Praefectus Alexandriae et Aegypti

  • Der Praefectus war kein dummer Mann, ansonsten hätte er es auch sicher nicht bis in diese Position geschaft, also würde es nichts bringen zu behaupten es gäbe keine Hintergedanken ...


    "Sicher werde ich über die Lage und die Gespräche berichten, dazu bin ich ja hier, doch was danach geschieht kann ich weder beeinflusen noch kann ich sagen das ich einen Anteil daran hätte. Soweit ich weiß stößt dem Procurator jediglich der zahlenmäßige Mangel an Berichten, die die Offiziere der Kanzlei zukommen lassen, auf. Schließlich bekam die Kanzlei Nachricht über eine angeblich angespannte Lage aus der Acta, welche eigentlich nicht zu ihren Informationsquellen gehört! Und die Offiziere antworteten nicht mit einem Lagebericht, sondern mit einer Schuldzuweisung an die griechische Stadtverwaltung!"


    ... aber man musste ja auch nicht gleich alle eingestehen ...

  • Da hette ich scheinbar nochmal Glück geheabt, denn der Praefectus setzte den agressiven Wortwechsel nicht fort und so konnte ich ihm dann auch meine erste Frage stellen, obwohl ich mir noch nicht sicher war ob es sich hier eventuell nur um ein Vorbeben gehandelt hatte ...


    "Das ist sehr freundlich von dir Praefectus, die Kanzlei und ich persöhnlich natürlich auch, messen deiner persöhnlichen Meinung viel Wert bei!
    Wenn es nicht zuviel verlangt ist würde ich als erstes gerne über die aktuelle Lage sprechen, das Einrücken der 22. und natürlich die Reaktionen der Bevölkerung und der Polis-Verwaltung."


    Wenn ich Glück hatte dann könnte ich mit Hilfe dieses Gspräches so einiges abklären, was natürlich auch wieder bedeutete das ich schnell wieder nach Rom zurückkehren können würde ...

  • “Wie du wünschst. Die XXII. Legion unter dem Befehl des praefectus legionis Appius Terentius Cyprianus hat auf seinen Wunsch hin einige Übungen hier in Alexandria durchgeführt. Trotz meiner Bedenken. Ich hatte ihn gewarnt, dass es zu Missverständnissen kommen könnte. Die Alexandriner sind... nun, es leben viele unterschiedliche Völkerschaften in dieser Stadt, die sich gegenseitig misstrauen. Sie sind schnell beunruhigt.“


    Germanicus Corvus rieb sich die Knöchel seiner rechten Hand. War auch er beunruhigt, oder juckte es ihn nur?

  • Auch wenn es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich so zugetragen hatte, fiel mir doch auf das auch der PA scheinbar schon im ersten Satz andere Namen als die seinen erwähnte ...


    "Verständlich schließlich ist das römische Imperium nicht das erste Großreich das hier die Fäden zieht, aber lass dich nicht von mir unterbrechen! Die Übung fand also trotz deiner Bedenken statt ja?"

  • “Ja.“, antwortete Corvus, und fügte nach einem kurzen, aber merklichen Zögern hinzu: “Ich habe es schließlich genehmigt. Aber ich hatte ihm gesagt, dass er die Verantwortung trägt, wenn etwas... also... wenn es Probleme gibt.“
    Wieder rieb er seine Hand. Ein Mückenstich, oder vielleicht doch die bohrende Gewissheit, dass er sich als Statthalter kaum so einfach der Verantwortung entziehen konnte?

  • Ich nickte verständnisvoll, für gewöhnlich gab man eine Erlaubnis wie diese wenn man damit erreichen wollte das man öfter um Erlaubnis gebeten wurde, das allerdings dann wirklich etwas schiefgegangen war lies sich, wie der PA sicherlich auch wusste, dann aber doch nicht so leicht auf den Untergebenen abwälzen ...


    "Hmm ... und wie genau hat die Bevölkerung reagiert? Nahm man Anstoss an der Übung?"


    Die eigentliche Frage war ob sie nur der letzte Tropfen gewesen war der das Fass hatte überlaufen lassen oder ob sich der Legionspräfekt dummer weise gleich eines ganzen Eimers bedient hatte ...

  • “Wie ich bereits sagte, ist die Bevölkerung von Alexandria leicht erregbar, auch wenn sie untereinander alles andere als einig ist. Die makedonisch-griechische Elite misstraut den alteingesessenen Ägyptern und beide Gruppen wiederum der jüdischen Minderheit, die jedoch, betrachtet man die reine Kopfzahl, nicht zu unterschätzen ist. Die Juden leben vor allem im Stadtteil Delta, zusammen mit vielen weiteren Minderheiten. Der Stadtteil Rhakotis ist wiederum ein Schmelztigel für Menschen unterschiedlichster Herkunft, aber vor allem Ägypter, denen gemein ist, dass sie vornehmlich arm sind. Rhakotis ist deshalb eine Gegend, in der es immer wieder kleinere Unruhen gibt.
    Die Übungen der XXII. beunruhigten einige Einwohner von Delta. Auch die städtische Elite war besorgt, die anwesenden Soldaten könnten die heiligen Stätten missachten. Aber ich habe mich bemüht, diese Bedenken zu zerstreuen. Letztlich sollte das alles ja dem besseren Schutz der braven Leute dienen. Bestimmt war auch das Gesindel und die Habenichtse in Rhakotis beunruhigt, angesichts unserer verstärkten Präsenz. Aber gut, dass kann ich nicht als Misserfolg werten.
    Was jedoch nicht hätte passieren dürfen, dass ist der Angriff auf ein Schiff der Classis Misenensis im Hafen und die Belagerung der Tore des Königsviertels.“

  • Ich nickte verstehend davon hatte ich ja bereits in Nikopolis erfahren, aber es konnte sicher nicht schaden noch eine weitere Version der Geschichte zu höhren ...


    "Was den Hafen angeht, wird sich der zuständige Centurio der Classis ohnehin noch dazu äußern müssen wenn ich nach Rom zurückgekehrt bin! Die Geschichte mit dem Tor ist mir allerdings noch neu, ich hatte in diesem Zusammenhang lediglich von einem toten Tribunen erfahren welcher dorthin gebracht worden war, gefolgt von einer wütenden Menge ..."


    Auch wenn ich eigentlich mehr Interesse an der Meinung des Praefecten bezüglich der beiden Legionspräfekten hatte wollte ich keine Chance versäumen in den Kopf dieses Mannes blicken zu können, obwohl ich im Momment eher davon ausging das ich mir über ihn kein Urteil würde erlauben können ...

  • “Der tribunus angusticlavius Caius Furius Helios, ja. Nachdem man seine Leiche entdeckt hatte, wurde sie hierher, nach Basileia gebracht, um zu verhindern, dass sie geschändet wird.“, erklärte Germanicus Corvus.
    “Es gibt Kräfte in Alexandria, denen ist unsere Anwesenheit hier ein Dorn im Auge. Sie erkennen nicht die Vorsehung, die uns Römer in dieses Land und in diese Stadt geführt hat. Sie sind blind dafür, dass die Götter uns ausersehen haben, der Welt Frieden und Wohlstand zu schenken. Sie wollen, dass wir verschwinden. Entweder, weil sie nicht das Unheil erkennen können, dass Chaos und das Verderben, das darauf folgen würde, oder weil sie genau das herbeisehnen.
    Solche Leute müssen die Menge mit ihren Lügen aufgeputscht haben, so das sie in dieser Situation in Aufruhr geriet.
    Sie versammelte sich dann vor den Toren des Königsviertels. Aber es gelang den Männern der XXII., sie zu zerstreuen.“

  • Wie gewöhnlich folgte den Worten des Präfekten ein zufriedenes Nicken und ein kurzes Kratzen als ich einige Worte notierte wobei es sich für gewöhnlich nur um Stichworte handelte, schließlich konnte ich mir die grobe Geschichte auch so merken ...


    "Sehr gut ... ich beginne zu begreifen das die Vielschichtigkeit der Bevölkerung nicht einfach unter Kontrolle zu halten ist, wie steht es mit der eigenständigen Polisverwaltung? Den .. Pyrtanen, sind sie eine Hilfe oder eher eine Last, die Legion begnügt sich bisher damit ihnen einen Großteil der Schuld zuzuschieben!"


    Das die Legion, oder besser gesagt einige ihrer Offiziere, auch dem PA einiges an Schuld unterstellten, wollte ich nicht laut aussprechen aber ich nahm an das der Praefectus mich auch so verstanden hatte ...

  • “Ich bemühe mich hier um Ausgleich, seit ich meine Statthalterschaft angetreten habe. Die Amtsträger der Stadt und auch das gemeine Volk haben mich damals sehr wohlwollend empfangen. Ich war immer bestrebt, den Alexandrinern deutlich zu machen, dass ihnen von Rom nicht schlechtes, sondern nur gutes gebracht wird. Ich habe ihre Sitten und Gebräuche geachtet und ihre Sorgen ernst genommen, obwohl uns Römern manches davon fremd und unverständlich erscheint. Die städtische Elite besteht nun einmal vor allem aus Griechen und Macedonen. Ihnen fehlt hin und wieder unsere Rationalität und sie hängen alten, teilweise überholten Vorstellungen an.
    Aber davon habe ich mich nie schrecken lassen. Nein, ich bin immer diplomatisch vorgegangen und habe Rücksicht genommen und ich glaube, dass sich das ausgezahlt hat. Die Pyrtanen, fast alle zumindest, haben immer sehr gut und vertrauensvoll mit mir zusammengearbeitet.“


    Während er sprach, wurde der Präfekt immer lauter. Inzwischen hatte er sich in Rage geredet.


    “Aber seit ich das Kommando über die XXII. an Terentius Cyprianus abgegeben habe, gibt es Probleme. Der Mann hintertreibt meine guten Absichten. Er glaubt, man müsse hier mit harter Hand römisches Vorstellungen durchsetzen. Er will nicht einsehen, dass wir gemeinsam mit der hiesigen Elite viel mehr erreichen können, anstatt ihnen unsere Vorstellungen einseitig aufzudrängen. Er sabotiert meine Bemühungen geradezu! Wenn es inzwischen eine Kluft gibt, zwischen den Alexandrinern und uns Römern, dann ist das seine Schuld. Ich habe immer versucht, Gräben zu überbrücken. Aber kaum habe ich die Wogen geglättet, da reißt er neue auf!“


    Beim letzten Satz ballte er die Faust.

  • Da der Praefet nun geantwortet hatte wie es mir am liebsten war, mit direkten Schuldzuweisungen, fiel mir auf das beide Parteien sich scheinbar gegenseitig die Schuld zuschoben. Während die Legionselite zu glauben schien das eine harte Hand die Alexandriner lehren würde wo ihr Platz in der Welt war, versuchte der Praefectus Aegypti scheinbar durch Anteilnahme und gnädige Vormundschaft die Bevölkerung nach seinen Wünschen zu richten. Ich konnte mir kaum vorstellen wie soetwas in einer anderen Provinz überhaupt hätte zustandekommen können, doch scheinbar war der Praefectus Aegypti dem Legionspräfekten nicht weit genug übergeordnet, um diesen direkt zu beeinflussen und zurechtzuweisen, oder aber er fürchtete das der direkte Konflikt mehr Schaden als Nutzen anrichten könnte.
    In diesem Moment wurde mir klar das ich unbeabsichtigt Partei für den Statthalter ergriffen hatte .. und das ich dringend auch mit den Pyrtanen würde sprechen müssen bevor ich meinen entgültigen Bericht nach Rom entsenden konnte ...


    Nach aussen hin versuchte ich keine Regung zu zeigen, wobei es mir schwer fiel dem Praefeten meine Zustimmung zu verheimlichen ...


    "Also beziehen die örtlichen Verwaltungsorgane äher einen nebensächliche Rolle?"


    Alles wovor ich jetzt Angst hatte war das der Präfekt vielleicht plötzlich die Lust an dem Gespräch verlieren konnte, weil ich ihn aus seiner Rage hinaus auf ein bereits erwähntes Thema zurückführte ... aber ich musste wissen welche Rolle die Pyrtanen in diesem chaotischen Machtspiel spielten ...

  • “Nebensächlich? Wie meinst du das, nebensächlich? Alexandria ist formell eine unabhängige Stadt. Die Pyrtanen sind meine Ansprechpartner, wenn ich Einfluss auf die Geschehnisse in der Stadt nehmen will. Und sie sind diejenigen, die am meisten davon profitieren, dass wir Römer hier sind. Wir sichern ihre Stellung. Ohne uns würde sie der aegyptische Mob doch ganz schnell aus der Stadt jagen. Das wissen sie.“

  • Ich nickte als ich die Ereigniskette zu verstehen begann, die Legion schien durch ihren Interessenkonflikt mit dem PA auch mit den Pyrtanen aneinander geraten zu sein, weshalb sie die Polisverwaltung ebenfalls als Teil des Problems betrachteten, allerdings fehlte mir immernoch die Einsicht warum der Legionspräfekt dem Statthalter so auf der Nase herumtanzen konnte ... vielleicht lag die Antwort auch in Rom bei einer der unzäligen Schattengestalten die von dort aus den Reihen des Senats ihre Finger bis in die Kaiserprovinz ausstrekten ...


    "Ich danke dir für deine Zeit Praefectus und ich bin sicher das mein Bericht zu einer möglichst schnellen Lösung für dein Problem beitragen wird! Gibt es vielleicht noch etwas das ich für dich tun kann, wo du mir doch so günstig eine Audienz gewährt hast?"


    Gefallen austeilen und einsammeln war ein einfaches Prinzip der Schuldengesellschft und ich wollte dem Praefectus sicher nichts schuldig bleiben zumindest nicht ohne es direkt aus seinem Mund vernommen zu haben ...

  • “Das ich einen Gesandten aus Rom empfange ist doch selbstverständlich. Ich hoffe, dass aus deinem Bericht hervorgehen wird, dass es nicht an mir liegt, wenn es hier in Alexandria Probleme gibt. Mehr verlange ich nicht.“


    Germanicus Corvus war es offensichtlich sehr wichtig, in Rom gut dazustehen.

  • Ich nickte aufrichtig ...


    "Ich versichere dir das mein Bericht dir keine Sorgen bereiten wird, Praefectus! Ganz im Gegensatz zu manchen anderen!"


    Nach diesen Worten erhob ich mich vorsichtig um nicht eventuell zu eilig zu erscheinen und verabschiedete mich vom mächtigsten Mann Ägyptens, zumindest nach Ansicht der Kanzlei ...


    "Ich will dir auch keine weitere Zeit stehlen Praefectus, mit Sicherheit warten noch etliche andere wichtige Angelegenheiten darauf das du dich ihrer annimmst ... Vale Praefectus, mögen dir die Götter stets gewogen sein!"


    Sowie Rom und der Kaiser ...

  • Auch wenn mein Aufenthalt hier wesentlich spannender und gleichzeitig interessanter gewesen war als ich es erwartet hatte, freute ich mich doch bereits auf die Heimreise, vorallem da ich wie ich fand äußerst effektiv gewesen war ...


    "Vale Praefectus, und danke für deine Gastfreundschaft!"


    Damit nickte ich dem Praefctus noch höflich zu und begab mich dann auf den Rückweg zu meiner Unterkunft ...

  • Corvus verabschiedete den primicerius höflich. Als der Mann gegangen war fuhr er sich zitternd über die Stirn.
    Nicht das ein primicerius ein besonders hoher Beamter war vor dem er sich unter normalen Umständen fürchten musste. Aber er wusste, dass ihn die augenblickliche Lage in der Stadt angreifbar machte. Obwohl dieser Pompeius Imperiosus noch ganz am Anfang seiner ritterlichen Karriere stand; den Bericht, den er schrieb, würden andere lesen - wichtigere Männer.


    Hatte er sich gut verkauft? Hatte er den Beamten davon überzeugt, dass die Probleme nicht seine Schuld waren?


    Ihn hielt es nicht mehr auf seinem Stuhl. Er stand auf und begann, im Zimmer hin und her zu gehen, wobei er immer wieder einen flüchtigen Blick aus dem Fenster warf, von dem man einen so herrlichen Blick über das Königsviertel und die dahinter liegende Stadt Alexandria hatte. Doch an diesem Tag konnte ihn diese Aussicht nicht erfreuen.
    Wie ein böses Ungeheuer kam ihm die Stadt vor. Ein Ungeheuer, dass auf der Lauer lag und ihn zu verschlingen drohte.

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