Arbeitszimmer | Gracchus, Minervina, Serenus

  • Sie verstand und nickte wieder.


    Du hast recht, ich habe voreilig entschieden und verstehe dich. Nur ist hier doch alles noch ein wenig fremd.


    Ich will einen mächtigen starken Mann für die Familie. Ich will, dass du stolz bist auf mich.


    Und sie dachte Crassus wäre ein solcher.


    Ich werde mich nach dir richten. Aber es war ja nur ein Vorschlag.


    Und hast du sonst noch potentielle Kandidaten? Vielleicht in den anderen Provinzen?

  • Es war ein hin und her, so schien es Gracchus, und das einzige, dessen er sich sicher war, war die Tatsache, dass er die Frauen einfach nicht verstand. Er hatte nicht den leisesten Schimmer davon, was ihr Begehren war und in welchen Maßstäben sie dachten, selbst nach seinem Gespräch mit Leontia blieb ihm dies ein Rätsel. Doch Minervinas Zusage reichte ihm vorerst aus, um weitere Schritte in die Wege zu leiten. Auf ihre Frage hin schüttelte er leicht den Kopf.
    "Meine Kontakte in die Provinzen sind nicht sonderlich gut. Doch wenn dies kein Grund gegen einen Mann ist, so werde ich Sciurus ein wenig nachforschen lassen, ob es fern von Rom noch passable Kandidaten gibt. Spontan kommt mir niemand in den Sinn."

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  • Sie atmete tief durch


    In Ordnung das macht nichts, aber ich würde gerne auf dein Angebot eingehen und jemanden einladen...


    Sie wusste zwar nicht wen, aber es wird sich sicher wen finden lassen.

  • "Ich werde alles dafür in die Wege leiten, du brauchst dich um nichts weiter zu kümmern, als schlussendlich am Mahl teilzunehmen."
    Ein dünnes Lächeln zeichnete sich auf seinen Gesichtszügen ab.
    "Lass uns mit Tiberius Durus beginnen. Ich legte meine Quaestur gemeinsam mit ihm ab, seine Einladung in unser Haus wird völlig unverbindlich sein. Sollte dir wider erwarten während des Essens unwohl werden, so werde ich den Abend in politischen Diskussionen auch alleine bestreiten können."
    Alleine mit Antonia, doch das war ebenso gut wie alleine.

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  • Wieder stimmte sie ihm zu. Ihr Bruder hatte recht, wie immer...


    Ja, Dursus ist eine gute Wahl und ich denke nicht, dass mir beim Essen unwohl wird... Schließlich muss ich mich ja dann entscheiden und wie soll ich das machen, wenn ich meinen Zukünftigen nicht kenne?


    Wird Antonia auch dabei sein? Ich hatte noch nicht die Freude sie kennenzulernen!

  • "Tatsächlich?"
    Gracchus stutzte. Doch es musste wahrlich so sein, nicht nur vor ihm verbarg sich Antonia, auch die übrigen Flavia mied sie so gut es ging.
    "Sie wird teilnehmen, ich werde mit ihr sprechen."
    Dies musste ohnehin getan werden und die Einladung des Aedilis Curulis bot immerhin einen guten Vorwand dafür.
    "Gibt es einen bestimmten Tag, welcher dir recht, oder einen der dies nicht wäre?"

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  • Sie überlegte kurz... Ilächelte ihn liebevoll an


    Ich richte mich ganz nach dir und Antonia.


    Minervina war schon wirklich aufgeregt, endlich würde sie ihre Schwägerin kennenlernen. Denn irgentwie war Antonia nun ihre Schwester... und ein weiteres Familienmitglied war ihr nur recht. Vor allem eine Frau.


    Und ich freue mich schon sehr darauf. Wie wäre es, wenn ich der Köchin ein ägyptisches Rezept geben würde, in Gedenken an unsere Mutter und an unsere Zusammenkunft hier in Rom?


    Ausserdem vermisste sie diese Küche sehr, das musste er aber nicht wissen.


    Darf das Antonia essen? Mag sie das? Vielleicht sollte ich sie vorher fragen... dachte sie laut weiter

  • Gracchus nickte leicht.
    "Dies ist eine vorzügliche Idee. Ich bin sicher, auch Antonia wird es munden. Du weißt doch, in der Flavia muss man auf alles gefasst sein, sicherlich hat sie dies längst herausgefunden."
    Ein süffisantes Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab.
    "Zudem wird es eine Abwechslung zum üblichen Speiseplan sein, der sich sicherlich auch Tiberius gerne widmen wird. Falls die Küche sich ungeschickt anstellen sollte, so sage es mir, wir können auch Hife von Außerhalb kommen lassen."
    Genau genommen bedeutete dies nichts anderes, als dass die Küchensklaven in diesem Falle ausgewechselt werden würden.

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  • Minervina strahlte über das ganze Gesicht.


    Nun gut, dann werde ich ein paar ägyptische Rezepte herauskramen.


    Wieso auch immer wollte sie nicht daran schuld sein, dass ihr Bruder Personal (Sklaven) verkaufte.


    Ich lernte damals ein wenig zu kochen und es ist zu meinem heimlichen Hobby geworden. Wenn die Sklaven nicht weiterwissen, kann ich ihnen ja ein wenig unter die Arme greifen.


    Sie stand auf und rückte ihr Gewandt zurecht und sah ihre Bruder liebevoll an.


    Es ist schön, dass wir uns wieder verstehen. Es ist ein Zeichen der Götter. Ich werde mich nun auf den Weg machen und allles zusammensuchen.


    Sie ging zu Gracchus und umarmte ihn.


    Danke

  • Serenus klopfte an der Tür von Onkel Gracchus und stand auch schon im Zimmer. Irgendwie schienen Klopfen und Betreten bei ihm ein fließender Prozess zu sein. Im Schlepptau hatte er, wie konnte es anders sein, seine Leibsklavin Dido und seinen Hund.


    „Salve Onkel Gracchus! Ich brauche dein enormes Wissen und deine langjährige Erfahrung als Priester bei der Deutung von Prophezeiungen. Ich habe da nämlich eine.“


    Serenus wedelte mit einer großen Wachstafel und war auf die Interpretation von seinem Onkel mal gespannt und in wie weit sich diese von Onkel Lucullus unterschied.

  • Minervina lächelte den kleine an und meinte nur kurz zu Gracchus


    Du wirst jetzt glaub ich anderwertig gebraucht, ich werde mich in mein Zimmer begeben.


    Im hinausgehen streifte sie kurz das Haar des kleine Serenus und verließ den Raum.

  • Obwohl Gracchus beinahe befürchtete, dass Minervina bei der Zubereitung der Speisen nicht nur Anweisungen geben, sondern gar am Ende selbst in den Töpfen rühren würde, so sagte er nichts weiter dazu. Ein jeder Mensch hatte seine kleinen Schwächen und so sie nicht Überhand nahmen, konnte man sie durchaus tolerieren.
    "Ich bin sehr gespannt, was du uns zubereiten lassen wirst."
    Gracchus selbst hatte einen eher merkwürdig anmutenden Geschmack, er liebte Scharfes, gleichsam auch absonderliche Kombinationen, Süßes mit Saurem oder pikant gewürzte Süßspeisen. In Achaia hatte das Haus, in welchem er erzogen wurde, einst einen Koch aus den Tiefen der östlichen Gebiete beherbergt, bei welchem Gracchus voll und ganz auf seine Kosten gekommen war. Die Küche Roms, vor allem die der flavischen Villa, befand er dagegen meist für eher seicht und langweilig. Wie Gracchus an eben jenen Koch und dessen Künste dachte wurde er indes völlig überrumpelt durch Minervinas Umarmung.
    "Bitte."
    Es war mehr eine automatische Reaktion auf ihren Dank, denn ein bewusst gesprochenes Wort. Bevor er redoch weiter reagieren konnte, hatte sich seine Schwester bereits verabschiedet und Serenus platzte herein.
    "Ich werde dir bezüglich des Termines Bescheid geben."
    Nachdem Minervina den Raum verlassen hatte, bedachte Gracchus seinen Neffen mit einem äußerst missbilligenden Blick. Schließlich jedoch setzte er eine neutrale Miene auf, lehnte sich zurück und verschränkte seine Hände ineinander.
    "Sei mir gegrüßt, Serenus. Weißt du, was es ist, das große Männer groß macht? Ich meine damit nicht die körperliche Größe, sondern jene des Geistes. Nun, ich will es dir sagen, es sind die Tugenden, welche uns von unseren Ahnen gegeben wurden, und das Streben danach. Waren diese Tugenden bereits Teil deiner Ausbildung, Serenus?"

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  • Nein, Onkel Gracchus. Die Tugenden waren bislang noch nicht Gegenstand meiner Ausbildung, sondern eher die Vermittlung von reinem Wissen. Oma wollte gewährleisten, dass ich Baiae bereits mit einer soliden allgemeinen Vorbildung verlasse. Ich kann sogar sehr gut Ringen, wenn der Gegner gleich groß ist. Bekomme ich Unterricht im Faustkampf? Ich würde mich gerne noch besser verteidigen können. Und ich möchte noch einmal einen Lehrer im Ringen haben. Kann mich Sica ausbilden?


    Und was ist mit Geld? Große Männer sind doch nicht nur große Männer, weil sie einen großen Geist haben. Sonst würden sie nicht alle so hinter dem Geld her sein. Licinius Crassus war doch auch nur groß weil er Geld hatte und sich damit die Macht und Schläger und Legionen kaufen konnte.


    Aber ich weiß, dass es eine gute Tugend ist, wenn die Plebeier und Sklaven uns Flavier fürchten. Angst macht sie uns untertan und gefügig. Die Angst unter unseren Sandalen zertreten zu werden, wie eine Ameise. In Baiae hatten alle Sklaven Angst vor mir und Oma.


    Sparsamkeit gehört nicht zu unseren Tugenden, denn Geld haben wir fast soviel wie der Kaiser meint Oma. Was nicht bedeutet, dass Oma zur totalen Verschwendung neigte. Mein Taschengeld und das von Arrecina hielt sich immer in Grenzen.


    Was Gravitas und Dignitas und so betrifft, da hat Oma mich auf dich und Onkel Senator Felix als Musterbeispiele und Lehrer verwiesen. Sie meinte, dass es neben ihr auch noch männliche Vorbilder geben soll. Ansonsten ist das mit den Tugenden unserer Ahnen etwas kurz gekommen, aber ich weiß viel über unseren Ahn, den wir nicht aussprechen dürfen. Du weißt schon, den Kaiser. Deshalb strebe ich ja auch danach, dass wir Flavier wieder unseren rechtmäßigen Platz im Imperium einnehmen werden.


    Kannst du mir jetzt meine Prophezeiung von der Sibylle deuten? Und ich brauche ein Lehrbuch für Auguren. Wie ich die Zukunft aus den Eingeweiden einer Katze deuten kann."

  • "Bei den Göttern, welcher Mann lehrte dich eine solide Vorbildung und vergaß dabei die Tugenden?" echauffierte sich Gracchus.
    "Wie soll ein Römer aus dir werden, wenn du nicht weißt, nach welchem Maße du streben sollst? Diesen Zustand können wir keinesfalls länger dulden. Sieh es als eine Aufgabe an und finde heraus, welches die römischen Tugenden sind, und überlege dir jeweils eine Situation, in welcher sie zum Tragen kommen. In der Bibliothek wirst du sicherlich geeignete Texte diesbezüglich finden. Zudem will ich dir einige Hinweise geben. Hinsichtlich der Gravitas, dem Sinn für die Gewichtigkeit eines Umstandes und dem notwendigen Ernst, magst du dir deinen Onkel Felix betrachten und dann achte genau, was er tut, wenn er ein Ansinnen hat, welches ihn zu einer anderen Person in diesem Hause führt."
    Bereits in jenem Augenblick, nach welchem Gracchus die Worte gesprochen hatte, bemerkte er, dass jenes Beispiel äußerst wirklichkeitsfern war, da Felix ein Ansinnen nicht zu einer anderen Person führen würde, sondern jene andere Person zu Felix.
    "Oder anders herum, wenn eine Person in diesem Hause, dich ausgenommen, ein Ansinnen hat, welches sie zu deinem Onkel Felix führt. Möglicherweise wirst du dabei bemerken, dass jene Person nicht in Felix' Arbeitszimmer hinein hastet und ihr Anliegen in stürmischer Art und Weise hervorbringt, sondern zuerst einmal anklopft und darauf wartet, bis sie hereingebeten wird. Im Anschluß ist es oftmals von Vorteil, nicht direkt auf das eigentliche Anliegen zu Sprechen zu kommen, sondern erst einige Belanglosigkeiten anzusprechen oder das Thema langsam zum Kern der Sache hin zu führen. Es ist eine hohe Kunst, eine Angelegenheit dermaßen beiläufig zur Sprache zu bringen, dass dein Gegenüber dies nicht einmal recht bemerkt, wenn du den Raum wieder verlässt, doch es ist eine Kunst, die es sich zu Lernen lohnt, führt sie doch oftmals eher zu dem gewünschten Ergebnis, als mit der Tür in das Haus hinein zu fallen, wie es bei den barbarischen Völkern und dem Pöbel, welcher sich um rhetorische Feinheiten nicht bemüht, Gang und Gebe ist. Hinsichtlich deiner Einschätzung bezüglich der plebejischen Bevölkerung solltest du Humanitas und Comitas näher in Augenschein fassen. Auctoritas wird nicht durch das Verbreiten von Angst gewonnen, sondern nur durch den Respekt, welchen man sich durch das Streben nach und durch die Vollendung der Tugenden erwirbt."
    Der junge Flavius hatte wahrlich ein verzerrtes Bild seiner Postion im Universum, glücklicherweise war er noch jung, so mochte es noch korrigierbar sein.
    "Auch Geld ist keine Tugend, denn Tugenden sind immaterielle, ideelle Qualitäten und Eigenschaften des Menschen, welche ihn dazu anleiten, das Gute mit innerer Neigung auszuführen und dadurch gleichsam zur Glückseligkeit führen, so man Aristoteles Glauben schenken mag. Womöglich solltest du nicht gleich mit den römischen Tugenden beginnen, sondern dich vorest mit den vier Kardinaltugenden des Platon auseinandersetzen, um dich anschließend der Nikomachischen Ethik des Aristoteles' zu widmen."
    Über die Tugenden geriet beinahe das eigentliche Anliegen Serenus' in Vergessenheit, doch die Wachstafel in seinen Händen brachte Gracchus schlussendlich dazu zurück.
    "Doch nun zu deiner Prophezeihung, welchem Sinnspruch widmest du dich?"
    Da er nicht davon ausging, dass Serenus bei einer Priesterin der Sibylle gewesen war, nahm er an, der Junge würde sich dem Studium alter, bereits durch die Quindecimviri sacris faciundis gedeuteter Textpassagen der sibyllinischen Bücher widmen.

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  • Serenus hörte Onkel Gracchus aufmerksam zu. Onkel Gracchus war sehr schlau. Fast so schlau wie Oma und Papa. Nur in Griechisch war sein Papa dumm, aber das machte nichts, denn einfache Soldaten kommandierte man natürlich auf Latein. Und er hatte als Kind nie Zeit gehabt Griechisch zu lernen, weil er auf Onkel Gracchus und einen Onkel Aquilius aufpassen mußte, damit die niemand verhaut.


    Eine Bibliothek gab auch in der Villa. Das war fein. Dann konnte er bei schlechtem Wetter oder am Abend auch dort ab und an mal stöbern. Bibliotheken waren voller Geheimnisse, wie die Heizungsanlage der Villa. Unter seinem Bett in seinem Cubiculum war auch ein Einstieg und wartete auf eine Entdeckungsreise.
    Auch nahm er sich vor mal die genannten Werke bei Gelegenheit zu studieren. Ja, bei Gelegenheit, Langeweile oder schlechtem Wetter.


    Nachdem Onkel Gracchus dann endlich mal wieder auf die Prophezeiung zurück kam, zückte Serenus die Wachstafel von der Sibylle.



    "Ich und Dido waren bei der Sibylle in deren Tempel und haben zuerst für einen Wucherpreis einen ganz speziellen Weihrauch kaufen müssen. Dafür ist mein ganzes gespartes Geld drauf gegangen. Und jetzt habe ich nichts mehr. Und bis das nächste Taschengeld von Oma und Papa kommt, werde ich als Bettler in der Subura sitzen müssen. Bei Arrecina kann ich mir ja nichts leihen. Die ist auch immer abgebrannt. Oder will nichts rausrücken. Bekomme ich von Dir eigentlich auch Taschengeld, Onkel Gracchus?
    Jederfalls hat die Sibylle meine Frage beantwortet. Aber trotz des teuren Weihrauches verstehe ich nicht, was die Götter mir sagen wollen. Und da dachte ich an dich und Onkel Lucullus und die vielen Schriftrollen in der Bibliothek. Wenn wir den Spruch nicht zusammen gedeutet bekommen, dann müssen ich und Dido eine Katze hier in der Villa fangen, deren Bauch aufschneiden und ein Katzenorakel befragen. Da könnten wir dich als Eingeweideleser auch gut brauchen. "




    Kein einzelner kann einzeln werden aus sich selbst heraus,
    Denn nur die graue Eminenz verleiht diese Macht, und unendliches Leid.
    Nur dem, der den Sand in den Kopf steckt,
    werden die Körner aus den Ohren rieseln,
    Doch Sand führt zu Dürre und Einsamkeit.
    Wer ist er, der ganz oben steht, wer ist er, der die Murmeln dreht?
    Hast du weiße Rosen, die sollen rot blühen,
    So musst du dich um einen Topf mit roter Farbe bemühen.
    Lirum, larum, Löffelstil, wer drüben sitzt, der ist zuviel.
    Husche, husche tiefe Nacht, so hat er sich davongemacht,
    In verwunschenen Ruinen liegt die Eitelkeit tief begraben,
    Nur wer die Hände verschließt, den erschlagen die Gaben.
    Es ist nicht immer so, wie es geschrieben steht,
    Selbst dann nicht, wenn der Hauch der Geschichte darüber weht.
    Trage die Zukunft in dir, denn es gibt nicht Hoch oder Tief
    Auch der an der Spitze weckte einst den Hund, der vorher schlief.
    Strebe einsam, strebe sacht,
    Denn Götter werden nicht geboren,
    Götter werden nur gemacht.

  • Der erneute Themenwechsel zog Gracchus' Aufmerksamkeit vorest wieder von der Prophezeihung ab. Der Junge vor ihm war kein Dutzend Jahre alt und dennoch drehte sich sein Leben bereits um die kleinen, runden Münzen. Es war immer wieder frappierend, welch besitzergreifende Macht diese Stücken Metall hatten, mehr als viele anderen den Geist usurpierenden Schöpfungen der Menschheit, mehr als jede Kunst, schriftlich, lautmalerisch oder visuell. Doch wer seine Sesterzen gut zu verwalten wusste, der war augenscheinlich ebenso ein Künstler wie manch anderer Schöpfer, so dass auch die Erlernung dessen eine Notwendigkeit war, welche Serenus bevor stand.
    "Wieviel Taschengeld bekommst du insgesamt von deinem Vater und deiner Großmutter?"
    Zu seinen kindlichen Zeiten - bei den Parzen, dies war noch gar nicht allzu lange her - hatte das Taschengeld ebenfalls niemals für alle Wünsche ausgereicht, denn obwohl Aquilius und ihm die notwendigen Schriften immer zur Verfügung gestanden hatten, so hatte es dennoch auf den Märkten immer mehr Pergament gegeben, als ein junger Mensch mit seinen spärlichen Mitteln erwerben konnte. Andererseits hatten Aquilius und er niemals versucht, einer Sybille ein Orakel abzuringen, was Gracchus schlussendlich zurück zu der Wachstafel seines Neffen führte. Mit erhobener Augenbraue nahm er das Schriftstück entgegen und studierte die Zeilen. Er hielt es für äußerst gefährlich, dass jedermann sich bei der Sibylle ein Orakel einholen und schließlich mit der Interpreation ihrer Worte alleine gelassen war. Mit der Interpretatio der sibyllinischen Weissagungen beschäftigte sich ein ganzes Kollegium, zwanzig erfahrene Männer debattierten Stunden, manches mal gar Tage über die Interpretatio eines einzigen Satzes aus jenen Büchern. Wie sollte da ein einzelner Mensch hinter eine solch enigmatische Weissagung blicken können? Vermutlich las ohnehin ein jeder nur dasjenige aus seinem Spruch heraus, was er tief in sich selbst bereits wusste, oder gar nur was er wollte, selbst der Orakelspruch deutete dies bereits an. Doch augenscheinlich hatte Serenus tief in sich noch weder Wissen, noch Verlangen angestaut. Bedächtig hob Gracchus die freie Hand und begann mit nachdenklichem Blick auf die Worte an seiner Unterlippe zu kneten. Schließlich ließ er die Wachstafel sinken.
    "Wie lautete deine Frage?"

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  • "Ich bekomme von Papa und Oma zusammen 60 Sesterzen im Monat. Viel zu wenig für so eine teure Stadt wie Roma. Das reicht nie um mir einen kleinen Löwen zu kaufen.


    Die Frage im Tempel lautete: "Wie werde ich, Lucius Flavius Serenus, Imperator anstelle des Imperator und herrsche über das römische Imperiums und das römische Volk, obwohl ich Priester und somit ein Diener der Götter werde.”


    Priester muß ja nicht unbedingt sein. Legatus ist auch nicht schlecht. Es ist immer gut Soldaten hinter sich zu wissen, wenn man nach der Macht greift."

  • Für manch Familie des Imperium Romanum mochten sechzig Sesterzen im Monat ein wahrhaftes Vermögen darstellen, von welchem sie gut und gerne mehr als einen Monat lang zehren konnten, und selbst für ein patrizisches Kind sollte solcherlei ausreichend sein, dennoch war sich Gracchus nicht sicher, wie teuer Rom für kindliche Wünsche tatsächlich war. Dennoch hielt er einen Löwen für durchaus überflüssig, ebenso wie eine Prophezeiung der Sibylle, woraus er schloss, dass Serenus ohnehin bereits zu viel Taschengeld bekam. Auf die Frage jener Prophezeiung vermutete Gracchus zuerst, der Junge wolle ihn sekieren, doch die Ernsthaftigkeit, mit welcher Serenus sprach, ließ ihn sogleich daran zweifeln. Ohnehin war dies nicht das erste mal, dass sein Neffe von solchen Absichten sprach und Gracchus war sich nicht mehr sicher, ob dies nur kindliche Träumereien oder womöglich bereits feste, durch seine Großmutter vorangetriebenen Zukunftsabsichten waren. Er hob die Schrift noch einmal an und ließ seinen Blick über die Worte schweifen, sinnierend, ob dahinter tatsächlich der Weg des Serenus auf den Thron des römischen Kaisers stecken mochte.
    "Prophezeiungen zeigen nur immer einen von vielen möglichen Wegen, Serenus. Das Leben ist wie ein Netz aus Straßen, entscheidest du dich für eine Abzweigung, so mag sich alles ändern. Die Sibylle zeigt einen einzigen Gang durch dieses Labyrinth, schon dass du um die Zukunft weiß, wird sie massiv ändern. Nur wenn du dir bewusst bist, weshalb du Imperator anstelle des Imperators werden willst, nur wenn du dich deiner Pflicht aus Überzeugung stellst, nur dann kann dir der Wegweiser der weisen Frauen helfen."
    Er reichte Serenus die Tabula.
    "Weshalb willst du Imperator werden, Serenus?"

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  • "Also zunächst einmal will ich Augustus werden, weil Oma das so will und weil ich der schlauste und beste Flavier bin und das meiste Potential dafür habe. Sagt zumindest Oma und Oma hat immer Recht.
    Außerdem ist es längst überfällig, daß unsere Gens wieder den Augustus stellt. Und Oma meint, daß die restlichen männlichen Mitglieder unserer Familie zuwenig Ergeiz haben, alle keinen Mut haben, sich als Versager wohl fühlen. Bis auf Onkel Senator Felix, aber der sei schon zu alt, dem würden die Visionen der Jugend fehlen.


    Ich finde die Vorstellung toll, daß ich Augustus werde. Dann gibt es keine Spinat- und Gerstenbreitage mehr und alle müssen mir gehorchen. Und dann werde ich uns Patriziern ihre alte Macht zurück geben und die Plebeier besteuern und teilweise enteignen. Und wer mault, dessen Gens werde ich bis zum letzten Mitglied austilgen und ihnen alles wegnehmen. Die Plebeier sollen bereits zittern und vor Angst in den Staub fallen, wenn nur der Schatten eines Patriziers auf sie fällt. Und zur Abschreckung und als Warnung, daß mit mir nicht zu spassen ist, brenne ich die ganze Subura nieder. Dann baue ich sie wieder auf. Die Plebeier haben Arbeit und bekommen auch Brot und sind zufrieden mir mir.


    Und mein Hund darf dann beim Essen direkt neben meiner Kline liegen.


    Natürlich bin ich mir bewusst, daß ich dafür den ein oder anderen Widersacher auch beseitigen muß. Aber dafür haben wir dann ja viel Geld für Handlanger. Und ich habe mächtige Onkels, die mir helfen und mein Papa steht mir mit einer Legio zur Seite."


    Serenus geriet ins Schwärmen und rückte gedankenverloren den bronzenen Lorbeerkranz zurecht, welcher ihm von Onkel Furianus an den Saturnalien geschenkt worden war und den er in der Villa oft trug."

  • Mit einer Miene gleich einer Maske nickte Gracchus langsam.
    "Der schlaueste und beste Flavier, nun, daran wirst du noch ein wenig arbeiten müssen, denn der Akt der Hybris mag zu früheren Zeiten durchaus den ein oder anderen Imperator gestützt haben, doch in den heutigen Zeiten ist es indispensabel für den Augustus tatsächlich klug zu sein, antizipierend zu handeln und weise zu regieren."
    Langsam beugte sich Gracchus herab, bis dass sein Gesicht auf einer Höhe mit dem des Serenus war, legte seinem Neffen beide Hände auf die Schultern und blickte ihn ernst an.
    "Überdies hinaus, Serenus, ist es unabdingbar, dass du solcherlei Gedanken für dich behältst. Es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis du die Bulla ab und die Männertoga anlegen darfst und hernach wird man jedes Wort, welches du öffentlich sprichst, äußerst genau prüfen. Du kennst die Geschichte unserer Gens, davon gehe ich zumindest aus, und die praetorianische Garde fragt nicht erst lange nach deiner Legitimation, bevor sie dich beiseite schafft. Sprich darum diese Absichten niemals außerhalb dieser Familie aus, hörst du, niemals."
    Er richtete sich wieder auf, und die völlige Ernsthaftigkeit fiel ein Stück weit von ihm ab.
    "Darüberhinaus obliegt einem Kaiser eine Menge Verantwortung für sein Volk. Tyrannen haben noch nie lange genug überlebt, um sich an ihren Spinat- und Gerstenfreien Tagen erfreuen zu können, bedenke dies."

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