Officium des Tresvir Capitalis

  • "Meldung machen ..." wiederholte ich mit einem leisen Schmunzeln auf den Lippen. Ja, es klang einfach, aber ohne einen konkreten Namen hieß das, alle zu verdächtigen, wenn sich womöglich nur ein einziger schuldig gemacht hatte, und das entsprach nicht ganz meinem Geschmack.
    "Da ich in den nächsten Tagen ohnehin in die castra vigilum gehen werde, werde ich das Thema zum geeigneten Zeitpunkt mit ansprechen, und vielleicht hat der praefectus ebenso eine Idee, wie man am geschicktesten vorgehen kann, um den Christen herauszufinden, er dürfte seine Männer besser kennen als wir dies tun." Zumindest sollte es so sein, die vigiles waren zu wichtig für Rom, um irgendwelche Zweifel und mögliche Zwischenfälle in Kauf nehmen zu wollen. Hatten die Christen nicht schon einmal Rom angezündet? Würde man bei den vigiles auch nur einen Löschtrupp aufwiegeln, konnte das katastrophale Folgen haben. Da waren sie schon, die Sorgen um die Stadt, die sich bisher in vielem hatten bequem vermeiden lassen, aber letztendlich war es wohl die Aufgabe eines magistratus, auch solchen Sorgen die Türe zu öffnen, so unwillkommen sie auch sein mochten.

  • Ich mache mir eine entsprechende Notiz, damit die Sache nicht irgendwo zwischen dem täglichen Einerlei verschüttet wird. Warum mich diese Christen so interessieren, habe ich mich schonmal gefragt? Faszinieren sie mich? Dieser bewußte Verzicht auf Verstand und Logik? Die glauben zwar offenbar auch an einen einzigen Gott, wie die Judäer und die meisten Philosophen, und dazu noch an einen Heros, der aber blödsinnigerweise zu Tode verurteilt worden war, was aber nicht viel genützt hat, denn der ist unsterblich. Lebt noch irgendwo, oder ist schon auf die Insel Elysium enthoben worden.


    "Gut", bestätige ich die Entscheidung meines Onkels mit einem Nicken.


    "Und jetzt? Was hatten wir eigentlich vor?" Außer auf die Mittagspause warten und sich mit Akten bis dahin die Zeit zu vertreiben. 8)

  • "Jetzt ... hmm ... nun, ich denke, wir sollten uns auf die anstehende Kerkerinspektion vorbereiten, so gut wir können, und das bedeutet, ein paar mehr Akten durchgehen und schauen, was meine Amtsvorgänger uns da Schönes hinterlassen haben," meinte ich, und seltsamerweise schien mir die Aussicht auf ein paar verstaubte Akten irgendwie angenehmer als jeder weitere Denunziant, der mit seiner schmierigen Art nicht nur meine Geduld strapazierte, sondern auch noch Rom und mein officium beschmutzte. "Lass uns in die Archive gehen und die entsprechenden Schriftstücke heraussuchen, vielleicht finden wir ja etwas Brauchbares. Wirklich große Freunde des Schreibens waren meine Amtsvorgänger ganz offensichtlich nicht, wenn man die anderen Akten so betrachtet, aber vielleicht haben wir ja Glück. Warst Du schon einmal in einem solchen Verlies?" Nicht dass ich das ernsthaft erwartet hätte, mein Neffe war zu wohlerzogen, um aus eigenem Verschulden an einem solchen Ort zu landen, aber die meisten Jungen waren doch meist neugieriger als klug, vielleicht war er einmal mit einem Freund an Verliesen herumgestreunt.

  • Akten, wie schön. Eine ruhige Tätigkeit im Sitzen, bei der der Kopf sich langsam vom Hals her mit staubigen Buchstaben anfüllt, bis die ersten zu den Ohren herauspurzeln. Aber ich bin ja scriba, was zweifellos richtig mit "Schreiber" übersetzt werden muß. Ein Schreiber, der nicht schreibt, undsoweiter.


    "Nun gut", seufze ich leicht, gehe zu einem der Regale und hole eine cista mit Aktenrollen herunter. Die stelle ich in die Schreibtischmitte und setze mich davor. Ich nehme die erste Rolle heraus und knote sie gerade auf.


    "Wie? Oh, nein, in Flaviobriga werden die Verbrecher gleich abgeurteilt, meistens Prügelstrafen oder Pranger; Verstümmelungen oder Todesstrafe schaden auch dem Ort, weil die Arbeitskraft ja beeinträchtigt ist oder ganz fehlt. Ein Mord oder sowas kam auch nie vor. Ich zupfe weiter an dem Band. Irgendein Vollkoffer hat einen dreifachen Knoten hineingemacht.


    "Aber ich kanns mir vorstellen, manchmal haben Sklavenschiffe aus Nordgallien oder Britannien einen Zwischenhalt bei uns gemacht, wie's unter Deck aussah, war wirklich grauslig. Hat von unten her aufs Deck hoch ziemlich gestunken und Tote haben sie auch immer dagelassen.

  • Ein Scriba stürmte herein und überbrachte einen Brief vom Praetor Urbanus.


    Tresviri Capitales - Hauspost


    EPISTVLA PRÆTORIS VRBANI
    PRIDIE ID FEB DCCCLVIII A.U.C.
    (12.2.2008/105 n.Chr.)


    Praetor Urbanus M' Tiberius Durus Tresviro Capitali s.d.


    Ich weiße das Collegium der Tresviri Capitales an, das Urteil des IUD IMP I/DCCCLVIII umgehend zu vollstrecken.


    Der Delinquent ist im Carcer der Cohortes Urbanae abzuholen und den zuständigen Spielgebern zu überlassen.



    gez.


    M' Tiberius Durus


    Sim-Off:

    Falls du Lust hast, das ganze selbst bisschen zu schreiben, wärs gut - wenn nicht, übernehm ich das und du musst nur deine Aufgaben simmen. Evtl. kannst du dich auch mit Finn Kylian absprechen...

  • "Na, nu' man nicht so schnell mit den jungen Hunden" sage ich zu dem Windhund, der da herumpoltert. Häät' ich doch beinahe meinen warmen Morgentrunk verschüttet ... "Gut, danke. Bis dann mal wieder!"


    Ich lese mir, nachdem ich von einem Schmalzkringel abgebissen habe, in Ruhe das Papierchen durch. Eine Vollstreckungsepistel ... uhu ... nur was da an wem vollstreckt werden soll, steht natürlich nicht drin. Nur die Geschäftsziffer "IUD IMP I/DCCCLVIII". Na, bravo. Wahrscheinlich soll der Delinquent mit Marmelade übergossen und dann von Schleckermäulchen zu Tode geleckt werden oder.


    Ächzend und stöhnend, mein Alter!, erhebe ich mich und schlurfe ins Archiv, um anhand der Nummer überhaupt erstmal herauszufinden, worum's denn geht. Bis Onkel Zwo im Büro ist, bin ich hoffentlich zurück.

  • Gerade im Tabularium eingelangt, die Tinte ist offensichtlich noch frisch. Ja das ist der seltsame Prozeß mit dem noch seltsameren Urteil:



    IUDICIUM IMPERIALIS
    IUDICATIO
    IUD IMP I/DCCCLVIII


    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM VIII ID FEB DCCCLVIII A.U.C. (6.2.2008/105 n.Chr.)


    IM STRAFVERFAHREN
    Imperium Romanum
    gegen
    Finn Kylian
    vom ANTE DIEM VI ID IAN DCCCLVIII A.U.C. (8.1.2008/105 n.Chr.)


    HAT DAS IUDICIUM IMPERIALIS DURCH


    Iudex Prior Praetor Urbanus Manius Tiberius Durus
    - in Vertretung des Imperator Caesar Augustus -


    Iudex Medicus Germanicus Avarus
    Iudex Gaius Octavius Victor


    NACH MÜNDLICHER VERHANDLUNG FÜR RECHT ERKANNT:


    Der Angeklagte wird der Anklage gemäss § 73, 47 I, 48 I Versuchter Mord, § 79 Freiheitsentziehung, § 80 erpresserischer Menschenraub und § 81 CodIur Nötigung und Bedrohung für schuldig befunden.


    Das Gericht verurteilt den Angeklagten hiermit zum Tode ad bestias.


    ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:


    Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Beklagte die Bürgerin Octavia Paulina entführt und zum Zweck des rituellen Mordes auf qualvolle Weise gefangen gehalten hat. Daher stellt das Gericht eine besondere Schwere des Deliktes fest.
    Diesen Tatbestand hat der Beklagte durch ein Geständnis vor dem Praefectus Urbi abgelegt.
    Da er von dieser Absicht nicht aus freien Stücken abgerückt ist, sondern die Durchführung der Tat nur durch den Einsatz einer Dritten verhindert werden konnte, erkennt das Gericht keinerlei strafmildernde Umstände an.



    RECHTSMITTELBELEHRUNG:


    Gegen dieses Urteil kann gemäß § 42 Abs. 4 des Codex Iuridicalis keine Berufung eingelegt werden. Das Urteil ist unverzüglich zu vollstrecken.





    Ad bestias - wie ekelhaft. Da wird aus dem Schicksal eines Irren noch ein Spaß fürs Volk gemacht. Und für die Tiere ist's auch kein Vergnügen, so wenig dran an dem Kerl ist. Vielleicht ist sein Tod ja auch eine Erlösung für seinen Geist, der an diesen Körper gefesselt ist. Aber auf diese Weise? Warum nicht ... ich seufze, und hoffe, daß mein Onkel bald kommt, sonst muß ich selbst mit einem anderen IIIvir los ins Gefängnis.

  • Der Morgen hatte unangenehm begonnen und wahrscheinlich würde der Tag genau so weitergehen - meine clientes hatten mich länger als gedacht aufgehalten, und als ich die morgendliche salutatio endlich hatte abschließen können, hatte ich eine deutliche Verspätung im Gepäck, und nicht die beste Laune. Natürlich war es meine Aufgabe, mich um die Belange jener zu kümmern, die mich um ihren Schutz baten - aber es war weder praktisch noch hilfreich, während der Bekleidung eines Atmes zu lange von der notwendigen Anwesenheit im officium abgehalten zu werden. Als ich den Raum endlich betrat, befand sich bereits Lucanus dort - und er hatte ein Schriftstück in der Hand, das selbst aus der Entfernung geradezu nach offiziellem Problemfall stank.


    "Salve, Lucanus," grüßte ich meinen Neffen, schritt herein, warf die Tür hinter mir zu und ging sogleich auf ihn zu, um einen Blick auf das Pergament zu werfen - eine Verurteilung, von genau jenem Gefangenen, den wir bereits im Kerker besucht hatten. "Ad bestias, na das wird ja ein ganz besonderes Vergnügen," bemerkte ich trocken und schüttelte den Kopf. "Barbarisch, aber was will man machen. Sie haben gerade recht kräftige Löwen im circus maximus, das sollten wir ausnutzen, die Leute sind geradezu verrückt nach Löwen."

  • "Guten Morgen" erwidere ich mit einem abwesenden Gesicht seinen Gruß. Ich ringe mir ein Lächeln ab. Damit Onkel Aquilius besser lesen kann, halte ich die Papiere in seine Richtung.


    "Nicht sonderlich erquickend" wage ich vorsichtig einen Kommentar. "Der Typ war vor Gericht völlig durchgedreht, sabberte und blökte herum wie ein kompletter Irrsinniger. Und jetzt soll er Teil dieses Schauspiels werden. So, wie Fynn Kilian sich verhalten hat, kriegt der doch nichits mit, das ist alles nur entwürdigend." Mene Nüstern blähen sich.


    "Kann man nicht eine Eingabe machen, die Strafe umzuwandeln? Irgendetwas Kurzes, Schmerzloses, etwas Menschenwürdiges?"

  • "Wenn die Richter nach Blut und einem Schauspiel gieren, dann können wir nichts mehr daran ändern, ich muss mich nur um eine Vollstreckung kümmern," antwortete ich sinnierend und atmete tief ein. Das war nun wirklich nicht die Art von Urteil, auf die man als tresvir capitalis lauerte, und es war auch eher unüblich, dass ein Mann, der nicht gemordet hatte, sondern dies nur geplant hatte, den Tieren vorgeworfen wurde - wahrscheinlich war die entführte Frau hübsch oder mit einem der Richter verwandt, und es war deswegen ein so harsches Urteil geworden.
    "Die Löwen sind recht kräftig, wenn ich sie recht in Erinnerung habe, sie werden kurzen Prozess mit diesem Verrückten machen - das ist die einzige menschenwürdige Abmilderung, die wir in einem solchen Fall hinbekommen können, ohne uns komplett lächerlich zu machen. Letztendlich scheint mir hier eher ein Gefühl nach Rache befriedigt zu werden denn nach Gerechtigkeit, aber es liegt nicht an uns, das zu beurteilen. Wir sind nur diejenigen, die sich darum kümmern, dem Willen der Richter und des Volks zu entsprechen und das römische Volk ist immer für derlei Hatzen zu haben."

  • Onkel Aqulius sieht nicht so aus, als sei er heute mit dem richtigen Bein aufgestanden. Oder ist er überhaupt schon wach? Hallo? Ist da jemand in dem Schädel zu Hause? So kenne ich meinen Onkel ja nicht.


    Ich grunze leicht, ein Bart täte jetzt helfen, aber ich muß mich immernoch nicht richtig rasieren, es ist eine Schande. "Und warum sollte man nicht mit Hinweis auf seinen Geisteszustand das Urteil umwandeln können? Kann man nicht irgendwen um Gnade bitten? Kilian soll ja nicht freikommen und eine corona civica und einen Platz im Athener Prytaneion erhalten ..." Warum - bitte - soll das jemand nicht beurteilen dürfen, ob das unmenschlich und unwürdig ist?


    "Außerdem, wenn Du dabeigewesen wärst - ich habe mir das Schauspiel angetan: das Verfahren war eine Farce, der Verteidiger hat nicht verteidigt, es gab keine ordentliche Beweisaufnahme, das Geständnis wurde nicht vergelesen, die Umstände, der mögliche religiöse Hintergrund nicht berücksichtigt." Der ganze Ärger kommt mir hoch wie verdorbener Puls.


    "Und verurteilt ist Kilian wegen Mord, da: § 73 und wegen versuchtem Mord, § 47, was denn nun? Er hat sein Opfer nicht getötet, außerdem steht nicht fest, wie lange er sie festgehalten hat. 'Einige Tage' hieß es. Vielleicht ist der Iudex Imperialis überhaupt nicht zuständig, sondern nur der Iudex Maior. Getagt haben sie außerdem in der Basilica Ulpia, nicht auf dem Palatin, wo das Gericht ordnungsgemäß tagt. Das ganze stinkt gewaltig."


    Tief durchatmen, nicht so schnell und hektisch. Ich versuche mich zu beruhigen. "Tutmirleid, aber ich finde das wirklich ungerecht und völlig falsch, was da passiert. Das ist unrömisch und unehrenhaft."



    edit:/versuchtem Mord, § 79 <> versuchtem Mord, § 47

  • Er blickte mich scharf von der Seite an, wahrscheinlich sah ich genauso müde aus, wie ich mich derzeit fühlte - und so zwang ich eine Art Lächeln auf meine Lippen und etwas Wachheit in meinen blick, so gut ich es eben an einem Tag vermochte, der gleich mit einer solchen Botschaft aufzuwarten hatte. Konnte man Urteilsschriften mit der Begründung 'grober Unfug' zurückschicken? Allerdings war mir recht klar, dass dies eine utopische Hoffnung war, und je mehr sich Lucanus ärgerte, desto mehr tat es mir leid, dass es an diesem Urteil nichts mehr zu ändern gab.
    "Der einzige, der ihn vielleicht noch begnadigen könnte, ist der Kaiser - und der ist bekanntlich tot. Nein, Lucanus, finde Dich damit ab, dass Recht selten etwas mit richtig oder Gerechtigkeit zu tun hat. Man wollte diesen Mann verurteilen, man hat ihn verurteilt, und wenn sich während des Prozesses kein hochrangiger Mann gefunden hat, der sich auf seine Seite zu stellen imstande war, dann gibt es für diesen Mann keinen Ausweg mehr als den Tod. Glaube mir, wenn sie ihn wirklich nach dem falschen Paragraphen verurteilt haben und niemand Einspruch erhoben hat, gibt es auch keinen Ausweg mehr - solche Urteile kommen immer mal wieder vor."


    Ich blickte abermals auf das Edikt herunter und schüttelte dann den Kopf. "Ja, die Sache stinkt, wie so vieles in Rom, und es stinkt mir noch mehr, dass ich diesen Blödsinn mitmachen muss - aber es gibt meines Erachtens nach keinen Weg daran vorbei, auch wenn wir das noch so gerne würden. Man will diesen Mann tot sehen und schätzungsweise hat er sich Feinde gemacht, die schlichtweg am längeren Hebel sitzen als er ... Du hast ihn doch gesehen, diesen Kylian. Kam er Dir vor wie ein normaler Mensch? Mir nicht - und würde er jetzt in irgendeiner Form davon kommen, hast Du keine Gewähr, dass er es nicht noch einmal tut und dann vielleicht eine Frau aus unserer Familie erwischt." Damit war für mich jedenfalls das letzte Wort gesprochen, auch wenn mir die Sache nicht behagte - zu prominente Namen waren die der Richter, zu unbedeutend im Grunde der Gefangene. Ich würde diese Angelegenheit im Auge behalten müssen. "Kümmern wir uns um die Modalitäten, das Volk soll seine Hinrichtung bekommen."

  • "Onkel ..." Langsam verzweifle ich doch. Erwachsene! Wo ist ihr Verstand? Wo ihr Herz? Ich schüttele den Kopf. Mach' doch Deinen Dreck alleine, ist doch wahr. Hast Du mir überhaupt zugehört? Wenn das anhält, schreibe ich eine dissertatio über "morbus Aquilius" oder soll ich diesen fortschreitenden geistigen Verfall als "morbus Lucanus sive Aquili" in die Geschichte der Medizin eingehen lassen?


    Ich trete gegen ein imaginäres Knie, wäre ich anders veranlagt, würde ich auf den Sklavenmarkt rennen, mir einen Prügelknaben kaufen und den nach Strich und Faden verdreschen. Ah!


    Da mach' ich nicht mit, da kannste G- Wie? Hm. "Ja, Onkel Aquilius, kümmern wir uns um die Modalitäten."

  • Es war ein Einspruch, und ich hätte mich wohl auch gewundert, wenn er nicht gekommen wäre - aber ich konnte dazu nichts anderes tun als den Kopf zu schütteln. In seinem Alter hätte ich wohl auch zu kämpfen versucht, versucht, Einspruch zu erheben, irgend etwas zu tun, um dieses krude Urteil zumindest anzufechten und mich sicherlich auch mit Vergnügen bis auf die Knochen deswegen blamiert, aber die vergangenen Jahre hatten mich anderes gelehrt. Vor allem auch, dass bestimmte Dinge nicht zu ändern waren.
    "Willkommen in der Wirklichkeit, Neffe. Sie tut einem leider nur selten den Gefallen, so auszusehen, wie man sie gerne hätte oder wie sie aussehen sollte - und man muss dennoch damit leben."


    Vielleicht hätte ein anderer, besserer Mann als ich anders entschieden, versucht, für diesen Kylian noch etwas zu tun, aber ich entsann mich sehr deutlich des Gefühls, das mich bei ihm im Kerker beschlichen hatte, jener Kälte, dieser unguten Vorahnung, und tief in meinem Herzen konnte ich das krude Urteil nachempfinden. Wenn es nur einem der Richter ebenso gegangen war wie mir mit diesem Kerl, dann war es nachvollziehbar, dass man ihn lieber tot sah. Und so begannen wir uns um die Vorbereitung der Hinrichtung in einem der nahen Amphitheater zu kümmern, wie es mir aufgetragen worden war...

  • Da sich die Zeit zwischen Wahl und Vereidigung der neuen Magistrate etwas in die Länge gezogen hatte, waren seine Vorgänger bereits nicht mehr im Amt und so gab es so gut wie keine Übergabe. Lediglich die Scriba, die hier schon so manchen Vigintivir ein und ausgehen gesehen hatten, konnten dem jungen Decimer beim Einarbeiten behilflich sein.


    Als er zum ersten Mal sein neuen Officium betrat, dass in den heiligen Hallen der Basilica Ulpia zu finden war, wurde ihm zum ersten Mal richtig bewusst, dass er nun ein gewählter Magistrat des römischen Volkes war und dieses Büro nun sein erster richtiger Arbeitsplatz. Ein Hochgefühl überkam ihn und obwohl er vollkommen alleine war, konnte er es sich nicht verkneifen erfreut zu Lächeln. Dieses Lächeln verging in jedoch schnell wieder, als sein Blick auf den Schreibtisch viel, der in der Mitte des Raumes stand. Er war über und über mit Akten und Schriftrollen belegt und bereits jetzt hatte der junge Decimer das Gefühl, dass hier einiges an Arbeit auf ihn warten würde. Er seufzte kurz und ging dann hinter seinen Schreibtisch, der für seine Amtszeit wohl das wichtigste Arbeitsutensil war. Nach und nach begann er sich durch die Akten durchzuwühlen, sie zu sortieren und sie auch teilweise zu lesen.

  • Schwungvoll wurde die Tür zum officium des tresvir capitalis aufgestoßen, und zwei Männer spähten in den Raum hinein, einer davon war ein außerordentlich beleibter und kleingewachsener Mann mit einem leuchtend roten Haarkranz auf dem Kopf, der in der Mitte eine rosige Lichtung von Haut offenbarte, aber auch Marcus Flavius Aristides, frisch ernannter tresvir capitalis und gänzlicher Neuling in den Amtsangelegenheiten seines Bereiches, mal von der Politik sowieso abgesehen, das ebenso ein unbekanntes Schlachtfeld für ihn war. Unbestimmer Miene musterte Marcus einige Herzschläge lang die Einrichtung, doch obwohl er eigentlich nichts erwartet hatte, ernüchterte ihn die spartanische Bürokratie doch enorm, immerhin war ein großes Fenster zu sehen, so daß es ihn nicht allzu sehr an die Zeit im Rekrutierungsbüro erinnerte, am Anfang, als er nach Mantua versetzt worden war.
    "Deinen Vorgänger habe ich nicht oft hier gesehen, aber der war auch viel in der Stadt unterwegs, um sich um die Carcer und ähnliche Amtsgeschäfte zu kümmern. Aber an sich ist das hier Dein Reich, tresvir!"
    , meinte der Rothaarige; Marcus nickte langsam und trat vorsichtig in den Raum, fast, als ob er besorgt wäre, daß ihn einer jener ominösen Verwaltungsmonster ansprang, von denen man doch munkelte, genauso wie die Geschichte mit den Krokodilen in der Kanalisation von Rom; doch ihn starrte nur die Leere des Raumes an, der große Tisch mit schon hoch gestapelten papyri und der Geruch nach Pergament - den Marcus nicht mochte, es erinnerte ihn an viele, gequälte Lektionen in seiner Kindheit, er vermochte es, nicht seine Nase zu rümpfen und nickte dem Mann, der ihn freundlicherweise hier her geführt hatte, zu.
    "Ich danke Dir, Rusius...ähm...falls ich Fragen habe?"
    "Gleich zwei Türen weiter auf der linken Seite, dann einen guten Einstand, Flavius!"
    "Danke!"
    Rusius schloß die Tür hinter Marcus und ließ ihn dort allein zurück; ratlos stand Marcus dort und bereute es, Asny nicht doch mitgenommen zu haben, aber er wollte sein neues Terretorium erstmal erkunden, ehe er sich in diesem beweisen sollte und dem kritischen Auge seiner Sklavin stellen mußte; langsam ging er um den Schreibtisch herum und beäugte skeptisch die Papiere, die wohl von ihm bearbeitet werden mußten; zögerlich nahm er auf dem Stuhl Platz und betrachtete den Haufen; dann lehnte er sich zurück und fing an mit dem Stuhl zu kippeln, denn noch hatte er nicht das Bedürfnis, sich mit dem Schreibkram zu befaßen, erstmal wollte er in den Raum hinein schnuppern.
    "Uaa!"
    Fast hätte es den Stuhl zurück gerißen und Marcus unsanft auf den Boden geworfen, als einer der Stuhlbeine von etwas, was darunter steckte, rutschte; nur mit Mühe konnte er sich an der Tischkante fest halten und das kleine Malheur verhindern; nachdem er sich so gerettet hatte, spähte er auf den Boden hinunter und erkannte einen zusammengefalltenten Fetzen; mit gerunzelter Stirn hob er diesen hoch und faltete ihn auseinander, es schienen mehrere papyrusseiten zu sein, die einst als Wackelunterlage des Stuhls gedient hatten.
    "Diiiiee...AAAbb- Aabenteuer der schönen Luc- c- i - llaa...huch? Herrje..."
    Marcus blätterte weiter und sah gleich, daß es nicht die Lucilla war, die immer noch so einen großen Eindruck bei Marcus hinterlaßen hatte und die perse - nach seiner Mutter - wohl zu seinen Traumfrauen gehörte, außerdem sah er kleine, schnell dahin gekritzelte Initialen - CFA - und dahinter ein doch recht pikante, syrisch anmutende Geschichte. Ein Grinsen breitete sich aus und Marcus konnte sich sehr gut vorstellen, wem das gehört hatte, natürlich niemand anderem als seinem Vetter, der einst hier auch gearbeitet hatte, und kein Wunder, daß er so oft hier war, wenn er sich derart die Zeit vertrieb. Marcus blätterte die erste Seite auf und begann vergnügt, wenn auch holprig, zu lesen; nach einer Weile gluckste er leise auf und ließ die Finger über die schon etwas ausgebleichten und knittrigen Zeilen wandern, und derart - etwas weniger trocken, aber durchaus vergnüglicher als Marcus es sich gedacht hatte - begann die Amtszeit für Marcus.

  • „Er hat Schuld!“
    - „Das ist gar nicht wahr, er hat angefangen und mich dazu noch übelst beleidigt. Ich fordere Gerechtigkeit, Flavius!“
    Müde lehnte sich Marcus in seinem Stuhl zurück und sah zu den beiden Streithähnen, die sich in seinen Arbeitsräumen – Räume waren eher übertrieben, es war nur ein Einziger – versammelt hatten, um den Instanzenweg des römischen Rechts einzuleiten, als Handlanger des Prätor oblag es natürlich Marcus, sich um die Drecksarbeit zu kümmern; Prätor, schon wenn er an diesen dachte, zogen melancholische Wolken auf, denn eigentlich hätte jetzt sein Vetter quasi sein Vorgesetzter sein sollen, aber nun war es ein Anderer geworden und Marcus konnte den Kerl nicht ausstehen und dieser ganz offensichtlich nicht ihn, zumindest waren sie schon einige Mal aneinander geraten und das war jetzt auch mitunter der Grund, warum sich Marcus mit solchen Dingen beschäftigen mußte. Und das schon die geschlagenen letzten beiden Wochen, das ewige Genörgel, Gekeife und Geschimpfe sägte jeden Tag stärker an seinen Nerven und sein Gesicht verfinsterte sich von hora zu hora mehr; hatten die Römer nichts besseres zu tun als sich im Nachbarschaftskrieg gegenseitig zu zerfetzen? Marcus schloß genervt die Augen und rieb sich die Schläfen, während der nicht endende Wortschwall des Kontrahenten von dem Gerechtigkeitsfanatiker an ihm vorbei floß. Irgendwas von Preisdrückerei, Strecken von Teig mit Kreide, statt Mehl, etc. meinte Marcus daraus zu hören; nach einer Weile öffnete Marcus die Augen, die schon rot gerändert waren; daß das Amt derart anstrengend war, hätte er nicht gedacht, vielleicht sollte er die nächsten Tage Asny hier her setzen, ihre frostige Eisprinzessinenaura würde gewiß die zeternde Kundschaft abschrecken.
    „Hinterlaßt die Gebühr und ich werde eure Angelegenheit bearbeiten!“
    Beizeiten, sprich, es würde bestimmt Monate dauern, denn Marcus kam schon mit den anderen Anträgen nicht mehr hinter her und sie türmten sich bereits beeindruckend neben seinem Schreibtisch. Keinen Widerspruch duldend, wedelte Marcus mit der Hand und deutete auf den angemieteten scriba, den Marcus gefunden hatte und wo er langsam zu dem Schluß kam, daß jener kaum besser schreiben konnte als Marcus selber, aber zumindest halbierte sich damit die Arbeit schon mal, wenn der Schreiber mal arbeitete und nicht vor sich hin döste, was Marcus auch einige Male beobachtet hatte, aber wer sollte es ihm verdenken? Marcus hätte bei der Arbeit wohl dasselbe getan und tat es auch hin und wieder, ein Grund mehr, warum es sich schon türmte auf seinem Schreibtisch.

  • „Flavius, Flavius, Flavius. Das letzte Mal, dass ein Flavier bei den Vigintiviri war und kein Tresvir Capitalis, das war damals, als Flavius Gracchus Decemvir war...“ Piso nickte nur, als er sich gemeinsam mit den Rothaarigen zu seinem Officium begab. „Ich kann mich noch an deine Vetter erinnern, Aquilius und Aristides. Es waren gute Tresviri, sage ich dir.“ Piso nickte nur. Dies war ohnehin klar gewesen.
    „So“, meinte Rusius Rufus, der, wie es schien, Trevircapitaliseinweiser vom Dienst war, und machte vor Piso eine Türe auf. „Das hier ist dein Officium, Tresvir Flavius. Viel Erfolg im kommenden Jahr wünsche ich. Vale.“ „Vale, Rusius...“, konnte Piso noch sagen, bevor die Türe zuging und er sich im Officium umblicken konnte.
    Es erinnerte ihn frappant an sein altes Officium in der Kanzlei, das Officium XXIII. Jetzt hatte er ein neues Officium, über das er der Herr war. Es war etwas kleiner, schließlich war es nur für einen Mann, aber trotzdem groß genug, dass Piso vom Schreibtisch hinweg eine durchaus große Fläche einsehen konnte, auf der sich Bittsteller und Denunzianten anhäufen konnten. Natürlich wurden solche Leute nur einer nach dem anderen eingelassen, sodass die Anonymität gewährleistet blieb. Wie in der Kanzlei waren die Wände vollgestellt mit Regalen, voll mit Akten. Alte, kalte Fälle, alphabetisch geordnet. Etwas, was ihm auffiel, waren die Fenster. Großzügig und schön verziert, leuchtete durch ihnen das Tageslicht ins Officium hinein. Piso lächelte kurz und schritt dann zu seinem Schreibtisch. Das am Boden verlegte Holz knartzte ein bisschen, als er darauf herumging, wie auch sein Tresvirstuhl, als er sich darauf niederließ.
    Er ließ sich zurücksinken und ließ die Ruhe kurz auf sich wirken. Schön. Kurz schloss er die Augen, bevor er sich über den Schreibtisch beugte und einen Blick auf die Akten darauf warf. Sachen, die noch auf ihre Bearbeitung warteten.
    Brandstiftung. Diebstahl. Einbruch. Fahrlässige Beschädigung von Gütern. Zwei Morde. Daneben zwei Listen. Eine voller Namen von Hinzurichtenden. Die andere enthielt Namen von Büchern, mit ihren Autoren daneben. Das Leben des göttlichen Nero, von Cocceius Galba. Die strahlende Größe des Caligula, von Tettius Mus. Nieder mit den Kaisern, von Heius Maturus. Die Bibel, von... Gott? Piso blickte einen Moment ungläubig drauf, bevor er die Liste beiseite legte, und seinen Blick über den Schreibtisch schweifen ließ. Sein Reich. Wundervoll. Es war unglaublich. Er strich mit den Fingern über den Tisch und blickte deren Kuppen an. Kein Staub, die Sklaven hatten gute Arbeit gemacht.
    Gerade wollte er sich zurücklehnen, da klopfte es schon.
    „Herein?“ Die Tür schwang auf, ein Mann mit rotem Gesicht rannte rein. „Salve, Tresvir Capitalis! Mein Name ist Lucius Memmius Tappulus, und ich... ah, es regt mich so auf! Man hat mein armes altes Mütterchen beklaut, mitten am Markt...“
    Während Piso versuchte, der Geschichte zu folgen, dachte er sich, dass jetzt wohl Arbeit auf ihn zukam.

  • Wer der Dieb gewesen war, das wusste man nicht genau, aber, so skandierte Memmius Tappulus, es gäbe genaug Leute in der Nachbarschaft, denen so etwas zuzutrauen wäre, Fufilius Gallus zum Beispiel, oder Hafnius Tibullus, oder der miese Gallier Gaius Ambiorix, ja, der müsste es gewesen sein, dessen rote Haare hatte man eindeutig gesehen... Piso schrieb sich metikulös die Angaben auf und schwor sich, er würde sich einen Scriba suchen, seine Hand tat schon weh vor lauter Schreiben. Pah, es gäbe sicher einen, dem könnte man den ganzen Schmarren diktieren? Und nch einen Scriba für höherstehende Arbeiten, genau. Piso versprach, er würde sich darum kümmern, und komplimentierte den Mann raus. Er würde irgendwann einen der Viatores, die sich um die Drecksarbeit kümmerten, dorthinschicken, und jenem dann Ambiorix das Geld rausprügeln lassen. Oder so. Hauptsache, er würde es nicht zu sehen brauchen.
    Der nächste Fall war eine Denunziation. Piso hatte sich schon enorm auf diese gefreut. Es kam ein Mann namens Gellius Galba und sagte ihm, er habe Informationen für ihn. Dabei ging es um einen Raubüberfall an einer Seitenstraße in Transtiberim vor ein paar Tagen (gut, dass Piso den Fall auf seinem Schreibtisch liegen hatte). Angeblich war er ein Zeuge gewesen, und hatte dabei erkannt, dass es sich um den Anführer der Räuber um seinen Nachbarn Titus Saxulus gehandelt habe. Piso notierte sich dies und versprach, die Information an die Cohortes Urbanae weiterzuleiten. Und schon wieder, dachte er sich, gab es einen Posten zu bekleiden – den des Laufburschen.
    Die Nächsten, die hineinkamen, waren zwei glatzköpfige Männer, mit dem selben hochroten kahlen Haupt. Sie hätten Zwillinge sein können, auf ob des selben quengelnden Tonfalles. Cocceius Iavolenus und Publilius Fuscus hießen die beiden, und lagen sich in den Haaren. Angeblich hatte der Cocceier gegenüber dem Publilier Vertragsbruch begangen, weil er sich nicht an irgendeine Bedingung im Vertrag gehalten hatte. Doch der Cocceier war sich sicher, das die Bedingung gesetzeswidrig gewesen sei, und hielt Piso den Vertrag vor. Der Flavier studierte ihn und schüttelte den Kopf, als er die Bedingung sah. „Publilius Fuscus, der Verkäufer, behält es sich vor, die Waren vom Käufer Cocceius Iavolenus jederzeit, ohne monetäre Rückerstattung, wieder einzuziehen... und jetzt will Publilius seine Waren zurück, nac hdem Cocceius schon Besitz davon erhalten hat... und bezichtigt Cocceius der Unterschlagung... ja sag einmal. Wieso unterschreibst du so einen Vertrag, Cocceius?“ Der Cocceier begann zu jammern, er hätte den Vertrag halt nicht gut durchgelesen. Piso seufzte, als beide einen Gerichtstermin verlangten. Der Flavier trug einen ein und knöpfte den Streithähnen die Prozesskosten ab, bevor er sie rausscheuchte.
    Und so ging es den ganzen Tag weiter. Denunzianten, die ihre Nachbarn verdächtigen, parthische Spione zu sein. Ein Witzbold, der etwas von einem geplanten Anschlag auf den Kaiser faselte. Ein ernst dreinblickender Mann, der nachfragte, ob sich bezüglich der Ermittlungen, was seine vor Jahren verschwundene Tochter anging, etwas getan hatte. Ein Kerl, der eine Vermisstenanzeige aufgab, da er seinen Saufkumpel schon einige Tage nicht mehr in der gemeinsamen Lieblingskneipe gesehen hatte. Eine Hure, die ihr Freier nicht bezahlen konnte, und die nun kreischte, dass sie vergewaltigt worden war. Ein Wäschewascher, der herausgefunden hatte, dass sein Nachbar, sein Konkurrent, giftige Materialien beim Waschen verwendete.
    Wen wunderte es also, dass Piso am Ende des Tages ziemlich schlapp war?

  • Wann: Anfang der secunda vigilia
    Wo: Officium der Tresviri Capitales
    Wer: Tresvir Capitalis Flavius Piso (schläfrig, blinzelnd wie ein Uhu, abgearbeitet)
    Was: Arbeiten
    Wie: Kerzenlicht
    Warum: Abarbeitung von einem Haufen uninteressanter Dokumente


    Er war über einer Varietät von Schriftrollen gebeugt, die sich vor ihm ausbreiteten, und studierte sie mit mäßigem Interesse. Fälle, Fälle, Fälle. Und nichts Interessantes. Na ja, das eine oder andere war ganz unterhältlich, aber vor allem war es viel – so viel, dass Piso seit der cena hier hockte. Eigentlich wollte er nur kurz vorbeischauen, doch die Arbeit hielt ihn hier fest. Vieles war hier unerledigt, und dabei sollte es bis morgen erledigt werden.
    Saufeius Rufus hatte Genucius Mus auf die Nase gehauen. Die Faktenlage war eindeutig, der Genucier hatte genug Zeugen hergeschleppt. Piso zog ein Pergament her und füllte es aus. Es war eine Mitteilung an Saufeius Rufus. Der Mann würde dem Genucier eine Summe von 300 Sesterzen auszahlen müssen wegen Körperverletzung. Darunter kritzelte Piso, dass Saufeius drei Möglichkeiten hätte – entweder er akzeptierte diese Zahlung, oder er könnte Pisos Entscheidung – die ja nur eine administrative, keine judikative Entscheidung war – beim Praetor anfechten.
    Er zeichnete seine schwungvolle Unterschrift darunter und versiegelte den Brief. Sorgsam legte er ihn beiseite. Morgen würde er einem Sklaven auftragen, sie alle zu versenden. Denn es war schon ein enormer Stapel. Auf alle waren die Namen derer aufgetragen, die Bußen zu bezahlen hatten.
    Es ging weiter. Es war genau die selbe Faktenlage, nur, dass Alkohol im Spiel war. Doch der freiwillige Konsum von Alkohol war keine Verteidigung, also schrieb Piso noch einmal genau den selben Brief.
    Es ging ihm auf die Nerven.
    Erst um Mitternacht würde er nach Hause kommen, und sofort ins Bett fallen.

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