Bericht des Quaestor Classis

  • Hungi hatte von seinen Informanten erfahren, daß der Quaestor Classis wieder zurück war aus Germanien und dieser zudem seinen Bericht vortragen möchte. Also ließ er dies flugs auf die Tagesordnungsliste setzen.


    Senatoren! Der Quaestor Classis hat mich um das Wort gebeten, welches ich ihm hiermit erteile.

  • Der Quaestor zupfte noch einmal seine Magistratentoga zu Recht, nickte dem Princeps Senatus dankend zu und trat dann vor den versammelten Senat.


    "Ehrenwerte Senatoren!


    Ich trete heute vor euch, um meinen offiziellen Abschlussbericht über meine Amtszeit als Quaestor und die mir aufgetragenen Aufgaben bei der Classis Germanica vorzutragen. Ich möchte jedoch auch gleich vornweg nehmen, dass diese Amtszeit bei der Classis wesentlich schwieriger und aus meiner Sicht auch negativer verlaufen ist, als ich es mir anfangs vorgestellt habe. Nichts desto trotz habe ich versucht so viele Informationen wie möglich zusammen zu tragen, um dem Senat ein Bild über die Zustände in dieser Einheit vermitteln zu können. Leider muss ich euch jedoch jetzt schon mitteilen, dass mein Bericht nicht so positiv ausfallen wird, wie es wohl die meisten unter euch erwarten würden. Aber gehen wir die Fakten Punkt für Punkt durch.


    Beginnen möchte ich mit der Kommandostruktur der Einheit, die sich mir schon bei meinem Eintreffen in Colonia Claudia Ara Agrippinensium als äußerst merkwürdig und undurchsichtig darstellte. Der kommandierende Offizier war zu diesem Zeitpunkt der Nauarchus Publius Terentius Pictor, der mir weder sachdienliche Informationen über die von Senator Prudentius Commodus hier im Senat vorgebrachten Themen, noch über den verbleib seines direkten Vorgesetzten und eigentlichen Kommandanten der Classis, Tribunus Sabbatius Sebastianus, liefern konnte. Er gab bei einem unserer Gespräche zwar zu mit Senator Commodus gesprochen und laut seiner Aussage dabei seinen Unmut Luft gelassen zu haben, wollte aber nicht näher auf die dazu geführten Umstände eingehen. Lediglich eine ziemlich wage Unmutsäußerung über die letzten militärischen Reformen, bei der es ausschließlich um die Legionen unseres Reiches und nicht um die Classis ging, war es, die er dem Senat direkt vorwarf. Ich habe mir erlaubt ihm darauf hinzuweisen, dass der Senat in keinster mit diesen Reformen in Verbindung steht und er sich in diesem Fall wohl eher an den Kaiser und seine militärischen Berater wenden muss, als die Schuld beim Senat zu suchen. Im Anschluss daran verhielt er sich leider äußerst unkooperativ, was meine Arbeit nicht gerade erleichterte. Jeder weitere versuch noch einmal ins Gespräch zu kommen verlief erfolglos. Leider muss ich dem Senat an dieser Stelle auch mitteilen, dass sich Nauarchus Terentius Pictor kurz vor meiner Abreise mit seinem Schwert das Leben genommen hat.


    Ebenfalls kurz vor meiner Abreise tauchte der eigentliche Kommandant der Classis Germanica, Tribunus Classis Lucius Sabbatius Sebastianus, wieder auf dem Stützpunkt auf und entschuldigte seine Abwesenheit mit einem lang anhaltenden Krankheitszustand, den er in Italia auskurieren musste. Laut seiner Aussage war es ihm dabei nicht möglich, sich bei seiner Einheit oder seinem Vorgesetzten, dem Legatus Augusti, abzumelden oder eine Nachricht über seinen Verbleib zu übermitteln. Er ist jedoch bereit dafür die Verantwortung zu übernehmen. Auf Grund seiner langen Abwesenheit, konnte jedoch auch er mir keine Informationen zu den vorgebrachten Punkten von Senator Commodus liefern.


    Alles in allem kann ich also berichten, dass sich die so dramatisch vorgebrachten Themen entweder bei meiner Ankunft in Germanien bereits erledigt hatten, oder sich letzten Endes keiner der Zuständigen getraut hat, sie mir gegenüber vorzubringen. Abschließend kann ich dem Senat berichten, dass ich während meiner Anwesenheit keine weiteren negativen Stimmungen anderer Offiziere oder Soldaten der Classis Germanica, die sie dem Senat gegenüber hegen könnten, mitbekommen habe und halte daher keine weiteren Schritte oder Untersuchungen in diese Richtung für notwendig.


    Jedoch gab es andere fragwürdige Punkte, die mir bei der durchsicht diverser Berichte und Classis-Unterlagen auffielen. Zum Beispiel gab es einige Ungereimtheiten bei der Buchführung. So gab es hier Spendengelder an die Classis, die jedoch nach einiger Zeit wieder an die Spender zurückgezahlt wurden. In einem Fall gab es sogar eine höhere Rückzahlung an den Spender, als die ursprüngliche Höhe der Spendengelder. Ich würde dem Senat hier eine Untersuchung durch einen Aedilis vorschlagen.


    Weiters möchte ich eine nähere Untersuchung über das plötzliche Verschwinden des Tribunus Classis Lucius Sabbatius Sebastianus anregen. Sein Krankheitsbedingter Ausfall über diesen langen Zeitraum wurde weder beim Statthalter gemeldet, noch von diesem abgesegnet. Es besteht daher der Verdacht auf unerlaubtes Entfernen von der Truppe und Vernachlässigung seiner Pflichten als Kommandant der Classis Germanica. Dies führt auch gleich zum nächsten Punkt – Verdacht auf Amtsanmaßung. Nauarchus Publius Terentius Pictor ernannte sich ohne Rücksprache mit dem Statthalter nach dem Verschwinden des Tribunus zum Kommandeur der Classis Germanica. Aufgrund seines plötzlichen und unerwarteten Ablebens dienen Untersuchungen in diesem Fall jedoch nur zur Aufklärung und nicht zur weiteren Strafverfolgung. Jedoch halte ich auch hier weitere Untersuchungen für unbedingt notwendig, da der Nauarchus in dieser Zeit Befehle und sogar Beförderungen aussprach, deren Rechtmäßigkeit und Gültigkeit überprüft werden sollte.


    Aus meiner Sicht ist diese Angelegenheit für den Senat erledigt. Ich denke es wäre das Beste, wenn der Senat dem germanischen Statthalter vorschlagen würde, selbst weitere Untersuchungen bei der Classis einzuleiten, um wieder Ordnung in das ziemlich ausgeartete Chaos zu bringen, von dem ich euch eben geschildert habe.


    Ich danke für eure Aufmerksamkeit."

  • Ein interessanter Zwischenbericht, wie Meridius fand.
    Er erhob sich.


    "Quaestor, ich danke Dir für Deine offenen Worte."


    Dann wandte er sich an die anderen Kollegen.


    "Senatoren, Ich kann mich der Aussage des Quaestors nur anschließen, die Angelegenheit für den Senat als erledigt zu betrachten. Als ehemaliger Legatus Augusti Pro Praetore in Germanien setzte ich meinen Nachfolger ebenfalls von den Schwierigkeiten bei der Classis in Kenntnis.


    Ich entzog dem zuständigen Kommandeur der Flotte den Zugriff auf die Flottengelder, bestellte ihn zu mir ein und trug ihm auf, sich bei meinem Nachfolger Vinicius Lucianus persönlich zu verantworten. Den Inspektionsbesuch, welchen ich damals bei der Flotte vorgesehen hatte, ließ ich jedoch angesichts meiner Ablösung und der Anwesenheit des Quaestor Classis entfallen.


    Ich habe darüberhinaus den Kaiser auf die Problematik bei der Classis angesprochen, wie es mein Amt erforderte. Er ist mit den Einzelheiten vertraut und ich kann versichern, dass die Vorgänge personale Konsequenzen haben werden."

  • Durus hörte zu und wunderte sich immer mehr. Ein Selbstmörder, der zuvor das Kommando der Classis an sich gerissen hatte? Ein Tribun, der einfach verschwand? O tempora, o mores!
    Langsam erhob er sich.


    "Vielleicht ist es gerade notwendig, einen weiteren Quaestor Classis zu ernennen, der diese Missstände untersucht. Der Aedil wäre damit meiner Meinung nach überfordert - er muss schließlich schon innerhalb Roms für Ordnung sorgen!"

  • Meridius blickte mit Verwunderung zu dem Tiberier. Hatte er nicht gerade soeben klar gestellt, dass sich der neue Legatus Augusti Pro Praetore der Sache annehmen würde und auch der Kaiser schon Bescheid wusste? Wozu sollte dies dann noch eine Angelegenheit des Senates sein? Der Exercitus war eine Angelegenheit des Kaisers. Für den Senat - war nach Ansicht Meridius - die Sache erledigt.


    Er flüsterte zu Macer:


    "Ich glaub der Tiberier hat was in den Ohren..."

  • Nun, dann brachte diese leidige Angelegenheit doch mehr Aufregung mit sich, als Victor gehofft hatte. Dementsprechend lustlos war auch sein Gesichtsausdruck, als er sich nun erhob.


    "Werte Senatoren, keineswegs möchte ich verneinen, dass diese Situation weitere Untersuchungen nachsichziehen muss, aber ich möchte anmerken, dass der Tribun Sabbatius Sebastianus in der vergangenheit immer ein hervorragender Offizier war und ich keinen Anlass sehe, seiner Entschuldigung nicht Glauben zu schenken. Und wie es mir scheint hat der wahre Schuldige für die genannten Missstände bei der Clasiss schon personelle Konsequenzen gezogen und sich selbst gerichtet."

  • Macer hatte das dumme Gefühl, allen gehörten Beiträgen nicht in vollem Umfang zustimmen zu können. Weder glaubte er, dass eine Untersuchung durch den Aedil dem Konto der Flotte helfen konnte, noch glaubte er, dass eine Entsendung eines weiteren Quaestors vorteilhaft wäre. Auch Meridius Einschätzung, dass Durus etwas an den Ohren hätte, konnte er sich nicht anschließen und wieso der Praefectus Urbi einen Tribun in Schutz nahm, der ohne Abmeldung seine Provinz verließ, konnte er auch nicht ganz verstehen.


    "Die Kontrolle über die Gelder der Flotte liegt damit derzeit weiter alleine beim Statthalter?", fragte Macer erst bei Meridius nach, bevor er sich an den Quaestor wandte.


    "Quaestor, du sagtest zu Beginn deines Berichts, dass dieser möglicherweise nicht so positiv ausfiele wie erwartet. Ich muss sagen, dass ich ihn durchaus positiv finde - positiver als erwartet. Man hätte schlimmeres erwarten können, als das Thema hier im Senat debattiert wurde. Die Einzelfälle hast du ausführlich beleuchtet und ich denke, dass es bei konkreten Verfehlungen nicht in unserer Macht steht, diese zu ahnden. Aber wie steht es ganz allgemein um die Moral und die Einsatzbereitschaft der Truppe? Sieht man von den genannten Problemen ab, ist dann unsere Flußgrenze allgemein als gesichert und gut bewacht zu betrachten?"

  • Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Die Kontrolle über die Gelder der Flotte liegt damit derzeit weiter alleine beim Statthalter?", fragte Macer erst bei Meridius nach, bevor er sich an den Quaestor wandte.


    Meridius nickte. Er hatte die Kontrolle über die Gelder der Flotte direkt seinem Nachfolger übertragen. Was dieser in der Zwischenzeit daraus gemacht hatte, konnte er jedoch nicht wissen.

  • "Nun Senator Macer. Von Blickwinkel des Senats und dem mir übertragenen Auftrag aus, muss ich dir natürlich zustimmen. Von der hier debattierten Ablehnung und den negativen Strömungen gegen den Senat konnte ich, wie schon kurz erwähnt, nicht viel merken. Von daher kann man meinen Bericht also als durchaus Positiv sehen. Was den Einsatz der Truppe angeht, auf den ich ja keinen direkten Einfluss nehmen konnte, muss ich jedoch berichten, dass ich es eher als Dienst nach Vorschrift bezeichnen würde – wenn überhaupt.


    Standardmäßigen Kontrollfahrten finden, soweit ich es mitbekommen habe, sehr unregelmäßig statt, jedoch hatte ich leider keinen direkten Einblick in die Einsatzplanung des Stabes. Was ich jedoch sehr wohl dazu sagen kann, ist die Tatsache, dass man sich darüber hinaus keine wirklichen Mühen macht Einsätze oder Aktionen zu planen, die man sich von einer solchen Einheit erwarten würde. Und das wirkt sich meiner Meinung nach sehr wohl wieder auf die Moral der Truppe aus. Die Stabsoffiziere machen mir eher den Eindruck ihre Dienstzeit abzusitzen, als wirklich aktiv eine Classis zu kommandieren und dementsprechende Planungen durchzuführen. Über die genaueren Einsätze der Classis sollte dir jedoch Decimus Meridius als ehemaliger Oberbefehlshaber der Classis besser Auskunft geben können."

  • "Das Problem ist dann also eher bei den Offizieren und deren Arbeitseinstellung zu suchen als bei der großen Masse der Mannschaften?", fasste Macer die Ausführungen in einer Frage zusammen.


    "Wenn dem so ist, sind uns natürlich weitgehend die Hände gebunden, denn in die Besetzung der Offiziersposten können wir nun wirklich kaum hineinreden."

  • Hungi stimmte Macers letzten Satz nickend zu.


    Claudius, wenn du dich erinnerst, habe ich dich bei deiner Abreise gebeten, auch die Moral der Truppe bei Möglichkeit zu verbessern. Konntest du in dieser Hinsicht etwas bewerkstelligen?

  • "Wie schon erwähnt waren die Offiziere der Classis und vor allem der verstorbene Nauarchus nicht gerade kooperativ und zeigten sich auch wenig erfreut über meine Anwesenheit. Darum war es für mich auch äußerst schwierig direkten Einfluss auf die Truppe zu nehmen. Was die Milites der Classis wirklich brauchen, um ihre Moral wieder stärken zu können, sind Offiziere, die ihnen durch ihre abwechslungsreiche und konstruktive Einsatzplanung das Gefühl geben, einen Sinnvollen Beitrag für den Kaiser und das Römische Reich zu leisten. Auf Grund unserer Gesetze und der damit verbundenen Tatsache, dass ein Quaestor Classis keinen direkten Einfluss auf die operative Einsatzplanung der ihm zugewiesenen Einheit nehmen kann, hatte ich also nur die Möglichkeit eine solche Stärkung der Moral mit Hilfe der Kommandeure zu erwirken. Nur wie gesagt, waren diese alles andere als Interessiert an meinen Ideen und Vorschlägen."

  • Der Patrizier sah in die Runde der Senatoren, die seinen Bericht im Großen und Ganzen ziemlich unberührt zu Kenntnis nahmen. Daraus konnte man schließen, dass sein Bericht ein ausrechendes Bild über die Lage in der Classis geboten hatte, oder dass dieses Thema nicht mehr denselben Stellenwert im Senat hatte, als bei seiner Entsendung nach Germania. Natürlich war inzwischen einiges an Zeit vergangen und so manche Situation hatte sich geändert, wenn man allein schon an die Vorgänge entlang der östlichen Reichsgrenzen dachte. Da konnte ein Thema wie dieses durchaus in den Hintergrund rücken. Eigentlich war auch alles gesagt, was man zu diesem Thema sagen konnte, aber da dennoch die Möglichkeit bestand, dass der eine oder andere noch Fragen hatte an Marcellus hatte, blieb er geduldig stehen und wartete ab, dass sein Bericht von Senat abgesegnet und er somit von seiner Aufgabe entbunden würde.

  • Anscheinend hatte keiner der Anwesenden noch eine Frage und Hungi hatte auch keine Lust, ewig zu warten.


    Gut, dann hat also dein Bericht, Claudius, keine sonstigen Fragen aufgeworfen. Ich danke dir hiermit im Namen des Senates.


    Hungi verabschiedete noch den Claudier und wandte sich dann den anderen Tagesordnungspunkten zu.

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