[Theatrum Marcelli] Ludi Praetorae - Schauspiel

  • Theatrum Marcelli


    Das Theater des Marcellus, erbaut durch Augustus um das Jahr 741 a.u.c (13 BC), befindet sich im Norden des forum holitorium.
    Anders als griechische Theater ist das Marcellustheater nicht an einen Berghang gebaut, sondern ist ein freistehender Hochbau. An seiner höchsten Stelle ist es etwa 33 Meter hoch und ungefähr 10.000 bis 14.000 Zuschauer können darin untergebracht werden. Obwohl es von der Konstruktion her das Vorbild für das später erbaute Theatrum Flavium bietet, ist es eines der kleinsten Theater der Stadt.


    An diesem Tag, dem zweiten der Ludi Praetorae, sollte die Vorstellung im Theatrum Marcelli beginnen. Auf dem Spielplan, den der Praetor Peregrinus erdacht hatte, standen ein klassisches griechisches Stück des Tragödiendichters Sophokles sowie mehrere kleinere Stücke, die der Praetor Urbanus verantwortete.


    Die Eingänge des Theaters wurden geöffnet um das interessierte Publikum einzulassen.

  • Nach den aufreibenden Kämpfen im Amphitheater freute sich Plotina darauf, dass die Prätoren als Schauspiel für ihre Ludi nicht irgendeine der lärmigen Plautus-Komödien ausgesucht hatten, sondern die "Antigone" des Sophokles. Nicht, dass diese nicht auch aufreibend gewesen wäre, auf ihre Art: der tragische Konflikt, die Leidenschaft der jungen Heldin ... Aber diese Form des Dramas versetzte die Zuschauer doch in eine andere Art der Anspannung.


    Plotina reihte sich in das interessierte Publikum ein, dem sich in diesem Moment die Eingänge öffneten. Wie immer, wenn die "Antigone" gegeben wurde, stellte sich die Frage, wie wohl die beiden Hauptfiguren Antigone und Kreon dargestellt werden würden. Diese Frage bewegte auch Plotina - neben der unvermeidlichen anderen, wer wohl noch alles von ihren Bekannten in die Vorstellung kommen würde.

  • Da sein Amt von ihm auch nun in den letzten Tagen noch einmal Pflichterfüllung abverlangte, trafen sich die beiden Sänften aus dem flavischen Haushalt zur verabredeten Stunde hinter dem Forum Boarium. Kein Wort wurde gesprochen, die Vorhänge blieben unberührt, als die Träger ihren Weg zum Theatrum Marcelli fortsetzten. Ein wenig Enttäuschung machte sich in Gracchus breit als er durch einen Spalt nur eine einzige Sänfte sah, hatte er doch gehofft, sein Vetter Caius oder seine Base Leontia würden sich seiner Gattin und ihm anschließen, nicht nur allein deswegen, da er andernfalls die gesamte Zeit mit Antonia alleine verbringen musste. Glücklicherweise führte ihr Weg sie zu einer szenischen Aufführung, bei welcher allgemeinhin Ruhe herrschte, so dass immerhin eine Unterhaltung mit seiner Gemahlin nicht würde notwendig werden. Womöglich würden die anderen auch erst ein wenig später nach kommen, immerhin erreichten sie das Theater recht zeitig, und im besten Falle saß ohnehin nicht Antonia in jener Sänfte, welche von der flavischen Villa her gekommen war, vielleicht war dies Leontia oder Caius, da sich Antonia wieder einmal ob furchtbarer Migräne entschuldigen hatte lassen, da sie den Tag nicht mit ihm verbringen wollte. Das zarte, filigrane Gerüst dieser Hoffnung zerplatzte, als die Träger stoppten, Gracchus der Sänfte entstieg, sich aus der anderen eine feingliedrige Hand zwischen den Stoffbahnen hindurch schob - noch konnte dies Leontia sein - die Vorhänge schließlich zur Seite glitten und die Dame dahinter preis gaben. Erstaunen zeigte sich auf Gracchus' Gesicht, nicht ob seiner Gattin und noch weniger aus Ehrlichkeit heraus.
    "Antonia, meine Liebe, hätte ich geahnt, welch überwältigender Anblick mich erwartet, so hätte ich schon viel eher an diesem Tage die Pflicht, Pflicht sein lassen. Wie kann es nur sein, dass die Götter solch Schönheit auf Erden gewähren, die ihnen doch so nahe kommt?"
    Er hielt ihr galant eine Hand hin, um ihr beim Verlassen der Sänfte behilflich zu sein.

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  • Antonia, ob dieser Begrüßung ehrlich überrascht, zögert einen Moment und betrachtet die ihr entgegengestreckte Hand abschätzend. Manchmal glaubt sie wirklich, dass sämtliche Flavier, solange sie Kinder sind, alle Gedichte, die jemals geschrieben wurden, auswendig lernen müssen, um sie bei jeder Gelegenheit in abgewandelter Form als Zitate einwerfen zu können.
    Der ehrlichen Überraschung folgt ein unehrliches Lächeln, denn wie immer glaubt sie kein Wort von dem, was ihr Gatte von sich gibt. Ganz abgesehen davon, dass er heute wirklich maßlos übertreibt. Respektive maßloser als sonst.
    Ach, Manius., erwidert sie. Die leichte Röte, die auf ihren Wangen erscheint, komplettiert das Schauspiel vorm Schauspiel. Obgleich die Schauspielerin in diesem Fall keinen Einfluss darauf hat.
    Du solltest die Götter nicht mit solchen Vergleichen ärgern.
    Seine Hand hat sie mittlerweile ergriffen und so steigt sie möglichst elegant aus ihrer Sänfte.
    Ihr Blick wendet sich dem Gebäude zu.
    Weißt du, welches Stück heute gespielt werden soll? Eines von Sophokles, nicht?

  • Ob der Art und Weise wie Antonia seinen Namen sprach fuhr Gracchus ein kalter Schauer über die Haut, ganz der Empfindung ähnlich, die den Körper beim Sprung in das kalte Becken des Frigidarium durchzog, und er fragte sich, ob seine Gattin diesen Tonfall wohl würde ewig beibehalten und wie lange er dies würde aushalten können, ob womöglich er sich zuerst daran gewöhnen oder eher die Nerven verlieren würde. Seite an Seite schritten sie umringt von einigen Sklaven zum Eingang des Theaters hin, perfektes Bildnis eines perfekten patrizischen Paares, zumindest dem äußerlichen Anschein nach.
    "Sophokles ja, doch ich bin deplorablerweise nicht darüber informiert, welches Stück genau."
    Es genügte der marginale Hauch eines Blickes, um einen der Sklaven hinfort eilen zu lassen, um eben dies in Erfahrung zu bringen.
    "Vielleicht die ruhmreiche Geschichte des Philoktetes, womöglich die Epigonoi, jene waren äußerst beliebt in den letzten Jahren. Andererseits wird es womöglich gerade aus diesem Grunde etwas gänzlich anderes sein, Sophokles' Verse über den Kerberos oder die Sphyrokopoi wären sicherlich auch äußerst erbaulich, denkst du nicht, meine Liebe?"
    Sie erreichten die Plätze und Gracchus wartete, bis sein Gattin saß, dann setzte er sich neben sie, in Gedanken auf die baldige Eröffnung des Schauspieles hoffend.

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  • Lediglich ein zustimmendes Hmh. kommt über Antonias Lippen.
    Die Epigonoi habe ich vor Kurzem bereits gesehen. Vor unserer Ehe, meine ich.
    Allzu kurz ist das auch nicht mehr, wie ihr bewusst wird. Doch ehe sie in zu tiefe Grübelei versinken kann, haben die beiden Patrizier bereits ihre Plätze erreicht.
    Ein unauffälliger Blick der Claudia gleitet durch die Menge, doch noch entdeckt sie niemanden, der sie vor der Zweisamkeit mit Gracchus erlösen könnte.
    Vielleicht auch die Syndeipnoi?, wirft sie daher ein. Im Grunde genommen ist es ihr gleich, ein wenig Abwechslung von ihrem Alltag in der Villa Flavia würde jedes Stück bieten und so ist ihr auch jedes Stück recht.
    In Ermangelung einer besseren Beschäftigung streicht sie langsam ihre Tunika glatt und besieht sich ihre neuen Sandalen. Leontia hatte recht gehabt, sie sahen wirklich prächtig aus.
    Als sie jedoch bemerkt, dass sie ein Ideechen zu lange auf ihre Füße gestarrt hat, wendet sie sich mit einem nichtssagenden Lächeln zu ihrem Mann.
    Deine Verwandten wollten das Stück nicht sehen?

  • Commodus, als Verantwortlicher für das Schauspiel, betrat das Theater. Er war in die Amtstracht eines Praetors gehüllt und wurde von den üblichen Liktoren begleitet.


    Er hielt auf die Plätze zu, die für ihn und seinen Mitpraetor, der etwas später kommen würde, vorbereitet worden waren. Er stellte sich vor seinen Platz und schaute sich in den, mittlerweile gut gefüllten, Reihen des Theaters um. Er erblickte hier und da einzelne bekannte Gesichter und grüßte diese mit einem Nicken. Dann setzte er sich, denn es sollte bald beginnen.






    Ein einzelner Mann betrat die Bühne. Er wartete einen Moment auf die Aufmerksamkeit des Publikums und erhob dann die Stimme.


    Römer! Willkommen! Für euch, organisiert durch eure Praetoren Gaius Prudentius Commodus und Lucius Flavius Furianus, präsentieren wir heute des grossen Meister Sophokles' Tragödie ANTIGONE.
    Doch genug der Worte. Möge das Spiel nun beginnen.


    Der Mann trat von der Bühne.

  • Zitat

    Original von Claudia Antonia


    Deine Verwandten wollten das Stück nicht sehen?


    Antonia schien diese Ehe tatsächlich von kurzweiligem Charakter zu sein, doch Gracchus konnte die bereits mit seiner Gattin verlebte Zeit nicht unbedingt solcherlei werten oder dem zustimmen, dass die Hochzeit erst vor kurzem stattgefunden hatte, obgleich ihre Ehe würde man die Minuten kummulieren, welche sie bisherig gemeinsam im Angesicht des anderen verbracht hatten, durchaus von recht kurzer Dauer wäre. Der Blick zu Boden entgeht Gracchus nicht, weshalb er ihm folgt, dort doch nichts weiter vorfindet, als Antonias Füße, umhüllt von dunkelfarbenen Sandalen. Da er jedoch nicht sagen konnte, ob dies neue Sandalen waren - vermutlich mussten sie dies sein, wofür sonst gab seine Gattin all das Geld aus, welches sie verbrauchte? - oder ob sie womöglich nur den kleinen goldenen Halbmond bewunderte, enthielt sich Gracchus jeglichen Kommentars, lehnte sich zufrieden zurück und genoss stattdessen die Stille zwischen ihnen, die doch allzu bald erneut von Antonia durchbrochen wurde.
    "Ich hatte gehofft, du wüsstest, ob sie dem Schauspiel beiwohnen wollen. Bis ich heute morgen das Haus verließ, hatten sie sich noch nicht entscheiden können."
    Endlich unterbrach die Ankündigung der Aufführung das ohnehin völlig belanglose Gespräch.
    "Sieh an, die Antigone. Wie überaus passend, ein wahrhaft zeitloses Stück."

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  • Varena war leider etwas verspätet gekommen und bahnte sich nun einen Weg durch die Menschenmengen, die schon drinnen waren. Neben einer jungen Frau ließ sie sich schließlich nieder, da sie dort endlich einen Platz gefunden hatte.


    Das Stück, das heute hier aufgeführt wurde, gehörte zu ihren Lieblingsstücken und sie war mehr als gespannt darauf.
    "Salve" begrüßte sie die junge Frau neben sich mit einem Lächeln und blickte dann auf die Bühne.

  • Die Bühne iwar leer. Das Bühnenbild zeigte einen Palast.


    Eine Frau betrat die Bühne und zog eine weitere hinter sich her. Die beiden würden sich später als Antigone und Ismene vorstellen.


    Vom gleichen Blut, schwesterlich verbunden, Ismenes Haupt, kennst du nur eines der von Oedipus herkommenden Leiden, welches Zeus an uns beiden noch Lebenden nicht erfüllt?
    Denn nichts Scherzendes, nichts ohne Unheil, nichts Schändliches, nichts Entehrendes gibt es, das ich nicht in deinem und meinem Unglück gesehen habe.
    Und jetzt, was ist dies wieder - wie sie sagen - für eine Verfügung, die der Herr des Militärs vor allem Volk verkünden liess?
    Weisst du etwas und hast du's gehört? Oder merkst du gegen die Freunde gerichtete Anschläge der Feinde nicht?


    Mir kam kein Wort, Antigone, von Freunden, weder ein angenehmes noch ein schmerzendes, seit beide Brüder verloren wir zwei, als an einem Tage sie starben durch zweifachen Streich.
    Nachdem aber fort ist der Argeier Heer, in dieser Nacht jetzt, weiss ich nichts weiteres, weder dass es mir besser noch schlechter erginge.


    Dies dacht' ich mir, und dich liess ich vor das Hoftor deswegen kommen, damit du allein es hörst.


    Was gibt es? Man sieht, du bist aufgewühlt über die Kunde.


    Hat nämlich nicht der Bestattung unsere beiden Brüder Kreon den einen gewürdigt, dem anderen sie verwehrt?
    Den Eteokles zwar hat er, wie man sagt, nach dem Recht, in richtiger Anwendung, und nach dem Brauch in der Erde bestattet, mit reichen Ehren bei den Toten.
    Den elend Gefallenen, des Polyneikes Leiche aber - den Stadtern sagt man, sei es kundgetan - solle man nichtg im Grabe bergen, und auch keiner solle um ihn klagen, sondern ihn unbeklagt, unbestattet lassen, den Vögeln ein begehrter Vorrat, wenn sie ihn sehen, zu willkommendem Frass.
    Solches hat, wie man sagt, der hervorragende Kreon dir und mir, ja ich sage auch mir, verkünden lassen und dass hierher er komme, um dies denen, die es nicht wissen, in aller Deutlichkeit zu sagen, und dass er die Sache so angehe, als habe sie volles Gewicht, und dass jedem, der davon etwas tut, der Tod drohe durch öffentliche Steinigung in der Stadt.
    So steht es für dich, und bald wirst du zeigen können, ob du wohlgeboren bist oder bei edler Abstammung schlecht.


    Was, du Unglückselige, wenn dem so ist, könnte ich, lösend oder knüpfend dazu tun?


    Ob du die Mühe mit mir teilen und mithelfen willst, sie zu.


    Was für ein riskantes Stück? Wohin in deinem Denken nur gehst du?


    Ob du den Toten zusammen mit dieser Hand aufhebst!


    Ja denkst du denn ihn zu bestatten, wo es verboten ist in der Stadt?


    Meinen doch und deinen Bruder, auch so du micht willst; nicht will ich nämlich als Verräterin so dastehen.


    Entsetzliche! Bei Kreons ausdrücklichem Verbot?


    Aber es steht ihm überhaupt nicht zu, von den Meinen mich wegzudrängen.


    Ach mir! Bedenke, Schwester, der Vaer, wie er uns verhasst und ruhmlos zugrunde ging, als nach selbstentdeckten Verbrechen beide Augen er asstach, selbst, mit eigentätiger Hand.
    Dann, die Mutter und Gattin, ein doppeltes Wort, mit geflochtener Schlinge machte sie schändlich ihrem Leben ein Ende.
    Zum dritten, es brachten sich beide Brüder, an einem Tage, den Tod bei, die Unglückseligen, und erfüllten ein Verhängnis, für sie gemeinsam, mit gegeeinander gerichteten Händen.
    Jetzt aber hinwiederum sind wir beide allein noch übrig; bedenk, wie schmählich wir sterben müssen, wenn dem Gesetz zu Trotz wir den Beschluss der Herrscher oder ihre Macht übertreten.
    Nein, bedenken muss man dies einmal, dass als Frauen wir geboren wurden, um gegen Männer nicht zu kämpfen. Dann aber, dass wir beherrscht werden von Stärkeren und dass wir dies hören müssen und noch Schmerlicheres als dies.
    Ich nun will die Unterirdischen bitten, Verzeihung zu gewähren, weill ich gezwungen werde dazu, und den fest im Amte Stehenden will ich mich fügen; denn das Vermessene zu tun hat keinen Sinn.


    Weder mag ich dich bitten, noch, wenn du mitmachen wolltest, wirst du es mir zu meiner Freude tun. Sei nun, wie es dir richtig erscheint. Jenen aber werde ich bestatten. Schön für mich, danach zu sterben!
    Lieb werde ich bei ihm liegen, mit dem Lieben zusammen, nach frommenm Frevel. Denn länger ist die Zeit, die ich gefallen muss den Unteren als denen hier oben.
    Dort nämlich werde ich immer liegen. Du aber, wenn es dir recht erscheint, entehre das bei den Göttern Ehrenhafte.[/i]


    Ich schätze es der Ehre nicht unwert, aber zum Trotz der Bürger zu handeln, bin ich unfähig.


    Du zwar magst dies vorschützen; ich aber werde nun ein Grab dem liebsten Bruder graben gehen.


    Weh mir Ärmsten, wie habe ich Angst um dich!


    Nicht um micht sorge dich; dein Geschick bring in Ordnung.


    Aber dann verrate dies wenigstens niemandem, dieses dein Tun, geheim aber verberge es, ebenso wie ich.


    Ach! Erzähle es laut überall! Viel verhasster wirst du sein durch Verschweigen, wenn du nicht dies allen verkündest.


    Bei eisigen Dingen hast du ein heisses Herz.


    Aber ich weiss zu gefallen, wem am meisten ich gefallen muss.


    Wenn du es auch nur könntest; aber Unmögliches willst du.


    Nun, wenn ich es denn nicht schaffe, wird es ein Ende geben.


    Von vorneherein dem Unmöglichen nachjagen ist nicht richtig.


    Wenn du das meinst, wirst du von mir gehasst werden, verhasst aber wirst du dem Toten gegenüberstehen mit Recht.
    Nein, lass mich und die Torheit, die aus mir herauskommt, erleiden das Schreckliche da; denn erleiden werde ich nicht so Schlimmes, dass es nicht schön wäre zu sterben.


    Wohlan, wenn es dir so recht erscheint, geh! Dies aber wisse, dass im Unverstand du gehst, den Lieben aber recht in der Liebe.


    Die beiden verliessen die Bühne.

  • Zitat

    Original von Terentia Varena
    Das Stück, das heute hier aufgeführt wurde, gehörte zu ihren Lieblingsstücken und sie war mehr als gespannt darauf.
    "Salve" begrüßte sie die junge Frau neben sich mit einem Lächeln und blickte dann auf die Bühne.


    Plotina hatte es sich gerade so richtig bequem gemacht, als sie bemerkte, wie eine junge Frau kurz vor Beginn des Stücks noch schnell durch den Zuschauerraum huschte und schließlich neben ihr Platz nahm. Auch hörte Plotina noch, wie die junge Dame sie begrüßte. Plotina schaute zu ihr und wollte ihren freundlichen Gruß erwidern, als zwei Schauspielerinnen die Bühne betraten, sicherlich Ismene und Antigone.


    Und so war es auch: Die beiden spielten den bekannten Prolog des Stückes und traten dann einstweilen wieder ab. Eine kurze Pause trat ein, die Plotina dazu nutzte, sich nun endlich ihrer Sitznachbarin zuzuwenden.


    "Guten Abend, liebe Theater-Interessierte! Du hast also auch noch den Weg hierher gefunden. Ich muss sagen, die "Antigone" habe ich schon lange nicht mehr auf der Bühne gesehen, und da ich noch nicht lange in Rom bin, bin ich mal gespannt, wie man sie hier spielt. Bis jetzt bin ich ganz angetan, nur die "Ismene" erscheint mir ein bisschen schwach gespielt - na ja. Ach, übrigens, mein Name ist Sergia Plotina."

  • Es war ein Graus heute mit Leontias Haaren! Wie hingebungsvoll ihre Ornatrix sie auch gespült und geölt, gelockt, geflochten und kunstvoll frisiert hatte - Leontia fand ihre Haarpracht heute spröde und glanzlos, und überhaupt ganz unmöglich! Lange hatte sie geschwankt, ob sie sich an solch einem Tag überhaupt auf die Straße wagen konnte - ohne zur Perücke zu greifen - und viele Stunden lang hatten ihre Sklavinnen ihr bestes gegeben, um ihre zunehmend entnervte Domina einigermassen präsentabel zu gestalten... Es hatte Tränen gegeben, Peitschenhiebe und blutige Stiche mit der Haarnadel, doch schließlich urteilte Leontia, zur Erleichterung aller Beteiligten, grollend: 'Das muß gehen.'


    Und spät, viel zu spät, machte sie sich dann doch auf zum Marcellustheater, hetzte ihre nubischen Sänftenträger aber so erbarmungslos, so dass sie schließlich nur mit einer kleinen Verspätung dort anlangte. So kam es, dass Leontia während des ersten Dialoges zwischen den Töchtern des Oedipus das Theater betrat, und, von ihren Leibwächtern natürlich sorgsam abgeschirmt vom Plebs, leichten Schrittes auf die flavischen Plätze zuhielt. Die tiefblaue Seide ihres langen Gewandes, dessen reicher Faltenwurf von goldbestickten Bändern aufs anmutigste gerafft wurde, raschelte leise, und einige Worte des Unmutes über die zu spät kommende wurden vernehmbar getuschelt.


    Leontia scherte sich nicht darum. Mit einem stolzen Aufwerfen des Kopfes ließ sie die kunstvoll gedrehten Locken in den Nacken gleiten, und ein feines Lächeln spielte sacht um ihre Mundwinkel, als sie auf ihren liebsten Vetter zutrat. "Manius." flüsterte sie erfreut, und neigte grazil den Kopf zur Begrüßung, "Antonia. Es ist mir stets eine Freude.", bevor sie sich leise auf dem Sitz an der Seite ihres Vetters niederließ, und - nur kurz und ganz diskret - voll Zuneigung seine Hand drückte. Gut sahen die beiden aus, fiel ihr auf, und so einträchtig. Ob es Manius womöglich in der Zwischenzeit gelungen war, seine Gemahlin zur Raison zu bringen?


    Leontia richtete ihre Aufmerksamkeit zur Bühne, und bemerkte erleichtert, dass sie kaum etwas verpasst hatte. In Denkerpose stützte sie ihr zartes Kinn in die Hand, und verfolgte aufmerksam und konzentriert den Fortgang des Stückes.

  • Ganz der Darbietung auf der Bühne zugewandt, bemerkte Gracchus seine Base erst, als jene bereits bei ihnen war, sich neben ihn setzte und seine Hand zur Begrüßung leicht drückte. So würde denn die Zeit der Pausen nicht allzu unangenehm werden, zudem gefiel Gracchus der Gedanke durchaus, sich umringt von solcherlei Schönheit zu zeigen, obgleich er dem weiblichen Geschlechte weit weniger abgewinnen konnte, als die meisten Männer, so schätzte er doch den Anblick der Perfektion, wie seine Gattin und seine Base ihn beide boten. Er drehte seinen Kopf und beugte sich leicht zu seiner Base hin, so dass seine Lippen nah an ihr Ohr hin reichten und flüsterte leise.
    "Leontia, teuerste Base, wie schön, dass du noch gekommen bist. Du siehst ganz hinreißend aus, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf. Es wird mir zum Guten gereichen, dass wir im Theater sitzen, denn sollte mir ob der ganzen Schönheit, welche mich nun umgibt, das Entzücken zu Kopfe steigen, so wird man dies dem Schauspiel zuschreiben und mir diese Inadäquatheit darum nachsehen."
    Den Blick wieder nach vorn gerichtet, so dass er die Bühne im Auge behalten konnte, sprach er gleichsam noch immer leicht zu Leontia gebeugt leise weiter.
    "Sie führen die Antigone des Sophokles auf, Antigone tat gerade erst ihr Ansinnen der Ismene kund, du musstest also nicht viel verpassen."

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    Original von Sergia Plotina
    Und so war es auch: Die beiden spielten den bekannten Prolog des Stückes und traten dann einstweilen wieder ab. Eine kurze Pause trat ein, die Plotina dazu nutzte, sich nun endlich ihrer Sitznachbarin zuzuwenden.


    "Guten Abend, liebe Theater-Interessierte! Du hast also auch noch den Weg hierher gefunden. Ich muss sagen, die "Antigone" habe ich schon lange nicht mehr auf der Bühne gesehen, und da ich noch nicht lange in Rom bin, bin ich mal gespannt, wie man sie hier spielt. Bis jetzt bin ich ganz angetan, nur die "Ismene" erscheint mir ein bisschen schwach gespielt - na ja. Ach, übrigens, mein Name ist Sergia Plotina."


    Die erste, ihr allzugut bekannte, Szene, ließ sie wieder ganz in dieses Stück eintauchen und wie jedesmal mitfiebern. Es war wirklich einer der wenigen Lieblingsstücke ihrer selbst. Trotz der Kenntnis über das Ende, war sie doch jedesmal von der Handlung wie aufs Neue gebannt. Die beiden Schauspielerinnen spielten gut, doch für sie stach die Ismene als ausgezeichnete Schauspielerin hervor.


    Nach der Szene, wandte sich ihre Sitznachbarin ihr zu und so blickte Varena sie freundlich an und hörte ihr zu.
    Sei mir gegrüßt, Sergia Plotina. Ich muss dir sogleich widersprechen. Für mich ist eher die Schauspielerin der Antigone ihrer Rolle nicht ganz gewachsen, wohingegen Ismene wirklich fabelhaft gespielt wird. Genauso hardernd mit sich selbst wie Sophokles sie beschreibt. Wirklich gespannt bin ich jedoch auf den Kreon. In Hispanien wurde er nicht wirklich gut gespielt."

  • Zitat

    Original von Terentia Varena
    Sei mir gegrüßt, Sergia Plotina. Ich muss dir sogleich widersprechen. Für mich ist eher die Schauspielerin der Antigone ihrer Rolle nicht ganz gewachsen, wohingegen Ismene wirklich fabelhaft gespielt wird. Genauso hardernd mit sich selbst wie Sophokles sie beschreibt. Wirklich gespannt bin ich jedoch auf den Kreon. In Hispanien wurde er nicht wirklich gut gespielt."


    Plotina horchte bei den bestimmten Worten der freundlichen jungen Frau neben sich auf. Offenbar war sie an eine wirkliche Theaterkennerin geraten.


    "Hm, ich lasse mich mal überraschen, wie sich Antigone und Ismene in den weiteren Szenen entwickeln werden. Grundsätzlich war ich immer der Meinung, dass die Rollen der Ismene und des Kreon schwieriger zu spielen sind als die der Antigone; das ist eine ungemein dankbare Theaterrolle."


    Plotina wandte ihren Kopf kurz herum, da auf den Plätzen der Patrizier mal wieder Unruhe herrschte. :) Gleich darauf richtete sie sich aber wieder an ihre Sitznachbarin.


    "Du kommst also aus Hispania. Dann bist du im Allgemeinen sicher gutes Theater gewöhnt. Ich habe die Antigone seit meiner Kindheit wohl drei oder viermal in Alexandria gesehen, von unterschiedlicher Qualität. Im Vertrauen: Man sagt ja, dass die Theater Roms nicht zu den besten im Reich gehören."

  • Zitat

    Original von Gaius Prudentius Commodus
    Wenn du das meinst, wirst du von mir gehasst werden, verhasst aber wirst du dem Toten gegenüberstehen mit Recht.
    Nein, lass mich und die Torheit, die aus mir herauskommt, erleiden das Schreckliche da; denn erleiden werde ich nicht so Schlimmes, dass es nicht schön wäre zu sterben.


    Wohlan, wenn es dir so recht erscheint, geh! Dies aber wisse, dass im Unverstand du gehst, den Lieben aber recht in der Liebe.


    Die beiden verliessen die Bühne.


    Meridius betrat das Theater mit etwas Verspätung. Mit einigen "Entschuldigung" suchte er seinen Platz auf, ließ sich nieder und widmete sich dann dem Geschehen auf der Bühne. Den Prolog hatte er offensichtlich verpasst wie es schien, was zu schade war. Aber immerhin hatte er es überhaupt noch geschafft, vor dem Hauptgeschehen hier zu sein.

  • Als Leontia zu Gracchus' und Antonias Erleichterung noch erscheint nickt die Claudia der Zuspätkommerin mit einem freundlichen Lächeln zu, wendet den Blick jedoch recht schnell wieder der Bühne zu, als ihr Gatte etwas zu flüstern beginnt.
    Unglücklicherweise sitzt ein recht "hohes" Tier vor ihr. Nicht nur hoch von Rang, sondern auch von Körpergröße, sodass sie immer rechts oder links vorbeischielen muss, um etwas zu sehen. Wenigstens ist sein Kopf recht schmal.


  • "Nunja. Die Antigone ist wirklich eine nicht allzuschwere Rolle. Ismene und Kreon haben doch recht wechselnde Gemüter, wobei die Antigone doch im großen und ganzen einer Meinung bleibt."


    Varena lächelte der jungen Frau zustimmend zu und nickte.


    "Oh nein. Ich war nur in Hispanien für ein paar Wochen. Aber die Theater sind doch sehr unterschiedlich zu denen hier in Rom."

  • Zitat

    Original von Terentia Varena
    "Nunja. Die Antigone ist wirklich eine nicht allzuschwere Rolle. Ismene und Kreon haben doch recht wechselnde Gemüter, wobei die Antigone doch im großen und ganzen einer Meinung bleibt."


    Plotina gewann aus den Worten der jungen, geschmackvoll gekleideten Frau neben sich immer mehr die Überzeugung, es hier mit einer richtigen Theater-Liebhaberin zu tun haben. Dies veranlasste Plotina, einen weiteren Gedanken auszusprechen.


    "Wenn man die Schauspieler so auf der Bühne agieren sieht, bekommt man richtig Lust, so etwas auch mal zu machen, findest du nicht? Das ist doch allemal besser als die Schauspielerei, die wir uns so im Alltag auferlegen."

  • Leontia neigte den Kopf leicht zur Seite, zu ihrem Vetter, und schmunzelte belustigt und geschmeichelt bei seinem Kompliment. Anscheinend war ihr Haar heute doch nicht ganz so unmöglich wie sie gedacht hatte. Andererseits, so sinnierte sie still, konnte sie sich, seitdem sie ihm unter der Hand das Geheimnis "Schöne-Komplimente-sind-der-Königsweg-zum-Herzen-einer-Frau" verraten hatte, nicht mehr sicher sein, ob er diese Worte wirklich ernst meinte, oder sie nur - auf die ihm eigene subtile und feinsinnige Weise - neckte. "Ich danke Dir, liebster Vetter.", hauchte sie zurück, und fügte mit einem Anflug von Schalk in der Stimme ganz leise hinzu: "Gestatte mir zu bemerken, dass die Toga, die Du heute gewählt hast, Dir vortrefflich zu Gesicht steht. Das dunkle Gold dieser herrlichen Borte harmoniert aufs Vorzüglichste mit der Farbe Deiner Augen."


    Auch sie blickte wieder zu Bühne und nickte bedächtig. "Das ist erfreulich." Doch nachdem die beiden Frauen abgetreten waren, wandte sie sich mit einem Ausdruck von Skepsis zu Gracchus und Antonia, und fragte recht ratlos, mit noch immer etwas gedämpfter Stimme: "Hmm... es handelt sich um eine recht reduktionistische Aufführung, nicht wahr? Ich las ja von Strömungen, die das Theater durch Elimination alles unwesentlichen Gepränges auf die reine, kraftvolle Urform zurückführen wollen. Doch mir erschien das immer ein recht theoretischer Ansatz. Und die Umsetzung hier dünkt mir etwas, nun ja, hölzern. Doch was meinst ihr - ist die Inszenierung vielleicht in diesem Kontext zu sehen?"

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