• "Wir und dich anspucken?"
    Verus war verwundert. Wieso kam wohl Cursor auf diese Idee?


    "Ich spucke höchstens auf meine Feinde! Ich sehe keinen Grund, wieso ich dich oder dein Eigentum anspucken sollte!


    Vielleicht hattest du das ganze nur geträumt ?"


    Verus hob den Helm auf und besah sich die befleckten Stellen genau. "Also wenn du mich fragst, sieht dies nach Vogelkacke aus. Könnte jedoch auch Spucke sein! Hmm... " Vielleicht ist auch jemand vorbei geschlendert und hatte seine Wut an deinem Helm rausgelassen.


    "Oder hast du viellecht selber drauf gespuckt, weil du stänkern willst?"


    Würde wohl Cursor diese Provokation akzeptieren oder noch mehr seine Wut zu Ausdruck bringen.


    " Cursor sieh doch das ganze von der positiven Seite! Wir sind deine Freunde und kommen extra mit, deine Kräuter zu besorgen!! Ich glaube ich und Veratius hätten auch besseres zu tun. Doch da wir deine Freunde sind, kommen wir mit. Weil du uns so wichtig bist... !!! "


    "Komm ich polier dir den Helm sogar! Ich finde es ist es nicht wert, über dein Fleckenhelm zu diskutieren. "


    Verus zog ein Tüchlein aus seinem Ärmel und putzte den Helm, bis er wieder glänzte.


    Verus hoffte, dass er Cursor wieder besänftigen konnte. Mehr konnte Verus für den Frieden auch nicht machen.


    " Weisst du, dass man von gut 100 Meter Höhe, ein solch kleiner Helm nicht treffen kann? Und falls man ihn doch getroffen hätte, dass es unwahrscheinlich ist, den Helm drei oder sogar vier mal zu treffen?


    Wir sind ja gute Bogenschützten!! Doch mit Spucken, einen Helm zu treffen von einer Distanz von 100 Meter? Also ich weiss nicht. "

  • So treuherzig wie Verus alles argumentierte konnte Cursor nicht mehr an sich halten.


    Er fing laut zu lachen an.


    "Daß weder Du noch Veratius auf mich oder auf meinen Helm gespuckt habt, weiß ich doch. Vielleicht war es wirklich ein Vogel oder ein sonstiges fliegendes Objekt.


    Mit dem Spucken wollte ich Euch ein wenig ärgern, verzeiht! Ich wollte Euch auch nicht beleidigen wo Ihr mit mir noch auf den Markt gehen wollt.


    Danke für`s Helmpolieren, Verus. Ich werde mich bei nächster Gelegenheit revanchieren.


    Aber ich glaube, wir sollten uns jetzt auf zum Markt machen. Das "Kräutersammeln" dürfte etwas zeitaufwendig werden, wo wir doch die wenigsten, die ich brauche, kennen."

  • Nach einer kleinen Bootsfahrt kamen die beiden griechen auf der Insel Pharos an. Ein wenig bedauerte es Anthi, dass sie ihn nicht besteigen würden können, aber da war die Legion sehr strickt. Soweit er wusste hatte es sogar Zeiten gegeben, in denen die ganze Insel nicht betreten werden durfte, aber das hatte sich geändert. Zumal er als Prytane so oder so das Recht hatte sich hier aufzuhalten. Da standen sie nun, und der riesige Turm ragte vor ihnen in die Höhe.


    "Das ist der Pharos*. Beeindruckend, nicht? Er ist nach der Insel benannt. Hast du dich mal gefragt, warum sie die Insel Tuch genannt haben? Der Sage nach soll König Menelaos hier auf der Insel gelandet sein, die damals noch keinen bekannten Namen hatte. Er fragte auf der Insel einen Mann nach deren Namen und Besitzer. Der Ägypter antwortete ihm Pera'a was Pharao heißt. Der König verstand nur Pharos und seit dem heißt die Insel eben Tuch. Kein besonders schmeichelhafter Name für das beeindruckendste Bauwerk der Welt, aber wenigstens einprägsam" erzählte er grinsend.


    Er liebte solche Geschichten und Legenden, vor allem wenn sie lustig waren. Eigentlich stand das einem Priester des Apollo wohl nicht zu Gesicht. Aber das Leben war ernst genug, als das man sich nicht an solchen Geschichten erfreuen durfte. Solange er bei seiner Arbeit die Ernsthaftigkeit behielt, würde das dem Gott sicher auch reichen.




    *Pharos heißt Tuch, Segel auf Griechisch.

  • Emi konnte gar nicht alles beobachten, was sie gerne sehen würde. Ihre Augen sprangen von hier nach da und versuchten alles mitzukriegen, was sich in einem langen, staunenden Blick kundtat. Der Leuchtturm war riesig! Wirklich beeindruckend und die (noch) jüngste Bantotakin bedauerte ebenfalls, ihn nicht näher in Augenschein nehmen zu können. Gespannt hörte sie dann der Geschichte von Anthi zu und grinste. Das war ja ein doofer Zufall gewesen! Lustig, aber irgendwie auch doof. Jetzt hatte der Pharos seinen so unpassenden Namen nur, weil der König schlecht hörte. Wie das Leben manchmal so spielte...


    "Nein, das wußte ich nicht. Eine schöne Geschichte." sagte Emi vergnügt. "Kennst du noch mehr solcher Geschichten? Ich mag sowas, das sind Sachen, die einem im Gedächtnis bleiben. Ob man will oder nicht."

  • Anthi nickte bedächtig. Auch er fand solche Geschichten schön, aber im Moment wollte ihm keine weitere einfallen. Zumindest keine die nicht so bekant war, dass eigentlich jeder mit einer griechischen Bildung sie kennen musste. Aber eine Besonderheit wusste er noch. "Komm mit, ich zeige dir etwas." Er nahm sie bei der Hand und ging um den Bau herum, bis sie zwischen den Klippen und dem Turm standen.


    "Schau, siehts du da die große Inschrift?" es war eine rein rethorische Frage, denn die Buchstaben waren so lang wie ein halber Männerarm und mit Silber beschlagen.


    Sostratos der Knidier, Dexiphanes' Sohn
    Den rettenden Göttern
    Für die Seefahrenden errichtet


    "Da oben siehst du den Namen des Erbauers Sostratos von Knidos. Er hat den Pharos im Auftrag von Ptolemäus I. und Ptolemäus II. gebaut. Die Inschrift die du jetzt siehst war von einer auf Putz gesetzten Inschrift des Königs verdeckt, die dann aber irgendwann abgeschlagen wurde, nachdem er König gestorben war. Ich finde das gut, denn Sostratos war nunmal ein Grieche und so wird der Pharos mit uns in verbinding gebracht und weniger mit den Ägyptern. Welche Götter gemeint sind, steht aber nicht fest. Einige behaupten es wären Kastor und Polydeukes, andere meinen es wäre gar Ptolemäus I. gemeint gewesen. Poseidippos von Kassandreia meint der Turm wäre dem Zeus geweiht und er wäre damit gemeint. Dem widerspricht aber meiner Meinung nach der Plural im Satz. Ich denke ja, die Wörter sind einfach nur geschickt gewählt: Jeder der den Pharos auf einem Schiff passiert, kann sie lesen und wie wir wissen kommen die Seeleute aus allen bekannten und vielleicht auch unbekannten Ländern. Sie alle haben eigenen Götter zu denen sie beten und um Schutz bitten. Und von dieser Inschrift werden sie alle angesprochen. Für mich stehen sie für Poseidon und Aphrodite, welche die rettenden Götter der Bantotaken sind."


    Sim-Off:

    Sorry, Silber sieht man so schlecht;)

  • Bereitwillig ließ sich Emi bei der Hand nehmen und von ihrem Verwandten etwas weg führen, sie war gespannt was er noch zu erzählen und zu zeigen hatte und vertraute ihm da völlig. Das Meeresrauschen im Hintergrund, das Klatschen der Wellen gegen die Felsen, wurde lauter, da sie nun den Klippen näher kamen. Emi beobachtete einen Moment einige vorwitzige Vögel, die im steilen Sturzflug in die Wellen eintauchten und - manchmal - mit einem kleinen Fisch im Maul wieder auftauchten. Diese Technik der Nachrungsbeschaffung als wagemutig zu bezeichnen schien gerade richtig, aber das typische Gekreische der Vögel die leer ausgingen gefiel dem Lockenkopf. Es klang gar nicht klagend, eher so, als würden sie sich nur aufregen. Und das konnte sie nachvollziehen. Wenn sie sich hals über Kopf in etwas hineinstürzte, wollte sie schließlich auch, dass es klappte.


    Dann wandte sie sich wieder Anthi zu, der sie eine reichlich dumme Frage fragte. Sie wollte schon zu der frechen Antwort ansetzen, dass sie schließlich nicht blind sei, als er aber anfing zu erklären und sie machte den Mund zu und lauschte lieber. Sie nickte hin und wieder und meinte dann:


    "Das macht großen Sinn, was du sagst. Wenn jeder in diesen Satz seine eigenen Götter hinein interpretiert, fühlt er sich gut empfangen und hat diesen Hafen in guter Erinnerung. Wenn Sostratos das wirklich so gemeint hatte, dann hat er eine große Weitsicht und Großmütigkeit besessen, finde ich. Seefahrer sind nun mal ein eigenes Völkchen für sich, egal aus welchem Land sie kommen und für die Polis unheimlich wichtig. Die Waren von ihren Schiffen erhalten unsere Stadt und machen sie zu dem, was sie ist. Nicht auszudenken, wenn alle Schiffe ausblieben."


    Emi weitete kurz vor Schreck ihre Augen, schüttelte dann aber den Kopf und die schlimmen Gedanken bei seite. Sie dachte noch über etwas anderes nach, dass Anthi nur kurz angesprochen hatte, die Geschichte der Bantotaken. Emi hatte durch ihre Eltern immer mal wieder Gerüchte gehört, aber wirklich wissen, was den drei Männern geschehen war, tat sie nicht. Und es interessierte sie brennend!


    "Ist es nicht beruhigend zu wissen, dass die Götter an unserem Schicksal teilhaben? Ich kann verstehen, dass du dich Aphrodite und Poseidon besonders nahe fühlst. Wie habt ihr es eigentlich geschafft hier nach Alexandria zu kommen und Fuß zu fassen. Wir in Syria haben einfach eine zeitlang gar nichts mehr von euch gehört und dann Nachricht bekommen, dass ihr hier seid."


    Emi, unbedarft wie immer, fragte lieber direkt nach. Auch wenn sie nicht nachbohrte sondern eine eher allgemein gemeinte Frage stellte.

  • Anthis Gesicht verfinsterte sich rasch. So gut wie es ihnen heute ging, so ungerne sprach er über die Vergangenheit. Nur mit Penelope hatte er darüber gesprochen und dann hatte er eigentlich damit abgeschlossen, auch wenn die Schuld immernoch auf ihm lastete. Er lief ein paar Schritte zu zwei großen Steinen, setzte sich auf einen von ihnen und


    "Weißt du, was mit unseren Eltern passiert ist? Also was genau passiert ist?"


    Er wollte nicht mehr als möglich erzählen, schließlich brachte es die ganzen Erinnerungen wieder nach oben, die er eigentlich ganz tief unten vergraben gewusst hätte.

  • Die plötzliche Gefühlsregung in ihrem Cousin blieb emi nicht verborgen und sie schaute ihn interessiert an. Sie hatte sich denken können, dass die Geschehnisse nicht unbedingt zu den schöneren gehörten, dennoch hatte sie nicht erwartet, dass es ihm so nahe ging. Sie fühlte sich dennoch nicht schuldig, gefragt zu haben. Es fehlte ihr zwar durchaus nicht an Feingefühl, aber sie hatte einfach ein loses Mundwerk und eine zu unbekümmerte Art, ihr Gedanke war nur, dass wenn er nicht erzählen wollte, musste er es ja nicht. Sie hatte ihn gefragt, würde aber nicht auf die Beantwortung bestehen. Und so hielt sie es eigentlich immer mit ihren Fragen, schon allein, weil sie eben viele stellte, auf die der jeweilge Gesprächspartner oft nicht antworten wollte.


    Sie folgte ihm zu den Steinen, setzte sich nah an ihn und schüttelte dann den Kopf. "Nein, das weiß ich nicht. Du musst nichts sagen, wenn du nicht willst." Sanft legte sie ihre Hand auf seinen Unterarm und blickte ihn aus ihren komischen, weil zweifarbigen Augen interessiert an. Sie war ja so gespannt und hoffte, er würde ihr alles erzählen!

  • Als familienmitglied hatte sie natürlich das recht alles zu erfahren, auch wenn es Anthi nicht gefiel das Ganze noch einmal hervorzholen, was er in seinem innersten für immer verbergen wollte.


    "Eines Tages kamen Männer auf unseren Hof. Sie nahmen uns gefangen. Sie kamen so schnell, und wir waren unvorbereitet, so dass wir uns kaum wehren konnten. Dann kam nach einigen Minuten der Ptah-Priester. Vater hatte schon lage eine kleine Privathfehde mit ihm. Er ließ ihn einige Meter von uns wegschaffen und redete mit ihm. Dann schnitt er ihm einfach die Kehle durch..." Anthi schluckte. Nie würde er den Anblick des sprudelnden Blutes vergessen, welches aus der Kehle seines Vaters schoss. "Wir konnten nichts machen. Waren wir doch gebunden und nachdem man uns hatte zuschauen lassen, wie Vater starb, zog man uns Säcke über die Köpfe. der priester kam zu uns und flüsterte uns zu, dass er unserem Vater etwas untergeschoben hatte und er deswegen berechtigt war das zu tun, dass er Mutter für sich nehmen und uns verkaufen würde. Ich werde nie vergessen wie hilflos ich mich damals gefühlt habe. So wurden wir von Mutter getrennt und weggeschafft."


    Anthi nahm einen Schluck aus seinem Wasserschlauch. Im Moment hätte er sich lieber einen Wein, als Wasser mit Essig gewünscht... Er schaute hinaus auf das Meer und musste sich erst ein wenig sammeln, bevor er weiterreden konnte.

  • Emi schlug sich in Gedanken vor den Kopf, ihrem Cousin ging das viel näher als sie erwartet hätte. Aber sie hatte ja auch keine Ahnung gehabt, was geschehen war und nun tat es ihr leid, dass sie gefragt hatte. Anthi sah auch nicht so aus, als würde das erneute Erleben der Geschehnisse ihnen etwas von ihrem Schrecken nehmen. Ihre Hand, die immer noch auf seinem Unterarm ruhte, begann sanft darüber zu streichen, irgendwie wollte sie ihm zeigen, dass sie für ihn da war.


    Es musste schlimm gewesen sein, nein, viel schlimmer. Emi fand kein passendes Wort für das Grauen, dass ihre Cousins miterlebt hatten, mitansehen zu müssen wie der eigene Vater abgeschlachtet wurde. Und zu wissen, dass die Mutter geschändet werden würde. Grausam! Ekelerregend! Zorn flackerte in ihr auf und loderte heißer als die alexandrische Sonne es konnte, sie konnte nur hoffen, dass Anthi es schaffte weiterzuerzählen. Wie waren sie denn schlußendlich hier her gekommen?

  • "Ich weis nicht wo genau sie uns hingebracht haben. Wir waren eine Weile unterwegs, ich schätze einige Tage, aber ich kann mich irren, wir konnten nämlich nichts sehen, weil man uns die leinensäcke über den kopf gestülpt ließ. Dann waren wir in einer Stadt und dort wurden wir auf ein Sklavenschiff gebracht und angekettet. Das Schiff sollte nach Ostia segeln und wir sollten in Rom als Sklaven verkauft werden. Wenigstens haben sie Ilias, Timos und mich nicht getrennt. Dann stach das Schiff in See. Am dritten oder am vierten Tag kamen wir dann in einen Sturm. Das Schiff lief wohl auf ein Riff und begann zu sinken. Zum Glück wurden wir losgekettet und konnten uns so vom Schiff retten. Das nächste woran ich mich wirklich erinnere ist, dass ich salzwasserspuckend an einem Strand aufwachte. Timos und Ilias waren auch da und jede Menge Leichen. Auch der Sklavenaufseher, der uns gerettet hatte war da, aber er war ebenfalls tot. Wir haben ihn dan beerdigt und unds auf den Weg gemacht."


    Anthi konnte immernoch nicht glauben wie großzügig Poseidon ihnen drei das Leben geschenkt hatte. Aber die schlimmsten Erinnerungen kamen noch. Wie oft hatte er davon schon geträumt und war schweißgebadet aufgewacht...

  • Emi wurde zwischen Zorn, Mitleid und Traurigkeit hin und her getrieben und die Gefühle schwellten an und ab wie die Wellen des Meeres, das zu ihren Füßen lag. Ihre Hand hatte bei seinen Ausführungen angehalten, doch als sie sich dessen bewußt wurde, strich sie wieder regelmäßig über seinen Arm. Sie war geschockt und stellte sich in ihrer kindlichen Natur die Seefahrt bildlich vor, die Angst der Seemänner, die Hektik und Planlosigkeit wenn jeder zuerst an sich selbst denkt, die lauten ZUrufe, das Schlagen der Wellen, das Brüllen von vergeblichen Befehlen und nicht zuletzt das Bersten des Holzes. Bisher hatte sie nur eine längere Seefahrt gemacht, hierhin nach Alexandria, aber es graute sie noch immer... Und Anthi hatte soviel Glück gehabt. Dass Ilias und auch Timos nicht nur überlebt hatten, sondern in seiner Nähe angespült worden waren.


    "Poseidon muß euch drei sehr lieben, dass er euch diese Ehre zuteil werden ließ. Ihr habt schreckliches überstanden in seinem Reich, habt überlebt und seid nun eine angesehene Familie hier in der Stadt."


    Emi war eine gottesfürchtige Person und beschloß nicht erst jetzt in diesem Moment, dass man Poseidon ein größeres Opfer bringen sollte.

  • "Aber das war noch nicht alles. Ein Römischer Legionär half uns mit ein wenig Geld. Daraufhin wollten wir nach Theben reisen um Mutter zu befreien und um Rache zu nehmen. Und wieder hatten wir Glück, zumindest ein wenig. Eines nachts trafen wir auf eine rastende Gruppe. Und wer war es? der Priester und seine Leibwache. Was soll ich sagen? Wir haben sie überfallen und abgeschlachtet. Einen nach dem anderen. Mit dem bogen, mir dem Speer und mit einem Dolch. Den priester haben wir zu dritt hingerichtet. Zuvor hat er uns noch gesagt, dass unsere Mutter sich selbst getötet hat, weil sie sich ihm nicht hingeben wollte. Mutter ist gestorben wie eine stolze und freie Griechin. Sie hat sich ebensowenig knechten lassen wie wir."


    Er stockte kurz. Die Bilder ihres Blutrausches flackerten vor seinem inneren Auge auf. Er sah sie häufig nachts in seinen Träumen. Besonders seitdem er den Eid des Hippokrates abgelegt hatte.


    "Nach dem Massaker wollte ich einfach im Sand liegen bleiben und sterben. Aber Ilias und Timos ließen mich nicht. Also gingen wir nach Alexandria um ein neues Leben zu beginnen. Aber eines schwor ich mir: ich würde nie jemandem gehören oder ihm Gefolgschaft schwören, es sei denn er käme aus unserer Familie. Was die Sklaverei nicht geschafft hat, soll uns nicht auf freiwilligem Wege passieren. Und an meinem ersten Tag in Alexandria lernte ich Penelope kennen. Ich war sofort von ihr fasziniert. Sie war so zerbrechlich, so schüchtern und doch so stolz. Ich wusste sofort, dass ich sie wollte. Komisch ich hatte ja vorher schon einige Frauen..."


    Dann wurde ihm klar, dass er ja mit seiner Cousine sprach und nicht mit einem Saufkumpanen. Wäre Emi doch nur ein Mann gewesen, was hätten sie für einen Spaß haben können. Wobei sie auch jetzt meistens viel Spaß zusammen hatten.

    "...ähm also nun und seitdem hat sich unser Leben zum guten gewendet. Ich arbeitete als Scriba bei meinem Vorgänger als Agoranomos Mithridates Castor, Timos bei Iunia Urgulania und Ilias beim Cursus Publicus. Von dem Geld konnten wir noch etwas beiseite legen und ich eröffnete den Malerbetrieb. Und als mithridates Castor nicht mehr antrat, unterstütze er mich als seinen Nachfolger. Schade dass er tot ist, gerade in der heutigen zeit wäre ein Mann von seinem Kaliber ein Segen für die Polis."

  • Emilía war - kurz gesagt - komplett sprachlos. Sie nickte zwar immer mal wieder um ihrem Cousin zu zeigen, dass sie aufmerksam zuhörte, aber ihre manchmal recht bildliche Vorstellungskraft ging dabei mit ihr durch. Ihre Mutter hatte sich in den Freitod gerettet, ihre Cousind dem Tode nahe, der Selbstaufgabe nur noch wenige Augenschläge entfernt gewesen. Und dann kam die Wende. Zum Guten. Sie lächelte. Soviel Glück musste man erstmal haben. Es amüsierte sie wie er über Penelope sprach und brüskierte sie keineswegs, auch wenn es das wahrscheinlich sollte. Aber sie sah das etwas gelassener und es war ja auch nur Anthi, der brauchte sich da vor ihr nicht schämen. Selbstverständlich war sie, da sie ja unverheiratet war, noch Jungfrau, allerdings war sie mit vielen Geschwistern und einer generell sehr lockeren Familie aufgewachsen. Sie hatte genug aufgeschnappt um sich ihre eigene Meinung bilden zu können.


    "Weißt du, manchmal glaube ich, dass die Götter einen extra so leiden lassen. Damit man das Gute, dass sie einem hinterher gewähren auch wirklich zu schätzen weiß. Die Bantotaken sind eine große und starke Familie geworden und bald werden wir die nächste Generation begrüßen dürfen." Sie grinste den werdenden Vater an. "Du darfst zu Recht stolz sein auf das was ihr bisher geleistet habt. Ich bin jedenfalls sehr stolz eine Bantotakin zu sein und einen so tollen Cousin zu haben. Stell dir nur mal vor, wenn du Enkel und Großenkel hast, dann kannst du ihnen schauerlichen Geschichten von der See erzählen." Sie kicherte und versuchte sich Anthi mit einem zauseligen, weißen Bart und faltiger Haut vorzustellen.

  • Anthi wirkte nachdenklich, was selten genug der Fall war um auffällig zu sein.

    "Ich weis nicht, ob wir stolz sein dürfen, denn eigentlich haben wir nichts herausragendes geleistet, was unseren Aufstieg wirklich rechtfertigt. Ich habe mich einfach gut mit Mithridates Castor verstanden und Timos hat Iunia Urgulania um den Finger gewickelt...du kennst ihn ja. Aber als Athlet, und das ist es als was ich mich sehe, habe ich noch nichts von Wert gewonnen. Und auch als Agoranomos konnte ich bislang nicht viel bewirken, schließlich hat mir mein Vorgänger ein bestelltes Feld überlassen. Das Beste was ich bisher erreicht habe ist, Penelope dazu zu bringen einen einem armen Grammateus zu versprechen ihn zu heiraten."


    Wieder einmal blickte er hinaus aufs Meer. Er würde seinen kindern niemals erzählen dass er einst, wenn auch nur für kurze Zeit, ein Sklave gewesen war. Hätten sie so gehandelt wie ihre Mutter wäre das ehrenvoll gewesen, aber so waren sie nur geflohen...

    "Ich werde meinen Kindern niemals davon erzählen und du musst mir versprechen, dass du das auch nicht tust! Dieses Kapitel ist vorbei und es muss geschlossen bleiben. Wir mögen zwar stolz sein Bantotaken zu sein, doch können wir das nur solange wir selbstbestimmt bleiben und unseren eigenen Weg gehen. Alles andere wäre wieder ein schleichender Weg in die Sklaverei, welcher nur beschleunigt werden würde, sollte es jemals herauskomnmen was mit meinen Brüdern und mir geschah. Unsere Geschichte fing an, als wir Alexandria betraten...alles davor muss ein Geheimnis bleiben. Nur wenn das vergessen ist, sind wir wirklich frei."


    Er blickte seiner Cousine in die Augen, die eben noch fröhlich und lustig strahlten.

    "Entschuldige bitte, meine trübsinnigen Worte. Ich wollte dir nicht die Stimmung vermiesen..."


    Dann versuchte er ein fröhliches Gesicht aufzusetzen:


    "Mich stellst du dir also als alten Opa vor? Das ist ein wunderbarer Gedanke! Dann kann ich meinen Enkeln die Geschichten von Herakles und Milon von Kroton erzählen und wie toll ihre Oma als Kitharaspielrin war und dass mein Bruder der Anführer der Stadtwache war und das meine Tante die beste Köchin im Imperium war, gefolgt von ihrer Tochter wiederum. Dann werde ich einen grauen Bart haben und du hast graue Locken bis zum Boden, dass man dich sicher gar nicht sehen kann, wenn man dir keinen Scheitel zieht. Das sind schöne Aussichten muss ich sagen. Aber wie sieht es denn bei dir aus? Hast du schon einen jungen Mann gesehen, der dir gefallen könnte? Wenn du magst kann ich ein paar Athleten vorstellen, da sind richtig gute Männer darunter. Oder hast du schon jemanden in Auge? Aus der Ephebia vielleicht?"

  • Nachdem wir uns haufenweise Tempel angesehen hatten, ließen Celeste und ich die Biga in Isatis' Obhut zurück und bestiegen die Fähre zur Insel Pharos. Inmitten eines Schwarmes anderer Touristen gingen wir an Land. Da standen wir, im Schatten eines Weltwunders, umgeben von pittoresken Ruinen, es war unglaublich schön, nur leider wurden wir sofort von aufdringlichen Fremdenführern bestürmt, ein jeder wollte uns herumführen, uns lautstark eine Spezialbesichtigung zum Sonderpreis aufschwatzen,der lauteste schwor, die anderen seien alle Banditen, er selbst dagegen verschwägert mit dem Leuchtturmwärter, darum könne er uns auch problemlos bis auf die alleroberste Plattform hinaufbringen... wir entkamen nur mit Mühe und eilten schnell zu der Treppe, die in unzähligen Stufen hinauf in die Höhe führte.
    Ausser Atem erreichten wir die erste Aussichtsplattform,und blickten aus schwindelerregender Höhe (60 Schritt stand in meinem Reiseführer!!) auf die Stadt. Und es ging sogar noch höher hinauf! Mein Magen zog sich merkwürdig zusammen als wir dann oben auf dem Oktogon standen, über uns ragte nur noch das Rondell auf, in dem das Leuchtfeuer brannte, gekrönt von einem majestätischen Zeus. Ich hielt mich erst mal einen Augenblick an der Mauer, dann schöpfte ich Mut und wagte mich mehr zum Rande hin. Es war atemberaubend.
    "Sieh nur Celeste!" Begeistert ließ ich meinen Blick über offen daliegende Szenerie schweifen. "Die Häuser, wie Spielzeug... und da läuft gerade ein Kriegsschiff ein... und man kann bis Nikopolis schauen! "
    Das Meer blitzte fröhlich im Sonnenlicht. Ich fühlte mich wie ein Adler, hoch und erhaben über dem Alltäglichen schwebend.
    "Ist das nicht UNGLAUBLICH?!"


    Wieder rollte ich meinen Reiseführer auf und begann voll Eifer für uns beide daraus die interessanten Sachen zu zitieren.
    "Also, hier steht, dass einst Menelaos auf dieser Insel gelandet ist. Er traf einen Fischer und fragte ihn, wie die Insel hieße und wem sie gehöre. Der Fischer sagte 'Pharao', aber Menelaos verstand 'Pharos', das bedeutet Tuch, oder Segel, und seitdem heißt sie so... Erbaut wurde der Turm von Sostratos von Knidos, und zwar im Auftrag von Ptolemaios dem Ersten und Ptolemaios dem Zweiten, vor beinahe vierhundert Jahren.... Er steht auf einem Fundament aus Granit, der Turm selbst ist aus Kalkstein, die Blöcke sind mit Blei verbunden... es gibt ausserdem einen Schacht, der bis ganz nach oben verläuft und in dem mit einem Seilaufzug das Brennmaterial transportiert wird. Die Figuren da unten, an denen wir eben vorbeigekommen sind, stellen übrigens die ersten Königspaare der Ptolemaier dar, im ägyptischen Stil. - Celeste, wir stehen hier gerade wahrscheinlich gerade auf dem höchsten Gebäude der Welt, das ist so FURIÓS!"
    (Falls die großen Pyramiden nicht noch höher waren, da war sich mein Reiseführer nicht ganz sicher.)
    An das Geländer gelehnt, verfolgte ich mit den Augen die Strassenzüge, suchte die Agora, dann das große Theater, darauf wandte ich mich mit einem verheißungsvollen Lächeln wieder an Celeste.
    "Und für später habe ich noch eine Überraschung."

  • Es gab wirklich viel zu viele Tempel hier. Es rauchte in ihrem Kopf bei den ganzen Gebäuden und Sehenswürdigkeiten. Nun ging es zum Pharos. Er war ihr schon bei der Einfahrt aufgefallen. Allerdings so aus der Nähe wirkte er noch viel beeindruckender. Die kleine Keltin vor diesem großen Turm. Das war schon was. Nachdem sie sich durch die ganzen aufdringlichen Führer gewuselt hatten, ging es ans Treppen steigen. Selbst Celeste, die eine gute Kondition hatte, kam doch recht schwitzend und Schnaufend oben an. Das war schon sehr anstrengend.


    Ein atemberaubender Ausblick bot sich ihnen. Es war hoch hier un der Blick über die Stadt und die Umgebung war wirklich grandios.
    Auch Celeste war vopm Anblick gefangen und genoss ihn, folgte mit den Augen dem Gezeigten von Serapio.
    "Ja, das ist wirklich unglaublich. Es war eine wunderbarer Vorschlag hierher zu kommen."
    Interessiert hörte sie dem Vortrag ihres Begleiters zu. Die letzten Worte konnte sie nur unterstreichen.
    "Das ist wirklich grandios. Fantastisch."
    Als sie von der Überraschung hörte, wurden ihre Augen gleich größer.
    "Was ist es denn für eine Überraschung? Los erzähle schon."
    Natürlich erfuhr sie es nicht. Doch bald ging es zur nächsten Station weiter.

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