Saturnalia Flaviae

  • Zitat

    Original von Flavia Leontia et Hannibal


    Wie gebannt lauschte Gracchus den Worten seiner Base und nickte ab und an in stiller Zustimmung zu jenen wahren Worten des Platon, denen er zwar nicht mehr mit ganz ungeteilter Aufmerksamkeit folgen konnte, doch er erinnerte sich daran, sich einst sehr intensiv mit jenen Schriften auseinander gesetzt und sie dabei für durchaus stimmig befunden zu haben. Oder war es gar anders gewesen, waren Zweifel in ihm erwachsen und er hatte dem nur bedingt zustimmen können, da er, obwohl Platons Ideenlehre durchaus überzeugend schien, gerade bei der Liebe anderer Ansicht war? Wie dem auch war, aus Leontias Mund zumindest klangen die Gedanken wie der Weisheit letzter Schluss, wie beinahe alles, was aus ihrem Munde kam. Warum konnte nicht Antonia ein wenig mehr wie seine Base sein, denn wäre Leontia seine Gattin, womöglich wäre Gracchus dazu fähig sie zu Lieben. Nachdenklich und überaus angestrengt, einen Augenblick auf seiner Unterlippe kauend, musterte Gracchus seine Base. Nein, er würde auch Leontia nicht lieben können, es machte keinen Unterschied. Doch zumindest konnte er ihre Gegenwart genießen, sich mit ihr unterhalten, ihr zuhören, ohne dass es ihm ein kalter Schauer über den Rücken zog. Auf die Worte Hannibals hin fiel Gracchus nun endlich ein, dass ihm Aristides' Sklave doch bereits einmal aufgefallen war. Sofern er sich korrekt erinnerte, war er eine Zeit lang mit Aristides in Achaia gewesen, möglicherweise hatten sie bereits das ein oder andere Mal den gleichen Tisch geteilt, in den abendlichen Runden Achaias waren die diesbezüglichen Sitten meist ein wenig lockerer gewesen. Nachdem er sich mit einem Schluck Wein gestärkt hatte, setzte auch Gracchus erneut zu einer Erwiderung an, obwohl ihm die Gedankengänge langsam schwerer erschienen, als üblich.
    "Mag die Liebe nur dem Schönen gelten, doch wer bestimmt über Schönheit? Das Gute? Da mag ich dir Recht geben. Doch dass Liebe nur dem reinen Guten gelten kann, dem möchte ich beileibe nicht zustimmen. Gerade die wahre Liebe vermag uns über Dinge hinweg sehen zu lassen, welches andernfalls unmöglich ist."
    Waren dies nun noch philosophische Ideen, oder brach zu sehr sein eigenes Empfinden aus Gracchus heraus? Er hielt einen Moment inne, um sich dessen gewahr zu werden, doch musste er erfolglos kapitulieren.
    "Der Hass ist denn ein sehr guter Ansatzpunkt, sofern du ihn zum Gegenpol einzig der Liebe erklärst. Ist es möglich ein wenig zu Hassen? Nur ein bisschen zu Hassen? Hass ist ein starker Ausdruck, ebenso wie die damit einhergehende Empfindung, und ebenso wenig, wie es möglich ist ein wenig zu Hassen, so möchte ich es zumindest behaupten, ist es möglich nur ein wenig zu Lieben. Rausch ist beides und keines von beiden kann versiegen, wie der Tropfen im Sand, nicht Hass, nicht Liebe, denn wenn es so ist, war es weder Hass, noch Liebe, sondern Abneigung oder Zuneigung."
    Er wollte darauf einen weiteren Schluck Wein nehmen, doch sein Becher war leer, hatte er ihn doch während seiner Rede in den Händen gehalten, so dass kein Freier herangekommen war. So hob er den Becher denn vor sich.
    "Der Wein jedoch kann zur Neige gehen, um auf den Ursprung dieser Diskussion zurück zu kommen, und dann scheint manches mal das Versiegen des letzten Tropfens im sandigen Rachenraum wahrlich deplorabel.
    Junge, schenke Falernerwein aus, an die Alten!
    Mit herbem Weine fülle jetzt die Becher,
    Wie Postumia es befiehlt, die Herrin,
    Die, genau wie die trunkene Traube, abgefüllt mit
    Wein ist! Fort mit dem Wasser, das ja doch nur den Wein verdirbt!
    Mag es fließen zu Philistern!
    Nicht gemischt ist hier des Bacchus' reines Geschenk!

    So drückte es bereits Catullus aus mit Worten, die zwar derb sind, doch in Anbetracht der niederschmetternden Begrenztheit des Daseins möchte ich in diesem Augenblick darüber hinweg sehen. Sciurus, nimm dir ein Beispiel an Postumia und befiehl! Hätte ich geahnt, was für ein dürftiger Rex Bibendi du bist, ich hätte dafür Sorge getragen, dass Aristides gekrönt wird. In Achaia nannten wir ihn den Amphorenkönig, denn keiner konnte so schnell so viele Amphoren hintereinander leeren und sie schließlich an die Wand stellen, dass sie nicht umkippten, wie Aristides."

    Mit einem hintergründigen Grinsen prostete Gracchus seinem Vetter mit dem nun endlich wieder gefüllten Becher zu.
    "Kannst du dich daran noch erinnern, Marcus? Bei Bacchus, es scheint mir schon eine Ewigkeit her zu sein, dabei ist es nicht einmal ein Jahrzehnt."

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  • Sciurus war lange genug Sklave - er war bereits als Sklave geboren worden - um dem instinktiven Verlagnen, seine Augen einwärts zu drehen, zu widerstehen. Sein Herr vermittelte bereits den Anschein, als könne er jeden Moment von der Kline kippen, und dennoch oder gerade deswegen schwang er große Reden. Zudem begann er bereits in Erinnerungen an Achaia zu schwelgen. Seit der Zeit, da er ihm diente, hatte Sciurus seinen Herrn nur ein einziges Mal bedenklich betrunken erlebt. Es war einige Tage nach dem fatalen Zusammentreffen mit dem Herrn Aquilius gewesen. Mehrere Tage lang war Gracchus mehr neben sich, denn er selbst gewesen, hatte sich in sich gekehrt und seine Aufgaben nur durch den Drang der Routine verrichtet, bis er schließlich an jenem Abend in seinem Cubiculum dem Wein verfiel und versuchte, seinen Kummer in der ungewässerten, blutroten Flüssigkeit zu ertränken. Nachdem er sich über die Ungerechtigkeiten der Welt und das Leid des Lebens ausgelassen hatte, hatte er begonnen von den wilden Abenden in Achaia zu berichten. Im Laufe der nachfolgenden Zeit hatte Sciurus herausgefunden, dass es immer die gleichen, nur wenige Abende waren, von denen Gracchus so gern berichtete, doch sie schienen seinem Herren wahrlich einprägsam in Erinnerung geblieben zu sein, und bedachte man in welch Gegensatz sie zu seinem sonstigen Leben standen, so war dies vermutlich nicht verwunderlich.


    Dennoch war sich Sciurus nicht sicher, ob dieser Saturnalienabend dazu geeignet war, ein solch denkwürdiger Abend zu werden, oder ob es nicht seinem Herren zuträglicher war, ihn frühzeitig von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Doch vermutlich würde dies ohnehin nicht einfach sein. So spielte er denn weiter das Spiel mit, hob seinen Becher, auf dass sein Herr zufrieden sein mochte, und erhob ebenso seine Stimme. "Um den Nachtisch einzuleiten, gebietet der Rex Bibendi die Becher zu leeren, um mit dem Inhalt das Hauptmahl herunter zu spülen."


    Sciurus leerte seinen Becher, der noch immer mit äußerst wässrigem Wein gefüllt war, und winkte den Freien sodann, auf dass sie den Nachtisch servieren mochten. Als die Platten abgetragen waren, brachten sie zuerst wiederum Schüsseln mit lauwarmem Wasser zur Reinigung der Hände, dann schließlich folgte die Nachspeise. Es gab ein silbernes Tablett mit Gebäck aus Blätterteig, bestrichen mit Honig und Pfeffer, eine Schüssel voller mit Topfen, Honig und Pinienkernen gefüllten Datteln, eine Platte voller Birnen, die mit einer Sauce aus Wein, Honig und Gewürzen übergossen war, und schlussendlich einige Platten und Schüsseln voller diverser Früchte, von welchen einige bereits keinen Platz mehr auf dem Tisch fanden und so durch die Freien auf Wunsch herumgereicht wurden.

  • Krieg und Kampf waren häßlich und bargen nichts Gutes? Das war Marcus fremd. Natürlich war es nicht immer schön, meistens eher nicht, und es brachten auch die grauenhaftesten Dinge zum Vorschein, doch tat dies genauso die Liebe, die Ehe und alles, was rund um das Theater dieser Gefühle spielte. Schließlich brachte nicht nur die Liebe Schönes hervor, sondern auch der Krieg vermochte Gutes zu wecken- Tapferkeit, Loyalität, Freundschaft...aber Marcus wagte nicht, darauf etwas zu erwidern, war er schließlich in der Philosophie gänzlich inkompetent. Kopfschüttelnd sah Marcus in seinen Becher Wein- oh, er war ja schon wieder leer- und seufzte unhörbar. Was sollte er nur auf solche eloquenten Reden erwidern? Da ihm das Wort „kongruent“ völlig fremd erschien, konnte er den Sinn hinter dem Satz natürlich nicht verstehen. Marcus warf seinem Sklaven einen düsteren Blick zu, war sich sicher, daß jener damit und mit ihm spielte. Aber es lag einfach genauso in der Natur von Hannibal, wie es bei Gracchus und der klugen Leontia der Fall war. Heimlich schielte Marcus zu den Anderen rüber, die schienen ganz offensichtlich auch nicht mehr der Diskussion folgen zu können. Etwas Erleichterung machte sich in Marcus breit und er ließ sich abermals etwas von dem Wein eingießen und einen vollen Teller reichen. Die Liebe kann nur dem Schönen gelten? Eine häßliche Frau könnte Marcus wahrlich nicht lieben können. Da war also was wahres an jener Aussage des Philosophen. Wen hatte Hannibal noch mal gemeint, Plotin, Sokrates oder Platon? Er warf sie alle über einen Haufen und vergaß immer wieder, was jene Philosophen noch mal geschrieben oder nicht geschrieben hatten.


    Gerade wollte sich Marcus einige passende Worte für Hannibals Erwiderung überlegen, ebenso zu Leontias Zitat aus Platons Werk, doch seine Gedanken arbeiteten zu langsam, Gracchus sprach zu schnell und Marcus verlor den Anschluss daran. Außerdem wollte er kaum Leontia sagen, daß sie als junges und unschuldiges Mädchen von der wahren Natur der Liebe, so wie Marcus sie sah, etwas verstand. Schließlich glaubte er, und hoffte natürlich, daß sie dererlei Erfahrungen noch nicht gemacht hatte. Aber wirr von den ganzen klugen Worten um ihn herum, biß Marcus nur in ein Stück Fleisch und kaute langsam die fein gewürzte Speise, schluckte runter und dachte schon über das seltsame Wort „deplorabel“ nach. Gracchus benutzte es dermaßen häufig, daß Marcus es schon kannte. Vielleicht sollte er morgen mal Hannibal darüber befragen. Bei Gracchus letzten Worten lachte Marcus auf und verschluckte sich fast am Wein, hustete kurz und schüttelte grinsend den Kopf.


    „Manius, du pflegst mitunter zu übertreiben. Außerdem hast Du Caius vergessen, der konnte beiweilen gut mitbechern und hatte dabei immer noch einen munteren Witz auf den Lippen. Hmm...ein paar Jahre...? An so was merkt man erst, wie schnell die Zeit vergeht, wahrlich!“


    Marcus grinste breit und schüttelte noch mal den Kopf. Doch, es war schon eine Weile her. Nur war er damals schon weit über der zweiten Dekade und die beiden anderen Flavier strebten gerade mal dieser Altergrenze entgegen, wenn er sich recht erinnerte. Aber Marcus wollte es sich nicht noch nehmen lassen, noch etwas geistreiches von sich zu geben. Und da sich solcherart immer mit kleinen Versen eignete, kramte er in seinem Geist nach einem Gedicht. Poetische Texte konnte er sich einfach deutlich besser merken als alles andere, vielleicht lag es daran, daß es fast wie Musik anmutete.


    „Mag sein, daß ich der Liebe nur meine Lebensweisheit hinzusteuern kann, wenngleich mich jene auch täuschen kann. Doch abschließend einige muntere Worte, die ich, glaub ich, mal in Baiae an einer Wand geschmiert gesehen habe. Heil sei den Liebenden gegönnt! Tod dem, der keine Liebe kennt! Zweifacher Tod wünsch’ dem ich still, der Liebe gar verbieten will!“


    Lächelnd hob Marcus den Becher und verkniff sich noch den anderen Spruch, der direkt darunter stand. Wer immer liebt, nur rasch herein: Ich schlag’ der Venus die Rippen ein, mit derbem Knüttel und zugleich, Hau’ ich die Lend’ ihr windelweich...und so weiter und sofort. Aber er wollte weder die jungen Frauen am Tisch kränken, noch seinem Sohn ein allzu schlechtes Vorbild sein. Auf Sciurus Worte trank Marcus hurtig den Becher leer.


    „Was nicht erhofft, begibt sich oft. Der Mensch, der denkt, Fortuna lenkt. Drum schenk uns ein Falerner Wein! Manius, mich dünkt, Dein Sklave will uns verhungern lassen. Räumt gar schon den Tisch von dem schmackhaften Essen leer!“


    Ehe der Hauptgang verschwand, ließ sich Marcus schnell noch mal einen vollen Teller reichen. Das ging doch nicht an, wie schnell die Gänge hier wechselten. Da konnte man nicht mal in Ruhe seinen dritten Nachschlag nehmen. Sich den Becher wieder füllend lassend, widmete sich Marcus abermals in Ruhe seinem Essen.

  • Serenus machte sich über den Nachtisch her und füllte erst mal 3 Teller übervoll. Seltsamerweise ließ er aber von einem der freien Bediensteten 2 dieser Teller in sein Cubiculum tragen. Den 3. Teller ließ er sich schmecken und beobachtete seine Verwandten aufmerksam, während er von seinem Honigwasser trank. Dann gab er einem weiteren Bediensteten Anweisungen 2 große Kannen vom jetzigen Honigwasser in seinen Raum bringen zu lassen. Bald kam sicher der Zeitpunkt, wo die Kinder ins Bett geschickt werden würden. Dann hätte er in seinem Cubiculum etwas vorgesorgt. Erfahrungsgemäß war das dann soweit, wenn der erste Erwachsene auf der Kline betrunken einschlief, schmutzige Lieder zu singen begann oder nur noch unzusammenhängend lallte.


    Er zückte in weiser Voraussicht schon einmal eine Schriftrolle, die er auf dem Rückweg von Tante Antonia in seinem Zimmer besorgt hatte und welche sein Vater noch unterschreiben sollte. In einigen Bechern Wein.


    Er wandte sich an Dido.
    “Mach Dir besser deinen Teller mit Nachtisch gut voll und lass es Dir schmecken solange es geht. Bestimmt werden wir bald ins Bett geschickt. Papa scheint schon mächtig betrunken zu sein, wenn er mit philosophischen Sprüchen anfängt. Onkel Gracchus scheint auch langsam locker zu werden. Und Tante Leontia schläft auch gleich auf der Kline ein.”

  • In der Tat hatten die ungewohnte Menge Wein, und die ausgelassene Festlichkeit Leontia bereits gehörig ermüdet. Ganz still war sie geworden, ruhte matt auf der Kline, vor sich einen Teller mit köstlichem Blätterteig-Gebäck, von dem sie immer wieder ein Stückchen abbrach, und es langsam zum Mund führte, während sie neugierig den wilden Geschichten der Männer lauschte. Hier Mäuschen zu sein, das war eine unvergleichliche Chance, Einblick in deren oft fremdartige und bizarre Gedankenwelt zu gewinnen.


    Mit milder Verwunderung registrierte sie, dass sogar Gracchus es sich nicht nehmen ließ, eine wohl recht zügellos verlaufene Episode anklingen zu lassen... Hoffentlich war ihm ihr Geschenk nicht zu banal. Lieber hätte sie ihm den griechischen Medikus geschenkt, denn sie hatte bei ihrer Ankunft den Eindruck gewonnen, dass er kurzzeitig Gracchus' Interesse geweckt hatte – was bei so einem außergewöhnlich qualifizierten Sklaven ja kein Wunder war. Doch da Kosmas leider ihrem Vater gehörte, hatte sie von dieser Idee wieder Abstand nehmen müssen.


    Auch die Datteln mit Pistazien waren ganz exquisit. Aber so nach und nach überkam Leontia eine immer größere Lust, sich endlich der Schrift des Xenophon zu widmen, die so verlockend neben ihr auf der Kline lag. Hier konnte sie sie ja kaum lesen. Aber vielleicht noch einen kleinen Blick hineinwerfen? Ganz kurz? Sie erlag der Versuchung, säuberte sich sorgsam sich die Finger, schob den Nachtisch beiseite, und griff erwartungsvoll nach der Rolle. Andächtig entrollte sie die Schrift ein Stück, las, und flüsterte, sich am Klang der Worte erfreuend, leise vor sich hin: "…bei Anlässen, wo sie sich einer fröhlichen Stimmung und scherzhaften Laune überlassen, meines Bedünkens nicht weniger merkwürdig sind, als bei ernsthaften Gelegenheiten…."


    Schmunzelnd sah sie noch mal zu den sich in Erinnerungen an große Gelage ergehenden Männern, entrollte die Schrift noch etwas weiter, und war kurz darauf vollkommen gebannt. Bis über beide Ohren in ihre Lektüre versunken, ganz in ihrem Element, sah und hörte von der Welt um sie herum rein gar nichts mehr…

  • Hunger hatte Hannibal mittlerweile durchaus nicht mehr, so trank er immer nur mal wieder einen kleinen Schluck vom edlen Wein. Er war sich jedoch sicher, dass ihn später noch eine längere Trinkstrecke erwarten würde, wie jedes Jahr zu den Saturnalia. Das war etwas, worauf sein Herr Aristides nie verzichtet hatte. Hannibals Augen ruhten jedoch auf Gracchus, er sann über dessen Worte nach, lächelte kurz bei Aristides munteren Gedichten und leerte stumm den Becher, um sich erneut Wein eingießen zu lassen. Seine Gedanken schweiften für einen Moment ganz woanders hin, jedoch rief er sich schnell die Diskussion in Erinnerung. „Der Schönheit bedarf es eindeutig eine genauere Umschreibung. Meine ich das Schöne im Menschen, das Schöne am geliebten Wesen, derer gute Eigenschaften und die Ästhetik im Allgemeinen? Oder ist die Schönheit eine Folge des Guten, wenn wir von allem Irdischen uns entfernen und auf das Seiende, das reine Schöne, besinnen. Ist die Liebe derer nur ein Ausdruck der Seelensuche eines Menschen nach dem Vollkommenen? Ist alles, was uns hier auf der Welt bewegt in reinerer Form vorhanden und unsere Gefühle nur ein Schatten des wahrhaftigen Seienden? Ist es derart, so wird es wohl doch die wahre Liebe geben. Ist sie für uns Sterbliche erreichbar? Oder nur für den Philosophen und die Götter?“


    Hannibal lächelte leicht und ließ sich wieder einige Schlücke vom Wein munden. „Doch beileibe, in unserer Welt ist die Liebe nicht nur der Schönheit gewidmet und die Liebe birgt auch nicht nur das Vortreffliche. Wie gut führen uns indes die Worte des Sokrates über die zwei Rosse der Seele jenes vortrefflich vor Augen. Das Eine von geradem Wuchs, ehrliebend mit Besonnenheit, das andere plump und hartmäulig. Selbst mit all jenen Makeln und den Zweifeln der Echtheit, was ist ein Mensch schon ohne die Liebe? Fürwahr und verflucht all jene, die die Liebe verbieten wollen!“ Hannibal hob den Becher, nickte zu Aristides und trank einen tiefen Schluck Wein. Er wollte nicht ohne die Liebe leben und würde wohl immer wieder die Seelenqual dafür hinnehmen müssen. Prüfend musterte Hannibal die süßen Speisen auf dem Tisch, verspürte jedoch keinen Wunsch davon zu kosten. Ob er sich von der Versammlung entfernen konnte? Hannibal beugte sich zu Aristides hinüber und raunte leise. „Willst Du später noch in die Stadt oder bleibst Du in der Villa?“

  • Ein wehmütiges Lächeln kräuselte Gracchus' Lippen, sein Blick richtete sich sehnsuchtsvoll in die Ferne.
    "In der Tat ... Caius ... ihn habe ich vergessen ..."
    Keinen Augenblick war er zu solcherlei Tat in der Lage, mochte Aquilius in noch so weiter Ferne weilen. Zuerst hatte Gracchus geglaubt, dies würde alles leichter machen, den Gefährten nicht ständig in seiner Nähe zu wissen, hatte geglaubt, dass es ihm so womöglich auch leichter werden würde, Antonia aufzusuchen. Doch nichts von all dem war geschehen, er sehnte sich nach Caius' Nähe, tagtäglich verzehrte er sich nach dessen Gesellschaft und je weniger er dies erlangen durfte, desto weniger wollte er an seiner statt seine Gattin um sich haben. Die Saturnalia gedachten den goldenen, den guten alten Zeiten, und Gracchus wünschte sich ebenfalls in diese Zeit zurück, denn dort wäre ihm alles einfacher. Doch die Zeit war unbarmherzig, ließ sich nicht zurückdrehen, nicht einmal anhalten und an keinem Tag war der Fluss genau so, wie noch einen Augenblick zuvor. Aristides' Worte holten Gracchus erneut zurück an den Tisch. Er kannte diesen Spruch, den sein Vetter zitierte, und er war sich sicher, dass dieser Spruch noch eine weitere Zeile hatte, irgend etwas mit der Liebesgöttin Venus, doch es wollte Gracchus nicht einfallen, wie dieses Ende war, noch, von welchem Dichter überhaupt die Zeilen stammten. So überging er dies und stimmte Aristides hinsichtlich seines Sklaven zu.
    "Er will uns nicht nur verhungern lassen, sondern auch verdursten, wie mir scheint. Mein Sklave taugt heute zu gar nichts, und er hat Glück, dass er heute kein Sklave ist."
    Mit einem amüsierten Blitzen in den Augen prostete Gracchus seinem Sklaven zu und leerte seinen Becher. Ein Fehler, wie er sogleich feststellte, denn Hannibals Worte erforderten ebenso ein Prosit. Darum wartete er nur kurz, bis der Becher gefüllt war, und erhob ihn sogleich erneut.
    "Auf die Liebe! Was wäre die Welt nur ohne sie? Viel einfacher und weniger schmerzlich sicherlich ..."
    Er erstickte ein schweres Seufzen mit dem nächsten Schluck Wein. Sodann besah er sich die Süßspeisen auf dem Tisch.
    "Sind wir schon beim Nachtisch angelangt?"
    So recht konnte er sich gar nicht mehr an die Hauptspeise erinnern, denn langsam bekam er ohnehin Schwierigkeiten mit der Auffassungsgabe und dem Erinnerungsvermögen.
    "Hatte ich nicht noch ein Geschenk nach dem Essen zu verteilen?"
    Sicher war er sich nicht, doch etwas dieser Art war noch in seinen Gedanken. Er wandte sich mit hilfesuchendem Blick an Sciurus.
    "Habe ich?"

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  • Es war ein trauriges Schauspiel, wie die Damen und Herren sich langsam in einen Dämmerzustand tranken, doch keiner von ihnen würde sich davon abhalten lassen. Sciurus verweilte indes in seiner Stille, enthielt sich jeglichen Kommentares bezüglich seines eigenen Herren oder den Worten seines eigenen Herren bezüglich seiner eigenen Person. Spätestens nach den Saturnalia würde sich Gracchus wieder dessen erinnern, weshalb er auf seinen Sklaven angewiesen war. Doch so lange musste er nicht einmal warten, sein Herr brauchte ihn schon wenige Augenblicke später.


    "Das Geschenk für den jungen Serenus, Herr." Auf einen Wink hin verließen zwei der Freien den Raum und kehrten wenig später mit einem nicht gerade kleinen Geschenk zurück. Es war in etwa in der Form eines Kastens, von einem großen blaufarbenen, samtenen Tuch bedeckt. Sie stellten dies vor Serenus Kline ab, sodann zog einer mit einer fließenden Bewegung das Tuch hinfort. Darunter kam ein kleiner Streitwagen zum Vorschein, das Holz war weißfarben gestrichen, die Speichen der Räder, der Saum des Geländers und die Deichsel silberfarben. Er hatte genau die passende Größe, dass ein Junge wie Serenus damit durch die Rosenbüsche seines Onkels Felix würde fahren können, sofern er eine geeignete Rennziege oder seinen Hund davorspannte.


    "Es ist ein Exemplar aus dem Hause Hermes, mit doppelspeichigen Rädern, vorgelagerter Achse und Kombinationsdeichsel," erkläuterte Sciurus dem Neffen seines Herrn fachkundig. Zudem war es ein völlig überteuertes Geschenk, völlig überflüssig in den Augen Sciurus', da der junge Herr es sicherlich ohnehin binnen weniger Tage gegen irgend eine Wand setzen würde.

  • Gierig aß Marcus weiter von seinem letzten Nachschlag, wobei er darauf achtete, nicht mit schlechten Tischmanieren aufzufallen. Das war schließlich auch etwas, worauf seine Mutter- hach, wie sehr er sie doch wieder vermißte- geachtet hatte. Marcus ließ ein Stück Fleisch sinken und sah in die goldene Flamme einer der Honigkerzen. Was wohl seine Mutter im selben Augenblick tat? Feierte sie mit ihren Freunden in Baiae? Vielleicht hatte wieder diese unverschämte Nachbar und sündhaft reiche Eques sie eingeladen- zwischen Marcus Augenbrauen erschien eine finstere Falte. Wie immer, wenn es um die zahlreichen Avancen ging, die seine Mutter von der Männerwelt erhielt, wurde Marcus mißmutig. Grimmig stopfte er sich noch ein letztes Wachtelfleischstück in den Mund und hob mechanisch den Becher.


    „Ja, auf die Liebe…!“


    Es war nicht so, daß Marcus es seiner Mutter mißgönnte glücklich und zufrieden zu sein, aber gefälligst ohne einen fremden Mann, der sie sowieso nicht verdient hatte. Mit einem Kopfschütteln verscheuchte Marcus die für ihn unerklärlichen Gefühlswallungen, die er nicht genau mit einem Wort zusammenfassen konnte, wenngleich es schlichtweg Eifersucht war. Mit einem Zug leerte er erneut den Becher und spürte schon wie der Wein ihn in immer intensivere Gefühlschwankungen und –empfindungen trug. Grübelnd kratzte er sich an seinem Kinn und wog den Kopf hin und her, antwortete dann schließlich genauso leise auf Hannibals Frage.


    „Natürlich, ich habe schließlich nur ein paar Tage Urlaub und die will ich noch ein wenig im aufregenden Rom nutzen. Vielleicht gehen wir noch auf die Tiberinsel? Ich habe gehört, es soll dort ein gar außergewöhnliches Lupanar liegen, mit zahlreichen exotischen Attraktionen.“


    Aus dem Augenwinkeln sah Marcus den kleinen Streitwagen, ein amüsiertes Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus und dann fiel es ihm siedendheiß ein, er hatte ja seinen Kindern noch gar nicht die Geschenke gegeben, aber der Korb war leer. Leise tauschte er mit Hannibal wieder einige Worte aus und atmete erleichtert auf, als er erfuhr, daß sowohl sein Töchterlein als auch sein Sohn schon ihr Geschenk erhalten hatten. Das erste Mal nahm Marcus die junge Sklavin bei seinem Sohn richtig wahr. Ob das gut ging? In ein paar Jahren konnte das böse ins Auge gehen, es war nicht ohne Grund, daß Marcus einen Leibsklaven hatte und keine Leibsklavin. Doch Marcus zuckte mit der Schulter.


    „Damit wirst Du sicherlich in einem Affentempo durch die Villa sausen können, Lucius. Aber nicht im Garten…!“


    Ob ein paar Vasen zu Bruch gingen, eine Tür demoliert wurde bei dem Toben seines Sohnes, all das machte Marcus nicht sonderlich viel aus. Schließlich mußte sein Sohn doch auch seinen Spaß haben dürfen. Mit dem Fleischgang fertig, ließ sich Marcus dann doch noch von den Süßspeisen reichen und roch an einer Honiggetränkten und nussigen Dattel. Nach der Nachspeise würde er mit Hannibal losziehen und noch ein wenig die Nacht durchmachen. Von seiner Süßspeise den Blick erhebend, sah Marcus in die Runde.


    „Mag vielleicht noch jemand mit in die Stadt kommen? Kinder und Lesesüchtige natürlich ausgenommen!“


    Daß er die Frauen auch damit ausschließen wollte, getraute sich Marcus- in Hinblick auf die empfindsame Gefühlswelt der Frauen- nicht laut auszusprechen. Er warf der lesenden Leontia einen mild lächelnden Blick zu und sah von Milo, über Furianus zu Gracchus und grinste breit, war Marcus doch durchaus gespannt, ob sein belesener Vetter sich anschloß.

  • Bereits wenige Augenblicke, nachdem Gracchus sich seinem Sklaven zugewandt hatte, war er erneut bei ganz anderen Gedanken angelangt, denn spätestens, als Sciurus begann die Vorzüge des Rennwagens aufzuzählen, kam er nicht mehr mit. Wagenrennen konnten ihn noch nie begeistern, acht Wägen, acht Wagenlenker und vierzig Pferde die in und um und rund herum um den Circus fuhren, rund herum Runde um Runde, um am Ende den Schnellsten oder Geschicktesten oder auch nur Brutalsten von allen zu ermitteln. Schon beim Gedanken an die vielen ovalen Kreise wurde Gracchus ganz anders. Die Aussicht in Rom, um Rom und um Rom herum mit Aristides zu ziehen kam da wahrlich verlockender, die Überlegung, ob sein Vetter ihn versuchte auszuschließen, indem er Lesetüchtige von vorneherein ausschloss, schob er bei Seite, denn Aristides würde dies sicherlich nicht versuchen und wenn doch, dann würde er es viel direkter sagen, als mit solch versteckter Botschaft.
    "Vielleicht? Sicherlich ich ... ich ... sicherlich."
    Er bekräftigte diese Bekanntmachung mit einem Prosit. Nicht nur die mangelnde Artikulationsfähigkeit ließ jedoch darauf schließen, dass es Gracchus sicherlich nicht mehr in die Stadt schaffen würde. Ein wenig des Weines schappte beim Anheben aus dem Becher und anschließend fand Gracchus den Tisch zum Abstellen des Gefäßes eher schlecht als recht. Sein Geist wurde zunehmend schwammiger, so schien es ihm, ebenso wie sein klares Gesichtsfeld, welches zwischen Myopie und Hypermetropie zu schwanken schien, obwohl er sich dessen sicher war, dass ihm beides fehlte. Er schwang schwerfällig die Beine von der Kline und quälte sich regelrecht von seinem Sitzkissen auf bis er gerade saß, zumindest vermutete er jenes, obwohl dies ob der leichten Schaukelbewegung der Welt nicht ganz sicher zu sagen war, musste jedoch vor dem endgültigen Aufstehen kapitulieren.
    "Vielleicht auch nicht."
    Er kniff die Augen zusammen, doch die Welt hielt nicht inne in ihrer Bewegung. Möglicherweise wäre es in diesem Zustand fatal, Rom zu erkunden.

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  • Mit einem Schmunzeln betrachtete Marcus seinen Vetter, unterdrückte ein Hochwandern seiner Augenbraue. Die anderen männlichen Flavier, mal von seinem quietschfidelen Sohn abgesehen, schienen wohl zu müde oder zu unlustig zu sein in die Stadt zu eilen. Marcus zuckte mit der Schulter und leerte seinen Becher in einem einzigen Zug. Mit einem Winken deutete er einem der Freien heranzunahen und ihm eine Wasserschüssel zu reichen. Sorgfältig wusch sich Marcus seine klebrigen und fettigen Hände in dem kühlen Naß, die er dann an einem Tuch abtrocknete.


    „Wohl denn, dann brechen wir nun auf, zumindest mein Sklave und ich…doch möchte ich den Abend gerne noch mit ein paar Versen beenden, was vielleicht auch noch zu dem Fest passen mag!“


    Marcus holte Luft und entsann sich schnell an das Gedicht, was er mal aufgeschnappt hatte. Daß es ebenfalls von Catull stammte, ja, das ging ihm selbst beim Zitieren nicht auf.


    „In der lustigen Zeit zum Saturnalsfest,
    Wenn der Becher zum Würfeln herrscht, erlaubt ihr,
    Hoff’ ich, Römer mit Hüten, dass ich Verse
    Dichten darf, welche nicht gerade ernst sind.
    Wohl, ihr lächelt: Es ist erlaubt; ich wag’ es!
    Geh von dannen, du leichenblasse Sorge!
    Jetzo reden wir, was uns in den Sinn kommt, ohne Grübeln und langes Stirnrunzeln….“


    Grübelnd kratzte sich Marcus am Kinn. Eben hatte er doch noch gewusst wie es weiterging, jetzt waren die Zeilen ihm wieder im Geiste und seiner Zunge ebenso entglitten, seufzend, grinsend und mit einem Schulterzucken gab er schnell auf.


    “Und so weiter und so fort. Lucius, geh nicht zu spät schlafen. Gute Nacht und ein frohes Fest noch allerseits!“


    Beschwingt und froher Laune machte sich Marcus mit seinem Sklaven- und jedem sonst, der wollte- davon, es war schließlich nur einmal im Jahr die Saturnalia und die Feste in der Stadt umso bunter und feuchtfröhlicher. Das wollte Marcus mit Sicherheit nicht verpassen.

  • Serenus strahlte über das ganze Gesicht und lief mehrfach staunend um den kleinen Rennwagen. Und er hatte schon befürchtet, dass es von Onkel Gracchus kein Geschenk geben würde. Gut, er hatte mal wieder keinen Löwen oder einen kleinen Bären bekommen, aber jetzt immerhin einen Hermes 103, das neuste Modell. Sogar die Gerüchte hinsichtlich austauschbarer Teile erwiesen sich als Wahrheit, wie er direkt mit professionellem Blick erkannte. Schade nur, dass er den Wagen erst später ausprobieren konnte, zumal der Hermes 103 auf zwei bis vier Ziegen ausgerichtet war. Weise Farbe, na gut, da konnte man mit Farbe abhelfen, zumal Serenus ein Anhänger der Factio Russata war. Ohnehin würde er seinen Papa mal fragen müssen, ob er dort Mitglied werden durfte. Papa war guter Stimmung, Onkel Gracchus schon ziemlich angetrunken. Und so wie die weitertranken war der Abend ideal um sich später darauf zu berufen, dass er die Erlaubnis bekommen hatte. Die Frage war nämlich sehr heikel. Patrizier als Mitglieder der Factios, die dem gewöhnlichen Volk als Auffanglager dienten und das Gefühl gaben sie wären wichtig, waren so eine Sache.


    „Papa, darf ich Juniormitglied in der Factio Russaata werden? Oma hat es erlaubt, wenn ich hier in Roma bin. Ich habe hier auch schon ein
    entsprechendes Gesuch, das du nur noch unterschreiben musst, nachdem du die riesige Wachstafel mit den vielen Informationen über die Russata gelesen hast. Die haben mir freundlichenweise meine Wachstafel auf Griechisch übersetzt, so wie es sich für wichtige Schreiben auch gehört. Standesgemäß habe ich mein Beitrittsgesuch natürlich auf Griechisch verfasst, wie es sich für einen Patrizier gehört um seiner gehobenen Bildung gerecht zu werden. Du musst nur mal eben schnell unterschreiben. Dann kann ich auch
    endlich ins Bett und störe euch nicht länger. Und morgen hast du doch sicher keine Zeit das in Ruhe zu unterschreiben und zu lesen, da du ja so selten in Roma bist und bestimmt noch vieles erledigen musst.“


    Serenus log ohne rot zu werden. Mit viel Liebe hatte er zahlreiche Informationen über die Russata und das Gesuch in Griechisch verfasst. Er wusste, dass sein Papa mit Griechisch auf Kriegsfuss stand. Serenus hätte eine Familientradition fortgesetzt, wenn sein Hauslehrer nicht auf die thessalischen Horrorgeschichten als Trick zurück gegriffen hätte. Ein Wechsel der Literatur und die patrizischen Kinder von Baiae waren mit Feuereifer dabei, denn bei Griechisch gab es einen gemeinsamen Lehrer für mehrere Kinder zusammen. So hatte Serenus seine soliden Kenntnisse erworben. Nur die Aussprache konnte noch verbessert werden. Die Chancen standen also gut, dass er es einfach unterschrieb, aber überhaupt nicht durchlesen würde. Die Schwachstelle war nur Hannibal, denn der konnte fließend Griechisch Lesen und Schreiben. Aber zur Not blieb ja noch die Möglichkeit die Unterschrift seines Papa nachzumachen. Das war etwas was Serenus bestens konnte. Es fiel ihm leicht Schriften zu fälschen und keiner konnte das M in der Schrift seines Papas so gut nachmachen wie Serenus. Vermutlich war Oma die Einzige die es merken würde, wenn er genug Rechtschreibfehler in einen Text einbaute.

  • Zwischen Tür und Angel hatte sein kleiner Sohn Marcus erwischt. Irritiert blieb Marcus stehen und wandte sich um. So schnell wie sein Sohnemann sprach, so wenig verstand Marcus, was Serenus von ihm wollte. Mitglied in einem Rennstall? Bedenklich wog Marcus seinen Kopf hin und her und hielt sich schnell am Türrahmen fest, damit der Wein ihn nicht auf den Boden zog. Blinzelnd sah er auf die Buchstaben, sie verschwommen vor seinen Augen ein wenig. Abgesehen davon, daß er selbst im nüchternen Zustand kaum des Griechischen mächtig war, so kam ihm das Geschreibsel angetrunken noch sehr viel ominöser vor.


    “Hmmm…also…na ja…also gut, was soll’s! Du willst sicherlich auch mal die großen Rennwagen bestaunen…gut. Aber mach mir ja keinen Unsinn und geh nie ohne Sklaven dort hin, verstanden? Und dann hurtig ins Bett heute Nacht.“


    Marcus nahm den Griffel und sah suchend, wo er denn am Besten seinen Namen setzen konnte. Daß sein Sohn das Bedürfnis nach Mitgliedschaft in einem Rennstall hatte, konnte Marcus durchaus nachvollziehen. Zwar war Marcus Faible früher eher die Gladiatoren gewesen und er wollte damals unbedingt Gladiator werden, aber der kleine Rennwagen bewies ihm, wo Serenus Interesse mehr lag, nämlich bei den aurigae. Schwungvoll begann er mit seinem seinem M und kritzelte nachlässig noch den Rest seines Namens hinter her. Er gab Serenus den Griffel zurück und wuschelte ihm lächelnd durch die Haare.


    „Dann husch ins Bett, mein Junge. Wir sehen uns morgen…“


    Und nun brach Marcus wirklich auf, die Nacht war nicht mehr ganz jung und galt ausgenutzt zu werden.

  • Mit regungsloser Miene beobachtete Sciurus seinen Herrn. Um zu erkennen, dass jener bereits jenseits seiner Grenzen und am Verlust seiner Muttersprache angekommen war, dazu musste der Sklave nicht erst warten, bis Gracchus versuchte sich zu erheben. Als jener dies jedoch versuchte, war auch für Sciurus der Zeitpunkt gekommen, das Fest zu verlassen, denn sein Dienst würde erst dann enden, wenn sein Herr mit breitem Schädel im Bett lag, Saturnalia hin oder her. Er nickte Sica zu, stand auf und half seinem Herrn auf die Beine, darauf bedacht Gracchus' Schwanken so gut als möglich auszugleichen. Für einen Moment hatte es den Anschein, als wollte sein Herr noch einige großspurige Worte zum Abschied verlieren, doch schließlich winkte er nur ab und ließ sich von Sciurus zu seinem Cubiculum geleiten.

  • Serenus verabschiedete sich von allen, wünschte artig eine gute Nacht, gähnte mehrfach und gab anschließend ein paar freien Bediensteten die Anweisung all jene Geschenke in sein Cubiculum schaffen zu lassen, die er und Dido nicht selber tragen konnten. Das betraf insbesondere den Wagen.


    Gemächlichen Schrittes und mit dem geschenkten Lorbeerkranz von Onkel Furianus auf dem Kopf machte er sich auf zu seinem Cubiculum, wobei er darauf achtete, daß die Bediensteten ihnen folgen konnten. Nicht, daß der Wagen später bei Onkel Milo landete. Der hatte nämlich so begehrlich auf den Wagen geschielt.

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