Hortus - der Garten

  • Der Prätorianer drehte sich in die Richtung der jungen Frau, die nicht nur in das Gespräch hineinplatzte sondern auch offenbarte, dass die Anführerin der Aufständischen kannte. Er würde hier also doch noch Antworten bekommen. „Sie ist in unserem Gewahrsam.“ Sagte er und beobachtete dabei den Reaktion der jungen Frau. Da sie ja mit ihrer Frage schon offenbart hatte, dass sie sich wohl Sorgen um diese barbarische Kriegerin machte schon er mit einem fiesen grinsen nach. „Es gibt genug erfahrene Männer, die sich um sie kümmern.“ Mal schauen, ob man das ungestüme Temperament der jungen Frau noch weiter anheizen konnte indem man sie wütend machte. „Woher kennst du diese Varia überhaupt?“

  • Wieso habe ich, das überhaupt gefragt, diese Antwort wusste ich doch schon vorher, ärgerte Pina sich über sich selber. Beim Nächsten was er von sich gab presste sie ihre Lippen aufeinander. „Warum habt ihr sie nicht gleich umgebracht?“ Leise kam es, zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Dann hob sie ihre Schultern, ihr Herr, oder war es ein Verwandter von ihm? Ein Helvetier war hier, sie war doch sein Custos. Und was glaubst du werde ich dir jetzt über sie erzählen? Ihr habt doch bestimmt schon alles was ihr wissen wollt und bestimmt noch einiges mehr“. Wütend blitze sie den Prätorianer an.

  • Die Informationen kamen tatsächlich. Diese Varia war also hier im haus gewesen und diese Valentina hatte gesagt, dass sie sie nicht kannte. Sie hatte doch auch gesagt, dass sie diesem Commodus nicht kannte und den anderen Helvetier nur flüchtig. Die Kleine hier strafte also die Ältere gerade lügen. Der Soldat lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. „Sie war also hier.“ Sagte er und machte sich Notizen. „Wir haben schon so einiges. Doch noch nicht alles. Es ist ein großes Puzzel und du bist ein Teil davon Quintilia Pina.“ Auch wenn sie sich noch nicht vorgestellt hatte, nahm er doch an, dass er genau diese Frau gesucht hatte.
    „Diese Sklavin hat uns natürlich schon viel erzählt. Einiges freiwillig, einiges....“ Er ließ es offen, aber jeder der de Prätorianer kannte, kannte wohl auch die Gerüchte, die sich um sie rankten. Sie lebte mitunter ja auch genau von dieser Angst der Menschen. „Sie wird den Tod finden keine Sorge. Wenn wir das von ihr haben, was wir wollen, dann wird sie mit den anderen zusammen am Kreuz hängen... bis dahin es es aber noch ein weiter leidensvoller Weg. Sie hält sich übrigens gut.... deine Varia.“ Sagte er und beobachtete wieder genau die Reaktion der Frau. Ja er sprach es nicht aus, aber genau das nicht gesagt sollte die Frauen einschüchtern. Jeder wusste wohl – oder konnte sich zumindest denken, wie es einer Frau in den Kerkern der Prätorianer erging. „Du hattest während des Aufstandes geäußert, dass sie dich und deinen Begleiter... wie war doch gleich sein Name? Gerettet hat. Warum hat diese Frau, die andere Römer gnadenlos gemordet hat, ausgerechnet dich gerettet?“

  • „Und soll ich mich darüber freuen ein Teil von eurem Spiel zu sein? Dabei fällt mir ein, es kann auch sein, dass es gar nicht hier war, wo ich sie traf, sondern bei den Decimer oder Helvetiern, irgendwo eben. Aber was ich weiß ist, ich habe sie bewundert, für ihr Können. Sie hatte all die Fähigkeiten, die ich gerne hätte, doch wir Römerinnen sind ja zu schwach dafür, eben nur Frauen wie man mir immer wieder sagte. Varia hat es euch aber gezeigt Frauen können es doch und ihr konntet sie nur stellen weil ihr so viele und ausgebildet seit. Hätte sie ihre Leute ausgebildet, wärt ihr ihrer nie habhaft geworden, sie war euch überlegen.“ Pina hatte sich regelrecht hineingesteigert und triumphierend kam ihre Lobgesang über Varia.
    Warum Varia sie gerettet hatte wusste sie auch nicht. Vielleicht hatte Varia die Hoffnung, die Römer würden erkennen, dass andere Völker oder sogar Frauen, mindestens genauso gut oder sogar noch besser das Handwerk der Kriegskunst verstanden als die viel gerühmten Römer.

  • Auf einen undankbaren Platz als Zuschauerin verdrängt blieb Valentina nichts anderes übrig als Pina reden zu lassen. Wie gerne hätte sie ihre Nichte zurück gehalten und sie zur Ruhe gezwungen. Doch erstens würde Valentina nie vor einem Fremden ihre Nichte rügen und zweitens... ja so schwer es Valentina fiel, Pina musste lernen. Sie war alt genug, auch wenn das hier sicherlich nicht die beste Situation war um so ein Exempel zu statuieren.
    Sobald dieser nette Herr hier das Haus verlassen hatte, würde es ein ernstes Gespräch mit ihrer Nichte nach sich ziehen, denn auch Valentina hätte gerne ein paar Antworten.
    Erst als Pina sich in Rage redete, dass Valentina fürchtete sie würde vollkommen den Rahmen verlassen, hob sie ihre Hand und legte sie schweigend ihrer Nichte auf die Schulter in der Hoffnung, dass diese ihre Geste richtig verstand.
    "Ich muss euch jetzt bitten mein Haus zu verlassen." Sagte sie mit fester Stimme zu dem Ermittler."

  • Der Prätorianer hörte zu unterbrach die junge Frau nicht und machte sich seine Notizen. Dann platze die Tante dazwischen und unterbrach den Redefluss der jungen Frau. Natürlich war der Soldat nicht davon begeistert, dennoch nickte er. „Natürlich kann ich gehen, diese Befragung kann man natürlich auch in der Castra Praetoria fortführen.“ Der Soldat zuckte mit den Schultern. „Wenn dir das lieber ist, dass lässt sich einrichten.“ Er packte sein Schreibzeug ein, nickte den beiden Frauen zu. „Wir sehen uns dann bald wieder.“

  • Eine Weile war es nun schon her, seit ihr verschollen geglaubter Bruder wieder zurückgekehrt war. Und obwohl es die ersten Tage noch schwer war dieses Gefühl zuzulassen fühlte Valentina sich jetzt schon viel wohler und vor allem sicherer. Sie war nicht mehr vollkommen alleine für das Wohl der Familie verantwortlich. Noch konnte sie nicht aufhören sich um alles und jeden zu sorgen, schließlich hatte sie das die letzten Jahre ununterbrochen getan. Doch sie freute sich auch darüber diese Last mit jemandem teilen zu können. Und wie immer, wenn sie gerade mal etwas Zeit für sich hatte, war sie im Garten und sah nach ihren Rosen, die sie so hingebungsvoll pflegte.

  • Tatsächlich hatte der Quintilier endlich einen freien Tag zwischen seinen Diensten und der Ausbildung bekommen, welchen er sogleich für familiäre Angelegenheiten nutzte. Schließlich war er kaum nach Rom zurückgekehrt, da hatte er sich schon für die Cohortes Urbanae gemeldet und seine Ausbildung dort begonnen, was natürlich die mögliche Zeit mit seiner Familie, vor allem seiner Schwester, merklich schmälerte.


    Doch die kommenden, freien Tage wollte Canus nun endlich für Valentina nutzen. Endlich war er in die Casa zurückgekehrt, wurde dieses Mal, nachdem er sich zuvor als Familienmitglied legimitiert hatte, auch als dieses direkt erkannt und hatte so keine Probleme die Räumlichkeiten zu betreten. Auf Hinweis des Sklaven und allein schon aus einer Ahnung heraus steuerte er dabei den Garten an, wo er Valentina schließlich auch bei der Pflege der Rosen vorfand. Er lächelte leicht.


    "Schwester," sagte er zunächst, als er näher kam, ehe er dann stehen blieb und seine Arme öffnete, um sie fest zu umarmen. "Verzeih' mir, dass ich die vergangene Zeit abermals so abwesend war, doch wie ich dir schon sagte, habe ich mich für die Cohortes Urbanae gemeldet. Doch abseits davon, bevor ich dir davon erzähle, sag' mir: Wie ist es dir ergangen, was gibt es neues zu berichten? Immerhin fällt es mir derzeit schwer, mir keine Sorgen um dich zu machen," fügte der Quintilier ehrlich hinzu und dies beruhte schon allein auf der Tatsache, dass es nicht allzu gut um die Familie bestellt war - allein schon finanziell. Es war zu schaffen, doch waren noch einige Mühen nötig, die Gens Quintilia wieder auf einen vernünftigen Weg zu bringen. Davon ab machte sich ein Bruder natürlich ständig Gedanken um seine Schwester, wollte stets wissen, wie es um sie bestellt war und was sie so zu tun pflegte.

  • Gerade war Valentina in die Jagd auf einen besonders dicken Käfer vertieft, von dem sie glaubte er würde die Löcher in die Rosenblätter fressen, das sie gar nicht hörte wie sich ihr jemand näherte. "Hab ich dich." Triumphierte sie als die das Insekt mit dem Stab in ihrer Hand vom Blatt wischte und dann erschrocken zusammen zuckte als jemand ihren Namen rief.
    Der Schrecken war sofort verflogen als sie sich umdrehte und ihren Bruder erkannte. Sie stürmte auf ihn zu, was sich als Dame des Hauses eigentlich nicht geziemte aber Canus war ja nicht irgend jemand. Kurz hielt sie inne da ihr die erdbeschmutzten Hände einfielen, doch da hatte sie Canus schon umarmt und drückte ihn an sich so fest es ihre dünnen Arme zuließen.
    Natürlich hatte er ihr alles erklärt und sie war auch nicht begeistert gewesen als er sich für das Militär entschied, doch er war der Mann der Familie und irgendwie lag es wohl in ihrem Schicksal, dass alle Männer um sie herum beim Militär waren. Nun ja, fast alle...


    "Schön, dass du da bist." Strahlte sie ihn an. Ihre Haare waren heute nur mit einem Band zurück gesteckt und sie trug eine einfache Tunika. Doch die rosigen Wangen strahlten mit der Farbe der Rosen um die Wette. Ob das wirklich nur von der Jagd auf den Käfer kam?
    "Setzen wir uns doch, dann lässt es sich leichter reden. Du bist bestimmt durstig von den staubigen Straßen." Sie gingen zu einer Sitzgelegenheit bei der ein Sklave auf einem Tisch etwas zu trinken bereit gestellt hatte. Valentina ließ es sich nicht nehmen ihm Bruder einzuschenken und setzte sich dann mit ihrem eigenen Becher auf die Kline, nachdem sie ihre Hände an einem Tuch abgewischt hatte. Irgendetwas lag Valentina auf dem Herzen, das konnte man ihr ansehen. Aber sie hielt sich noch zurück. "Zum Glück gibt es nicht viel zu berichten. Ich versuche den Haushalt mit den vorhandenen Mitteln aufrecht zu halten. Bisher ist mir das ganz gut gelungen. Du musst dir also keine Sorgen machen. Hauptsache du passt auf dich auf." Und das meinte sie ernst.

  • Sicherlich war es alles nicht einfach, doch Canus versuchte sich so viel Zeit wie möglich für die Familie zu nehmen - allen voran natürlich für seine Schwester Valentina. Und natürlich war sie wieder in ihre Pflanzen, vor allem ihre Rosen vertieft. Er kannte sie einfach nicht anders. Es tat ihm dabei auch beinahe leid dass er sich unangemeldet einfach zu ihr begab - aber eben auch nur beinahe. Immerhin wusste er, wie sehr sie diese Überraschungen liebte. Und genauso überrascht, wie er es erwartet hatte, war Valentina schließlich auch über den Besuch ihres Bruders. Sie strahlte, freute sich dass er da war und dies war eine schöne Abwechslung zu dem harten Alltag in den Cohortes Urbanae. Die Umarmung erwiderte er herzlich und ebenso fest, wusste natürlich von ihrer kritischen Einstellung bezüglich seiner Entscheidung, sich für den Militärdienst zu melden - doch zu seinem Glück war sie keinesfalls nachtragend, versuchte Verständnis zu haben.


    "Ohja, das bin ich," erwiderte er auf ihre Anmerkung hin, dass er sicherlich durstig war. Canus lächelte er. Es war immer wieder süß und auch erfrischend, wie fürsorglich seine Schwester doch war. So folgte er ihr schließlich zu den Sitzegelegenheiten und lächelte Valentina entgegen, als sie ihm einschenkte. Er war gerührt, wie sehr sie wieder mal betonte, dass es ihr wichtig war dass Canus auf sich aufpasste. Doch er schmunzelte zunächst nur, er konnte ihr deutlich ansehen dass sie etwas belastete und er schüttelte schlussendlich seinen Kopf etwas. "Mach dir um mich keine Sorge, liebste Schwester. Ich habe die Ausbildung und damit den schlimmsten Teil überstanden. Ich passe natürlich auf mich auf, wie immer," erwiderte der Quintilier lächelnd und betrachtete seine Schwester für einen Moment.


    "Doch sag', was liegt dir auf dem Herzen?" begann der Miles schließlich und betrachtete seine Schwester, welche auf der Kline Platz genommen hatte. Er selbst saß relativ aufrecht - wohl eines der vielen Überbleibsel seiner Ausbildung. "Ich merke es doch, wenn dich etwas bedrückt," fügte er dann mit fürsorglichem Ton und einem Lächeln auf seinen Lippen hinzu, welches Verständnis signalisieren sollte. Er wusste nicht genau was los war, immerhin hatte er es durch seine Tätigkeit geschafft, die Finanzen der Gens Quintilia zumindest ansatzweise, ein Stück weit, zu entspannen. Doch er merkte allzu deutlich, dass sie etwas beschäftigte und er vermutete ein Stück weit, dass es etwas persönliches war.

  • Natürlich wusste Valentina, dass ihr Bruder nicht leichtsinnig war, doch es von ihm zu hören tat ihr gut und sie nickte ihm daraufhin zu. Nur die Götter hatten die Fäden des Schicksals in der Hand, doch sie vertraute darauf, dass der ihres Bruders noch sehr, sehr lange war. Sie musste einfach darauf vertrauen, denn er war der einzige ihrer Brüder, der noch da war und sie würde es nicht verkraften ihn auch noch zu verlieren. Doch diese trübsinnigen Gedanken sollten jetzt und hier nicht die Oberhand bekommen. Statt dessen nahm auch sie einen Schluck von ihrem Getränk.


    Mit seiner nächsten Frage erreichte Canus allerdings, dass Valentina schuldbewusst den Kopf sinken ließ. Sah man es ihr so deutlich an? Sie begann ihren Becher in der Hand zu drehen um Zeit zu gewinnen. Es war ihr Bruder, ihm konnte sie nichts vormachen. Und außerdem täuschte er sich auch noch. Es war nichts was sie belastete. Im Gegenteil, sie ließ es nur nicht zu, dass ihre Gefühle sie überrannten. Nicht mehr. "Es gibt nichts, das mich belastet." Sie hob wieder den Blick um Canus zu verdeutlichen, dass sie nicht log.
    "Es ist nur so..." Sie atmete tief durch und redete sich dann alles von der Seele. "Du bist taktvoll genug und hast noch nicht gefragt warum ich noch nicht verheiratet bin. Unserer Familie würde es besser gehen hätte ich einen guten Mann gefunden. Leider hatte ich bisher immer Pech mit den Männern. Zuletzt war ich mit Faustus Decimus Serapio verlobt. Dem Tribun der Garde. Er ist ein ehrbarer Mann und hätte unserer Familie nur Vorteile gebracht. Vor allem auch dir jetzt. Doch kurz bevor wir heiraten konnten wurde er für lange Zeit ab geordert und so löste er die Verlobung, damit ich nicht in einer Bindung gefangen bin die vielleicht nie mehr Zustande kommt. Und so erging es mir mit vielen Bindungen in der Vergangenheit. Bisher hatten die Götter scheinbar immer ihren Spaß damit, mir die Männer auf die ein oder andere Weise wegzunehmen."


    Sie atmete wieder tief durch. "Doch kaum hatte ich die Zuneigung eines Gensmitglied verloren bin ich einem anderen begegnet. Und ich beginne für diesen Mann bereits starke Gefühle zu entwickeln. Dem Anschein nach bin ich ihm auch nicht vollkommen gleichgültig, denn wir haben schon sehr viel Zeit miteinander verbracht." An diesem Punkt hielt sie inne um die Reaktion ihres Bruders abzuwarten.

  • Allein schon an Valentinas Reaktion war es für Canus deutlich, dass er mit seiner Vermutung doch nicht so falsch gelegen haben konnte. Ein leichtes Schmunzeln lag auf seinen Lippen, es war natürlich irgendwo ein kleiner Triumph - dennoch machte er sich natürlich Gedanken darum, was seine Schwester denn so beschäftigte. Er war gespannt, was sie ihm erzählen würde, denn es war offensichtlich dass irgendetwas im Busch lag. Doch er hoffte dennoch inständig, dass es sich nicht um irgendetwas schwerwiegendes Handeln würde.


    Zunächst einmal war es für ihn natürlich eine Erleichterung dass sie so betonte, dass sie nichts belastete. Doch allein schon ihr Redefluss, ihre Gestik, verrieten ihm, dass es sie doch sehr umtrieb. Canus hörte gespannt zu, machte auch keine Anstalten sie zu unterbrechen und irgendwo hatte sie sicherlich recht - doch er machte ihr daraus keinen Vorwurf, absolut nicht. Viel mehr hatte er Mitleid mit ihr, doch noch bevor er etwas sagen konnte fuhr sie auch schon fort. Natürlich war es interessant zu hören, dass sie sich bereits einem anderen Mann zugewandt hatte und mit diesem viel Zeit verbrachte, ohne dass Canus bisher davon erfahren hatte. Doch nach seiner langen Abwesenheit und seiner Meldung zu den Cohortes Urbanae kurz nach seiner Rückkehr, hatte er seiner Ansicht nach auch absolut kein Anrecht darauf, in jeden Aspekt unmittelbar eingebunden zu werden. Dieses Privileg musste er sich wieder erarbeiten, dies war ihm bewusst.


    Er lächelte für einen Moment, atmete durch und seufzte dann leise. "Ach Schwesterchen..." entgegnete er zunächst und blickte auf sie herab. "Es ist schade, dass du in der Vergangenheit ein solches Pech hattest. Dennoch freut es mich natürlich, dass du so offen und ehrlich zu mir bist und mir sagst, dass sich eventuell eine andere Gelegenheit ergeben könnte. Sicher ist dies alles ein großer Schritt, vor allem nach den Enttäuschungen die du durchleben musstest - doch es freut mich umso mehr, dass du die Hoffnung nicht aufgibst," entgegnete Canus zunächst und legte seine Hand auf ihre Schulter, trat etwas näher und ließ seine Hand auf ihren Hinterkopf gleiten, beugte sich leicht vor, um sie kurz etwas an sich zu drücken. Schließlich löste er sich wieder etwas und sah sie wieder an.


    "Doch verzeihe mir meine Neugier, dass ich frage, aber: Um wen handelt es sich denn? Nicht, dass ich jeden hier in Rom kennen würde, vor allem nicht nach meiner sehr langen Abwesenheit. Aber ich möchte auch nicht, dass du dich in ein Unglück stürzt. Hast du denn ein gutes Gefühl? Ich würde es niemals über's Herz bringen, wenn du dich aus Verzweiflung... an den nächstbesten wirfst, nur um dir und der Gens irgendetwas zu beweisen, anstatt dich dem Richtigen hinzugeben. Dies ist kein Vorwurf, aber verstehst du was ich meine? Immerhin möchte ich nur das Beste für dich. Die Gens.... die kommt danach," fügte der Quintilier in absolut ehrlicher Art und Weise hinzu. Er hoffte einfach nur, dass sie sich nicht aus falschem Stolz an den Falschen binden würde.

  • Es tat gut endlich mal mit einem Erwachsenen über ihre Gefühle zu reden. Vor ihren Nichten gab Valentina immer die Starke. Wollte den Mädchen beweisen, dass Frauen alles überstehen konnten, wenn sie stark genug waren. Bei ihrem Bruder aber musste Valentina das nicht beweisen. Bei ihm konnte sie sich im Gegenteil in die schützenden Arme werfen und sich von ihm beschützen lassen. Das tat er jetzt auch wieder als er sie in den Arm nahm. Valentina genoss die Nähe und atmete tief durch als er sie so festhielt. Es war so ein angenehmes Gefühl nicht mehr die ganze Verantwortung der Gens alleine auf ihren Schultern lasten zu haben. Und so konnte sie auch an ihre eigenen Gefühle denken.


    Ihr Liebesleben war bisher wahrlich alles andere als schön gewesen und Valentina durfte nicht all zu viele Gedanken daran verschwenden, wollte sie nicht wieder traurig werden. Gerade die letzte Trennung von Serapio hatte sie tief getroffen. Obwohl der Mann sie nie so geliebt hätte wie sie es sich gewünscht hatte, wäre er ihr ein guter Freund geworden und die Art wie er mit ihr umgegangen war, hatte sich gut angefühlt. Er hätte sie wie eine Königin behandelt und dann wäre Valentina ihm auch eine gute Frau gewesen. Auch wenn sie ihn hätte teilen müssen. Aber nachdem er abkommandiert worden war, glaubte sie nie wieder glücklich werden zu können. Und dann war da dieser Nachmittag mit den ausgebrochenen Ziegen.


    "Danke für deine netten Worte." Sie schenkte ihrem Bruder ein Lächeln, als dieser wieder neben ihr saß. Tatsächlich glitzerten ihre Augen etwas verdächtig, doch das besserte sich gleich wieder nachdem Valentina einmal tief durchgeatmet hatte. Dann schmunzelte sie, als sie die besorgten Worte ihres Bruders hörte. Es wurde ihr ganz warm ums Herz. Endlich war da wieder jemand, der sich wirklich um sie sorgte und der für sie da war. Wie sehr hatte sie Canus vermisst. Obwohl sie aufgrund der gewählten Worte auch verletzt hätte sein können, wusste Valentina wie Canus das meinte. Sie war nicht leichtfertig, das wusste ihr Bruder. Aber er wusste auch wie sehr sie um das Wohl der Gens besorgt war und deswegen war so eine Anmerkung sehr berechtigt.
    Sie schüttelte dann aber den Kopf. "Deine Sorgen sind unbegründet." Sie streckte die Hand aus und legte sie auf die ihres Bruders. Kurz drückte sie seine Hand. "Er ist kein Soldat, das gebe ich zu. Aber vielleicht ist das gerade das Beste." Sie lächelte und sah wirklich sehr glücklich aus. "Sein Name ist Cnaeus Decimus Casca. Und ich habe ein sehr gutes Gefühl bei ihm."

  • Ja, Canus machte sich deutliche Sorgen um seine Schwester. Nach allem was sie ihm nach und nach so offenbarte, war dies als ihr Bruder wohl auch selbstverständlich. Doch er war ehrlich froh darüber, dass sie trotz seiner langen Abwesenheit so offen mit ihm über ihre Probleme sprach - dies war absolut keine Selbstverständlichkeit. So ließ ihn dies etwas lächeln, wenngleich die Sorge um Valentina deutlich überwog.


    Schließlich aber nahm er neben ihr Platz und zuckte kurz lächelnd mit dem Schultern, als sie sich für seine Worte bedankte. "Es sind nur Worte," versuchte er dies herunterzuspielen und blickte sie schmunzelnd an. Dabei musste er aber wieder lächeln, als sie seine Hand drückte und er dies deutlich erwiderte. "Soldat... hin oder her, das macht doch nichts aus - dies war ich vor kurzem auch nicht," merkte Canus an. Sie so glücklich zu sehen, war dabei aber durchaus etwas schönes. "So, ein gutes Gefühl, inwiefern?" fragte er dann nach.


    "Was lässt dich denn solch ein gutes Gefühl haben? Versteh' mich bitte nicht falsch, ich will nicht misstrauisch wirken, absolut nicht. Doch nach all dem, was du mir gerade erzähltest, möchte ich schließlich nicht dass du wieder enttäuscht wirst. Erzähl mir mehr über diesen... Decimus Casca. Natürlich nur, falls dich dies nicht stört." Bei seinen Worten bedachte der Quintilier abermals, dass er aufgrund seiner langen Abwesenheit sicherlich kein Anrecht darauf hatte, sich in die Details des Lebens seiner Schwester einzumischen - jedenfalls war dies seine eigene Meinung. Er hatte zwar längst gemerkt, dass seine Schwester ihm gegenüber in dieser Hinsicht sehr offen war, doch weder wollte er dies ausreizen, noch den Anschein erwecken, dass er dies für selbstverständlich nahm.

  • Bei der Frage nach dem Warum senkte Valentina den Blick und betrachtete den Inhalt ihres Bechers als würde sie den verdünnten Wein zum ersten Mal sehen. Natürlich könnte sie jetzt auffahren und ihren Bruder anschreien. Er war so lange nicht da gewesen, sie hatte alles auf sich genommen um wenigstens einen Hauch des alten Familienglücks aufrecht zu halten. Und nun kam er hierher und wollte ihr das Glück nicht gönnen. Es war nur ein einziger Sonnenstrahl in all dem Dunkel das sich um sie herum ausgebreitet hatte.
    Doch diese Valentina gab es nicht mehr. Sie hatte sich früher gegen ihren Bruder aufgelehnt. Valerian hatte einen ihrer damaligen Liebhaber nicht für gut genug empfunden und Valentina war weggelaufen. Hatte mit ihm gebrochen und ihn danach nie wieder gesehen. Und obwohl Valerian sich in diesem Mann getäuscht hatte, hatte sie am Ende doch kein Glück gefunden. Und nun tat Canus etwas ähnliches. Die blonde Quintilia aber blieb ruhig, drehte nur den Becher in ihrer Hand hin und her.


    Sie wusste, dass Canus berechtigt war diese Frage zu stellen. Und obwohl sie mittlerweile alt genug war, konnten Gefühle immer noch ihre Entscheidungen beeinflussen. Es war also wichtig und richtig, dass sie Canus diese Frage wahrheitsgemäß beantwortete.
    Valentina atmete tief durch. "Um ehrlich zu sein wünsche ich mir mehr sicher zu sein alsdass ich es wirklich bin. Nach all den Verlusten möchte ich einfach mal daran glauben, dass ich auch mal Glück habe. Casca war bei der Verlobungsfeier mit meinem vorherigen Verlobten schon sehr freundlich zu mir gewesen. Er kannte mich also schon von damals. Und dann, als ich zum letzten Mal in die Casa ging um mein Hab und Gut zu holen, da sind wir uns wieder begegnet." Valentina lächelte als sie an die Ziegenjagt dachte und wie sie danach gerochen hatte. Sie blickte auf und Canus direkt an. "Wir haben lange miteinander geredet und uns zwischenzeitlich viel Male getroffen und." Sie unterbrach sich, denn nun kam der Teil, der sie so sicher machte aber der gleichzeitig auch so unangenehm war. "Und er weiß dass wir kaum Geld haben. Er weiß, dass der alte Sklave ohne Zunge den wir schon seit unserer Kindheit kennen, der Einzige ist, der uns noch gehört. Er weiß, dass der kräftige Sklave, der mich auf den Markt und sonst überall hin begleitet ein Geschenk eines früheren Freundes von Valerian ist. Er weiß, dass ich zusehen muss wie wir unsere Casa bewirtschaften können und... und er hat mich trotzdem gefragt ob ich die Frau an seiner Seite sein möchte. Ist das nicht Beweis genug?"
    Nun sah sie Canus direkt an und hoffte so sehr, dass er ihr zustimmte. Denn wenn er es nicht tat, dann konnte sie sich auch nicht mehr sicher sein. Und das war doch alles was Valentina wollte. Sicherheit....

  • Canus bemerkte durchaus dass seine Schwester kurz ihren Blick gesenkt hatte, ihr die Situation, das Gespräch, irgendwie unangenehm schien, sie mit ihrem Becher spielte. Der Quintilier konnte sich diese Zeichen absolut nicht erklären, sie nicht deuten - doch er wusste, dass seine Schwester ehrlich zu ihm sein und dieses Gespräch auch weiterhin ehrlich mit ihrem führen würde. Er wartete in Ruhe ab, nachdem er gesprochen hatte. Hoffte, dass sie ihm seine Fragen nicht übel nehmen oder ihm eine böse Absicht unterstellen würde. Schließlich erklärte seine Schwester dann, wie sie den Decimer eigentlich kennengelernt hatte und bei dem Gedanken daran schien sie tatsächlich glücklich auszusehen - zumindest glücklicher als noch Momente zuvor. Dies war für Canus durchaus eine Erleichterung.


    Als sie dann wiederum erwähnte, dass dieser Mann um die Zustände der Quintilier wusste, war auch Canus' Gesicht ein wenig sorgenvoller, war dies immerhin kein unbedingt angenehmes Thema. Als sie fertig war, blickte sie ihren Bruder an und dieser erwiderte den Blick, begann nach einer gefühlten Ewigkeit dann zu lächeln und nickte langsam. "Nun, da hast du absolut recht, Schwester," erwiderte Canus zunächst in Ruhe. "Mach dir aber wegen mir zunächst keine Gedanken," fügte er dann mehr oder minder beschwichtigend hinzu.


    "Nach allem was du mir seit meiner Rückkehr erzählt hast, hoffe ich einfach nur, dass du endlich glücklich wirst. Du hast so viel für die Gens getan, stark und tapfer die Stellung gehalten und das trotz all der Widrigkeiten, die du mir beschrieben hast. Du hast dich vor mir nicht zu rechtfertigen. Viel mehr sollte ich mich wiederum schuldig fühlen, dass ich in diesen schweren Zeiten bisher nicht an deiner Seite war," versuchte Canus seine Schwester zunächst durch diese Worte zu beruhigen, wenngleich ihm dies nicht unbedingt leicht fiel.
    "Wegen des Decimers wünsche ich nur, dass er dich so glücklich macht, wie du es schon lange verdient hast. Sicher, ich würde mir wünschen, ihn beizeiten kennen zu lernen," meinte Canus schmunzelnd, fuhr dann aber fort: "Doch ich würde dir nach all deinen Worten sicher nicht widersprechen oder Widerworte erheben wollen, was diesen Mann angeht. Er scheint dich glücklich zu machen, über die Widrigkeiten in unserer Familie hinwegzusehen und so wie du es erzählst, scheinst du ihm wichtig. Wenn du mit ihm also nach diesen schweren Zeiten dein Glück findest, so will ich mich sicherlich nicht einmischen - zumal es mir auch aufgrund meiner eigenen Entscheidungen nicht zusteht." Abschließend lächelte der Quintilier seine Schwester möglichst aufmunternd an, wollte ihr mit seinen Worten zumindest diese Sorge nehmen.

  • Als ihr Bruder antwortete, entspannte sich Valentina mit jedem Wort. Sie war nicht mehr die widerspenstige Schwester, die sie noch vor einigen Jahren gewesen war. Die Valentina, die sich gegen das Wort des älteren Bruder stellte und trotzdem tat was sie wollte. Diese Zeiten waren vollkommen vorbei. Die Quintilia hätte nicht gewusst wie sie reagiert hätte, wenn Canus ernsthafte Einwände gegen diesen Verbindung gehabt hätte. Sie atmete einmal tief durch, als er geendet hatte und blickte ihn dann an. "Es bedeutet mir viel, dass du mir zustimmst. Natürlich bin ich erwachsen und habe bisher alles getan was in meiner Macht stand. Dennoch ist mir dein Zuspruch wichtig." Sie hob ihre Hand und legte sie auf die von Canus. "Es ist mir nicht leicht gefallen über unseren finanziellen Hintergrund zu sprechen. Aber dadurch, dass ich bereits vorher mit einem Mann aus der Gens Decima verbunden war, war es kein großes Geheimnis mehr. Bisher haben mir die Männer dieser Gens sehr viel Respekt und Liebenswürdigkeit entgegen gebracht. Ich kann kein schlechtes Wort für sie finden."


    Valentina sprach aus voller Überzeugung. Sie verheimlichte momentan nur die Tatsache, dass Serapio, ihr vorheriger Verlobter, sie aus Mitgefühl und Respekt geheiratet hätte. Nie aber aus tiefer Liebe. Diese Liebe gehörte jemand anderem. Valentina war bereit für ihre Familie diese Verbindung einzugehen. Sie empfand Hochachtung für Serapio und irgendwo auch Liebe, denn er tat es nicht um des Ansehens wegen, er hätte ihr zuliebe so gehandelt. Doch jetzt einen Mann gefunden zu haben der nur sie alleine liebte war etwas besonderes. "Casca ist so ein gebildeter Mann. Er berichtet mir so viel, er kann schön erzählen und ich höre ihm gerne zu. Er hat sicherlich schon bemerkt, dass ich nicht so gebildet bin wie er, nicht so belesen und nicht so viel erzählen kann. Und dennoch will er mich bei sich haben. Ich hoffe sehr, dass du ihn mögen wirst, wenn er uns besuchen kommt." Während des letzten Satzes drückte sie die Hand ihres Bruders etwas fester. "Du bist der wichtigste Mann in meinem Leben. Jetzt, da ich dich wieder habe. Und es ist mir wichtig, dass du meine Entscheidung für richtig hältst." Sie flüsterte den letzten Satz fast. Damals war Valerian nicht ihrer Meinung gewesen, Valentina hatte sich ihm widersetzt und sie hatte ihn danach nie wieder gesehen. Das würde sie nicht noch einmal überstehen.

  • Nein, es stand Canus trotz aller Gepflogenheiten sicherlich nicht zu, Valentina ihr Glück verwehren zu wollen. Die widrigen Umstände, in welcher sich die Familie befand, waren alles andere als einfach - doch Valentina hatte im Gegensatz zu allen anderen stets versucht, das Beste daraus zu machen. Und dies bis hierhin durchaus mit Erfolg, jedenfalls war dies seine Ansicht. Er hatte einfach kein Recht der Welt, ihr das Leben auch noch schwerer machen zu wollen. In der Hinsicht war er mehr fürsorglich als kontrollierend und es war für ihn ohnehin ein merkwürdiges Gefühl, wieder den großen Bruder abzugeben. Sicher, er war immer ihr Bruder gewesen und hatte sich ihr stets verbunden gefühlt. Doch es war nun an ihm, auch mal etwas zu tun. Dennoch war er glücklich darüber, dass ihr seine Meinung so wichtig war - in dieser Situation absolut keine Selbstverständlichkeit. Aus diesem Grunde lächelte er, als sie seine Hand ergriff und Canus drückte sanft zu.


    "Nun, es ehrt mich, dass meine Meinung ein solches Gewicht für dich hat. Doch solange ich kein drohendes Leid erkennen kann, mag meine Meinung nicht gegen deine stehen," versicherte der Urbaner noch einmal ausdrücklich und untermauerte diese Aussage mit einem Lächeln. "Sicher ist es nicht einfach die Situation unserer Familie in Worte zu fassen, geschweige denn vermeintlich Fremden gegenüber. Doch mit Ehrlichkeit an solch eine Sache heranzugehen ist in meinen Augen die beste Taktik. Du hast richtig gehandelt," fügte Canus hinzu und nahm dabei die Tatsache, dass sie bereits mit einem anderen Mann aus der gleichen Gens verbunden gewesen war, erstmal hin. Jedenfalls wollte er dies. Doch seine Neugier war zu groß. "Was... ist denn geschehen?" fragte er also vorsichtig, mit etwas leiserer Stimme, diesbezüglich nach.


    Ein Lächeln zeichnete sich auf Canus' Lippen ab, als ihre Schwester von diesem Mann erzählte. Nicht etwa weil dies für ihn persönlich gut klang, weil ihm diese Beschreibung besonders gefiel, sondern weil sie diese Worte mit einer solchen Freude aussprach, dass es ihn selbst einfach erfreute. "Stell dich selbst doch nicht in ein schlechtes Licht," erwiderte er aber zunächst und blickte seine Schwester für einen Moment mit gespielt strafendem Blick an. "Du hast selbst so viele Vorzüge, die dieser Mann scheinbar und berechtigterweise zu schätzen weiß, dass du nicht so von dir reden kannst." Und in diesem Moment drückte er selbst fester ihre Hand. Dass sie aber sagte, dass Canus der wichtigste Mann in ihrem Leben war und sie seine Meinung so sehr schätzte, ließ ihn breit lächeln - seine Augen wurden gar etwas feucht. Etwas, das er schon lange nicht mehr kannte. Allein diese Wertschätzung und das trotz allem, was passiert war. Der Quintilier senkte seinen Blick etwas und schüttelte den Kopf. "Ich... fühle mich geehrt dass dir meine Meinung derart wichtig ist, aber... rede nicht so von mir," gab er nun mit leiserer Stimme wider. Sicher, er fühlte sich geehrt. Sicher, es tat gut so geliebt zu werden. Sicher, er empfand genau das gleiche für Valentina. Nur hatte er deshalb diese Worte verdient? Nein. Es war kein Selbstmitleid, keine Melancholie, die er nun erzwingen wollte. "Ich... habe meinen Weg, bis zu meiner Rückkehr, selbst gewählt. Ja, ich bereue ihn, doch ich stehe dazu und kann es nicht ändern. Die Götter mögen mir verzeihen, so wie du es tust. Doch... eben deswegen, habe ich diese Worte nicht verdient," fügte er hinzu, drückte abermals ihre Hand und atmete tief durch, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Wie hatte er seiner Schwester dies nur antun können? "Doch kommen wir auf ein schöneres Thema... wie hast du diesen Mann kennen gelernt?" fragte Canus nun, um das Thema zu wechseln und hob seinen Blick auf Valentinas Augen, um ihr ein Lächeln zu schenken - auch wenn es in diesem Moment ein wenig gezwungen war.

  • Kurz war Valentina verwirrt über die Aussage seines Bruders. Warum wollte er nicht, dass sie ihm sagte, dass ihm seine Meinung am wichtigsten war? Ihre Frage schien sich wohl auch auf ihrem Gesicht abzuzeichnen. Doch sie fragte nicht nach. Nicht nur, weil sie nicht sicher war ob sie das hätte tun dürfen, sie wusste auch nicht ob ihr die Antwort gefiel. Was war in der Zeit in der Canus nicht hier war passiert? Hatte er Dinge getan, die sie vielleicht besser nicht wusste? Was hatte ihr großer Bruder alles erlebt in der Zeit in der er weg war? Irgendwann würde er es ihr hoffentlich erzählen. Sie waren früher so innig. Zumindest glaubte Valentina das noch zu wissen. Sie war noch so jung als sie Canus zum letzten Mal gesehen hatte. Hatte sie etwa ein verklärtes Bild von ihrem großen Bruder? Nein, das wollte die junge Quintilia nicht glauben. Irgend etwas musste passiert sein und Valentina war sich sicher, dass er es ihr bestimmt erzählen würde, wenn die richtige Zeit gekommen war.


    So nahm sie statt dessen noch einmal einen Schluck aus ihrem Becher. Der Moment des Zweifels war vergangen und es würde sicherlich irgendwann eine Erklärung dafür geben. Er bereute es gegangen zu sein und Valentina glaubte ihm, was auch immer ihn dazu bewogen hatte. Irgendwann würde sie Antworten bekommen. Statt dessen erinnerte sie sich daran, dass Canus im Gegenzug ihr ein paar Fragen gestellt hatte. Er wollte wissen was mit Serapio passiert war.
    "Nun, es trifft sich gut, dass ich deine Fragen zusammen beantworten kann. Mein vorheriger Verlobter Faustus Decimus Serapio, bekleidete als Soldat sein sehr hohes Amt." Es war nicht, dass sie ihrem Bruder nicht die genaue Tatsache nannte, sie wollte zum Einen nicht unnötig angeben zum Anderen glaubte sie Serapio noch immer schützen zu müssen. "Und gerade als wir uns verlobt hatten und ich bereits mit den Planungen für die Hochzeit angefangen habe wurde Serapio versetzt. Er konnte es mir nicht einmal genau mitteilen. Nur in einem Brief hat er mir mitgeteilt was geschehen ist. Er musste sofort abreisen und teilte mir mit, dass es eine geheime Mission mit unbekannter Dauer und Ausgang war. Und damit er mir die Zukunft nicht verbaute, entließ er mich aus der Verlobung." Valentina atmete tief durch. Es tat immer noch ein bisschen weh.


    "Und als ich dann in der Casa war um meine letzten Habseligkeiten zu holen, traf ich auf Casca." Sie lächelte bei der Erinnerung an den Tumult.
    "Ich hörte laute Stimmen und als ich nachsah, kam ich gerade dazu wie Casca mit einigen Sklaven hinter ein paar Ziegen herrannte, die entkommen waren. Und du kennst mich, ich kann nicht einfach daneben stehen und zusehen. Als so eine kleine Ziege auf mich zukam, habe ich geholfen sie einzufangen." Zuerst sah sie ihren Bruder stolz an, dann als sie ihre Worte nochmal Revue passieren ließ, räusperte sie sich und meinte. "Es war nur eine ganz kleine Ziege, wirklich. Und so habe ich Casca besser kennen gelernt. Gekannt habe ich ihn schon seit der Verlobungsfeier mit Serapio. So hat es sich dann entwickelt." Ob Canus sie jetzt wegen der Ziege rügen würde?

  • Zunächst hatte Canus' Zurückhaltung in Bezug auf die Verehrung seinerseits von Seiten seiner Schwester schlicht den Hintergrund, als dass er sich für seine lange Abwesenheit schämte - auch wenn er diese Scham nicht allzu offensichtlich zeigte, sie lediglich in Worten auszudrücken vermochte. Stärke zeigen, das war nun wichtig, nicht zuletzt aufgrund des Zustandes der Familie. Andererseits war er wahrlich nicht stolz auf so manche Dinge, die er in all diesen Jahren getan hatte - doch dieses Thema wollte er bewusst erstmal beiseite lassen. Nun sollte es um Valentina gehen. Ihr Bruder wollte ihr zuhören, für sie da sein, ihr die Gelegenheit geben, dass sie sich all ihr Leid von der Seele reden konnte. Vielleicht war dann irgendwann Zeit für seine Geschichten, seine Erlebnisse. Verschweigen wollte er sie nicht, nein, auch wenn er sicherlich in Sorge darüber war, wie Valentina reagieren würde. Doch er wollte die schlechte Situation nicht sofort mit schlechten Geschichten noch viel unerträglicher machen.


    Viel mehr interessierte den älteren Bruder dabei auch eher die Geschichte, wie Valentinas vorherige Verlobung ein Ende gefunden hatte und die neue Bindung an einen Mann wiederum entstanden war. Dass diese beiden Ereignisse so sehr miteinander zusammenhingen, das hätte er nicht gedacht. Doch so traurig diese Geschichte auch war, so sehr brachte ihn die Beschreibung dieser unwahrscheinlichen Begebenheit doch für einen Moment zum Schmunzeln. Als dann noch die Geschichte um diese Ziegen herum dazu kam, konnte er sich ein leises, kurzes Lachen einfach nicht verkneifen.


    "Nun, was mit... Serapio passierte, ist sicherlich sehr schade. Aber dies kann wohl passieren, wenn man sich an einen Mann in des Kaisers Diensten bindet," begann Canus zunächst, wenngleich er seiner Schwester damit absolut keine Angst in Bezug auf ihn selbst machen wollte - immerhin hatte sich Valentinas Bruder auch für die Militärkarriere entschieden. "Dennoch, so schade all dies sicherlich auch ist, es ist ein nobler Zug seinerseits gewesen, dass er sich aus der Verlobung entlassen hat," gab der Quintilier mit einem leichten Lächeln auf seinen Lippen zu. Er war froh, dass dies auf diese Art und Weise geendet hatte. Ein angenehmerer Schritt, als beispielsweise der Tod eines geliebten Menschen - wenngleich dennoch nicht schön. "Und... mir ist klar, dass du da hinterher musstest," meinte Canus sichtlich amüsiert in Bezug auf die Ziegengeschichte, was ihm abermals ein Grinsen entlockte. "Es ist schön zu wissen, dass du dich in all den Jahren nicht verändert hast." Diese Tatsache ließ ihn wiederum lächeln. All dies waren Gefühlsregungen, die auch nur Valentina ihm entlocken konnte. Ob sie dies eigentlich wusste? Doch dann wollte er ein wenig ernster werden, zumindest das Thema etwas ernster werden lassen. Immerhin machte er sich Gedanken um Valentina und um ihr Wohl. "Aber sag' mir, ohne dass ich misstrauisch klingen möchte: Was tut er, um für dich sorgen zu können? Sicherlich steht mir diese Neugier nicht zu, doch nach all den Jahren der Entbehrungen hast du ein gutes Leben verdient. Ich würde mich auch sehr freuen, ihn beizeiten mal kennen zu lernen. So die Götter und mein Dienst es denn zulassen." Recht glücklich blickte er seine Schwester an, auch die Erleichterung war ihm deutlich anzusehen. Sicher, es waren keine einfachen Zeiten, doch zumindest für seine Schwester gab es einen Lichtblick. "Übrigens... ich habe die letzten Wochen meinen Sold gespart. Versucht, ihn nicht dermaßen in Wein zu investieren. Ich... weiß ja nicht genau, wie es um die Finanzen der Gens steht, doch ich möchte meinen Beitrag leisten."

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