriger als gedacht und im Nu kamen ihm wieder tausend Argumente dafür, warum der Kerl für seine Schwester nicht geeignet war. Leider, und daran war wohl Venus schuld, oder wer auch immer, war Lucilla für rationale Argumente nicht mehr ansprechbar, etwas anderes als Leidenschaft oder Verblendung konnte sie zu diesem Kerl kaum ziehen, doch was sollte an diesem unterkühlten Auftreten leidenschaftlich sein?


    Bei den Göttern, es gab weder eine politische, noch eine wirtschaftliche Veranlassung um mit dieser Familie eine Verbindung einzugehen, im Gegenteil, politisch stand sie im falschen Lager, Avarus hatte mehr als nur einmal Probleme gemacht und Lucilla könnte JEDEN Mann bekommen. Warum um alles in der Welt wollte sie DIESEN? Liebe? Meridius konnte innerlich nur lachen. Liebe war kein Argument zum heiraten.


    Solcherlei Gedanken gingen dem Legaten durch den Kopf und in der Tat, aus der Rückschau auf historische Zeiten würde man erst im neunzehnten Jahrhundert die romantische Liebe als eine Basis und Grundlage für eine Heirat sehen. Die Liebe von Lucilla zu diesem Germanenrömer musste aus der Perspektive des Senators geradezu als absurd erscheinen, bar jeglicher Grundlage.


    "Wir sind keine Griechen, falls Du Dich an solche schon gewöhnt hast, Senator. Doch wir wissen wann einem jemand die Hand zu reichen versucht und wir schlagen diesen dann nicht aus. Wenn schon nicht aus Sympathie, dann doch zumindest aus Einsicht."


    Er hielt einen Moment inne.


    "Vergessen wir das Ganze und kommen zum Geschäftlichen. Du kannst Dir zusammen mit dem Magister Officiorum die Curia ansehen."


    Er hatte sich entschlossen, dies nun doch nicht selbst zu tun.


    "Ich denke die Abwicklung des Geschäftes kann dieser ebenso gut übernehmen. Die Bausubstanz muss renoviert werden."

  • Auch gut so bräuchte er sich nicht zu oft sehen lassen und wurde nicht vom Schirmherr der Aktion überwacht. Mal abgesehen davon, das ihm das sowieso nie gelegen hätte. Avarus ließ sich seine Freude nicht anmerken, sondern erwiderte nur ein:


    "Auch gut. Die Unterlagen hat dieser Magister Officiorum, oder/und wie heißt er... bei sich?"

  • "Unterlagen hat er keine. Er kann mit Dir eine Ortsbegehung vornehmen. Es geht um eine Renovierung und um keinen Neubau. Die dafür notwendigen Pläne liegen im Archiv. Den Erbauer müsstest Du als Architekt des ehemaligen Legatus Sedulus vielleicht sogar noch kennen."


    Meridius wartete einen Moment.


    "Falls Du Fragen hast, Du weißt wo mein Officium ist."

  • Ein Augenrollen konnte Avarus gerade noch vermeiden. Natürlich war er sich dessen bewußt einen Laien vor sich zu haben und unterdrückte auch den Seufzer. Er konnte dann mit dem Angestellten der Regia besser in einem Gespräch abwägen, was die Vorstellungen waren: wie die Fassaden, die Raumteiler, die Wände gestaltet werden sollten. War es iberisches Holz, hell in der Farbe, weich in der Maserung oder Mauretanische Bretter dunkel im Ton, fest im Wachstum? Fliesen aus Germanien, oder Granit aus Gallien? Mit welchen Wachsen würden sie die Fresken und Gemälde tönen?


    ...


    Länger dachte der Architekt darüber nicht nach, zuviele Dinge wären hilfreich in einer kurzen Aufstellung gewesen. So würde ein weiteres Gebäude in Mogontiacum seinen Geschmack tragen. Ihm war das natürlich Recht zumal er es auch noch bezahlt bekam, ob's dem Hausherren gefiel...?


    "Ich weiß. Dann verabschiede ich mich Senator Decimus."


    ... und schon war er an der Tür. Ein kurzes Warten noch. Sehr kurz... 8)

  • Meridius nickte.


    "Vale, Senator Germanicus."


    Er sah dem Mann noch nach und machte sich dann wieder an seine Arbeit. Begegnungen mit diesem Kollegen aus dem Senat gehörten wahrlich nicht zu den angenehmen Dingen des Lebens. Doch ließen sie sich ja nicht mehr vermeiden. Zumal Lucilla gedachte, diesen Mann zu ehelichen.

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