Praefectus Alexandriae et Aegypti

  • “Die lex Aegypti ist ein nur sehr rudimentäres Gesetzeswerk, dass ist wohl wahr. Dort ist nur Weniges konkret geregelt. Für uns hat aber auch die Verfassung der Stadt Alexandria Bedeutung, die Katastasis Alexandres. Alexandria betrachtet sich als freie und unabhängige Stadt und wir sind gehalten, diesen Status nicht in Frage zu stellen um den Frieden zu wahren.“
    Er lächelte vielsagend.
    “Du bist den örtlichen Strategen in der Provinz gegenüber weisungsbefugt. Formell gilt das allerdings nicht für den Strategos Alexandrinos, der ein alexandrinischer Wahlbeamter ist. Du wirst in Fragen der Sicherheit mit ihm zusammenarbeiten müssen, aber zumindest der Form halber nicht als sein Vorgesetzter auftreten. Ein kluger Amtsinhaber wird sich deinen Wünschen gegenüber aber bestimmt nicht verschließen. Es ist nur eine Frage des Auftretens. Hier in Alexandria ist immer ein wenig Fingerspitzengefühl gefragt. Aber da erzähle ich dir sicherlich nichts Neues.“

  • Marcellus zog es vor bei dieser Gelegenheit nicht zu erwähnen, dass er bereits einen Strategos Alexandrinos bei sich zu Gast und diesem eher das Gegenteil von Fingerspitzengefühl vermittelt hatte. Soweit er jedoch erfahren hatte, war dieser nach den letzten Wahlen nicht mehr im Amt und daher konnte er es mit dem nächsten Strategen gleich von vorn herein so angehen, wie es der Präfekt wünschte – mit Fingerspitzengefühl. Er wusste natürlich auch über die Unabhängigkeit der Stadt Alexandria und ihrer eigenen kleinen Regierung, verstand aber nie wirklich, dass dies von einem so großen Imperium wie dem römischen Reich geduldet wurde. Doch daran war im Moment nichts zu ändern und daher musste er sich fügen.


    "Ich verstehe. Gibt es irgendetwas, worauf ich besonderes Augenmerk legen soll oder wo du dir meine Mitarbeit erwartest?"

  • Corvus überlegte kurz. Etwas wirklich Dringendes fiel ihm nicht ein.
    “Nein, nichts was über die Aufmerksamkeit hinausginge, die man in einer Provinz wie dieser immer an den Tag legen muss. Nun ja, vielleicht etwas mehr davon, denn wie ich dir schon erzählt habe, sind nicht alle Alexandriner mit unserer Anwesenheit in Aegyptus einverstanden.
    Aber vielleicht hättest du auch Lust eine kleine Reise in den Süden zu unternehmen?“

  • Die letzte Frage des Präfekten überraschte den Aelier und ein lächeln trat ihn sein Gesicht. Das war tatsächlich eine hervorragende Idee, über die Marcellus bereits das eine oder andere Mal nachgedacht hatte.


    "Eine Reise in den Süden? Ja, ich denke das würde mich durchaus interessieren. Ich habe bereits einige Geschichten gehört, dass sogar schon Königin Cleopatra die Vorzüge einer Schiffsreise entlang des Nils des Öfteren als willkommene Abwechslung genossen hat. Sollte es also die Möglichkeit geben den Nil Flusseinwerts zu befahren, wäre ich selbstverständlich hoch erfreut dabei sein zu dürfen."

  • “Ich selbst würde gerne. Aber angesichts der augenblicklichen Lage kann ich nicht aus Alexandria weg.
    Doch du könntest für mich eine kleine Inspektionsreise den Nilus aufwärts unternehmen und einigen Provinzstädten einen Besuch abstatten. In deiner Person würde Rom Interesse und Präsenz zeigen und du könntest die Stimmung auf dem Lande ergründen. Wenn man ein offenes Ohr hat, dann erzählen einem die Leute gerne von ihren Sorgen, denn sie hoffen, dass man sie lindert.“

  • Ob es Marcellus wirklich interessierte, was das einheimische Volk von Aegyptus dachte und welche Sorgen sie plagten war fraglich. Jedoch sah er es als Möglichkeit neue und vielleicht viel versprechende Kontakte in dieser Provinz zu knüpfen.


    "Eine Inspektionsreise – selbstverständlich. Ich natürlich verstehen, dass du in der jetzigen Lage hier unabkömmlich bist und werde die Reise also als alleiniger Vertreter Roms antreten. Ich würde dich jedoch darum bitten mich über Neuigkeiten aus Rom schnellstmöglich zu unterrichten. Du weißt natürlich das mir sehr daran liegt zu erfahren, was sich um den neuen Imperator, meinem Onkel, tut. Sofern die Vorbereitungen rasch durchführbar sind, werde ich die Reise in den nächsten Tagen angehen."

  • “Ich werde dir selbstverständlich eine Eskorte mitgeben. Willst du per Schiff reisen? Ich habe gehört, auf dem Nilus lässt es sich gut reisen, auch zu dieser Jahreszeit und auch wenn es gegen die Strömung geht.“

  • Eine eigene Eskorte war bestimmt nicht das schlechteste und Marcellus nahm diese Idee mit wohlwollen auf. Der Präfekt konnte sich bestimmt nicht leisten den Neffen des zukünftigen Kaisers in seiner Provinz zu verlieren.


    "Ich danke dir Praefectus! Dann werde ich wohl die Reise mit dem Schiff antreten. Vielleicht lässt sich da eine Übereinkunft mit der Classis treffen, die mir eines ihrer Flussschiffe zu Verfügung stellen könnte. Hast du irgendwelche besonderen Aufträge für mich oder kann ich die Inspektionsreise ganz nach meinem Gutdünken planen?"

  • Corvus schüttelte den Kopf.
    “Das wird nicht gehen. Die Präsenz der Classis Alexandrina auf dem Fluss ist eher gering und nur wenige unserer Kapitäne kennen seine Tücken gut genug. Aber wir haben ein paar einheimische Bootsführer, die in unseren Diensten stehen. Du findest sie im Hafen von Herakleion, am kanopischen Nilusarm. Sie werden dir mit ihren Schiffen zur Verfügung stehen. Nimm' wenigstens drei Boote. Welche Städte du besuchen willst, dass überlasse ich dir. Aber denke daran: So hohe römische Beamte wie dich sehen die Leute in der Provinz nur sehr selten. Für sie wirst du DIE Verkörperung Roms sein.“

  • Mehr oder weniger war Marcellus ja als Neffe des zukünftigen Kaisers in gewissen Maßen die Verkörperung Roms in Alexandria. Zumindest mehr wie die meisten anderen in dieser Provinz lebenden Römer – ausgenommen des Präfekten. Er nahm es jedoch zur Kenntnis ohne darauf einzugehen und nickte nur.


    "Gut, dann weiß ich nun Bescheid. Wenn das alles ist….?"

  • “Wenn du aufbrechen willst, dann schicke bitte einen Boten nach Nikopolis. Ich werde dir die I. Centurie der I. Cohorte als Geleit mitgeben. Sie wird von meinem Ersten Speer Octavius Augustinus befehligt. Er ist noch recht jung, hat sich aber bereits bewährt und bekleidet nicht umsonst seinen Rang. Er wird dir sicher gute Dienste leisten, bereits informiert sein und nur auf deine Nachricht warten.
    Ansonsten... nein, habe ich nichts weiter.“

  • Langsam erhob sich Marcellus aus seinem Stuhl und lächelte den Präfekten freundlich an.


    "Gut. Ich werde ihn rechtzeitig informieren. Von meiner Seite aus gibt es auch nichts mehr zu besprechen. Ich danke dir und wünsche noch einen angenehmen Tag."


    Mit diesen Worten nickte der Iuridiculus dem Statthalter zu und zog sich wieder zurück.

  • “Ebenso, Iuridiculus, ebenso. Vale!“, antwortete Germanicus Corvus und während der Mann das Zimmer verließ dachte er daran, dass er selbst noch nicht viel von dem Land gesehen hatte, das er für Rom verwaltete. Nicht einmal die legendären Pyramiden hatte er bislang besucht, von denen man sagte, dass ihr Anblick ebenso erhaben wie außergewöhnlich sei. Er nahm sich vor, dass zu ändern, sobald die Lage sich entspannt hatte und eine Reise zuließ.

  • Salve Präfekt! Der Exegetes von Alexandria hat dir einen Brief zukommen lassen, dort versichert er die Trauer der Beamtenschaft der Polis um den Tod des Kaisers und das es eine angemessene Trauer, mit entsprechender Zeremonie geben wird. Möchtest du das ich dir den Brief vortrage?

  • Wie du wünschst Präfekt.


    Daraufhin begann ich folgenden Brief vorzulesen:


    Verehrter Eparchos, Stellvertreter des göttlichen Basileus, Freund und Beschützer der Polis Alexandria!


    Die Beamtenschaft der Polis ist über die Nachricht vom Hingeben des Lebens, das der göttliche Basileus für uns Sterblichen tat, zutiefst erschüttert. Um dem verstorbenen göttlichen Basileus unsere Dankbarkeit und Ehrerbietung zu erweisen und dem neuen göttlichen Basileus und allen Römer ein Zeichen unserer Freundschaft und Treue zu bringen, werden wir in drei Tagen ein Opfer im Kaisareion darbringen für den göttlichen Basileus, der im Kampf gegen die Feinde der Römer sein sterbliches Leben aufgab zum Wohl der Römer und ihrer Freunde und zurückkehrte in den Kreis der Unsterblichen. Es wäre uns ein Trost in diesen traurigen Tagen, dich bei diesem Opfer zugegen zu wissen.


    In aufrichtiger Hochachtung


    Nikolaos Kerykes, Exegetes der Polis Alexandria

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